Habichtartige

Steinadler

Steinadler (Aquila chrysaetos) im Alpenzoo Innsbruck Steinadler (Aquila chrysaetos) im Alpenzoo Innsbruck
© Alpenzoo

Ordnung: Greifvögel (ACCIPITRIFORMES)
Unterordnung: Habichtartige und Fischadler (ACCIPITRES)
Familie: Habichtartige (Accipitridae)
Unterfamilie: Adler (Aquilinae)

D LC 650

Steinadler

Aquila chryaetos • The Golden Eagle • L'aigle royal

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Steinadler (Aquila chrysaetos) im Alpenzoo Innsbruck © Alpenzoo

 

 

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Approximatives Brutareal des Steinadlers (Aquila chrysaetos)

 

 

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Steinadler (Aquila chrysaetos) im Wildpark Springe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Steinadler (Aquila chrysaetos) in Le Domaine des Fauves, Les Abrets-en-Dauphinée (Isère) © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Steinadler (Aquila chrysaetos) im Wildpark Springe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Steinadler (Aquila chrysaetos) in Les Aigles du Léman, Sciez, Hochsavoyen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Steinadler (Aquila chrysaetos) im Zoo Stralsund © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Zentralasiatischer Steinadler (Aquila chrysaetos daphanea) mit Geschüh im Vogelpark Olching © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Steinadler (Aquila chrysaetos) im Tierpark Bochum © Siegfried Neumann / TP Bochum (Pressefoto)

 

 

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Ei des Steinadlers (Aquila chrysaetos) © Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden. Veröffentlicht unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported-Lizenz.

 

 

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Im Kanton Glarus legal erlegtes Steinadler-Weibchen, ca. 1920-30 (aus STEMMLER, 1932)

 

 

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Das Wappen von Tirol

 

 

 

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Der Steinadler ist für Mitteleuropäer "der Adler schlechthin". Früher als vermeintlicher Schädling massiv verfolgt, war er aus vielen Gebieten verschwunden, hat aber in den letzten Jahrzehnten dank Schutz und einer gewandelten Wahrnehmung der Bevölkerung viel Boden gut machen können. Er bietet aus diesem Grund und wegen seiner kulturellen Bedeutung viel Stoff für die Zoopädagogik und wird daher in sehr vielen Zoos gezeigt. Oft wird er für Schauflüge eingesetzt oder es werden unfallbedingt in ihrer Flugfähigkeit beeinträchtigte Vögel in Volieren gehalten.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Steinadler erreicht eine Gesamtlänge von 75-90 cm, eine Flügelspannweite von 204-220 cm und ein Gewicht von 2'840-4'550 g bei den Männchen und von 3'840-6'670 bei den größeren Weibchen. Seine Flügel sind lang und schmal. Das Gefieder ist bei älteren Vögeln meist einfarbig dunkelbraun bis auf Oberkopf und Nacken, die goldgelb sind. Es gibt aber individuelle Abweichungen, die früher dazu geführt hatten, dass mehrere Arten (A. chrysaëtos, A. fulva, A. canadensis) unterschieden wurden. Jungvögel sind dunkel schokoladenbraun mit weißen Partien an Flügel und Schwanz [3; 7; 8; 13; 14].

Verbreitung

Der Steinadler brütet in sechs Unterarten in Nordafrika bis nach Mali, weiten Teilen Eurasiens und Nordamerikas. Er ist damit die am weitesten verbreitete Adlerart. In Europa Brutvogel in Albanien, Andorra, Armenien, Aserbeidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Grossbritannien, Italien, Kosovo, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Moldawien, Montenegro, Nord-Mazedonien, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Weißrussland [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Steinadler besiedelt offenes Gelände, wie Steppen oder Hochplateaus und lebt bei uns überwiegend im Gebirge, wo er die nötige Thermik für seine Steigflüge vorfindet und als optischer Jäger oberhalb der Waldgrenze Beute findet. Hauptnahrung im Sommer sind in den Alpen Murmeltiere, anderswo Kaninchen, Hasen, Erdhörnchen und andere Nagetiere. Daneben jagt er auch Hühnervögel, Füchse, Katzen und andere Kleinraubtiere, junges Schalenwild sowie Reptilien und nimmt Aas von Schalenwild und domestizierten Huftieren. Im Winter ernährt er sich fast ausschließlich von Aas [5; 13; 14]. Steinadler bauen mehrere Horste im Kernbereich ihres Territoriums und benutzen diese über lange Zeit. Eine dendrochronologische Untersuchung von Horsten im Engadin ergab, dass bei zwei Horsten die untersten Äste über 300 Jahre alt waren [AVINEWS August 2013].

Gefährdung und Schutz

Der Steinadler hat eine weite Verbreitung und einen geschätzten Weltbestand von 250'000 Individuen. Er ist global nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist nach CITES Anhang II geregelt. Die Art fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume und unter Anhang II des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten(CMS) sowie unter Anhang I der Europäischen Vogelschutz-Richtlinie (2009/147/EG).

Situation in Mitteleuropa: Noch bis ins 20. Jahrhundert wurde die Art massiv verfolgt. Ihre Bestände waren deshalb allgemein tief und regional war sie ausgestorben. So verschwanden die Steinadler um 1850 aus dem Jura, wo erst in jüngster Zeit die Wiederansiedlung vom Alpenraum her erfolgte mit Bruten ab 1994 (Frankreich) bzw. 2009 (Schweiz) [12; 13; 15].

In Deutschland war der Steinadler früher auch im Flachland verbreitet. Heute kommt er als Brutvogel in einem Bestand von rund 50 Paaren nur noch in den Alpen vor, wobei man davon ausgeht, dass gegenwärtig alle geeigneten Reviere besetzt sind. Als Wintergast erscheint er auch in Norddeutschland; hierbei handelt es sich in der Regel um Brutvögel aus Skandinavien. Da der Bruterfolg der deutschen Alpenpopulation gering ist, wird die Art auf der nationalen Roten Liste immer noch als Kategorie 2 = stark gefährdet aufgeführt [1; 2]. In der Schweiz wurde der Steinadler ab 1926 geschont, worauf sich die Bestände erholten. Um 1950 wurden in den Schweizer Alpen mit 40-50 Brutpaaren gerechnet. 1953 wurde der Steinadler in die Liste der geschützten Arten aufgenommen [9; 10]. 2017 war die Zahl der Revierpaare auf rund 250+ gestiegen. Davon lebten 118 Paare im Kanton Graubünden. Dazu gab es zwei Paare im Jura und eine erheblich Zahl unverpaarter Einzelvögel. Auf der nationalen Roten Liste ist die Art in der Kategorie "verletzlich" (VULNERABLE) [12]. Für 2018 werden für die ganze Schweiz 350-360 Brutpaare angegeben [11]. Im Fürstentum Liechtenstein hat es auf 123 km² rund 20 Horste, die von zwei bis drei Steinadlerpaaren genutzt werden [6]. In Österreich wird die Art mit einem Bestand von 290-390 Brutpaaren als potenziell gefährdet (NEAR THREATENED) geführt. Ein Grund für diese Einstufung sind Brutverluste bedingt durch Störungen durch die stetig zunehmende Zahl von Freizeitsportlern wie Kletterer und Drachenflieger. In Italien gab es 2017 etwa 400, in Frankreich 220 Brutpaare. In beiden Ländern haben die Bestände seitdem zugenommen [1]. Der Aufzuchterfolg liegt in der Schweiz bei 0.3-0.5, in Bayern bei 0.22 Jungvögeln pro Paar [12].

Bedeutung für den Menschen

Gebietsweise werden Steinadler auch heute noch als Schädlinge angesehen und deswegen getötet. Jungvögel werden für den internationalen Tierhandel ausgehorstet [1].

Von 2001-2021 gelangten aus den Ursprungsländern 101 Wildfänge in den legalen internationalen Handel, davon 36 aus der Mongolei. Im selben Zeitraum wurden weltweit 263 Nachzuchtvögel bei der Ausfuhr registriert. Wichtigstes Herkunftsland war Kasachstan mit 60 Vögeln [4].

Früher war der Steinadler als Schaf- und Kinderräuber verschrien und wurde von Staates wegen verfolgt: "1 Gulden dem Alexander Gelzer in Laufen (Rheinfall) für ein Steinadler zu schiessen, den 30. Oktober 1711". Dieses Zitat aus den Rechnungen der Pflegerei des Klosters Allerheiligen zu Schaffhausen (und zehn ähnliche Eintragungen aus den Jahren 1718-1726) zeigt zweierlei: einerseits dass der uns heute als Gebirgsvogel bekannte Steinadler vor dreihundert Jahren keineswegs auf Gebirge beschränkt war, andererseits dass offizielle Stellen durch das Auszahlen von Abschussprämien alles daran setzten, die Adler zum Verschwinden zu bringen [15]. Aber auch ohne Abschussgelder war es profitabel dem Adler nachzustellen, wie ALFRED E. BREHM [3] wusste: "Viel allgemeiner als der lebende, findet der todte Adler Verwendung. Schon unter unseren Tyrolern und den mit ihnen demselben Volksstamme angehörigen Oberbayern gelten einzelne Theile des Adlers als kostbarer Schmuck. Obenan stehen die »Adlerflaumen« oder Unterschwanzdeckfedern, welche gerne mit zwei bis fünf Gulden bezahlt werden; nächstdem werden die Krallen geschätzt. Man liebt es, an der meist aus Silber bestehenden Uhrkette die Haken des Edelhirsches, die Fangzähne des Fuchses, die Krallen des Habichtes und Uhus, als höchste Zierde aber die Klauen des Adlers zu tragen. Besonders begehrt ist die Hinterkralle, minder eine oder die andere der beiden größeren und stärkeren Vorderzehen, am wenigsten die schwache der kleinsten Zehe. Für die erstere zahlt der Gebirgsbewohner gern bis zwölf Mark unseres Geldes, und demgemäß steigert sich im Gebirge der Preis eines erlegten Steinadlers meist bis auf sechzig, ja selbst bis auf achtzig Mark." Es war bis anfangs des 20. Jahrhunderts üblich, Jungadler auszuhorsten, sie aufzuziehen und dann totzuschlagen, um sie auszustopfen. Heute stellen bleihaltige Munition, die mit dem Fleisch oder den Eingeweiden erlegter Huftiere aufgenommen wird,  Gleitschirmflieger, mit denen es oft zu Konflikten kommt, und Hobbyfotografen, welche die Horste belagern, um die Jungvögel zu knipsen, größere Probleme dar [12].

Kulturelle Bedeutung: Der Adler war das Tier des Göttervaters Zeus. Schon in Homers Odyssee spielte er eine Rolle als Vorzeichen. In der Antike wurde von ihm gesagt: "Wenn er alt wird, so werden ihm die Fittiche schwer und die Augen verdunkelt,so sucht er einen belebenden Brunnen auf und fliegt von diesem empor zu der Sonne: da verbrennt er seine Federn und fällt nieder in den Brunnen. Das tut er dreimal, dann wird er verjüngt und wieder sehend." Im Alpenraum wurden dem Adler Heilwirkungen zugeschrieben. So soll seine Zunge, auf der Brust getragen, die Atembeschwerden beim Bergsteigen vertreiben; Adlerflaum,auf den Hut gesteckt, soll die Augen schärfen und den Mut beim Raufen heben; Hirn, Leber und Galle sollen für verschiedene Krankheiten gut sein [16].

Seit der Antike, wo er etwa als römisches Feldzeichen diente, ist er ein beliebtes Motiv in der Heraldik, weil er Mut, Weitblick und Kraft symbolisiert und als "König der Lüfte" oder Götterbote gilt. Meist ist allerdings nicht klar, ob mit "Adler" nun der Steinadler, der Kaiseradler oder der Seeadler gemeint ist. Der Adler ist auch Gegenstand mehrerer Fabeln des Aesop:

Haltung im Zoo

Als Höchstalter werden 48 Jahre angegeben, erreicht von einem weiblichen Vogel im Tierpark Berlin, der mit 41 Jahren letztmals ein Ei gelegt hatte [7].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in gegen 200 zoologischen Einrichtungen gehalten, von denen sich etwa ein Drittel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: 1995 veröffentlichte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BMELF) Mindestanforderungen an die Haltung von Greifvögeln und Eulen. Diese werden gegenwärtig (Juni 2023) überarbeitet und sollen als Leitlinien zur Haltung von Greifvögeln (Accipitriformes, Falconiformes) und Eulen (Strigiformes) neu herausgegeben werden.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2023) schreibt für 1-2 große Adler eine Voliere mit einer Grundfläche von 60 m² und einem Volumen von 240 m³ vor. Für jeden weiteren adulten Vogel ist die Grundfläche um 15 m² zu vergrößern. Die Vorgängerverordnung sah halb so große Dimensionen vor. Die Erhöhung erfolgte ohne Angabe von Gründen. Für Schauflüge eingesetzte Vögel dürfen nur im nicht öffentlich zugänglichen Bereich der Tierhaltung an der Fessel gehalten werden.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für die Haltung von 1-2 Steinadlern eine Voliere mit einer Grundfläche von 60 m² bei 3 m Höhe erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 15 m² zu erweitern. Für die falknerische Haltung gelten besondere Anforderungen.


Taxonomie und Nomenklatur

Der Steinadler wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Falco chrysaetos" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Aquila wurde 1760 von dem französischen Zoologen Mathurin Jacques BRISSON eingeführt. Es werden sechs Unterarten anerkannt [5].

Literatur und Internetquellen

  1. BIRDLIFE INTERNATIONAL (2016). Aquila chrysaetos. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T22696060A93541662. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-3.RLTS.T22696060A93541662.en und (2015) Aquila chrysaetos. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T22696060A60131733. Downloaded on 21 October 2019.
  2. BEZZEL, E. (1994)
  3. BREHM, A. E. (1882-1887)
  4. CITES TRADE DATA BASE
  5. DEL HOYO, J., ELLIOTT, A.. & SARGATAL, J., eds. (1999)
  6. FASEL, F. (2001)
  7. GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
  8. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  9. GUGGISBERG, C.A.W. (1955)
  10. HALLER, H. (1996)
  11. KNAUS, P., MÜLLER, C., SATTLER, T., SCHMID, H. & STREBEL, N (2019)
  12. JENNY (2018). Steinadler im Aufwind. Vortrag bei der Berner Ala vom 13.02.2018
  13. MAUMARY, L. et al. (2007)
  14. PFORR, M. & LIMBRUNNER, A. (1991)
  15. STEMMLER, C. (1932)
  16. HOFFMANN-KRAYER, E. (1916)

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx