Austernfischer

Austernfischer (Haematopus ostralegus) im Zoo Osnabrück
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Ordnung: Wat- und Strandvögel (CHARADRIIFORMES)
Unterordnung: Watvögel, Regenpfeiferverwandte (CHARADRII)
Familie: Austernfischer (Ostralegidae)

D NT 650

Europäischer Austernfischer

Haematopus ostralegus • The European Oystercatcher • L'huitrier-pie

216 004 001 007 haematopus ostralegus cleres PD1Europäischer Austernfischer (Haematopus ostralegus) im Parc zoologique de Clères © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

216 004 001 007 haematopus ostralegus mapApproximatives Brutvorkommen des EuropäischenAusternfischers (Haematopus ostralegus)

 

 

 

216 004 001 007 haematopus ostralegus kingussie PD1Europäischer Austernfischer (Haematopus ostralegus) freifliegend im Highland Wildlife Park, Kingussie © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

216 004 001 007 haematopus ostralegus eier kingussie PD1Europäischer Austernfischer (Haematopus ostralegus), Gelege im Highland Wildlife Park, Kingussie © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

216 004 001 007 haematopus ostralegus HD schiedt1Europäischer Austernfischer (Haematopus ostralegus) im Zoo Heidelberg © Martin Schiedt, Sinsheim, https://www.schiedt.org

 

 

 

216 004 001 007 haematopus ostralegus DA PD3Europäischer Austernfischer (Haematopus ostralegus) im Zoo-Vivarium Darmstadt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

216 004 001 007 haematopus ostralegus DA PDEuropäische Austernfischer (Haematopus ostralegus) im Zoo Vivarium Darmstadt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Stimme auf XENO-CANTO

Der Austernfischer gilt in Europa als gefährdet. Als plakativ gefärbte Art eignet er sich zudem gut als Botschafter für den Zugvogelschutz, und sein Nahrungserwerbsverhalten macht ihn interessant für die Zoopädagogik. In Zoos wird er daher relativ häufig gezeigt.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Austernfischer erreicht eine Gesamtlänge von 40-45(-51) cm und ein Gewicht von etwa 500 (425-820) g. Er hat einen langen, seitlich zusammengedrückten orange-roten Schnabel mit Tast-Rezeptoren, mit dem er im Schlick nach Nahrung sucht und Mollusken aufmeißelt, einen roten Orbitalring, mittellange, kräftige, rosarote Beine ohne Hinterzehen an den Füßen und ausgeprägte Salzdrüsen. Das Gefieder ist schwarz-weiß, wobei während der Ruhezeit im ansonsten schwarzen Kehlbereich ein weißes Band erscheint. Die Weibchen sind im Mittel etwas größer als die Männchen [3; 5; 7].

Verbreitung

Weit verbreitet in Europa, Asien und Afrika, als Gastvogel auch in den USA und Kanada. Die Rote Liste der IUCN führt etwa 120 Länder auf, in denen die Art als Brut-, regelmäßiger Zug- oder Gastvogel auftritt [1]. In Deutschland brütet er vor allem an der Nordseeküste. In der Schweiz ist er ein regelmäßiger, aber seltener Durchzügler und sehr seltener Wintergast [9; 10]. In geringer Zahl gelangen die Vögel im Winter bis Namibia und Südafrika, wo sie sich oft Trupps von Schwarzen Austernfischern (Haematopus moquini) anschließen [6].

Lebensraum und Lebensweise

Der Austernfischer brütet an Küsten, lokal auch an Binnengewässern. Er ist ein Kurz- bis Mittelstreckenzieher. Die in Europa heimischen Austernfischer ziehen im Winter bis an die Meeresküsten des Nahen Ostens und Afrikas. Der Frühjahrszug gipfelt heute im April und liegt damit 3-4 Wochen früher als zu Beginn der 1990er-Jahre. Die Nahrung der Austernfischer besteht hauptsächlich aus verschiedenen Muschelarten (besonders Herz-, Mies- und Baltische Plattmuscheln), ferner werden andere Wirbellose, z.B. Napf-, Strand- und Weißhornschnecken, Pier- und Regenwürmer gefressen. Häufig waschen die Vögel ihre Beute vor dem Verzehr und tragen bisweilen Muscheln zum Aufhämmern auf harte Fels- oder Sandbänke. Austernfischer bilden monogame Paare, die sich zur Brutzeit territorial verhalten. Das spärlich ausgelegte Bodennest liegt meist offen. Das Gelege besteht aus 3 (2-5) Eiern, die während 24-27 Tagen bebrütet werden. Die Küken werden mit ca. 33 Tagen flügge. Sie schreiten im Alter von 3-4 Jahren erstmals zur Brut [3; 5; 7; 8; 9].

Beim Austernfischer können insgesamt neun verschiedene Rufe unterschieden werden. Sehr typisch ist das Trillerspiel, bei dem der Vogel den Hals streckt, den Schnabel gegen den Boden richtet und einen Alarmruf ausstösst. Der Ruf dient zur Begrüssung, wenn sich das Paar in seinem Revier trifft, aber auch zur Vertreibung von Rivalen. Durch die Rufe können sich die verschiedenen Arten der Austernfischer außerdem im selben Brutgebiet unterscheiden [3; 5; 8].

Gefährdung und Schutz

Mit einer außerordentlich weiten Verbreitung und einem Weltbestand von etwa 1.04 bis 1.16 Millionen Vögeln galt die Art bis vor Kurzem nicht als gefährdet. Da aber die wichtigste Population abnimmt, wurde sie 2015 in die Kategorie "potenziell gefährdet" hochgestuft. Die 2015 auf 284'000-354'000 Brutpaare geschätzte europäische Population gilt sogar als gefährdet, weil ihr Bestand rasch abnimmt (Rote Liste: NEAR THREATENED; VULNERABLE). Der Bestand in Deutschland wird auf 25-33'000 Brutpaare geschätzt [1; 2].

Der internationale Handel ist nicht durch CITES geregelt. Die Art fällt unter Anhang 3 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume, Anhang 2 des African-European Waterbird Agreements (AEWA) und Anhang II(B) der Vogelschutz-Richtlinie der EU.

Bedeutung für den Menschen

Der Austernfischer wird oder wurde zumindest als Trophäe und zur Fleischgewinnung gejagt, für den Tierhandel gefangen und diente als Eierlieferant. In Muschelzuchten kann er Schäden anrichten, was allerdings meist überschätzt wird. Er ist der Nationalvogel der Färöer [1; 2; 4].

Haltung

Austernfischer lassen sich mit anderen Vogelarten vergesellschaften. Im Zoo Zürich z.B. teilen sie eine Voliere mit den Waldrappen, den Löfflern und den Baikalente. Löffler, Baikalente und Austernfischer sind mehr ans Wasser gebunden als der Waldrapp, wodurch sich eine gewisse Aufteilung des Geheges unter die vier Vogelarten ergibt. Gemeinschaftshaltung mit verschiedenen Limikolen, Möwen oder Seeschwalben wird häufig praktiziert.

Das Höchstalter im Zoo wird mit 36 Jahren angegeben [7].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in gegen 70 Zoos gezeigt, von denen sich etwa die Hälfte im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Wie Austernfischer gehalten werden (Beispiel):

  • Küstenpanorama im Zoo Heidelberg

Mindestanforderungen an Gehege: In Deutschland und Österreich gibt es keine konkreten Mindestanforderungen an Gehege für Sumpf- und Strandvögel. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 1.2.2024) schreibt für die Haltung von bis zu 8 Vögeln eine Voliere mit einer Grundfläche von 20 m² und einer Höhe von 2 m mit einem 6 m² großen Wasserbecken vor. Für jeden weiteren Adultvogel ist die Grundfläche um 1 m² zu erweitern. Für nicht-winterharte Arten ist ein Schutzraum mit einer Fläche von 0.5 anzubieten.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Austernfischer wurde 1758 von Carl von LINNÉ unter seinem heute noch gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben. Gegenwärtig werden vier Unterarten anerkannt. Zeitweilig wurden einzelne oder alle der übrigen acht Haematopus-Arten zu ostralegus gerechnet [4; 5].

216 004 001 007 haematopus ostralegus DA PD2Europäischer Austernfischer (Haematopus ostralegus) im Zoo-Vivarium Darmstadt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

Literatur und Internetquellen

  1. BIRDLIFE INTERNATIONAL (2017). Haematopus ostralegus (amended version of 2016 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T22733462A117739875. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2017-3.RLTS.T22733462A117739875.en . Downloaded on 14 September 2019.
  2. BIRDLIFE INTERNATIONAL (2015). Haematopus ostralegus. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T22733462A66718028. Downloaded on 14 September 2019.
  3. COLSTON, P. & BURTON, P. (1989)
  4. DEL HOYO, J., COLLAR, N., CHRISTIE, D.A., ELLIOTT, A. & FISHPOOL L.D.C. (2014)
  5. DEL HOYO, J., ELLIOTT, A. et al. (eds., 1992-2013)
  6. GINN, P.J., McILLERON, W.G. & MILSTEIN, P. le S. (1999)
  7. GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
  8. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  9. MAUMARY, L. , VALLOTTON, L. & KNAUS P. (2007)
  10. VOGELWARTE SEMPACH