Dienstag, 08 Januar 2013 12:28

Woher die Zootiere kommen

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Giraffenfang mit dem Lasso in Ostafrika. Foto aus L. HECK (1952)

 

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Nach dem Fang wird die Giraffe mit Brachialgewalt auf den Laster bugsiert. Stene aus dem Film "Hatari!" auf dem Jahr 1962

 

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Plakat zum Film "Hatari!" aus dem Jahr 1962

 

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Der Import von Großsäugern von außerhalb Europas ist enorm selten und mit enorm viel Bürokratie verbunden © Peter Linhart †, Wien

 

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Es gibt heute keinen Grund mehr, Giraffen mühsam und mit hohen Kosten aus der Wildbahn zu beschaffen: Die Zoos produzieren ihre Giraffen selbst. Hier Giraffengeburt im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Die Herausforderung ist heute, so wenig überzählige Tiere wie möglich zu produzieren. Hier produktive Giraffenherde mit vier Kälbern im Tierpark Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Die Regel ist der Austausch zwischen Zoos © Peter Linhart †, Wien

 

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In der Zuchtstation des Loro Parque auf Teneriffa werden jährlich über 1'000 Papageien aufgezogen © Loro Parque, aus Cyanopsitta Nr. 119 (2021)

 

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Ein Teil der 2016 neu erstellten Zuchtvolieren im Zoo Landau © Peter Dollinger, Zoo Office Ben

 

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Heute betrifft der internationale Wildtierhandel in erster Linie Fische. Bei den meisten Süßwasserfischen handelt es sich um Nachzuchttiere © Peter Dollinger, Zoo Office Ben

Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war die Lebenserwartung vieler Zootiere gering und galt die Zucht vieler Tierarten noch als schwierig. Andererseits war der Bezug von Tieren aus der Natur damals noch vergleichsweise problemlos. Es gab noch keine einschränkenden Artenschutz- und nur minimale Veterinärvorschriften für den Wildtierhandel, die Zootiere vieler Arten stammten daher ausschließlich oder hauptsächlich aus der Wildbahn und der internationale Handel mit Tieren aller Art blühte [4].

Dies trifft heute nicht mehr zu, aber noch immer wollen Tierschutz- und Tierrechtskreise die Leute glauben machen, Zootiere seien zur Hauptsache der Wildbahn entnommen worden, wie weiland im Film "Hatari!". Sie befänden sich jetzt in einem Gefängnis und sehnten sich zurück nach der goldenen Freiheit. Das trifft zumindest für Säugetiere, auf die sich solche Aussagen in der Regel beziehen, schon seit langer Zeit nicht mehr zu. Dass sich Lutz HECK, der damalige Direktor des Berliner Zoos, auf Tierfang nach Ostafrika begab, ist schon über 80 Jahre her [6] und auch die Reisen des Basler Zoodirektors Ernst M. LANG, um aus Tanganjika Giraffen und Elefanten in die Schweiz zu bringen, datieren aus den Jahren 1947 und 1952 [10].

Der hinsichtlich Tierfang relativ lebensechte Film "Hatari!" mit John Wayne und Hardy Krüger wurde 1962 gedreht, also vor mehr als einem halben Jahrhundert. Was damals üblich war, ist heute Geschichte: Die Entnahme von Wildtieren aus der Wildbahn ist selten geworden und steht zahlenmäßig hinter den Entnahmen für die Hobbytierhaltung und erst recht für die Gewinnung tierischer Produkte weit zurück [17]. Einfuhren von Huftieren aus Afrika und weiten Teilen Asiens sind aufgrund strenger Veterinärvorschriften der EU seit Jahrzehnten so gut wie ausgeschlossen. 

Der Tierhandel im heutigen Sinn begann im 19. Jahrhundert mit der sich entwickelnden Zirkusindustrie und intensivierte sich mit der in der Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzenden Gründungswelle bürgerlicher zoologischer Gärten. Zu den bedeutendsten Tierhändler jener Epoche gehörten die Firmen HAGENBECK, Hamburg, und RUHE, Alfeld. Mit dem Ende des Kolonialismus nach dem Zweiten Weltkrieg war die Blütezeit des Handels mit Großtieren vorbei. Ab den 1950er Jahren konzentrierte sich der Handel daher auf Kleinsäuger, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische, die ihre Abnehmer vorab bei privaten Liebhabern fanden [3].

