Eulen und Schleiereulen

Steinkauz

Steinkauz (Athene noctua) im Zoo Heidelberg Steinkauz (Athene noctua) im Zoo Heidelberg
© Zoo Heidelberg

Ordnung: Eulen (STRIGIFORMES)
Familie: Echte Eulen (Strigidae)
Unterfamilie: Kleine Eulen und Käuze (Surniinae)
Tribus: Kleineulen (Surniini)

D LC 650

Steinkauz

Athene noctua • The Little Owl • La chouette chevêche

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Steinkauz (Athene noctua) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Approximative Verbreitung des Steinkauzes (Athene noctua). Rot: wiederangesiedelte Population

 

 

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Steinkauz (Athene noctua) im Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Steinkauz (Athene noctua) im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

 

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Steinkauz (Athene noctua) im Zoo Dortmund © Zoo Dortmund

 

 

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Steinkauz (Athene noctuas) im Schwarzwaldzoo Waldkirch © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Junger Steinkauz (Athene noctua) im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

 

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Steinkauz (Athene noctua) im Natur- und Tierpark Goldau © Peter Koch / NTP Goldau (Pressefoto)

 

 

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Steinkauz (Athene noctua) im Opel-Zoo, Kronberg © Archiv Opel-Zoo (Pressefoto)

 

 

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Junger Steinkauz (Athene noctua) im Natur- und Tierpark Goldau © Peter Koch / NTP Goldau (Pressefoto)

 

 

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Junger, im Zoo Heidelberg nachgezogener Steinkauz (Athene noctua) wird in die Brutröhre eines wilden Paars mit wenig Jungvögeln eingesetzt © BUND, OV Dossenheim (Pressefoto)

 

 

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Junger Steinkauz (Athene noctua) im Tierpark Nordhorn © Heike Weber, Nordhorn

 

 

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Attische Drachme, ca. 479 v. Chr.

 

 

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Rückseite der griechischen 1-EURO-Münze mit Steinkauz-Motiv

 

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Dem global nicht gefährdeten Steinkauz geht es in Mitteleuropa schlecht. Die Zoos beteiligen sich deshalb an Schutzprogrammen. Als einheimische Art, die eine große kulturelle Bedeutung hat, ist der Steinkauz auch von zoopädagogischem Interesse. Dementsprechend wird er sehr häufig gehalten.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Steinkauz hat eine Gesamtlänge von 21-23 cm und eine Flügelspannweite von 54-58 cm. Er wiegt 140-200 Gramm. Sein Kopf ist flach, der Gesichtsschleier wenig entwickelt, die "Augenbrauen" sind hell, die Iris gelb. Die Flügel sind breit und gerundet. Die Befiederung ist oberseits meist graubraun mit weißen Sprenkeln und Bändern, unterseits blass mit verwaschenen dunkelbraunen Längsstrichen. Der Flug des Steinkauzes ist wellenförmig wie etwa bei Spechten, was ihn vor Raufußkauz unterscheidet, mit dem er im Feld oft verwechselt wird, jener fliegt nämlich geradlinig [3; 5; 7; 10].

Verbreitung

Europa (ohne Skandinavien), nördliches Afrika, naher Osten und Zentralasien: Afghanistan, Ägypten, Albanien, Algerien, Andorra, Armenien, Aserbeidschan, Äthiopien, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, China, Deutschland, Dänemark, Dschibuti, Eritrea, Frankreich, Georgien, Gibraltar, Griechenland, Großbritannien, Indien, Iran, Irak, , Israel, Italien, Jemen, Jordanien, Kasachstan, Katar, Kirgistan, Korea Rep., Kroatien, Kuweit, Lettland, Libanon, Libyen, Litauen, Luxemburg, Mali, Marokko, Mauretanien, Moldawien, Mongolei, Montenegro, Nepal, Niederlande, Niger, Nord-Mazedonien, Oman, Österreich, Pakistan, Palästina, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Saudi-Arabien, Schweiz, Serbien, Slowakei, Slowenien, Somalia, Spanien, Sudan, Syrien, Tadschikistan, Tschad, Tschechien, Tunesien, Türkei, Turkmenistan, Ukraine, Ungarn, Usbekistan, Vereinigte Arabische Emirate, Weißrussland, West-Sahara, Zypern. Möglicherweise ausgestorben in Liechtenstein. Gastvogel in Finnland, Island, Korea VR, Malta, Norwegen, Schweden. Eingeführt in Neuseeland [2].

Lebensraum und Lebensweise

Steinkäuze ernähren sich zu einem guten Teil von Insekten, wie Fliegen, Schnaken, Ohrwürmern, Motten und Käfern. Daneben werden auch Kleinsäuger bis zu Ratten und mittelgroßen Kaninchen geschlagen. Vögel spielen als Beute hauptsächlich während der Brutzeit eine Rolle. Ein Steinkauzpaar benötigt ein Revier, das je nach Lebensraumqualität zwischen 10 und 50 ha groß ist. Dieses muss einer gewissen Vielfalt an Flächen, Bodenbedeckungen und Übergangsbereichen aufweisen. Bevorzugt werden Reviere mit einem hohen Anteil an extensiv bewirtschaftete Wiesen und Weiden, alten Bäumen, Schlafnischen und Sitzgelegenheiten wie Viehzäunen, Bauten, diversen Pfosten etc., die sich nicht in unmittelbarer Waldrandnähe befinden [3; 9].

Die Brutzeit fällt in Mitteleuropa auf Mitte April bis Anfang Mai. Genistet wird in Baumhöhlen, Mauernischen, Felsspalten etc.. Die Gelege bestehen aus 3-5 (2-8) fast kugeligen, mattweißen Eiern, die meist erst vom zweitletzten Ei an vom Weibchen während 24-29 Tagen ausgebrütet werden. Die geschlüpften Jungen werden hauptsächlich vom Männchen betreut. Sie bleiben während 24-26 Tagen im Nest. Eine Brut pro Jahr ist die Regel, gelegentlich kommt es aber zu Zweitbruten [3].

Gefährdung und Schutz

Wie 2018 letztmals festgestellt wurde, ist der Steinkauz global gesehen nicht gefährdet, da er ein riesiges Verbreitungsgebiet hat (Rote Liste: LEAST CONCERN) und sein Brutbestand rund 2.5 bis 5 Millionen Paare umfasst. In einzelnen Regionen, so in Mitteleuropa, hat er aber einen großen Teil seines Lebensraums verloren und ist dort selten geworden. In Deutschland gilt der Steinkauz als stark gefährdet, in der Schweiz und in Österreich als vom Aussterben bedroht. BIRDLIFE gibt folgende Bestände an: Deutschland 7'500-9'000 Brutpaare, Österreich 130-150, Schweiz 115-150, Luxemburg 12-25, Liechtenstein keine [1; 2; 9; 11; 13].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt. Die Art fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume.

Zur Förderung der Art sollten Landschaftsstrukturen erhalten werden, die für die Fortpflanzung und die Jagd essentiell sind. Wichtig ist auch, dass sich andere Steinkauzreviere in der näheren Umgebung befinden. Wo sich Steinkäuze angesiedelt haben, sollte kein Gift zur Bekämpfung von Nagern eingesetzt werden. Dank gezielten Fördermaßnahmen können sich kleine Bestände relativ rasch wieder erholen. In der Schweiz z.B. hat sich dank eines Aktionsplans der Bestand innerhalb von 15 Jahren verdoppelt [1].

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Der Tierpark Bern lieferte von 1982-1988 insgesamt 117 selbstgezüchtete oder von privaten Züchtern stammende Steinkäuze zwecks Bestandsstützung im Seeland an die Jagdverwaltungen der Kantone Bern und Freiburg. Das Projekt erwies sich als Fehlschlag. Ab 1987 wurden 30 weitere Vögel dem Kanton Tessin zur Verfügung gestellt. Dort besteht heute noch eine Population. Inwieweit die angesiedelten Vögel dazu beigetragen haben, ist nicht bekannt [6].

  • Bereits seit 2005 beteiligt sich der Tiergarten Eisenberg mit einer eigenen Zucht am Wiederansiedlungsprogramm für den Steinkauz im nördlichen Harzvorland. Ab 2009 engagierte sich der Zoo Dortmund mit Nachzuchtvögeln in einem Auswilderungsprojekt bei Garbek (Schleswig-Holstein). Seit mehreren Jahren liefert der Opel-Zoo in Kronberg Nachzuchten seiner Steinkäuze an ein von der Adlerwarte Berlebeck betriebenes Wiederansiedlungsprojekt. Seit 2018 stellt der Zoo Neunkirchen Vögel und Fachwissen für die Wiederansiedlung des Steinkauzes im Saarland zur Verfügung. Im März 2019 wurde im Zoo ein Steinkauzzentrum eröffnet, in dem sich zwei Zuchtvolieren befinden und wo auf mehreren Tafeln und in Vitrinen über das Wiederansiedlungsprojekt, die Zoofalknerei als Zuchtstation und den Steinkauz selbst informiert wird [12 und PM der Zoos].

  • Seit 2019 stellen der Tierpark Bern und der Natur- und Tierpark Goldau, seit 2020 auch der Zoo Basel Nachzucht-Steinkäuze den Naturparks Nuthe-Nieplitz und Hoher Fläming in Brandenburg zur Verfügung, wo stabile und sich selbst erhaltende Populationen des lokal ausgestorbenen Steinkauzes  angesiedelt werden sollen. Die Vögel aus der Schweiz sind wichtig, um die genetische Bandbreite der Populationen zu erhöhen mehr ...

  • Im Rhein-Neckar-Raum befand sich der Steinkauzbestand mehrere Jahre auf einem Tiefpunkt von nur einem bis zwei brütenden Pärchen. Steinkäuze sind Standvögel, d.h. sie führen keine weiteren Wanderungen durch und bleiben ganzjährig in der Nähe ihres Geburtsortes. Eine Zuwanderung von Käuzen aus einem anderen Genpool ist daher unwahrscheinlich, daher besteht Inzuchtgefahr. Um dem entgegen zu wirken sorgt der Zoo Heidelberg mit einem 2022 initiierten Zucht- und Auswilderungsprogramm dafür, dass die genetische Vielfalt der kurpfälzischen Steinkäuze wiederaufgebaut wird. 2023 wurden Anfang Juni vier junge, im Zoo geschlüpfte Steinkäuze, deren Eltern aus Bayern bzw. Tschechien stammen, in Zusammenarbeit mit dem BUND Dossenheim in verschiedene Brutröhren eingesetzt, damit sie von den dort wildlebenden Steinkauzpaaren adoptiert werden können [PM Zoo Heidelberg vom 22.06.2023].

Bedeutung für den Menschen

Von 2001-2018 wurden in der CITES-Statistik Exporte von 181 Wildfängen aus Usbekistan, 118 aus Russland und 100 aus der Ukraine registriert, ferner wurden 104 Nachzuchtvögel und zahlreiche tote Exemplare oder Teile davon erfasst [4].

Kulturelle Bedeutung: Im alten Griechenland symbolisierte der Steinkauz die Klugheit und war der Göttin Athene heilig. Die Silberdrachmen der Stadtrepublik Athen zeigten auf der einen Seite den Kopf der Göttin Athene und auf der anderen einen Steinkauz und einen Ölzweig. Dass Athen sehr reich war, bot wohl den Anlass für die sprichwörtlich gewordene Redewendung des ARISTOPHANES "Eulen (d.h. Drachmen) nach Athen tragen" für eine unsinnige, überflüssige Tätigkeit. Heute ziert der Steinkauz die Rückseite der griechischen EURO-Münze. Im Gegensatz zum Athen der Antike hat es das moderne, hoch verschuldete Griechenland aber sehr wohl nötig, dass man "Eulen nach Athen trägt" ....

Haltung

Als Höchstalter in Menschenobhut werden über 15 Jahre angegeben [8].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 240 Zoos gezeigt, von denen sich gegen die Hälfte im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: 1995 veröffentlichte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BMELF) Mindestanforderungen an die Haltung von Greifvögeln und Eulen. Diese werden gegenwärtig (Juni 2023) überarbeitet und sollen als Leitlinien zur Haltung von Greifvögeln (Accipitriformes, Falconiformes) und Eulen (Strigiformes) neu herausgegeben werden.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 kleine Eulen eine Voliere mit einer Grundfläche von 10 m² und einem Volumen von 20 m³ vor. Für jede weitere ist die Grundfläche um 1 m² zu vergrößern. Die Vorgängerverordnung sah eine Fläche von 4 m² und ein Volumen von 10 m³ vor. Die Erhöhung erfolgte ohne Angabe von Gründen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für die Haltung von 1-2 kleinen Eulen eine Voliere mit einer Grundfläche von 5 m² bei 2 m Höhe erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 1 m² zu erweitern.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Steinkauz wurde 1769 vom italienischen Arzt und Naturforscher Giovanni Antonio SCOPOLI als "Strix noctua" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Athene wurde 1822 von Friedrich BOIE, einem Juristen und Naturkundler aus Holstein, eingeführt. Es werden ca. 13 Unterarten anerkannt. Möglicherweise bildet A. noctua mit dem Brahmakauz (A. brama) eine Superspezies [5].

Literatur und Internetquellen

  1. AKTIONSPLAN STEINKAUZ - SVS Rundbrief 21
  2. BIRDLIFE INTERNATIONAL (2018). Athene noctua. The IUCN Red List of Threatened Species 2018: e.T22689328A131921924. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2018-2.RLTS.T22689328A131921924.en . Downloaded on 25 June 2019.
  3. BURTON, J. A. (1984)
  4. CITES TRADE DATA BASE
  5. DEL HOYO, J., ELLIOTT, A.. & SARGATAL, J., eds. (1999)
  6. DOLLINGER, P. & GESER, S. (2005)
  7. ECK, S. & BUSSE, H. (1973)
  8. GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
  9. MAUMARY, L. et al. (2007)
  10. STEINBACH, G. (1980)
  11. VOGELWARTE SEMPACH
  12. WIEDERANSIEDLUNG STEINKAUZ
  13. KNAUS, P., MÜLLER, C., SATTLER, T., SCHMID, H. & STREBEL, N (2019)

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Gelesen 12995 mal Letzte Änderung am Donnerstag, 22 Juni 2023 15:34
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx