Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Unterfamilie: Echte Rinder (Bovinae)
Tribus: Afrikanische Waldböcke (Tragelaphini)
Sitatunga, Sumpfantilope
Tragelaphus spekii • The Sitatunga or Marsh Buck • Le sitatunga ou guib d'eau
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Die Sitatunga ist wegen ihrer Spezialisierung auf semiaquatische Lebensräume und ihres ausgeprägten Sexualdimorphismus zoopädagogisch interessant. Obwohl selbst noch nicht gefährdet, ist sie eine gute Botschafterart für ihren in Westafrika zunehmend bedrohten Lebensraum, vor allem wenn die Präsentation in Zusammenhang mit Flusspferden oder wasserliebenden Vogelarten erfolgt. Körperbau und KörperfunktionenVon allen Waldböcken ist die Sitatunga am stärksten an ein Leben im Sumpf und Wasser angepasst, was sich vor allem an ihren weit spreizbaren und extrem langen Klauen bemerkbar macht. Sie ist eine mittelgroße Antilope mit ausgeprägtem Geschlechtsdimorphismus. Die Böcke erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 150-170 cm, eine Schulterhöhe von 89-97 cm und ein Gewicht von 75-125 kg. Die Geißen werden 135-155 cm lang, 75-84 cm hoch und (40-)50-60 kg schwer. Die Tiere haben einen 30-35 cm langen Schwanz. Nur die Böcke tragen gewundene, leicht gekielte Hörner, die im Mittel 60 cm, im Extremfall bis 92 cm lang werden. Das Fell ist zottelig, seine Farbe und Zeichnung variiert nach Unterart und Geschlecht, bei den Geißen ist es rot- bis kastanienbraun, bei den erwachsenen Böcken dunkelbraun. Die Sambesi-Sitatungas (T. s. selousi) haben auf dem Rumpf keine oder eine nur sehr schwach ausgeprägte Zeichnung, bei den Westafrikanischen Sitatungas (T. s. gratus) sind bei beiden Geschlechtern weiße Streifen und Flecken vorhanden [5; 11]. VerbreitungAfrika südlich der Sahara: Angola, Benin, Botswana, Burundi, Kamerun, Kongo, Kongo Dem., Äquatorialguinea, Gabun, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kenia, Mosambik, Namibia, Nigeria, Ruanda, Sambia, Senegal, Simbabwe, Süd-Sudan, Tansania, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik. In Niger und ev. Togo ausgerottet [3]. Lebensraum und LebensweiseSitatungas leben in permanenten oder saisonalen Sümpfen mit hoher Vegetation, Sumpfwäldern einschließlich Mangrovenwäldern, in sumpfigen Waldlichtungen und Gebieten, die sich an Galeriewald anlehnen und in flussbegleitenden Dickichten. In Savannen finden sie sich typischerweise in Ständen von Papyrus (Cyperus papyrus), Schilf (Phragmites) oder Hühnerhirsen (Echinochloa). Offenes, vegetationsloses Wasser wird gemieden. Sie bewegen sich sicher auf morastigem Boden und wirken auf hartem Untergrund eher schwerfällig. Sie schwimmen ausgezeichnet und fliehen bei Gefahr möglichst ins Wasser, wo sie wegtauchen, so dass nur noch die Nase sichtbar ist. Sie sind selektive Gemischtäser, die sowohl Laub und Wasserpflanzen als auch Gräser oder Riedgräser zu sich nehmen und ihren Lebensraum mit Weißnacken-Moorantilopen (Kobus megaceros) oder Litschi-Wasserböcken (Kobus leche) teilen. Die Sitatungas sind überwiegend Einzelgänger, die sich aber gelegentlich zu kleinen Rudeln zusammenschließen. Weil sie in ihrem Lebensraum dauernd ein reichliches Nahrungsangebot haben, sind ihre Streifgebiete relativ klein [2; 3; 5; 11]. Die Weibchen können ab etwa 14 Monaten erfolgreich gedeckt werden. Die Tragzeit beträgt 8 Monate und 4-15 Tage. Die Kälber wiegen bei der Geburt etwa 4 kg. Sie werden von der Mutter in Deckung abgelegt und während mehrerer Wochen nur zum Säugen aufgesucht. Ihr Geburtsgewicht verdoppelt sich innert 4-5 Wochen. Gesäugt werden sie bis zu einem Alter von 5-6 Monaten [2; 5; 6; 11]. Gefährdung und SchutzDer auf gegen 170'000 Tiere geschätzte Gesamtbestand der Sitatunga nimmt wegen Lebensraumzerstörung und Bejagung für den lokalen Fleischmarkt ab. In Westafrika ist die Art bereits selten und ihre Verbreitung fragmentiert. In den übrigen Teilen des Verbreitungsgebiets ist sie noch häufiger und gilt deshalb aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 als nicht-gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [3]. Der internationale Handel fällt nicht mehr unter CITES (Die Art war früher in Anhang III - Ghana). Die Einfuhr lebender Exemplare aus den Ursprungsländern ist aber wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU so gut wie ausgeschlossen. Bedeutung für den MenschenMit der fortschreitenden Erschließung und Fragmentierung ihres Lebensraums wird die Sitatunga in Westafrika stärker für den Bushmeat-Markt bejagt als dies früher der Fall war. Gebietsweise wird eine nachhaltige Trophäenjagd betrieben, die sich auf die Erhaltung der Art positiv auswirkt. Die Abschussgebühren variieren je nach Land und Qualität der Trophäe enorm, etwa von 2'500 USD in Kamerun bis zu 16'500 USD für eine Spitzentrophäe in Sambia [3; Online-Inserat 2019]. HaltungSitatungas können, geeignete Gehege vorausgesetzt, mit einer Vielzahl anderer Arten vergesellschaftet werden, so z.B. mit Steppenzebra, Flusspferd, Großem Kudu, Litschi-Wasserbock, Weißnacken-Moorantilope und, weniger passend, Säbel- oder Hirschziegenantilope, ferner mit Afrikanischem Strauß, Sattelstorch, Marabu, Helmperlhuhn und Kranichen. Sie sollten nicht gemeinsam mit Buschböcken oder Bongos gehalten werden, weil es zu unerwünschten Bastardierungen kommen kann [6]. Unter den ehemaligen Haltungsbedingungen im Basler Zoo (Außengehege von 550 m² mit Wassergraben, bis zu drei Innenboxen zu 13.3 m²) kam es zu erhöhter Jungtiersterblichkeit, sobald eine Gruppe von mehr als 1.2 Adulttieren gehalten wurde [4]. Das von WEIGL angegebene Höchstalter beträgt 22 Jahre und 7 Monate, erreicht von einem im Warschauer Zoo gehaltenen weiblichen Tier [9]. Haltung in Europäischen Zoos: In Europa werden ausschließlich Tiere der Unterart Tragelaphus spekii gratus in rund 80 Zoos gehalten, von denen sich etwa ein Dutzend im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Das Europäische Zuchtbuch (ESB) wird am Kölner Zoo geführt. Wie Sitatungas gehalten werden (Beispiel):
Forschung im Zoo: Sitatungas sind nur selten Gegenstand von Forschungsarbeiten in Zoos. Immerhin wurde in einem englischen Park eine Arbeit über die Aktivitätsmuster und Gehegenutzung von Sitatungas gemacht mit der Absicht, die Haltung zu verbessern [7]. Eine weitere Arbeit befasste sich im Kölner Zoo mit Interaktionen und Raumnutzung bei der gemeinsamen Haltung mit Flusspferden und Sattelstörchen [12]. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 200 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 20 m² zusätzlich. Stallfläche ca. 4 m²/Tier. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 6 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 50 m² zur Basisflächen dazu. In der Stallung ist für jedes Tier 5 m² anzubieten. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für 1-5 Tiere 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr, ferner eine Stallfläche von 4 m²/Tier. Die Stalltemperatur muss mindestens 10ºC betragen. Die Haltung hat in Gruppen mit einem erwachsenen Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachwuchs zu erfolgen. Taxonomie und NomenklaturDer englische Forschungsreisende John Hanning SPEKE war der erste Europäer der eine Sitatunga zu Gesicht bekam und darüber berichtete. In seinem "Journal of the Discovery of the Source of the Nile" gab er 1863 eine relativ detaillierte Beschreibung des "nzoé (water-boc)" mit Abbildung. Im selben Jahr benannte der Jurist und Naturforscher Philip SCLATER die Art nach Ihrem Entdecker Tragelaphus spekii. In der Regel wird aber Speke selbst als Autor genannt. Zeitweilig wurde die Art in eine eigene Gattung Limnotragus gestellt. Heute wird sie als Schwesterart des Bongos angesehen, mit dem sie fruchtbare Nachkommen bekommen kann. Oft trifft man die Schreibweise Tragelaphus spekei anstatt spekii [1; 8]. Währenddem WILSON & REEDER [11] von einer Sitatunga-Art mit fünf Unterarten ausgehen, wertet die inflationäre Taxonomie des Handbook of the Mammals of the World [10] diese zu vollen Arten auf. Grundlage ist wiederum GROVES & GRUBB [1]. Diese basieren ihre Erkenntnisse auf kraniometrischen Untersuchungen von Schädeln aus 11 unterschiedlichen Lokalitäten. Bei sechs Herkünften stand ihnen jeweils ein (!) Schädel zur Verfügung, bei zwei weiteren deren zwei, bei einer drei, nur aus Kamerun hatten sie sechs und aus Uganda zehn Schädel. Die aus diesem Material gewonnene Daten sind zweifellos statistisch hochsignifikant ... Die meisten Quellen gehen heute von 3-5 Unterarten aus:
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Literatur und Internetquellen
- GROVES, C.P. & GRUBB, P. (2011)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- IUCN SSC Antelope Specialist Group. (2016). Tragelaphus spekii (errata version published in 2017). The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T22050A115164901. http://www.iucnredlist.org/details/22050/0. Downloaded on 12 June 2018.
- LANG, E. M. (1979)
- MILLS, G & HES, L. (1999)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- ROSE, P. & ROBERT, R. (2013)
- SCLATER, P. L. & OLDFIELD, T. (1894-1900)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- YEREMENKO, O. (2008)