Donnerstag, 14 Juni 2018 15:15

QUEST, M. (2002)

Untersuchungen zur Fortpflanzungsphysiologie und Geburtenkontrolle bei in Menschenhand gehaltenen Bären.

Investigations on physiology of reproduction and methods of birth control in captive bears (Ursidae).

Dr. med. ved. Dissertation

102 Seiten

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.
Leitung: Prof. emerit. Dr. R. R. Hofmann, Dr. Frank Göritz, Dr. Katarina Jewgenow, Dr. Thomas Hildebrandt
Verschiedene Zoos in Deutschland und Österreich

Ganze Arbeit

Zusammenfassung:

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollten die Kenntnisse über die Fortpflanzungsphysiolo-gie der Bären vertieft und erweitert werden, um auf deren Basis Alternativen zu den oftmals unbefriedigenden, bestehenden Methoden der Reproduktionskontrolle zu erarbeiten. Hierzu wurden endokrinologische, ultrasonographische und pharmakologische Untersuchungsmetho-den modifiziert und angewandt.
Die Fortpflanzungphysiologie der untersuchten Braun- und Kragenbären läßt sich demnach folgendermaßen zusammenfassen:
Die Paarungszeit wird regelmäßig in den Monaten April bis Juli beobachtet. Die Dauer des Östrus ist individuell unterschiedlich und kann wenige Tage oder auch mehrere Wochen be-tragen. Deutlich voneinander getrennte Brunstzyklen innerhalb eines Jahres wurden nicht be-obachtet. Nach spontaner Ovulation entwickelt sich die befruchtete Eizelle zur Blastozyste, um unter extremer Verlangsamung der mitotischen Aktivität über mehrere Monate in diesem Zustand zu verharren (obligate embryonale Diapause). Während dieser Phase wird von den unvollständig luteinisierten Gelbkörpern bereits eine leicht erhöhte Menge Progesteron syn-thetisiert. Erst im Herbst, mit verstärkter Progesteronsynthese der vergrößerten, nun von gro-ßen, vakuolisierten Luteinzellen dominierten Gelbkörper, setzt das Wachstum der Embryonen erneut ein. Der steile Anstieg der Progesteronkonzentrationen geht der Implantation der Em-bryonen um wenige Tage voraus. Nach einer postimplantativen Entwicklungsdauer von ca. 54 Tagen werden die blinden und unbehaarten, nur ca. 300 bis 400 g schweren Jungen im Winter geboren. Die große Mehrheit der Geburten fällt in die Zeit von Mitte Dezember bis Ende Ja-nuar, die Implantation somit in die Zeit von Mitte Oktober bis Ende November. Zuverlässige Prognosen über den Zeitpunkt von Implantation und Geburt lassen sich nur bei multiparen Tieren treffen, da die Geburtstermine bei einzelnen Individuen in der Regel nur um wenige Tage schwanken.
Bleibt die Befruchtung der Eizelle aus, entwickelt sich ein Corpus luteum pseudograviditatis. Die Dauer der Pseudogravidität entspricht der physiologischen Trächtigkeitsdauer. Anhand der Progesteronkonzentrationen lassen sich gravide und pseudogravide Bären im gesamten Jahresverlauf nicht eindeutig unterscheiden. Da sich während der Diapause auch die ultraso-nographischen Erscheinungsbilder gleichen, ist eine präimplantative Trächtigkeitdiagnose nicht möglich.
Mit Hilfe dieser Ergebnisse sollten neue Möglichkeiten zur Geburtenkontrolle bei Bären ent-wickelt werden. Untersucht wurden die Wirksamkeit des Antigestagens J956 und des Östro-gens Ethinylestradiol zum schonenden Trächtigkeitsabbruch. In den pharmakokinetischen Untersuchungen wurden Halbwertszeit und Bioverfügbarkeit von J956 nach oraler und pa-renteraler Applikation bestimmt. So konnten die grundsätzliche Eignung dieses Antigestagens demonstriert und Rückschlüsse auf Dosierung und Applikationsart gezogen werden.
Ein Trächtigkeitsabbruch mit J956 ist auch nach der Implantation der Früchte noch möglich (n=6), jedoch wurden bei Bären, deren Früchte zum Zeitpunkt der Behandlung größer als 20 mm waren (n=2), pathologische Uterusveränderungen detektiert. Daher sollte eine postim-plantative Applikation unterbleiben bzw. höchstens bis wenige Tage post implantationem, möglichst unter ultrasonographischer Kontrolle, erfolgen.
Bewährt hat sich in der klinischen Studie die einmalige intramuskuläre Injektion sowohl von Ethinylestradiol (10µg/kg KM; n=9) als auch von J956 (10 bzw. 7,5 mg/kg KM; n=6) kurz vor der erwarteten Implantation der Früchte. Der eindeutige Beweis der Reversibilität beider Ansätze steht noch aus, schwerwiegende Nebenwirkungen wurden jedoch nicht diagnosti-ziert; alle Bärinnen wurden in der der Behandlung folgenden Paarungszeit erneut gedeckt. Aufgrund der potentiell größeren Nebenwirkungen der Östrogene sollte nach Möglichkeit der Verwendung von Antigestagenen der Vorzug gegeben werden.
Leider wird deren routinemäßiger Einsatz zur Reproduktionskontrolle bei Bären zur Zeit da-durch limitiert, daß (noch) kein Präparat kommerziell erhältlich ist, dessen Applikation aus der Distanz praktikabel ist. Auch die für diese Studie dem IZW zur Verfügung gestellte Sub-stanz J956 ist nur begrenzt verfügbar. Zur Überbrückung dieser Situation kann die einmalige, präimplantative (erste Oktoberhälfte) Applikation von Ethinylestradiol in niedriger Dosierung (10 µg/kg KM) empfohlen werden.
Die hier vorgestellten postkonzeptionellen Eingriffe in die Fortpflanzung weiblicher Bären haben gegenüber herkömmlichen Methoden der Reproduktionskontrolle die Vorteile, daß der Brunstzyklus der Bären nicht unterdrückt wird und das normale Sexual- und Sozialverhalten nicht beeinflußt werden. Eine einmalige Applikation aus der Distanz ist effektiv, und jedes Jahr kann von neuem entschieden werden, ob die Fortpflanzung unterbunden werden soll.

