Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Taxon ohne Rang: Nagetiere und Hasen (GLIRES)
Ordnung: Nagetiere (RODENTIA)
Unterordnung: Biberverwandte (Castorimorpha)
Familie: Biber (Castoridae)
Europäischer Biber
Castor fiber • The European Beaver • Le castor d'Europe
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz, Ausrottung und Wiederansiedlung
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Als größtes einheimisches Nagetier, wegen seiner Gestalt, Lebensweise und kulturellen Bedeutung ist der Biber von zoopädagogischem Interesse und auch für das allgemeine Publikum attraktiv, so man ihn denn sieht, denn er ist überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Viele Zoos und Tierparks sehen daher von der Haltung von Bibern ab und zeigen stattdessen Biberratten (Nutrias), die auch tagsüber zu sehen sind, deren Haltung jedoch nach der Unionsliste invasiver Arten auslaufen soll. Körperbau und KörperfunktionenEuropäische (richtiger: Eurasische) Biber erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 75-110 cm, eine Schwanzlänge von 30-40 cm, eine Schulterhöhe von 30-35 cm und ein Gewicht von 13-32(-38) kg. Die Weibchen sind minim größer als die Männchen und haben einen etwas längeren, aber schmaleren Schwanz, praktisch sind die Geschlechter aber äußerlich nicht zu unterscheiden. Die Vorderfüße sind klein und als Greifhände, ausgebildet, die Hinterfüße sind mit kräftigen Krallen und Schwimmhäuten versehen, die zweite Zehe trägt eine schwächere Doppelkralle, die zum Putzen des Fells dient. Der "Kelle" genannte Schwanz ist flach, 12-15 cm breit, nackt mit geschuppter, lederartiger Haut. Das Gebiss besteht aus 20 wurzellosen Zähnen, die Schneidezähne sind fest verankerte Meißel mit orangeroter Schmelzschicht. Die Geschlechtsorgane befinden sich in einer verschließbaren Tasche. Beide Geschlechter haben zwischen After und äußeren Geschlechtsorganen ein Paar bis 250 g schwere, mit einer braunschwarzen runzligen Haut bedeckte Beutel, in denen sich ein moschusartig riechendes Duftsekret, das Bibergeil oder Castoreum befindet. Dieses wird zur Fellpflege und zur Territoriumsmarkierung verwendet. Ferner haben die Biber Öldrüsen zum Einfetten des aus langen Grannenhaaren und sehr dichter Unterwolle bestehenden, einfarbig braunen Fells [5; 6; 9: 15]. VerbreitungEurasien: Autochthone Bestände in China, Deutschland (Elbe), Frankreich, Kasachstan, Luxemburg, Mongolei, Norwegen, Russland, Weißrussland. Wiederangesiedelte Bestände in Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Montenegro, Niederlande, Österreich, Rumänien, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden, Schweiz, Tschechien, Ukraine, Ungarn. Bestand mit unklarer Herkunft: Bulgarien. Ausgestorben in Großbritannien, Moldawien, Portugal, Türkei [3; 4]. Lebensraum und LebensweiseEurasische Biber sind nachtaktiv. Sie verlassen ihren Bau zwischen 16 und 18 Uhr, kehren zwischen 3 und 6 Uhr morgens zurück. Sie leben in einem engen Familienverband bestehend aus den Eltern und zwei Jungengenerationen, im Mittel fünf Tieren. Einmal im Jahr zwischen Mai und Juni bringt das Weibchen 2-4 Junge zur Welt, die zwei Jahre in der Familie verbleiben. Wenn die dritte Jungengeneration zur Welt kommt, müssen die zweijährigen Biber die Familie verlassen und versuchen, ein eigenes Revier zu gründen. Biber verteidigen ihre Reviere bis zum Tod. Je mehr besetzte Reviere an einem Gewässer sind, desto höher wird die Sterblichkeit der abwandernden Jungbiber. Mit zunehmender Dichte und dem Erreichen der Kapazitätsgrenze des Lebensraums nimmt der innerartliche Stress zu und es kommt zu einer verminderten Nachwuchsrate und einer erhöhten Sterblichkeit, die zu einer Abnahme des Bestandes führen kann [1; 2; 5; 6]. Die Biber graben mit ihren Pfoten Erdbaue in die Uferböschung. Ist die Böschung zu wenig hoch, stürzt das Dach ein und wird mit Ästen und Schlamm geflickt. Ist das Ufer flach, baut der Biber aus Ästen eine Burg. Biber benötigen eine Wassertiefe von mindestens 60 cm, damit die Eingänge zu ihren Bauen unter Wasser liegen und damit sie sicher schwimmen und bei Gefahr abtauchen können. Ist das Gewässer zu flach oder die Wasserführung unregelmäßig, errichten die Biber einen Damm. Durch das Aufstauen von Bächen vergrößern die Biber auch ihren Lebensraum und können zusätzliche Nahrungsquellen erschließen. Selten graben sie auch Kanäle, um weiter entfernte Nahrungsquellen schwimmend zu erreichen [1]. Gefährdung und Schutz, Ausrottung und WiederansiedlungDer Eurasische Biber gilt aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN), obwohl er in weiten Teilen seines Verbreitungsgebiets ausgestorben war und erst während der letzten Jahrzehnte durch Wiederansiedlungen wieder Boden gut machte [3]. Der internationale Handel ist nicht unter CITES geregelt. Die Art ist nach Anhang III des Berner Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume geschützt, d.h. jegliche Nutzung ist so zu regeln, dass die Populationen in ihrem Bestand nicht gefährdet werden. Der Biber fällt ferner unter die Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG), ausgenommen seine Populationen in Polen, Finnland, Schweden, sowie im Baltikum. In der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es nur noch acht Restvorkommen mit insgesamt etwa 1200 Tieren, nämlich im Rhone-Delta, an der Elbe, in der norwegischen Telemark, am Dnjepr, am Woronesch/Don, an zwei Orten in Sibirien und am Bulganfluss in der Mongolei [4]. Situation in Mitteleuropa: In Deutschland verschwand der Biber 1596 im Odenwald, 1840 in Sachsen und im Rheinland, 1850 in Bayern. Nach JÄCKEL [10] sollen allerdings um möglicherweise 1866 noch einige in den Salzach-Auen vorgekommen sein, ferner wurden bis 1857 welche im Schlossgarten Nymphenburg gepflegt: "Die Nymphenburger Biber haben sich niemals fortgepflanzt, sondern wurden, wenn das eine oder andere Stück durch Tod in Abgang gekommen war, durch im Inlande eingefangenen Nachschub nach Thunlichkeit ersetzt. Der letzte Biber dieses Gartens starb im Winter 1856/57, und es ist bis auf diesen Tag nicht gelungen, die erledigte Stelle mit einem Inländer (Berufung aus dem Auslande ist in Bayern unbeliebt) wieder zu besetzen, ein vollgültiger Beweis, dass Bayern keine Biber-Bezugsquelle mehr ist." 1854 verschwand der Biber in Württemberg und 1877 in Westfalen. Ende des 19. Jahrhunderts umfassten die letzten Biberbestände Deutschlands an der Mittelelbe etwa 200 Tiere [9]. Durch die Einrichtung von Schongebieten und Ausweisung von Naturschutzgebieten in Biberlebensräumen konnten sich die Bestände ab 1960 wieder vergrößern [2]. Dank der Wiederausbreitung in den neuen Bundesländern, der Umsiedlung von Elbebibern und durch Wiederansiedlungsprojekte leben heute in Deutschland rund 6.000 Elbebiber – 95 Prozent von ihnen an der Elbe besonders in Norddeutschland (WWF Deutschland, 2006). Von 1966 bis 1980 setzte der Bund Naturschutz in Bayern e.V. mit Genehmigung der Behörden etwa 120 Biber aus Skandinavien und Russland in Bayern aus. Heute beträgt dort der Biberbestand schätzungsweise 12.000 Tiere in etwa 3000 Biberrevieren. In Baden-Württemberg wurde 1979 mit bescheidenem Erfolg ein Wiederansiedlungsversuch im Raum Karlsruhe unternommen. Mittlerweile wandern aber Biber aus der Schweiz, dem Elsass und Bayern ein, und um 2005 gab es wieder über 600 Tiere (NABU Baden-Württemberg). Neben Wildfängen kamen auch Zoo-Nachzuchten zum Einsatz. So stellte der Zoo Magdeburg von 19881-86 sechs Tiere zur Verfügung. In Österreich wurden die letzten Biber 1863 in Fischamend (NÖ) bzw. 1869 bei Anthering (Salzburg) erlegt. Zwischen 1977 und 1983 wurde die Wiederansiedlung in Angriff genommen. Auch wanderten Tiere spontan aus Deutschland, Tschechien und der Slowakei nach ein. Heute hat er einen grossen Teil seines ursprünglichen Verbreitungsgebiets zurückerobert (Naturschutzbund Österreich).
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Literatur und Internetquellen
- ANGST, C. (2010)
- ARBEITSKREIS BIBERSCHUTZ SCHLESWIG-HOLSTEIN
- BATBOLD, J, (2016). Castor fiber (errata version published in 2017). The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T4007A115067136. http://www.iucnredlist.org/details/4007/0. Downloaded on 21 May 2018.
- DUBRULLE, P.-M. & CATUSSE, M. (2012)
- GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- HAUSSER, J. et al. (Hrsg., 1995)
- HEDIGER, H. (1951)
- HINZE, G. (1960)
- JÄCKEL, A. J. (1866)
- RAHM, U., BAETTIG, M. & BAUMGARTNER H.J. (1996)
- STOCKER, G. (1985)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-)
- WINTER, C. (2001)
- DOLLINGER, P., BAUMGARTNER, R., ISENBÜGEL, E., PAGAN, O., TENHU, H. & WEBER, F. (1999)
- MARREROS CANALES, N.A.; ZÜRCHER, S. M.; ORIGGI, F.; DJELOUADJI, Z.; WIMMERSHOFF, J.; PEWSNER, M.; AKDESIR, E.; BATISTA LINHARES, M.; KODJO, A.; RYSER, M.-P. (2018).
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