Alaska-Seeotter (Enhydra lutris kenyoni) im Océanopolis Brest
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Marderverwandte (Mustelidae)
Unterfamilie Otter (Lutrinae)
Seeotter
Enhydra lutris • The Sea Otter • La loutre de mer
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der gefährdete Seeotter ist hinsichtlich seines Körperbaus und Verhaltens ein sehr atypischer Otter. Als am stärksten ans Wasser gebundene Art mit mariner Lebensweise ist er ein guter Botschafter für den Meeresschutz und hat das Potenzial, im Rahmen der Zoopädagogik evolutionäre Vorgänge zu vermitteln. Er wird jedoch, wie viele andere nordamerikanische Arten, in europäischen Zoos und Aquarien nur sehr selten gehalten. Körperbau und KörperfunktionenAbgesehen vom kürzeren Schwanz hat der Seeotter ungefähr das Kaliber des Riesenotters. Er erreicht eine Kopf-Rumpflänge von ca. 120 (100-130) cm, eine Schwanzlänge von 30-33 (25-37) cm und ein Gewicht von 21-45(-50) kg bei den rüden und 14-33(-35) kg bei den Fähen. Sein Rumpf ist walzenförmig, der Kopf kurz und breit, der Hals kurz und dick, der Schwanz vergleichsweise kurz, etwas abgeflacht und gegen das Ende keilförmig zugespitzt. Augen und Ohren sind klein. Die Fähen haben zwei Zitzen zwischen den Hinterbeinen. Die durch Schwimmhäute verbundenen Finger sind kurz und mit sehr kleinen Krallen ausgestattet. Die Hinterbeine sind wie bei den Ohrenrobben nach hinten versetzt, die Füße sind unbehaart, die Zehen durch Schwimmhäute verbunden und mit gekrümmten Krallen versehen. In den Armbeugen befindet sich eine Hautfalte, in der gefangene Beute transportiert werden kann. Als einziges Meeressäugetier verfügt der Seeotter nicht über eine dicke, subkutane Fettschicht, dafür ist sein Fell extrem dicht und sehr weich. Die Gesamtzahl der Haare eines Seeotterpelzes wird mit 800 Millionen angegeben [1; 4; 6; 8]. VerbreitungNordpazifik: Küstengewässer Japans, Kanadas, Mexikos, Russlands und der USA [3]. Lebensraum und LebensweiseSeeotter verbringen die meiste Zeit im Wasser; an Land, wo sie nur selten größere Wanderungen unternehmen, bewegen sie sich plump und ungeschickt. Der Seeotter besiedelt an Felsküsten oder Sandstränden gelegene Meeresgebiete bis zu einer Tiefe von gegen 100 m, vorzugsweise mit Kelpwäldern. Den größten Teil seiner Nahrung fängt er in Tiefen bis zu 30 m und im Abstand von bis zu einem Kilometer vom Land. Männliche Tiere sind territorial und patrouillieren Reviere mit einer Wasserfläche von etwa 40 ha im Sommer und 80 ha im Winter. Die Fähen durchstreifen die Territorien mehrerer Rüden, ihre Streifgebiete umfassen eine Küstenlinie von bis zu 16 Kilometern. Die Nahrung besteht hauptsächlich aus marinen Invertebraten wie Seeigeln, Seegurken, Muscheln, Seeohren (Haliotis) und anderen Schnecken, Tintenfischen sowie Krebstieren. Das Spektrum umfasst etwa 150 verschiedene Arten. Nur gebietsweise machen Fische etwa die Hälfte der aufgenommenen Nahrung aus. Die täglich aufgenommene Nahrungsmenge entspricht etwa 20-35% des Körpergewichts [1; 3; 4; 7; 8]. Der Seeotter hat keine feste Fortpflanzungsperiode, Paarungen und Geburten können während des ganzen Jahres stattfinden. Die Trächtigkeit dauert 4-12 Monate einschließlich einer variablen Keimruhe. Die Geburten finden im Wasser statt. In der Regel wird ein einzelnes Jungtier geboren, selten Zwillinge. Die bei Geburt 1.4-2.3 kg schweren Welpen werden im Wasser von der auf dem Rücken liegenden Mutter gesäugt. Mit etwa zwei Monaten beginnen sie selbständig zu tauchen. Die Abhängigkeit von der Mutter dauert vermutlich 5-8 Monate [7].