Summary:

The aim of this study was to improve the knowledge on the reproductive physiology of ursids in order to develop alternatives for a harmless and effective control of reproduction in captive bears. For this, endocrinological, ultrasonographical and pharmacological methods were modified and used. The reproductive physiology of the examined brown and Asiatic black bears can be described as follows: The mating period is regularly observed between April and July. The duration of oestrus varies individually from a few days to several weeks. Repeated oestrus cycles within one year have not been observed. After spontaneous ovulation, the fertilised ovum develops into a blastocyst and remains in this stage under extreme retardation of mitotic activity over several month (obligate embryonic diapause). In this stage of pregnancy, corpora lutea are dominated by small luteal cells which already synthesise slightly increased serum progesterone levels. The further, rapid embryonic development starts in autumn and is concomitant with an enlargement of corpora lutea (now dominated by large luteal cells with marked vacuoles) and a sharp increase of serum progesterone levels. Implantation occurs a few days after this increase. After a post-implantation period of approximately 54 days the blind and naked cubs are born with a weight of 300 to 400 g. The majority of births occur from mid of December to end of January, the implantation therefore from mid of October to late November. A prognosis on the time of implantation is only in multiparous individuals reliable, as the dates of consecutive births in one individual are nearly constant. If the ovum is not fertilised, a corpus luteum pseudograviditatis develops. Pseudopregnancy, lasts as long as physiological pregnancy. A differentiation of pregnant and pseudopregnant bears by means of progesterone monitoring is not clearly possible throughout the year, and a ultrasonographical diagnosis of pregnancy succeeds only after implantation. These results were helpful in developing new methods to control reproduction in bears. The effectiveness of the antiprogestin J956 and the estrogen ethinylestradiol were studied. In a pharmacokinetic study the bioavailability and half life of J956 after oral and parenteral administration were determined. Thus, the suitability of this antiprogestin could be demonstrated, and conclusions on dosage and optimal mode of application were drawn. Application of J956 can terminate pregnancy even after implantation (n=6), but in two bears with embryos of a crown-rump length of more than 20 mm, pathological alterations of the uterus were observed. Therefore, an application of J956 after implantation should be avoided, or carried out only until few days after implantation, if possible under ultrasonographical control. Summary      80 The single intramuscular application of both J956 (10 or 7,5 mg/kg KM; n=6) and ethinylestradiol (10μg/kg KM; n=9) prior to implantation proved to be successful. Reversibilty of both methods has not been proven yet because of management reasons, but there were no severe side-effects observed. All bears mated again in the breeding season following treatment. Because of the potential side-effects of estrogens, the use of antiprogestins should be preferred. As long as there is no antiprogestin commercially available which is suitable for a remote application in bears (the availability of the antiprogestin J956 is very limited), the single use of ethinylestradiol in a low dosage (10 μg/kg body weight) prior to implantation (in the first half of October) can be recommended. In contrast to other methods used to control reproduction in bears, the contragestive methods presented in this study do effect neither the oestrus cycle nor the sexual and social behaviour of the bears. A single and remote application terminates early pregnancy (during diapause) and is effective only one breeding season. Thus, you can decide to terminate pregnancy each and every year anew.

