Binturong

Junge Binturongs (Arctctis binturong) im Tierpark Berlin
© Klaus Rudloff, Berlin

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Katzenartige (Feliformia)
Familie: Schleichkatzen (Viverridae)
Unterfamilie: Palmenroller (Paradoxurinae)

D VU 650

EEPBinturong

Arctictis binturong • The Binturong • Le binturong

112 005 007 001 arctictis binturong darmstadt PDBinturong (Arctictis binturong) im Zoo-Vivarium Darmstadt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

112 005 007 001 arctictis binturong mapApproximative Verbreitung des Binturongs (Arctictis binturong). Rot: möglicherweise ausgestorben

112 005 007 001 arctictis binturong f HD petraMedanHDBinturong (Arctictis b. binturong) im Zoo Heidelberg © Petra Medan, Zoo Heidelberg

112 005 007 001 arctictis binturong TPB TPB1Junger Binturong (Arctictis b. binturong) im Tierpark Berlin © Tierpark Berlin (Pressefoto)

112 005 007 001 arctictis binturong whitei barnim wDreier1Palawan-Binturong (Arctictis binturong whitei) im Wildkatzenzentrum FELIDAE, Barnim © Wolfgang Dreier, Berlin

PM 2014 09 10 GKN binturongBinturong (Arctictis binturong whitei) in der ZOOM Erlebniswelt. © ZOOM Gelsenkirchen (Pressefoto)

112 005 007 001 arctictis binturong TPB wDreier2Binturong (Arctictis b. binturong) im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

112 005 007 001 arctictis binturong TPB wDreier1Binturong (Arctictis b. binturong) im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

112 005 007 001 arctictis binturong TPB rudloff2Junge Binturongs (Arctictis b. binturong) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

112 005 007 001 arctictis binturong binturong HD Presse Binturong (Arctictis b. binturong) im Zoo Heidelberg © Zoo Heidelberg (Pressefoto)

112 005 007 001 arctictis binturong m HD susiFischerHD Binturong (Arctictis b. binturong) im Zoo Heidelberg © Susi Fischer, Zoo Heidelberg

112 005 007 001 arctictis binturong torbiera PD1Binturong (Arctictis binturong) im Parco Faunistico La Torbiera, Agrate Conturbia © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

112 005 007 001 arctictis binturong BREHMBinturong (Arctictis binturong). Illustration aus BREHMS THIERLEBEN (1882-1887). Gemeinfrei.

 

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Der Binturong ist ein eigenartiges, plumpes mit einem Greifschwanz ausgestattetes, baumlebendes  Raubtier, das von Laien kaum einzuordnen ist, was sich auch in seinem deutschen Namen "Marderbär" reflektiert. Im Zoo erhalten sich Binturongs ihr verspieltes und zutrauliches Wesen bis ins hohe Alter, was sie für Zoobesucher besonders interessant macht. Aus diesem Grund und weil die Art selbst auch gefährdet ist, bietet sie sich als Botschafter für Natur- und Artenschutzprojekte in Südostasien an.

Körperbau und Körperfunktionen

Binturongs sind groß und kräftig und erreichen eine Kopf-Rumpflänge von (60-)90-100 cm, eine Schwanzlänge von (50-)80 cm und ein Gewicht von 15 Kilo und mehr. Ihre leuchtend großen Augen weisen darauf hin, dass sie dämmerungs- und nachtaktiv sind.

Der Binturong ist eines der ganz wenigen Säugetiere der Alten Welt, die über einen Greifschwanz verfügen. Vorder- und Hinterfüße sind mit 5 Zehen mit scharfen,  gekrümmten Krallen ausgestattet, die ihnen erlauben, sich auch in schwierigem Terrain sicher hoch oben auf den Bäumen zu halten. Die Fußsohlen sind nackt [3; 9].

Das Fell ist rau, dicht und lang. Seine Farbe ist dunkelgrau bis schwarz, am Kopf meistens etwas heller. Die weiß gerandeten Ohren sind mit Haarpinseln versehen.

Verbreitung

Süd- und Südostasien: Bangladesch, Bhutan, Brunei, China, Indien (Sikkim, Arunashal Pradesh, Assam), Indonesien (Sumatra, Java, Borneo und kleinere Inseln), Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Nepal, Philippinen, Thailand, Vietnam [7].

Lebensraum und Lebensweise

Binturongs besiedeln hauptsächlich tropische Regenwälder.

Sie sind überwiegend dämmerungs und nachtaktiv. Sie leben meist einzeln auf Bäumen, kommen aber auch auf den Boden. Obwohl ihre Bewegungen tollpatschig wirken, sind sie außerordentlich gute Kletterer, die hervorragend an ihren Lebensraum angepasst sind, wobei ihnen beim Hängeklettern Kopf voran der Greifschwanz gute Dienste leistet.

Sie ernähren sich von tierischer und pflanzlicher Kost. Am liebsten sind ihnen Feigen. Vögel rupfen sie nicht, sondern fressen sie mit den Federn. Auch spielen sie, im Gegensatz zu Katzen, nicht mit ihrer Beute, obwohl sie ansonsten sehr spiellustige Tiere sind.

Im Spielverhalten offenbaren Binturongs eine akrobatische Ader. Zum Repertoire gehören neben waghalsigen Kletterpartien auch Purzelbäume. Manchmal überschätzen sie ihre Fähigkeiten jedoch und landen bei versuchten Saltos auf dem Rücken [3; 6; 7; 9].

BREHM beschreibt den Binturong als "stillen, sanften und gemüthlichen Gesellen", in dessen Wesen sich "weder Raublust noch Mordsucht" aussprechen. "Seine Bewegungen geschehen langsam und bedächtig, die kletternden stets mit Hülfe des Schwanzes, welcher zwar kein vollständiger Wickelschwanz ist, aber doch als solcher gebraucht wird, indem das Thier mit ihm sich festhält, Aeste und Zweige leicht umschlingend, und die Schlinge sodann lockernd, ohne sie zu lösen, beziehentlich ohne den Halt zu lassen, da die Schwanzschlinge nach und nach mehr nach der Schwanzspitze hin verlegt wird. Erst wenn letztere von dem Aste abgleitet, greift der Binturong langsam weiter und verfährt wie vorher. Seine Stimme ähnelt dem Miauen der Hauskatze. Unter seinen Sinnen scheinen Geruch und Gefühl oder Tastsinn obenan zu stehen; er beschnuppert jeden Gegenstand lange und genau und gebraucht seine Schnurrhaare thatsächlich als empfindliche Taster" [1].

Der Binturong hat keine feste Fortpflanzungszeit. Die Weibchen haben 1-2 Würfe pro Jahr. Nach einer Tragzeit von 84-99 Tagen werden 1-6 Junge geboren. Diese wiegen im Mittel 319 g, Sie sind bei der Geburt blind und nur spärlich behaart [3; 9].

Gefährdung und Schutz

Der Bestand des Binturongs hat während der letzten 30 Jahre um mehr als 30 % abgenommen. Die Art gilt daher als gefährdet (Rote Liste: VULNERABLE) [7].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt, ausgenommen mit Exemplaren der Population von Indien, die in Anhang III aufgeführt ist.

Bedeutung für den Menschen

Gebietsweise werden Binturongs für den internen Heimtierhandel gefangen, auf den Philippinen in geringer Zahl auch für den für den internationalen Tierhandel. In Vietnam werden die Tiere zur Fleischgewinnung und für die Zwecke der traditionellen Medizin gejagt [7].

Aus Indien, das die Aufnahme der Art in CITES-Anhang III veranlasst hatte, wurden von 2001-2017 keine Exporte registriert. Aus anderen Ländern wurde im selben Zeitraum die Ausfuhr von 36 Wildfängen mitgeteilt, wichtigstes Exportland waren die Philippinen. An Nachzuchttieren wurden 156 verschoben, ein Viertel davon aus den Philippinen [2].

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Die französische Association Anoulak engagiert sich im Schutz des 3'500 km² großen Nakai-Nam Theun-Nationalparks in Laos. Seit 2016 setzt sie in Zusammenarbeit mit den lokalen Behördee Patrouillen aus ausgebildeten lokalen Dorfbewohnern zur Bekämpfung der Wilderei ein, bietet Umweltbildung in den Dorfschulen und ein entsprechendes Ausbildungsprogramm für die Lehrkräfte an, und führte ein dreijähriges Programm zur nachhaltigen Entwicklung der Dorfgemeinschaften im Nakai-Distrikt durch. Von diesen Maßnahmen profitiert u.a. der in Laos seltene Binturong [7]. Anoulak wird von rund 15, hauptsächlich europäischen Zoos, vom französischen Zooverband und von der ZGAP unterstützt. mehr ...

Haltung

Im Zoo können Binturongs ein Alter von 26-27 Jahren erreichen [8]. Binturongs wurden in verschiedenen Zoos, z. B. Heidelberg, mit Zwergottern vergesellschaftet. Dabei ist zu beachten, dass die neugierigen Ottern den Binturongs lästig fallen können, und das Kletterbäume nicht unbedingt einen Rückzugsort darstellen, da die Otter recht gut klettern können. Im Colchester-Zoo werden Binturongs zudem mit Languren gehalten und in einem aisatischen Zoo zusammen mit Bengalkatzen [11; 12].

Haltung in europäischen Zoos: Der erste Binturong in einem europäischen Tiergarten traf 1843 im Londoner Regent's Park Zoo ein. In Berlin wurde die rt ab 1871 gehalten.
 Heute ist sie in rund 100 Zoos zu sehen, von denen sich etwa 10 im deutschsprachigen Raum befinden. Die deutsche Erstzucht glückte 1962 dem Dredener Zoo. Für Details siehe Zootierliste.

Es gibt ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das von der Ménagerie im Jardin des Plantes, Paris, koordiniert wird.

Forschung im Zoo (Beispiele): Im Zoo-Vivarium Darmstadt wurden Untersuchungen zum Gebrauch des Wickelschwanzes durchgeführt [4] und im Zoo Heidelberg wurde das Verhalten unter besonderer Berücksichtigung der Vergesellschaftung mit Zwergottern beobachtet [5].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL beträgt der Raumbedarf für ein Tier ganzjährig  25 m² bei 3 m Höhe. Für jedes weitere Tier sind 5 m² anzubieten.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tiere ein 3 m hohes Außengehege mit einer Grundfläche von 40 m² vor, für jedes weitere Adulttier kommen 5 m² dazu. Für die Innenanlagen beträgt die Grundfläche 20 m² bei 2.5 m Höhe und 4 m² mehr für jedes weitere Tier.

Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) fordert für das Außengehege 30 m² pro Paar, und für jedes weitere Tier zusätzlich 3 m², ferner ein Innengehege von 15 m² pro Paar und für jedes weitere Tier zusätzlich 1.5 m², wobei der Zugang zum Außengehege ganzjährig zu gewährleisten ist.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Binturong wurde 1820 von dem englischen Forscher und Staatsmann Sir Thomas Stamford Bingley RAFFLES in einem wissenschaftlichen Vortrag vorgestellt und 1822 in einer Publikation als "Viverra binturong" beschrieben.

Die Gattung Arctictis wurde 1824 vom niederländischen Zoologen Coenraad Jacob TEMMINCK aufgestellt. Sie besteht aus nur einer Art, die in sechs Unterarten unterteilt wird, deren Status allerdings überprüft werden sollte [7; 9; 10]:

  • A. b. albifrons – Nordost-Indien, Nepal, Bhutan, Bangladesch, Myanmar, Vietnam, Laos, Kambodscha, Thailand. In europäischen Zoos vertreten.
  • A. b. binturong – Malaysia (Malaiische Halbinsel), Indonesien (Sumatra, Nias). In europäischen Zoos vertreten.
  • A. b. kerkhoveni – Indonesien (Bangka)
  • A. b. menglaensis – China (Yunnan, Guanxi)
  • A. b. penicillatus – Indonesien (Java, Borneo). In europäischen Zoos vertreten.
  • A. b. whitei - Philippinen (Palawan und Calauit). In europäischen Zoos vertreten.

112 005 007 001 arcticits binturong scorff PD1Binturong (Arctictis binturong) im Zoo de Pont-Scorff © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. MEILLER, C. (1991)  
  5. PURGAND, T. (2012)
  6. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  7. WILLCOX, D.H.A. et al. (2016). Arctictis binturong. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T41690A45217088. http://www.iucnredlist.org/details/41690/0. Downloaded on 19 June 2018.
  8. WEIGL, R. (2005)
  9. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  10. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  11. SVÁBIK, K. (rev. 2020b)
  12. SVÁBIK, K. (rev. 2020c)