Gefährdung und SchutzSeit dem Jahr 2000 wird der Seeotter als stark gefährdet eingestuft (Rote Liste: ENDANGERED). Grund dafür ist, dass sich die ursprünglich durch die Pelzjagd dezimierten und genetisch verarmten Bestände aufgrund verschiedener Faktoren, etwa Ölverschmutzungen, Stellnetzfischerei, stärkere Bejagung durch Schwertwale oder schlechtere Futterverfügbarkeit in Zusammenhang mit Ereignissen wie "El Niño", nur zum Teil erholen konnten. Der Weltbestand wird auf etwa 125'000 Individuen geschätzt, der Bestandstrend ist negativ [3]. Der internationale Handel mit nördlichen Seeottern ist unter CITES Anhang II geregelt, der Kalifornische Seeotter fällt unter Anhang I des Übereinkommens. Bedeutung für den MenschenDer Seeotter wurde ab 1784 in nicht nachhaltiger Weise zur Gewinnung von Pelzfellen bejagt. Von 1804-1807 löschten Schiffe unter amerikanischer Flagge rund 60'000 Felle und von 1808–1812 gegen 50'000 weitere. 1790 waren die Bestände von Kamtschatka und den Aleuten, 1805 die von Kodiak, 1820 jene von Sitka bis zum Nootkasund und 1840 die von Kalifornien wirtschaftlich tot. 1910, als gerade noch 2'000 Tiere übrig waren, beschlossen die USA, Großbritannien, Russland, und Japan die Seeotterjagd zu verbieten. In geringem Umfang gibt es immer noch eine illegale Jagd, deren Erträge über russische Schwarzmärkte abgesetzt werden [3]. Von 2001-2018 wurden von den Ursprungsländern 21 lebende Wildfänge zur Ausfuhr genehmigt. An Teilen und Erzeugnissen wurden lediglich ein Fell und etwas Wissenschaftsmaterial erfasst. Im selben Zeitraum wurde weltweit die Ausfuhr von zwei Nachzuchttieren registriert [2]. HaltungVersuche zur Haltung von Seeottern zur Pelzgewinnung begannen in der Sowjetunion um 1930. In den USA wurden Seeotter erstmals 1954 in einem Zoo gezeigt [9]. Der erste Seeotter im Woodland Park Zoo in Seattle lebte dort sechs Jahre [8]. Im Seattle Aquarium erreichte ein Seeotter eine Haltungsdauer von 21 Jahren und 1 Monat und ein geschätztes Alter von über 27 Jahren [6]. Die Welterstzucht glückte 1973 im Point Defiance Zoo & Aquarium in Tacoma im amerikanischen Bundesstaat Washington [5]. Bei gehaltenen Ottern machen Fische im Mittel rund 40% des Nahrungsangebots aus [8]. Haltung in europäischen Zoos: Vermutlich wird der Seeotter erst seit 1995 in Europa (außerhalb der ehemaligen Sowjetunion) gehalten. Gegenwärtig (2023) wird die Art nur in vier Einrichtungen in Dänemark, England, Frankreich und Portugal gezeigt. Für Details siehe Zootierliste. Die europäische Erstzucht glückte 1998 im Oceanário de Lisboa; 1999 und 2001 kam es zu weiteren Geburten. Es gibt, im Gegensatz zur Situation in Nordamerika, kein Europäisches Zuchtbuch oder Erhaltungszuchtprogramm. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL sollen für ein Tier ein Außengehege mit einer Landfläche von 80 m², einer Wasserfläche von 60 m² und einem Wasservolumen von 60 m³ vorhanden sein. Für jedes weitere verträgliche, erwachsene Tier sollen die Flächen und das Wasservolumen um 10% erweitert werden. Diese Vorgaben machen wenig Sinn, weil die Aktivitäten des Seeotters im Normalfall hauptsächlich im Wasser stattfinden, der Landteil daher kaum genutzt wird, andererseits der Seeotter ein Tiefentaucher ist, für den eine mittlere Wassertiefe von 1 m nicht adäquat ist. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 2 Seeotter Fischotter ein Außengehege mit einer Landfläche von 10 m², einer Wasserfläche von 60 m² und einer mittleren Tiefe von 2 m vor. Für jedes weitere Adulttier sind die Landfläche um3 und die Wasserfläche um 25 m² zu erweitern. In der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist der Seeotter nicht aufgeführt. Taxonomie und NomenklaturDer Seeotter wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Mustela lutris" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Enhydra wurde 1822 von dem schottischen Pfarrer und Naturforscher John FLEMING eingeführt. Es werden drei Unterarten anerkannt [7]. |
Literatur und Internetquellen
- ALLEN, T. B. (1979)
- CITES TRADE DATA BASE
- DOROFF, A. & BURDIN, A. (2015). Enhydra lutris. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T7750A21939518. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2015-2.RLTS.T7750A21939518.en . Downloaded on 13 June 2020.
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. & MITTERMEIER, R.A. eds. (2009-2019)
- HEMPSTEAD, C. & LARSON, S. (2019)
- VAN BLARICOM, G., R., BELTING, T. F. & TRIGGS, L. H. (2015)