 

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Montag, 18 Januar 2016 14:21

WENTHE, M. (1994)

Physiologie und Pathologie der Fortpflanzung bei Zoo-Felidae: eine Literaturstudie

Physiology and pathology of reproduction in zoo felidae: a survey of literature

Dissertation

265 Seiten

Ganze Arbeit

Institut für Veterinär-Pathologie der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig und dem Anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule Hannover
Wissenschaftliche Betreuung:  Prof. Dr. H.-A. Schoon, Leipzig
Verschiedene Zoos

Zusammenfassung:

Es wurde eine Literaturstudie durchgeführt mit dem Ziel, den aktuellen Kenntnisstand zur Fortpflanzung der im Zoo gehaltenen Raubkatzen darzustellen. Die Studie zeigt, daß Veröffentlichungen zu dieser Thematik gegenwärtig nur für 26 der 41 Arten existieren; die übrigen Arten werden entweder nicht in zoologischen Gärten gehalten oder sind bisher kaum nachgezüchtet worden. Während unser Wissen zur Fortpflanzung der Pantherkatzen in vielen Bereichen, wie z.B. Geschlechtsreife, Zykluscharakteristik, Tragzeit oder durchschnittliche Welpenzahl durchaus befriedigend ist, fehlen für die meisten Kleinkatzen selbst diese grundlegende Daten. Das erste Kapitel gibt einen kurzen Überblick zur Taxonomie der Feliden und stellt die Arten vor, die Gegenstand der Studie sind. Das zweite Kapitel beschäftigt sich im Wesentlichen mit dem weiblichen Geschlechtszyklus sowie dem Paarungsverhalten und stellt einleitend Veröffentlichungen vor, die Aussagen zur Morphologie des weiblichen Genitaltraktes machen. In diesem Teil der Studie wurden Daten zur Geschlechtsreife, Zykluslänge, Östrusdauer, Saisonalität der Fortpflanzung sowie insbesondere zur Frage des Ovulationsmodus zusammengetragen; außerdem werden artifizielle Reproduktionsverfahren wie hormonelle Ovulationsinduktion, instrumentelle Samenübertragung und in vitro Fertilisation vorgestellt. Ergänzend zum Paarungsverhalten, werden Hinweise zur Östrusdiagnostik und zu Erfahrungen bei der Zusammenstellung von Zuchtpaaren gegeben. Kapitel drei enthält Daten zur Tragzeit und beschreibt Trächtigkeitszeichen sowie den Verlauf der Geburt; wie sich zeigte sind Veröffentlichungen zur Geburt realtiv selten, da viele Geburten nachts stattfinden und wegen der weiten Verbreitung von Wurfboxen nicht oder nur schwer zu beobachten sind. Das vierte Kapitel handelt von der Aufzuchtsphase; wichtige Inhalte sind Angaben zur Wurfgröße, zum Geburtsgewicht, zur postnatalen Entwicklung sowie zu den perinatalen Erkrankungen. Kapitel fünf beschäftigt sich mit der Pathologie der weiblichen Geschlechtsorgane einschließlich Trächtigkeits- und Geburtsstörungen. Die männliche Seite der Fortpflanzung wird im sechsten Kapitel beleuchtet; eine ganze Reihe von Veröffentlichungen existieren zur Endokrinologie männlicher Feliden sowie zur Zusammensetzung des Ejakulates. Dabei zeigte sich, daß einige Arten, wie z.B. der Gepard sowie bestimmte seltene Unterarten des Leopards und des Löwen hohe Anteile morphologisch von der Norm abweichende Spermatozyten im Ejakulat aufweisen; Zusammenhänge mit parallel dazu gefundenen Hinweisen einer genetischen Verarmung dieser Tiere, auf die Kapitel sieben näher eingeht, werden vermutet. Abschließend sind die wichtigsten Daten zur Fortpflanzung noch einmal in tabellarischer Form zusammengefaßt.

Abstract:

A survey of literature was made to summarize the present knowledge about the reproduction of zoo-kept felids. The survey shows that publications dealing with this subject are currently available only for 26 of the 41 felid species. The remaining species are either not kept in Zoos or rarely bred at all. Whereas our knowledge of reproduction in panthercats is quite sufficient in many ranges like age of first reproduction, characteristic of the female cycle, gestation length or average number of cubs, even the most basic data in small felids are lacking. The first chapter gives a short review of the taxonomy of felids and introduces those cats that are subject to the survey. The second chapter deals mainly with the female sexual cycle and the mating behaviour and statements about the morphology of the female genital tract are made introductory. In this part data about the age of first reproduction, length of the female cycle, duration of estrus, seasonality of mating, and especially of the mode of ovulation are collected; besides artificial reproduction techniques like hormone-induced ovulation, artificial insemination and in vitro fertilization are also refered to. In addition to mating behaviour, advice about estrus detection and experiences with the introduction of breeding couples is given. Chapter 3 contains data about the length of gestation and describes symptoms of pregnancy and the course of parturition. Publications about parturition seem to be relatively rare as birth often takes place during night and can hardly ever be observed because many institutions use cubbing dens. Chapter 4 deals with the rearing of the young, pointing out subjects such as litter size, weight at birth, postnatal development and perinatal diseases. Chapter 5 describes the pathology of the female’s sexual organs including disorders of pregnancy and parturition. The male aspect of reproduction is examined in chapter 6. There is a great number of publications about endocrinology of male felids and ejaculate characteristics. Some species like the cheetah and a few rare subspecies of the leopard and the lion produce ejaculates with high percentages of morphologically abnormal spermatozoa. Correlations with parallel findings of a lack of genetic diversity in these animals are suspected and described in detail in chapter 7. Finally, the most important data of reproduction are summarized in tables.

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx