Karpfenfische

Wildkarpfen

Wildkarpfen (Cyprinus carpio) im Maison de la Rivière, Tolochenaz VD Wildkarpfen (Cyprinus carpio) im Maison de la Rivière, Tolochenaz VD
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überklasse: Knochenfische (Osteichthyes)
Klasse: Strahlenflosser (Actinopterygii)
Unterklasse: Neuflosser (Neopterygii)
Teilklasse: Echte Knochenfische (Teleostei)
Ordnung: Karpfenfische (Cypriniformes)
Familie: Karpfen (Cyprinidae)
Unterfamilie: Eigentliche Karpfen (Cyprininae)
Tribus: Cyprinini

D VU 650

Wildkarpfen, Spiegel- und Lederkarpfen

Cyprinus carpio • The Carp • La carpe

Wildkarpfen (Cyprinus carpio), Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Wildkarpfen (Cyprinus carpio), Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Wildkarpfens(Cyprinus carpio). Dunkelblau: autochthone Verbreitung; rot: angesiedelte Populationen

 

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Wildkarpfen (Cyprinus carpio) im Natur- und Tierpark Goldau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Schuppenkarpfen (Cyprinus carpio) im Aliotis Aquarium de Sologne, Villeherviers © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Karpfen (Cyprinus carpio) im Teich des Zoologischen Stadtgartens Karlsruhe © Martin Schiedt, Sinsheim, https://www.schiedt.org

 

 

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Spiegelkarpfen (Cyprinus carpio) im Aliotis Aquarium de Sologne, Villeherviers © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Wenig beschuppter Spiegelkarpfen (Cyprinus carpio) im Bodenseezoo Reutemühle, Überlingen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Wenig beschuppter Spiegelkarpfen (Cyprinus carpio) im Aquarium Wittenberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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"1 Karpfen und Spiegelkarpfen(Cyprinus carpio) , 3 Karausche (Carassius vulgaris) und 4 Barbe (Barbus vulgaris)". Bild aus aus Brehms Thierleben (1882-1887)

 

Wappen von Wallendorf
Wappen von Wallendorf

 

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Der ursprünglich aus Asien stammende, heute als einheimische Tierart angesehene Karpfen hat eine enorme wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung. Er ist somit auch zoopädagogisch von großem Interesse. Zuchtformen werden auch rein als Zierfische zur Belebung von Teichen gehalten. Die Zahl der Zoos und Schauaquarien in Europa, wo Wild- oder Zuchtformen des Karpfens gezeigt werden, ist sehr hoch.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Karpfen kommt in vielen morphologischen Varietäten vor, u.a. als Spiegel, Leder- und Schuppenkarpfen. Was heute als Wildkarpfen bezeichnet wird, sind vollständig beschuppte Fische, deren Vorfahren ursprünglich aus Asien stammten und die im Rahmen  von Teichwirtschaften gehalten worden oder wieder verwildert sind. Ihr Körper ist etwas schlanker als jener der Zuchtformen. Meist wird eine Länge von 40-50 cm erreicht, selten über 100 cm bei einem Gewicht von rund 30 kg. Domestizierte Schuppenkarpfen haben ein vollständig erhaltenes Schuppenkleid, bei den Zeilkarpfen ist eine Reihe großer Schuppen entlang der Seitenlinie erhalten, Spiegelkarpfen weisen nur noch wenige, unregelmäßig verteilte Schuppen auf, hauptsächlich oben am Rücken und im Bereich der Schwanzwurzel, und Lederkarpfen sind völlig unbeschuppt [5; 8].

Verbreitung

Der Karpfen stammt ursprünglich aus Asien, wo er im Einzugsgebiet von Schwarzem Meer, Kaspisee und Aralsee verbreitet ist. Seit der Römerzeit wurde er in ganz Europa mit Ausnahme der nördlichsten Teile eingebürgert. Daß er auch in der Neuzeit im nördlichen Europa durch den Menschen weiterverbreitet worden ist, unterliegt keinem Zweifel. In Altpreußen soll er erst um das Jahr 1769 angesiedelt, nach den Ostseeprovinzen Russlands noch später gebracht worden sein. Von Deutschland und Dänemark aus hat man ihn, je nach Quelle, um das Jahr 1496 oder 1521 auch in England eingebürgert, ebenso in Schweden [1; 4].

Lebensraum und Lebensweise

Der Karpfen bevorzugt stille oder langsam fließende, warme und pflanzenreiche Gewässer der tieferen Lagen. Die Laichzeit fällt meist auf die Monate Mai - Juli, wenn das Wasser eine Temperatur von ca. 15 Grad erreicht. In dieser Zeit legen ausgewachsene Karpfenweibchen um die 200'000 Eier pro Kilogramm Körpermasse, im Ganzen bis etwa 1.5 Millionen. Die rund ein Millimeter grossen Eier werden an Unterwasserpflanzen geheftet. Die geschlüpften Larven ernähren sich zunächst nur von ihrem Dottersack, wenn dieser aufgebraucht ist stellen sie Ihre Ernährung aber recht zügig auf Kleinstlebewesen am Gewässerboden und herumschwimmendes Plankton um. Karpfen werden in Mitteleuropa mit 4-5 Jahren geschlechtsreif [6; 9; 10].

Gefährdung und Schutz

Der Wildkarpfen gilt aufgrund einer revisionsbedürftigen Beurteilung aus dem Jahr 2008 in seinem Ursprungsgebiet und in Europa (EU27) als gefährdet (Rote Liste: VULNERABLE) [3; 4]. In der Schweiz wurde er früher ebenfalls als gefährdet eingestuft, in der aktuellen nationalen  Roten Liste aber nur noch als potenziell gefährdet (NEAR THREATENED) [7; 11].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Der Karpfen ist ein beliebter Speisefisch. Er hat sehr große Bedeutung für kommerzielle Fischerei und Aquakultur und ist auch Gegenstand der Sportfischerei. Diverse Zuchtformen sind als Zierfische im Handel [2]. Der Karpfen ist regional - etwa in Böhmen, im Waldviertel, in der Lausitz und in Schleswig-Holstein - ein beliebtes Festtagsessen, das besonders zur Weihnachtszeit und zu Silvester gerne verspeist. In Deutschland, Polen, Tschechien, Ungarn, Slowenien, Kroatien und weiteren Ländern existieren viele Karpfenzuchtbetriebe, die einen bedeutenden wirtschaftlichen Faktor darstellten [8]. In der Schweiz kommt er dagegen kaum auf den Teller, ausgenommen in der Region um das ehemalige Zisterzienserkloster St. Urban im Kanton Luzern, wo Teichwirtschaften betrieben werden [NZZ vom 24.10.2015].

Kulturelle Bedeutung: Die Bedeutung des Karpfens für die Aquakultur schlägt sich auch in der Heraldik nieder: Drei Karpfen zieren die Wappen der Freiherren von Seydlitz und der Grafen von Seidlitz sowie von Deetz-Zerbst, deren zwei jene des schleswig-holsteinischen Amtes Nortorfer Land und von Wallendorf-Schkopau (Sachsen-Anhalt). Auch die Gemeinden Mühlenrade, Heilshoop, Preetz, Reinfeld und Westerau in Schleswig-Holstein, Brieskow-Finkenheerd, Nauen, Raddusch, Teupitz und das Amt Peitz in Brandenburg, ehemals Berlin-Friedrichshain, Tömmelsdorf in Thüringen, Adelsdorf und Schwarzenfeld in Bayern, ferner Unterbergla in der Steiermark führen den Karpfen im Wappen.

Über den Karpfen gibt es ein Gedicht des Berliner Dichters Heinrich Seidel:

Und es dürfte wohl das endständige und vorstülpbare Maul des Karpfens gewesen sein, das Christian MORGENSTERN zu seinem Gedicht ohne Worte "Fisches Nachtgesang" inspirierte.

Haltung

Haltung in europäischen Zoos: Wildkarpfen bzw. nicht als Zuchtformen ausgewiesene Karpfen werden in rund 190 europäischen Einrichtungen gezeigt, von denen sich etwa 40% im deutschsprachigen Raum befinden. Hinzu kommen zahlreiche Institutionen, die Zuchtformen, nebst Kois vor allem Spiegelkarpfen,  halten. Für Details siehe Zootierliste

Mindestanforderungen: In Deutschland macht das Gutachten über die Haltung von Süßwasserfischen nur Vorgaben für Koi-Karpfen: Für wenigstens 5 Fische sollte ein Becken von über 200 l Inhalt zur Verfügung gestellt werden. In Österreich fordert die 2. Tierhaltungsverordnung dasselbe. In der Schweiz gibt Anhang 2, Tabelle 8 der Tierschutzverordnung an, wie viele Liter Wasser pro cm Gesamtkörperlänge (ohne Schwanzflosse) der für aquaristische Zwecke gehaltenen Fische angeboten werden müssen. Für Speise- und Besatzfische gilt Anhang 2, Tabelle 7.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Art wurde 1758 von Carl von LINNÉ unter ihrem heute noch gültigen Namen beschrieben [2].

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. FISH BASE
  3. FREYHOF, J. & BROOKS, E. (2011)
  4. FREYHOF, J. & KOTTELAT, M. (2008). Cyprinus carpio. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T6181A12559362. http://www.iucnredlist.org/details/6181/0. Downloaded on 11 February 2018.
  5. GEBHARDT, H. & NESS, A. (2009)
  6. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  7. KIRCHHOFER, A., BREITENSTEIN, M. & ZAUGG, B. (2007)
  8. RHEIN-ANGELN
  9. SCHINDLER, O. (1959)
  10. ZAUGG, B., STUCKI, P., PEDROLI, J.C. & KIRCHHOFER A. (2003) 
  11. ZAUGG, B. (2022)

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