Carl HAGENBECK begann seine Tierhandelstätigkeit als Sechzehnjähriger im Jahr 1848 als Mitarbeiter seines Vaters Gottfried Claes Carl HAGENBECK. 1866 übernahm er die Firma „C. Hagenbecks Handlungs-Menagerie St. Pauli“. 1874 kamen als Nebenprodukt des Tierhandels die Völkerschauen hinzu, deren letzte 1932 wegen mangelnden Interesses abgebrochen wurde. 1887 wurde der Circus Carl Hagenbeck gegründet und 1907 erfolgte die Eröffnung des Tierparks Hagenbeck in Stellingen. Dort wurde anfänglich auch noch Tierhandel betrieben, aber das Geschäft verlor zunehmend an Bedeutung [5; 8; 13].

Hermann RUHE I (1861-1923) übernahm 1883 den Kanarienvogelhandel seines Vaters und begann bald, in den Handel mit anderen Tieren einzusteigen, wozu er eigene Expeditionen nach Übersee ausgerüstete und Fanglager in Malaysia, Burma, Indonesien, Indien. Abessinien, Südwestafrika und Kamerun einrichtete. Die Tiere wurden an alle Zoos der Welt, Circusse und Privatliebhaber verkauft. Nach seinem Tod ging die Tierhandlung 1923 an seinen Sohn Hermann II über, der noch im selben Jahr, ähnlich wie HAGENBECK, ins Zirkusgeschäft einstieg, dann Zoos in aller Welt konzipierte und sie mit Tieren beliefert. Von 1931-72 übernahm er den Zoo Hannover von der Stadt und 1948 errichtete er den den Ruhr-Zoo Gelsenkirchen als ersten einer Reihe eigener Zoos. Unter seinem Sohn und Nachfolger Hermann III wurden bis 1990 15 Safariparks erstellt und jeweils für einige Zeit selbst betrieben. Der Tierhandel ging aber ab den 1960er Jahren immer mehr zurück, weil die Zoos jetzt zunehmend selbst in der Lage waren, ihren gesamten Bedarf an Tieren durch Eigenzucht oder im Tausch mit anderen Parks zu erhalten. 1993 ging die Firma RUHE in Konkurs [1; 8; 12].

Anderen Tierhandelsfirmen ging es aus demselben Grund nicht besser: Die Firma Julius MOHR, die seit anfangs des 20. Jahrhunderts in Ulm einen auf europäische Arten spezialisierten Großtierhandel mit Tierpark betrieben hatte, stellte ihre Tätigkeit 1968 ein [9; 15]. Der pakistanische Großtierhändler George MUNROE, der sich 1961 mit dem Bremer Tierpark ein festes Standbein in Deutschland geschaffen hatte,  musste 1973  Konkurs anmelden [16]. Der Schweizer Tierfänger Charles CORDIER, der 1949 die ersten lebenden Kongopfauen in einen Zoo gebracht hatte, stellte seine Tätigkeit 1977 im Alter von 80 Jahren ein und starb wenige Jahre später völlig verarmt in Zürich [9; 11].

Durch die Umsetzung der Prinzipien der von Heini HEDIGER 1942 begründeten wissenschaftlichen Disziplin der Tiergartenbiologie wurde ab etwa 1950 die dauerhafte Haltung und Zucht vieler Tierarten, die früher als "nicht haltbar" gegolten hatten, plötzlich selbstverständlich. Die Zahl der Tierarten, die seitdem erstmals gezüchtet wurden, ist deshalb außerordentlich groß. Ab den 1960er-Jahren waren die Zoos in der Lage, Säugetiere der meisten Arten erfolgreich zu züchten und aufzuziehen [4].

Aufgrund von Einfuhrrestriktionen der EU hat auch die Einfuhr von Wildvögeln nach Europa drastisch abgenommen. Die Zoos haben deshalb und im Bestreben nach Nachhaltigkeit in den letzten Jahren ihre Zuchtbemühungen auch bei Vögeln deutlich erhöht. So werden z. B. in der Zuchtstation "La Vera" des Loro Parque auf Teneriffa jährlich über 1'000 Papageien der unterschiedlichsten Arten aufgezogen. Ein Teil davon ist für Wiederansiedlungszwecke bestimmt, andere gehen an Zoos oder qualifizierte Züchter. Auch andere Zoos, z.B. Landau, Basel oder Kerkrade, haben eigens Zuchtvolieren gebaut oder begonnen, mit privaten Züchtern zu kooperieren. Der Vogelpark Marlow betreibt eine Partnervermittlung für Beos, um die Nachzuchtrate bei diesen zunehmend gefährdeten Vögeln zu steigern...

Daher spielt der Tierhandel als Quelle für Zootiere heute praktisch nur noch bei Reptilien, Amphibien, Fischen und Wirbellosen eine Rolle. Dabei stammen die meisten Süßwasserfische und Schmetterlinge aus Zuchten oder Ranching-Programmen, und auch bei den Haien, Rochen und  Korallenfischen wird die Liste der Arten, die nachgezogen werden, immer länger [2; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. ALT-ALFELD
  2. CORAL MAGAZINE'S CAPTIVE-BRED MARINE FISH SPECIES LIST (2019)
  3. DITTRICH, L. (1977)
  4. DOLLINGER, P. (2014)
  5. HAGENBECK, C. (1908)
  6. HECK, L. (1952)
  7. JANSE, M., ZIMMERMAN, B., GEERLINGS, L., BROWN, C. & NAGELKERKE, L. A. J. (2017)
  8. KLÖS,H.-G. (2005a)
  9. KLÖS,H.-G. (2005b)
  10. LANG, E.M. (1994)
  11. LEPPERHOFF, L. (2009)
  12. RUHE, H. (1960)
  13. STAEHELIN, B. (1993)
  14. SCHÜRER, U. (1977)
  15. SÜDWEST-PRESSE vom 22.05.2010
  16. WESER-KURIER vom 11.04.2011
  17. WÜNNEMANN, K. & ORBAN, S. (2007)

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Sonntag, 06 Januar 2013 14:54

WACKERNAGEL, H. (1960)

Breeding flamingos at Basle Zoo, Switzerland.

International Zoo Yearbook 1: 45-46.

Flamingos wurden in Basel ab 1932 gehalten, ohne dass es zu Nachzuchten kam. 1956 wurde die Diät umgestellt und ein Teil des Rasens geflutet. Im selben Jahr nisteten mehrere Paare, 1957 wurden erstmals Eier gelegt, die aber nicht befruchtet waren. Bis 1960 wurden 3 Chile- und 3 Rosaflamingos aufgezogen.

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06.01.2013 - 1'789

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Donnerstag, 14 Juni 2018 09:03

HEDIGER, H. (1951)

Jagdzoologie - auch für Nichtjäger.

212 Seiten, 37 Tafeln. mit 76 s/w-Fotos.
Verlag Friedrich Reinhardt AG, Basel. ISBN-13: 978-3724502968.

 

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Donnerstag, 14 Juni 2018 08:40

HEDIGER, H. (1942)

Wildtiere in Gefangenschaft. Ein Grundriss der Tiergartenbiologie.

250 Seiten. Mit einem Vorwort von Adolf Portmann.
Verlag Benno Schwabe, Basel.


Englische Ausgabe: (1950) Wild animals in captivity - an outline of the biology of zoological gardens. Butterworths Scientific Publications.
Englische Ausgabe, Paperback: (1964) Wild animals in captivity - an outline of the biology of zoological gardens. Dover Publications, New York.

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Donnerstag, 27 Dezember 2012 08:38

HEDIGER, H. (1950)

Wild Animals in Captivity - An outline of the biology of zoological gardens.

Translated by G. Sircom. Foreword by Dr. Edward Hindle, F.R.S., Butterworths Scientific Publications Ltd. London.

auch als paperback: (1964). Dover Publications Inc., New York. Company Ltd., London

Wild Animals in Captivity covers some of the mistaken notions concerning the conditions of animals in captivity, most of which are the result of an anthropomorphic approach to the subject.

This book is composed of 12 chapters and starts with an overview of the historical development of zoological gardens. The succeeding chapters deal with the territorial requirements and sociological factors in the wild life. These topics are followed by discussions of the wild animal’s transition behavior from freedom to captivity; the physiological and psychological aspects of animal captivity; and the motive and situation of animal escapes. Other chapters emphasize the physical and biological environment of animals in captivity. The final chapters examine the problems related to feeding patterns, and nutrition of captive animals. These chapters also explore the relationship between human and animal, their capacity to be tamed and trained.

This book will prove useful to zoologists.

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Donnerstag, 14 Juni 2018 21:52

MOHR, E. (1952)

Der Wisent.

Die Neue Brehm-Bücherei Nr. 74. 74 Seiten, s/w-Abbildungen und Faltkarten.
Akademische Verlagsgesellschaft Geest & Portig KG, Leipzig.

 

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Donnerstag, 14 Juni 2018 21:14

HEDIGER, H. (1990)

Ein Leben mit Tieren - im Zoo und in aller Welt.

502 Seiten, mit zahlreichen s/w-Fotos und Strichzeichungen.
Werd Verlag, Zürich. ISBN 3-85932-0440-0.

Buchbesprechung von H. U. Rüegsegger in der Vierteljahrsschrift NGZH 136/2 (1991): 131-132.

Der bekannte, ehemalige Zoodirektor er-zählt sein Leben, das er v. a. der Natur und derTierwelt gewidmet hat. Im wesentlichen sind die wichtigsten und eindrücklichsten Beobachtungen und Gedanken eines langen und interessanten Lebens autobiographisch und in chronologischer Folge dargestellt. Es ist die Quintessenz seiner Arbeit und seiner Erfahrungen, die er hier zusammengezogen hat und an den Leser und die jüngere Generation weitergeben will. Das Schwergewicht liegt auf dem Erlebten und Fachlich-Naturwissenschaftlichen, während das Private und der Klatsch eher knapp gehalten sind. Heini Hediger beschreibt prägende Erlebnisse aus seiner Jugend- und Schulzeit, seine Forschungs- und Bildungsreisen und die Zeit als Zoodirektor mit den unvermeidlichen Problemen mit Tieren und den lieben Mitmenschen. Man erfährt eine Fülle von interessanten und oft auch merkwürdigen zoologischen Besonderheiten und Erlebnissen. Das für jedermann geschriebene Buch ist auch für Fachleute eine Fundgrube. Das umfangreiche Werk ist sorgfältig gestaltet und mit vielen, meist authentischen Bildern versehen. Bibliographie, Literatur- und Sachverzeichnis runden das Buch ab.

Die Lektüre ist nie langweilig, trotz der vielen einzelnen Episoden; Hediger war schon immer ein faszinierender Erzähler. Eindrücklich erkennt man, wie sich innerhalb eines Lebensalters unsere Umwelt verändert hat. Man erfährt auch, wie sich die vom Autor begründete Tiergartenbiologie etabliert hat. Die Käfighaltung von Wildtieren ist der artgerechten Haltung in gitterlosen Biotopen gewichen; Leben in Gruppen ist die Regel. Die natürlichen Bedürfnisse von Physiologle und Verhaltenwerden erfüllt. Die Tiere vermissen nichts, als Resultat sind erstaunliche Zuchterfolge möglich. Eine weitere Feststellung von Hediger: Auch für Tiere in der Natur gibt es keine grenzenlose Freiheit, vielmehr leben sie in einem starren und oft engen Raum-Zeit-System. Flucht und Kampf ums Futter sind die Regel. Ein lesenswertes Buch für Naturinteressierte. Nach der Lektüre kann ein Zoobesuch zu einem völlig neuen Erlebnis werden.

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Donnerstag, 14 Juni 2018 10:15

DOLLINGER, P. (Hrsg., 2003)

Die Bedeutung von Fortpflanzung und Aufzucht von Zootieren.

Verh.-Ber. des 1. Rigi-Symposiums, Goldau-Rigi, 27. Februar - 1. März 2003. WAZA, Bern.

Editorial:

Um seine vielfältigen Ziele besser erreichen zu können, beschloss der Weltverband der Zoologischen Gärten und Aquarien (WAZA), an seiner Jahrestagung in Nagoya, 1998, eine ständige Geschäftsstelle einzurichten. Im Oktober 2001 wurde dieses Ziel mit dem Amtsantritt eines vollamtlichen Direktors erreicht, und im November konnten die in Bern angesiedelten Büroräumlichkeiten bezogen werden. Kurz danach schlossen WAZA und ZOOSchweiz, die Gesellschaft wissenschaftlicher Zoologischer Gärten der Schweiz eine Verwaltungsvereinbarung ab, nach der die Geschäftsstelle das Sekretariat von ZOOSchweiz führt.

Diese Konstellation hat den Vorteil, dass Neuerungen in der Zusammenarbeit zwischen dem Weltverband und seinen Mitgliedern mit Leichtigkeit im Massstab 1:1 getestet werden können, und im Erfolgsfalle damit gerechnet werden darf, dass sie sich allgemein durchsetzen. So hat sich z.B. ZOOSchweiz bereit erklärt, eines der beiden ersten WAZA-Magazine zu sponsern. Da die Resonanz auf die neuen Magazine gut war, fiel es leicht, weitere Sponsoren zu finden: Heft 3 wird nun vom Verband Deutscher Zoodirektoren (VDZ), Heft 4 vom Amerikanischen Zoo und Aquarienverband  (AZA) und Heft 6 vom Chester Zoo finanziert werden.

Es ist durchaus möglich, dass das Rigi-Symposium eine ähnliche Auswirkung haben wird. Ursprünglich als Veranstaltung von ZOOSchweiz geplant, ist es nun zu einer regionalen Tagung der wissenschaftlichen Zoos der Schweiz, Österreichs und Bayerns geworden, und unter dem Schirm des Weltverbandes werden die in diesem Verhandlungsbericht zusammengefassten Ergebnisse weiteren Zookreisen und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, als dies im Falle einer rein nationalen Veranstaltung der Fall gewesen wäre.

Wer das kleine Einmaleins nicht kann, wird einer Differentialrechnung mit völligem Unverständnis gegenüber stehen. Tatsächlich dürfte es so sein, dass die Mehrheit der Bevölkerung, einschliesslich derer, welche die Grundrechenarten perfekt beherrschen, mit höherer Mathematik nichts anzufangen weiss. Daraus den Schluss zu ziehen, das Differenzieren sei keine valable Methode, greift aber sicher zu kurz.

Genau dies ist aber der  gedankliche – aus eidgenössischer Sicht schwer zu verstehende - Ansatz, der zur Interpretation des unbestimmten Rechtsbegriffs des „Tötens von Tieren ohne vernünftigen Grund“ in Deutschland angewendet wird: Wenn eine uninformierte Gesellschaft nicht nachvollziehen kann, weshalb es in Zoologischen Gärten aus vernünftigen Gründen des Tier- und Artenschutzes überzählige Tiere geben muss, dann darf es keine geben (siehe Beitrag von J. LUY). Folglich wird kriminalisiert, wer - z.B. im Interesse einer Erhaltungszucht oder eines artgemässen Gruppenverhaltens - eine Vermehrung nicht verhindert, obwohl er zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht abschätzen kann, ob sich für die Jungtiere in zwei Jahren eine artgemässe, definitive Unterbringung findet.

Ich hoffe daher, dass dieser Band eine breite Leserschaft findet und dass die aus der Tagung zu ziehenden Schlussfolgerungen – etwa, dass Kommunikation eine vorrangige Tätigkeit der Zoos sein muss (A. RÜBEL), dass die Möglichkeit sich fortzupflanzen keine Alternative zu einer im übrigen inadäquaten Tierhaltung darstellt (P. SCHLUP und C. LERCH), oder dass das deutsche Publikum das Töten überzähliger Tiere sehr wohl akzeptiert, sobald es die Landesgrenze nach Österreich überschritten hat (M. MARTYS) - praktische Konsequenzen zum Wohl der Tiere in unserer Obhut und ihrer gefährdeten Vettern in der Wildbahn haben werden.

Inhalt (Downloads):

Verfasser Titel Downloads
Links
DOLLINGER, P. Editorial HTML
- Teilnehmer PDF
- Medientext PDF
- Ergebnisse PDF
MARTIN, C. Situation der Biodiversität weltweit PDF
MARTIN, C. Zielerreichung Countdown 2010, Bedarf an neuen Strategien PDF
STADLER, B. Situation der Biodiversität im Alpenraum PDF
JUNHOLD, J. Der Beitrag der Zoos zum Erhalt der Biodiversität – ein Überblick PDF
BREITENMOSER U. & C. & SLIWA, A. Bedeutung und Potentiale der Zoos am Beispiel der Katzen PDF
RÜBEL, A. Die Aufgaben der Zoos und die Arterhaltungsprogramme, eine kritische Sicht PDF
SCHMIDT, C. Zuchtprogramme- ein Meilenstein der Tiergartenbiologie PDF
HOLST, B. Bedeutung der Zuchtprogramme für den weltweiten Artenschutz PDF
NIEKISCH, M. Bedeutung der Aktivitäten der Zoos für den in-situ-Naturschutz PDF
ENGEL, H. In situ-Artenschutz: Kernaufgabe für Zoos PDF
BERLING, T. Der Zoo als Motor regionaler Agrobiodiversität PDF
HINDENLANG, K. Bildung für Nachhaltige Entwicklung mit Fokus Biodiversität PDF
PHILIPS, L. Bildung als wichtigste Aufgabe der Zoos PDF
ZIEGLER, T. Forschung als wichtige Aufgabe der Zoos zur Erhaltung der Biodiversität PDF
DOLLINGER, P. Erhaltung der Biodiversität im Zoo – oder die Quadratur des Zirkels PDF
Ganzer Band (mittlere Druckqualität)
PDF

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Donnerstag, 14 Juni 2018 13:21

Zuchtbuch

Das Zuchtbuch  (englisch: Studbook, Herdbook, Flockbook) ist eine wichtige Voraussetzung für eine gezielte Zucht. Im Zuchtbuch werden alle relevanten Tierdaten (Geburtsdatum, Eltern, ...) erfasst und mit diesen Daten können praktische Zuchtempfehlungen an die Tierhalter gegeben werden. Dadurch kann Inzucht vermieden oder reduziert werden.

Für viele Zootiere existieren internationale und regionale Zuchtbücher- und programme, weil es bei kleinen Populationen und seltenen Arten besonders wichtig ist, ein optimales Zuchtmanagement mit den in Menschenhand gehaltenen Individuen durchzuführen.

Internationale Zuchtbücher (ISB) werden unter der Ägides des Weltverbands der Zoos und Aquarien (WAZA) geführt. Im International Zoo Yearbook wurde jeweils eine Übersicht über dies ISB gegeben

Europäische Zuchtbücher (ESB) werden im Rahmen des Europäischen Zoo- und Aquarienverbands (EAZA) geführt. Ende 2019 waren es 150 Stück. Bis Bis November 2022 sank die Zahl auf 95, weil immer mehr Zuchtbücher in Zuchtprogramme umgewandelt wurden.

Bei Haustieren liefern die Zuchtbücher der einzelnen Zuchtverbände die Bestandsgrößen der jeweiligen Rassen. Diese Bestandsdaten werden in Deutschland jährlich auf Bundesebene zusammengeführt und veröffentlicht. Sie sind die Grundlage für die Einstufung der einheimischen Nutztierrassen in Gefährdungskategorien.

 

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Freitag, 14 Dezember 2012 10:09

Populationsmanagement

Mit einem Populationsmanagement wird die Zucht einer Art geplant und durchgeführt. Durch Stammbäume und/oder genetische Analysen wird entschieden, ob und in welchen Zuchtgruppen einzelne Individuen eingesetzt werden. Ziel des Populationsmanagements ist die langfristige Erhaltung einer genetisch variablen Zoopopulation unter Berücksichtigung der limitierten Haltungskapazitäten und kleinen Bestände.

Es ist u.a. wichtig, dass die demographische Entwicklung einer Population der klassischen Alterspyramide entspricht. Daher müssen in den Altersklassen der zuchtfähigen und künftig zuchtfähigen Tiere Individuen beiderlei Geschlechts in ausreichender Anzahl vorhanden sein. Eine wichtige Aufgabe der Zoos ist die Arterhaltung z.B. durch Beteiligung an den Europäischen Erhaltungszuchtprogrammen (EEP).

Zur Begrenzung der Tierzahlen und zum genetischen Management von Populationen kann Empfängnisverhütung eingesetzt werden. Bei der Entscheidung über die Wahl von Methoden zur Zuchtverhinderung sind die möglichen Auswirkungen auf die Tiergesundheit, das Sozialverhalten und die Populationsentwicklung zu bedenken. Es ist beispielsweise darauf zu achten, dass nicht durch zu lange durchgeführte Kontrazeption eine Überalterung der Zoopopulationen erfolgt.

Da die Tierplätze in Zoos limitiert sind, stellt die angst- und schmerzfreie Tötung von für die Zucht nicht benötigter oder nicht erwünschter Tiere ein häufig eingesetztes Instrument des Populationsmanagements dar. Ihre Akzeptanz bei der allgemeinen Bevölkerung wie beim Zooperonal variiert je nach Tierart, der Möglichkeit der Verfütterung der getöteten Tiere sowie Geschlecht und Beruf der befragten Personen. 

Weiterführende Literatur:

POWELL, D. M., LAN, J., ENG, C. (2018). Survey of U.S.-based zoo veterinarians' attitudes on population management euthanasia. Zoo Biol. 2018 Nov;37(6):478-487. doi: 10.1002/zoo.21447. Epub 2018 Oct 23. Mit Links zu weiteren Quellen.

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx