Laufvögel

Nandu

Nandu (Rhea americana), Zoo Augsburg Nandu (Rhea americana), Zoo Augsburg
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Ordnung: Laufvögel (Struthioniformes)
Familie: Nandus (Rheidae)

D NT 650

Nandu

Rhea americana • The Greater Rhea • Le nandou américain

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Nandu-Hahn (Rhea americana) im Bodensee-Zoo Reutemühle, Überlingen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Nandus (Rhea americana)

 

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Nandu-Henne (Rhea americana) im Zoo Augsburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nandu-Henne (Rhea americana) im Westküstenpark St. Peter-Ording © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nandu-Gelege (Rhea americana) im Zoo Augsburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nanduhahn (Rhea americana) mit Küken in der Wilhelma Stuttgart © Wilhelma (Pressefoto)

 

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Gemeinschaftshaltung von Nandu (Rhea americana) und Flachlandtapir (Tapirus terrestris) im Zoo d'Amnéville © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nandu-Hahn (Rhea americana) liegend im Vogelpark Schotten © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nandu-Hahn (Rhea americana) schlafend im Vogelpark Schotten © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nandu-Hahn (Rhea americana) schlafend im ehemaligen Zoo von Como © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nandu-Henne (Rhea americana) in Kontaktgehege im Parco Pallavicino, Stresa © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weiße Nandus (Rhea americana) im Vogel- und Landschaftspark Westerstede © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Der Nandu ist die größer, häufiger und von höherer wirtschaftlicher Bedeutung als der Darwin-Nandu. Als Charaktervogel der südamerikanischen Pampa wird er in sehr vielen Zoos gezeigt, meist in "Südamerika-Anlagen" zusammen mit anderen Vögeln und verschiedenen Säugetieren.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Nandu hat drei Zehen. Er wird 160 cm hoch, hat eine Kopf-Rumpflänge von etwa 127-140 cm und wird 20-25(-30) kg schwer. Die Hähne sind größer und schwerer als die Hennen und am Halsansatz und unteren Teil des Halses schwarz gefärbt, währenddem die Hennen dort nur etwas dunkler grau sind. Neben der grauen Wildform gibt es auch Weißlinge. Die Küken sind längsgestreift [2; 4; 6]. Zwar besitzen Straußenvögel keine richtige Syrinx, produzieren jedoch trotzdem Laute, wobei sie niedrigere Frequenzen benutzen. Die Nandus geben einen zweiteiligen „Nandulaut“ von sich, dessen Grundfrequenz bis auf 88 Hertz hinunter geht [8].

Verbreitung

Zentrales und Südliches Südamerika: Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay, Uruguay [1; 2].

Lebensraum und Lebensweise

Der Nandu besiedelt Pampa, Cerrado und offene Chaco-Savanne bis auf eine Höhe von 1'200 m. Er lebt während der Brutzeit in Gruppen von einem Hahn und mehreren (meist 5-8) Hennen. Diese legen in Abständen von 2-4 Tagen bis 20, bisweilen auch mehr Eier in das Nest (eine Henne produzierte im Zoo von St. Louis während einer Saison 64 Eier). Der Hahn brütet die Eier während 40 (36-45) Tagen aus und führt die Jungen allein. Nach der Brutzeit scharen sich aber mehrere Familien zu lockeren Verbänden zusammen, und dann kann es geschehen, daß man Herden sieht, welche aus sechzig und mehr Stück bestehen. Die Nahrung besteht überwiegend aus Gräsern und Kräutern, es werden aber auch Insekten und anderes Kleingetier gefressen. Gebietsweise gehören aus Europa eingeführte, invasive Disteln zu seiner Lieblingsnahrung. Im Winternutzt er gerne Viehweiden [6; 9].

Zum Verhalten berichtet BREHM: "Auch der Nandu ist ein vortrefflicher Läufer, welcher das beste Pferd ermüdet und verwirrt, da er nicht bloß äußerst schnell dahinrennt, sondern ebenso mit Gewandtheit Haken zu schlagen versteht. Während der Paarungszeit zeigt er sich äußerst lebhaft und Tag und Nacht in Bewegung; während der Dürre hält er, wie alles Wild und Vieh, mittags drei bis vier Stunden Ruhe, holt aber diese Zeit, obgleich ein echtes Tagthier, in den erfrischenden Nächten nach. Seine gewöhnliche Schrittweite beträgt funfzig bis sechzig Centimeter. Wenn er mit gelüfteten Flügeln, noch immer scheinbar nachlässig, dahintrabt, legt er mit jedem Schritte einen Meter zurück; verfolgt, greift er weit aus, macht Sätze von anderthalb Meter und bewegt seine Beine so schnell, daß man die einzelnen Schritte nicht mehr unterscheiden kann. Oft weicht er plötzlich mitten im Jagen von der geraden Linie bis zu einem Winkel von fünfundzwanzig bis dreißig Grad ab, wobei er einen Flügel hoch aufhebt und den anderen andrückt, dann stürmt er wieder mit rasender Eile gerade aus. Erdrisse von drei Meter Breite überspringt er mit Leichtigkeit, während des Sprunges einen Augenblick lang mit den Flügeln flatternd; steile Ufer aber meidet er sorgfältig, weil ihm das Erklimmen derselben schwer wird" [9].

Gefährdung und Schutz

Der Nandu hat ein grosses Verbreitungsgebiet, leidet aber unter der Umwandlung von Pampa und Cerrado in landwirtschaftliches Land. Er ist gebietsweise noch häufig, insgesamt haben aber die Bestände deutlich abgenommen und die Art gilt deshalb als potenziell gefährdet (Rote Liste: NEAR THREATENED) [1].

Der internationale Handel ist nach CITES Anhang II geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Lokal werden die “Charavones” genannten Jungvögel gegessen und die Federn werden zu "Plumeros", Staubwedeln, verarbeitet [6]. In den 80er-Jahren wurde der Nandu in nicht nachhaltiger Weise zur Fleisch- und Ledergewinnung gejagt. So wurden im Jahr 1980 über 50'000 Häute allein aus Paraguay ausgeführt. Nach Aufnahme in CITES-Anhang II im Jahr 1992 kam der Häutehandel in geordnetere Bahnen: von 1995-99 wurden im Jahresmittel noch 6'611 Häute aus den Ursprungsländern ausgeführt. Dabei dürfte es sich zum Teil um Häute von gefarmten Nandus gehandelt haben. In Uruguay setzte die Nanduzucht um 1991 ein. 1999-2001 gab es 167 Brütereien, wegen Rückgangs der Nachfrage nahm jedoch in den folgenden Jahren die Zahl der Brütereien wieder ab. Von 2001 bis 2016 wurden aus Uruguay u.a. 16'475 Häute, 25'384 kg Fleisch, 14'000 Füße und 3'937 Eier bzw. Eischalen zur Aufuhr genehmigt [3; div. CITES-Dokumente].

Im Herbst 2000 entwichen 3 Nanduhähne und vier Hennen aus einer Privathaltung in Groß Grönau bei Lübeck. Die Vögel setzten zum Teil über die Wakenitz und bildeten im Grenzgebiet von Schleswig-Holstein und Mecklenburg einen stabilen Bestand, der  2010 auf 140 bis 300 Individuen geschätzt wurde (Die Welt vom 02.01.2010). Die Nandus wurde vom Bundesamt für Naturschutz als potenziell invasive Neozoen eingestuft und die Bestandesentwicklung wird seit 2008 überwacht. Ökologische Auswirkungen und relevante wirtschaftliche Schäden konnten bislang durch die Forschungen und das Monitoring nicht festgestellt werden. Daher werden Eingriffe in die Population als rechtlich nicht sicher begründbar angesehen [7].

Haltung

Im Zoo lassen sich Nandus problemlos mit anderen Tieren, wie Ameisenbären, Neuweltkameliden, Maras, Capybaras, Viscachas, Seriemas oder Spiegelgänsen vergesellschaften. Sie sind wenig frostempfindlich, aber zum Übernachten wird je nach lokalen Bedingungen ein frostfreier Stall empfohlen [6].

Wie Nandus gehalten werden (Beispiel):

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in gegen 450 Zoos gehalten, von denen sich etwa ein Drittel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: In Deutschland wurde 2019 durch das BMEL ein neues Gutachten über die Haltung von Straußen, Nandus, Emus und Kasuaren herausgegeben. Dieses orientiert sich im Prinzip an der Weidehaltung und fordert z.B. für 1.2 erwachsene Vögel eine Mindestfläche von 750 m² mit einer Mindestlänge von 50 m, gilt aber auch für Zoos. Der Verband der Zoologischen Gärten hat es abgelehnt, an diesem Gutachten mitzuwirken und lehnt das Gutachten als solches ab.

Nach dem alten Gutachten über die Haltung von Straußenvögeln des BMEL sind einem Paar Nandus 200 m² Gehegefläche anzubieten, für jeden weiteren erwachsenen Vogel 50 m² mehr. Dieselben Anforderungen stellt die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022)schreibt für bis zu 6 Nandus ein Gehege von 500 m² sowie einen allen Tieren Platz bietenden Unterstand oder Stall vor, für jedes weitere Tier ist die Gehegefläche um 50 m² zu erhöhen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Nandu wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Struthio americanus" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Rhea wurde 1760 von dem französischen Zoologen Mathurin Jacques BRISSON eingeführt. Gegenwärtig werden 5 Unterarten anerkannt [5]:

  • Rhea a. americana: Brasilien
  • Rhea a. intermedia: Brasilien, Uruguay
  • Rhea a. nobilis: Paraguay
  • Rhea a. araneiceps: Bolivien, Brasilien, Paraguay
  • Rhea a. albescens: Argentinien

Literatur und Internetquellen:

  1. BIRDLIFE INTERNATIONAL (2016). Rhea americana. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T22678073A92754472. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-3.RLTS.T22678073A92754472.en. Downloaded on 07 January 2020.
  2. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. DEL HOYO, J., ELLIOTT, A. et al. (eds., 1992-2013)
  5. DEL HOYO, J., COLLAR, N., CHRISTIE, D.A., ELLIOTT, A. & FISHPOOL L.D.C. (2014)
  6. GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
  7. NANDUMONITORING
  8. REINOLD, C. (2011)
  9. BREHM, A. E. (1882-1887)

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