Donnerstag, 21 Juni 2018 12:39

Karakal

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Katzenartige (Feliformia)
Familie: Katzen (Felidae)
Unterfamilie: Kleinkatzen (Felinae)

D LC 650

Karakal, Wüstenluchs

Caracal caracal • The Caracal • Le caracal, ou lynx du désert

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Karakal (Caracal caracal) im Zoo Tallinn © Maaja Kitsing / Inari Leiman, Tallinn

 

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Approximative Verbreitung desKarakals (Caracal caracal)

 

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Zahmer Südwestafrikanischer Karakal (Caracal caracal damarensis) bei der AfriCat Foundation, Okonjima, Namibia © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Karakal (Caracal caracal) im Domaine des Fauves, Les Abrets (Isère) © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Karakal (Caracal caracal) im Domaine des Fauves, Les Abrets (Isère) © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Karakal (Caracal caracal) im Zoo Zlín-Lešná © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Turkmenischer Karakal (Caracal caracal michaelis) im Neuen Zoo Posen © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Turkmenische Karakale (Caracal caracal michaelis) im Neuen Zoo Posen © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Turkmenischer Karakal (Caracal caracal michaelis) im Zoo Dresden © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Junge Südafrikanische Wüstenluchse (Caracal c. caracal) im Tierpark Berlin © Carlos Frey Berlin

 

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Junger Karakal (Caracal caracal) im Zoo Dresden © Archiv Opel-Zoo © Mike Wold, Zoo Dresden

 

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Junge Südafrikanische Wüstenluchse (Caracal c. caracal) im Tierpark Berlin © Carlos Frey Berlin

 

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Indischer Karakal (Caracal caracal schmitzi) im Zoo Neu-Delhi © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Pelzfell von Karakal (Caracal caracal). Aufnahme Mickey Bohnacker † / Verband der deutschen Rauchwaren- und Pelzindustrie für das CITES Identification Manual. Public Domain.

 

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Briefmarken mit Karakal-Motiv, Somalia

 

Weitere Bilder auf Biolib

Der Karakal ist ein relativ großer Vertreter der Kleinkatzen und wird wegen seiner Pinselohren und langen Beine zumeist als enger Verwandter der eigentlichen Luchse angesehen, was aber unzutreffend ist. Als Art nicht gefährdet, ist er in Teilen seines Areals selten geworden. Er wirkt auf das Publikum ansprechend und lässt sich so gut als Botschafter für Natur- und Artenschutzprojekte in seinen Heimatländern einsetzen.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Karakal erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 60-75(-105 ?) cm, eine Schulterhöhe von 40-45 cm und eine Schwanzlänge von 19-34 cm. Kater werden 8-20 kg, Kätzinnen 6-16 kg schwer. Er ist, wie BREHM sagt, "ein schönes Thier".  Seine Färbung "ist die eines Wüstenkleides, d.h. ein dunkleres oder helleres Fahlgelb ohne Flecken, welches nur an der Kehle und am Bauche ins Weißliche zieht und auf der Oberlippe durch einen großen schwarzen Fleck sowie durch einen schwarzen Streifen, welcher sich vom Nasenrande zum Auge zieht, und die schwarzen Ohren unterbrochen wird." Entsprechend der weiten Verbreitung der Art ist die Fellfärbung ziemlich variabel. Besonders charakteristisch für den Karakal sind die kräftig ausgeprägten Ohrpinsel [2; 6; 8].

Verbreitung

Der Karakal ist weit verbreitet in Afrika, auf der Arabischen Halbinsel, in Südwest- und Zentralasien.

Afrikanische Unterarten: Ägypten, Algerien, Angola, Äthiopien, Benin, Botswana, Burkina Faso, Dschibuti, Elfenbeinküste, Eritrea, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun, Lesotho, Libyen, Malawi, Mali, Marokko, Mauretanien, Mosambik, Namibia, Niger, Nigeria, Sambia, Senegal, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Sudan, Südsudan, Swasiland, Tansania, Togo, Tschad, Tunesien, Uganda, West-Sahara, Zentralafrikanische Republik [1].

Asiatische Unterarten: Afghanistan, Indien, Irak, Iran, Israel, Jemen, Jordanien, Kasachstan, Kenia, Kongo Dem., Kuweit, Libanon, Oman, Pakistan, Palästina, Saudi-Arabien, Syrien, Tadschikistan, Türkei, Turkmenistan, Usbekistan, Vereinigte Arabische Emirate [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Karakal bewohnt hauptsächlich Halbwüsten, Trockensteppen und felsiges Gelände, geht aber auch entlang von Wadis bzw. Rivieren in die Wüste, in Trocken- und Feuchtsavannen, Buschland und Dickicht sowie in immergrüne und Gebirgswälder. Sie jagen Mäuseartige und andere Kleinsäuger, Huftiere bis zu einem Gewicht von etwa 50 kg, Vögel, die sie mit einem Sprung auch aus der Luft erbeuten, Schlangen und Echsen, fangen auch Fische und Wirbellose, fressen Aas und nehmen gelegentlich auch Pflanzenmaterial. Die Streifgebiete der einzelnen Tiere variieren je nach Nahrungsverfügbarkeit von etwa 4 bis 1'200 km², Kater haben deutlich größere Streifgebiete als Kätzinnen [1].

Der Karakal hat keine feste Fortpflanzungszeit. Während der Rolligkeit, die 3-6 Tage dauert, paart sich eine Kätzin oft mit mehreren Katern. Nach einer Tragzeit von 68-81 Tagen kommen in einer Erd- oder Baumhöhle meist 2 (1-6) Junge mit einem Gewicht von 200-250 g zur Welt. Diese werden mit 10 Monaten unabhängig und mit 12-15 Monaten geschlechtsreif [8].

Gefährdung und Schutz

Der Karakal ist eine weitverbreitete und relativ häufige Art (vor allem in Süd- und Ostafrika), weshalb sie aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2014 nicht als gefährdet gilt (Rote Liste: LEAST CONCERN). Über die Entwicklung der Bestände ist allerdings nichts bekannt. In vielen Gegenden Afrikas leidet der Karakal unter der Zerstörung seines Lebensraums (durch sich ausbreitende Agrarflächen und dem Vordringen der Wüste), weshalb die nordafrikanische Population als gefährdet gilt. Dies ist wohl auch die größte Bedrohung in den asiatischen Teilen seines Verbreitungsgebiets, wo der Karakal mittlerweile selten ist [1].

Der internationale Handel mit Exemplaren aus afrikanischen Populationen ist nach CITES Anhang II geregelt, Populationen aus Asien fallen unter Anhang I. Der Karakal ist eine streng geschützte Tierart nach Anhang II des Berner Übereinkommens.

Bedeutung für den Menschen

In Indien wurde der Karakal wie der Gepard gezähmt und zur Jagd abgerichtet. Wüstenluchse machen sich dadurch unbeliebt, dass sie sich an  Kleinvieh vergreifen, weswegen im südlichen Afrika jährlich einige Tausend von Schaf- und Ziegenzüchtern getötet werden [1].

Von 2001-2017 wurden u.a. zur Ausfuhr genehmigt: 7'924 Jagdtrophäen davon 6'749 aus Südafrika und 1'039 aus Namibia, 1'413 Felle und 1'633 Schädel. Im selben Zeitraum wurden die Ausfuhr von 157 lebenden Wildfängen bewilligt, davon kamen 26 aus Namibia, 74 aus Südafrika und 12 aus Guinea, und weltweit wurde der internationale Transport von 583 Nachzuchttieren erfasst. Davon kamen 560 aus Südafrika [3].

Haltung

Es gibt seit 1994 ein Internationales Zuchtbuch (ISB), das vom National Zoo in Washington DC geführt wird und das im August 2014 238 lebende Tiere in 95 Institutionen umfasste [IZY 52], wobei zu vermuten ist, dass viele Tiere dem Zuchtbuch nicht gemeldet werden, weil es in Europa weder ein Erhaltungszuchtprogramm noch ein regionales Zuchtbuch gibt.

Im Zoo können Karakale gelegentlich ein Alter von 20 Jahren erreichen [7].

Haltung in europäischen Zoos: Die Zahl der Haltungen hat in den letzten Jahren etwas abgenommen. Heute werden Wüstenluchse noch in rund 80 Zoos gehalten, von denen sich weniger als 10 im deutschsprachigen Raum befinden. Soweit die Unterart überhaupt bekannt ist, handelt es sich um die Nominatform aus Südafrika. Die früher gelegentlich zu sehenden Turkmenischen Karakale (C. c. michaelis) gibt es seit ein paar Jahren nicht mehr. Für Details siehe Zootierliste.

Forschung im Zoo {Beispiel):  Grundlagenforschung über das Mittel- und Innenohr von Feliden wurde u.a. anhand von Präparaten von Caracal caracal durchgeführt. Dabei wurden Schädelpräparate mittels Mikro-Computertomographie gescannt und die daraus entstandenen zweidimensionalen Scans mit einer Rekonstruktionssoftware bearbeitet, um dreidimensionale Rekonstruktionen der Bestandteile der Ohrregion zu erhalten [4].

Bei den im Säugetiergutachten 2014 des BMEL vorgegebenen Gehegegrößen für Mittelkatzen liegt ein redaktionelles Versehen vor. Der Text, auf den sich die Arbeitsgruppe geeinigt hatte, lautet für den Karakal und die anderen Mittelkatzen wie folgt: „Außengehege 50 m² pro Paar, unterteilt in verbindbare Einzelgehege (Verhältnis 1:1 oder 1:2), für kletternde Arten 2.50 m hoch. Falls für nicht winterharte Arten Außengehege vorgesehen sind, ist zusätzlich ein heizbarer, unterteilbarer Innenraum von 20 m² / 50 m³ pro Paar, erforderlich.“

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Wüstenluchse ein Außengehege mit einer Fläche von 30 m² und einer Höhe von 2.5 m vor. Für jedes weitere erwachsene Tier ist die Fläche um 10 m² zu erweitern. Für winterharte Tiere müssen individuelle Schlafboxen von 1.5 m² vorhanden sein, ansonsten ist ein Innengehege von 20 m² mit einer Höhe von 2.5 m und für jedes weitere Tier 10 m² zusätzlich vorgeschrieben.

Gemäß der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) müssen Wüstenluchse mindestens paarweise gehalten werden. Für ein Paar ist ein Außengehege mit einer Fläche von 50 m² bei 3 m Höhe und für jedes weitere Adulttier 5 m² zusätzlich erforderlich. Das Innengehege muss für ein Paar eine Fläche von 15 m² haben, für jedes weitere Tier 1.5 m² mehr.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Karakal wurde 1776 vom thüringischen Naturforscher Johann Christian Daniel von SCHREBER als "Felis caracal" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die Einordnung in die heute gültige Gattung Caracal erfolgte 1843 durch den John Edward GRAY. Allerdings wurde die Gattungsbezeichnung Felis und zeitweilig Lynx noch sehr lange weitergebraucht.

Allerdings wies schom BREHM [2] auf Unterschiede zwischen dem Karakal und den eigentlichen Luchsen hin: "Die nordischen Luchse, welche vorzugsweise Wälder bewohnen, tragen ein Baum- und Felsenkleid, d.h. ihre allgemeine Färbung ähnelt jener der Stämme und Aeste sowie jener der grauen Felswände des Nordens. Der Karakal ist nur in der Kindheit gefleckt, später aber ganz ungefleckt, und eine derartige Gleichfarbigkeit steht wiederum im vollständigen Einklange mit den Eigenthümlichkeiten seines Wohnkreises; denn ein geflecktes Thier, welches auf dem einfarbigen Sandboden der Wüste dahin schleicht, würde in der hellen Nacht gerade durch seine Fleckenzeichnung leichter sichtbar werden, als durch jenes einfarbige Gewand."

Bis vor wenigen Jahren galt Caracal als eine monotypische Gattung, seit 2006 wird aufgrund molekulargenetischer Beurteilungen auch die Afrikanische Goldkatze als Art der Gattung Caracal angesehen, vielfach wird sie aber nach wie vor Profelis aurata genannt. Vom Wüstenluchs werden gegenwärtig werden 9 Unterarten anerkannt, von denen 2 in Eurasien, die übrigen in Afrika vorkommen [1; 8].

Der Artname Karakal leitet sich aus dem Türkischen „kara kulak“ ab, was für „Schwarzohr“ steht (PM Tierpark Berlin, 24.09.2009). Eine andere Erklärung gibt Alfred BREHM [1], danach soll sich der Name von "Khut el Chala", zu Deutsch "Katze der Einöde", ableiten.

Literatur und Internetquellen

  1. AVGAN, B. et al. (2016). Caracal caracal (errata version published in 2016). The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T3847A102424310. http://www.iucnredlist.org/details/3847/0. Downloaded on 18 June 2018.
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. ETMAYR, L. (2014)
  5. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  6. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Freigegeben in Katzen
Montag, 23 Oktober 2017 12:37

Erdmännchen

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Katzenartige (Feliformia)
Familie: Mangusten (Herpestidae)

D LC 650

Erdmännchen

Suricata suricatta • The Slender-tailed Meerkat • La suricate<

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Erdmännchen (Suricata suricatta) im Melbourne Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Erdmännchens (Suricata suricatta)

 

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Erdmännchen (Suricata suricatta) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Erdmännchen (Suricata suricatta) im Tierpark Perleberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Erdmännchen (Suricata suricatta) im Werribee Ooen Zoo, Australien © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Erdmännchen (Suricata suricatta) auf Wachtposten in der Tatzmania Löffingen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Erdmännchen (Suricata suricatta) im Parc Merveilleux, Luxemburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Erdmännchen (Suricata suricatta) im Tiergarten Worms © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Erdmännchen (Suricata suricatta) im Zoo Landau © Zooschule Landau

 

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Junge Erdmännchen (Suricata suricatta) im Zoo Heidelberg © Heidrun Knigge, Zoo Heidelberg

 

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Erdmännchen (Suricata suricatta) im Zoo Pretoria © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Junge Erdmännchen (Suricata suricatta) im Tiergarten Schönbrunn © Norbert Potensky / Tiergarten Schönbrunn

 

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Erdmännchen (Suricata suricatta) im Kölner Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Schädel eines Erdmännchens (Suricata suricatta)in der Sammlung des Museums Wiesbaden © Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden. Veröffentlicht unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported-Lizenz

 

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Das hochsoziale und tagaktive Erdmännchen hat sich in den letzten Jahren zu einem der beliebtesten Zootiere gemausert. Sein Sozialverhalten macht es für die Zoopädagogik interessant und dank seiner Popularität beim allgemeinen Publikum ist es, obwohl selbst nicht gefährdet, ein ausgezeichneter Botschafter für Natur- und Artenschutzprojekte in den Trockengebieten im südlichen Afrika.

Körperbau und Körperfunktionen

Erdmännchen haben eine Kopf-Rumpflänge von 450-550 mm, eine Schwanzlänge von 200-240 mm, und wiegen im Freiland, wo das Nahrungsangebot eher knapp ist, 620-900 Gramm. Der Kopf ist rund, die Schnauze spitz mit schwarzem Nasenspiegel, die schwarzen Ohrmuscheln sind klein, gerundet und können gschlossen werden. Der Unterleib ist kräftiger als der Oberkörper, die Extremitäten sind schlank, der kurzbehaarte Schwanz ist dünn. Vorder- und Hinterfüße haben je vier Zehen, jene der Vorderfüße sind mit langen Krallen bestückt.Die Fellfarbe ist rehbraun bis silbergrau, Kehle und z.T. Kopf sind heller, um die Augen liegen schwarze Flecken. Der Rumpf ist mit dunkeln, unregelmäßigen Querbändern bedeckt, der Schwanz hat eine schwarze Spitze. Die Weibchen haben drei Paar Zitzen [8; 13; 14].

Verbreitung

Südliches Afrika: Südwest-Angola, Botswana, Namibia, Südafrika, möglicherweise Lesotho [1].

Lebensraum und Lebensweise

Erdmännchen besiedeln aride und semiaride, offene Landschaften mit kurzem Gras, Büschen und spärlichem Baumbewuchs, wie Namib, Kalahari, Karoo und Highveld. Sie leben in großen, matriarchalisch organisierten Gruppen von bis zu 40 Tieren beiderlei Geschlechts, die ein höchst interessantes Sozialverhalten zeigen. Das dominante Weibchen bestimmt, wo die Gruppe lebt und in der Regel bekommt auch nur dieses Weibchen  Nachwuchs. Der Vater ist höchstwahrscheinlich jeweils das ranghöchste Männchen. Bei der Nahrungssuche übernimmt oft ein Mitglied der Gruppe eine Wächterfunktion. Es steht aufrecht auf einem Stein, Termitenhügel, Baumstrunk oder Ast und sucht die Umgebung und den Himmel nach potenziellen Feinden ab ein. Als solche spielen namentlich eine Rolle: Raubadler, Gaukler, Heller Singhabicht (Melierax canorus), Kapkobra und Schabrackenschakal. Dabei gibt es ständig Pieptöne von sich, sodass der Rest der Gruppe weiß, dass die Wache auf Posten ist, und sich voll der Nahrungssuche widmen kann. Die Nahrung besteht aus Käfern, Käferlarven, Skorpionen, Geckos und andere Reptilien, sowie Vogelgelegen [1; 8; 13].

Ein Weibchen bringt nach einer Tragzeit von jeweils etwa 70 Tagen pro Jahr 1-2(-3) Würfe von meist 3-7 Jungen mit einem Geburtsgewicht von 25-36 g. Die Jungen werden in der unterirdischen Schlafhöhle geboren. Sie sind Nesthocker, kommen also nackt und blind zur Welt und bleiben die ersten Wochen in der Kinderstube. Während dieser Zeit geht die Mutter zwar mit der Gruppe auf Nahrungsssuche, es bleibt aber immer ein erwachsenes Tier als Babysitter beim Bau. Andere Weibchen aus der Gruppe können die Mutter auch als Ammen bei der Aufzucht unterstützen. Zum Säugen legt sich die Mutter anfänglich über die Jungen, ab der 3. Woche legt sie sich auf den Rücken und später säugt sie sie im Sitzen. Mit 7-9 Wochen werden sie entwöhnt. Mit etwa 3-4 Monaten sind sie von der Mutter unabhängig. Zu diesem Zeitpunkt leben noch etwa 70% aller geborenen Jungtiere. Wenn geschlechtsreife Erdmännchen die Gruppe verlassen, geschieht dies bei den Männchen freiwillig, die Weibchen werden von der Mutter vertrieben [8; 13; 14].

Gefährdung und Schutz

Das Erdmännchen hat eine weite Verbreitung im südlichen Afrika und kommt in vielen Schutzgebieten vor. Es gilt deshalb nach einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 als nicht-gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Die Art wird nicht bejagt. Sie ist ein Virus-Reservoir für die Tollwut [1].

Kulturelle Bedeutung: "Billy das Erdmännchen" ist eine der Hauptcharakteren des computeranimierten Trickfilms "Konferenz der Tiere". Die Erdmännchen "Jan und Henry" sind Figuren, die im Kinderkanal von ARD und ZDF eine Rolle spielen.

Haltung

Erdmännchen werden auch im Zoo in Gruppen gehalten. Allerdings sind die Gruppen kleiner, umfassen meist zwischen 4 und 10 Tieren und bestehen in der Regel aus deutlich mehr Männchen als Weibchen. Da Erdmännchen in Familienclans leben, ist die Ergänzung einer Gruppe durch neue Tiere kaum möglich. Beste Voraussetzung für einen solchen Neuanfang ist eine Zuchtgruppe, die aus drei verwandten Männchen und nur einem Weibchen aus einem anderen Zoo besteht. Dieses Weibchen wird schließlich das Oberhaupt der wachsenden Sippe. Es wählt sich einen Partner, die anderen Männchen helfen bei der Aufzucht der Jungen [PM Zoo Halle vom 15.09.2016].

Eine Gemeinschaftshaltung mit anderen Arten ist möglich, SVABIK führt Vergesellschaftungen mit 46 Arten an, darunter auch eher unpassende wie Gorillas und Dianameerkatzen im Amsterdamer Zoo [15]. Nicht bewährt hat sich die Vergesellschaftung mit Löwen in Schwerin. In Nürnberg werden Erdmännchen in einem großen Gehege zusammen mit Fuchsmangusten gehalten.  Im Zoo Basel erwies sich eine Vergesellschaftung mit Borstenhörnchen, die andernorts mit Erfolg praktiziert wird, als problematisch, wohl weil die Borstenhörnchengruppe anfänglich zu klein war.

Gehaltene Erdmännchen neigen dazu, zu verfetten, was bei der Zuteilung der Futterrationen zu berücksichtigen ist. Im Zoo können sie ein Alter von 17-18 Jahren erreichen [12].

Haltung in europäischen Zoos:
 Es vergeht kein Jahr, ohne dass in mindestens einem europäischen Zoo eine neue Erdmännchenanlage gebaut wird. Gegenwärtig (2023) liegt die Zahl der Haltungen bei etwa 610 (60 mehr als 2021), im deutschsprachigen Raum bei gegen 140.  Für Details siehe Zootierliste.

Es gibt kein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP) und kein Zuchtbuch für Erdmännchen.

Wie Erdmännchen gehalten werden (Beispiele):

Forschung im Zoo: Das Erdmännchen ist immer wieder Gegenstand von tiermedizinischen oder ethologischen Forschungsarbeiten, die entweder unser Grundlagenwissen erweitern oder darauf abzielen, die Haltungsbedingungen zu optimieren [2; 3; 4; 5; 6; 7; 9; 10; 11].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 liegt der Flächenbedarf für ein Paar bei 12 m². Für jedes weitere Adulttier sollen mindestens 2 m² zusätzlich angeboten werden.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 6 Tieren ein Außengehege mit einer Grundfläche von 20 m² und ein Innengehege von 10 m² vor, für jedes weitere Adulttier sind die Flächen um jeweils 2 m² zu erweitern. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) fordert für ein Paar ein Außengehege von 16 m² und ein Innengehege von 8 m². Für jedes weitere Adulttier sind diese Flächen um 1.6 bzw. 0.8 m² zu erweitern. Auch eine ganzjährige Haltung in der Außenanlage ist möglich, wenn jederzeit Zugang zu Schlafboxen mit einer Mindesttemperatur von 15ºC besteht.

Taxonomie und Nomenklatur

Das Erdmännchen wurde 1776 thüringischen Naturforscher Johann Christian Daniel von SCHREBER  als "Viverra suricatta" beschrieben. Der französische Zoologe Anselme Gaëtan DESMAREST, Professor an der Veterinärhochschule von Maison d'Alfort, stellte es 1804 als Suricata suricatta in eine eigenene Gattung. Suricata ist eine monospezifische Gattung von der drei Unterarten beschrieben sind [13]:

  • Suricata s. suricatta - Kalahari, Karoo, Highveld
  • Suricata s. iona - Südwest-Angola
  • Suricata s. marjoriae - Damaraland, Nambib, Skelettküste

Literatur und Internetquellen

  1. JORDAN, N.R. & DO LINH SAN, E. 2015. Suricata suricatta. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T41624A45209377. http://www.iucnredlist.org/details/41624/0. Downloaded on 19 June 2018.
  2. HABICHER, A. (2004)
  3. HABICHER, A. (2009)
  4. HELMLINGER, S. (2014)
  5. JEZYSCHEK, M. (2012)
  6. KALDEN, N.K. (2009)
  7. KRATZER, C. (2013)  
  8. MILLS, G & HES, L. (1999)
  9. NIENHAUS, Y. (2009)
  10. SCHNEIDER, Chr. (2016)
  11. STADLER A. (2005)
  12. WEIGL, R. (2005)
  13. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  14. HINTON, H. E. & DUNN, A. M. S. (1967)
  15. SVÁBIK, K. (rev. 2020)

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Montag, 23 Oktober 2017 12:35

Nasenbär

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Kleinbären (Procyonidae)

D LC 650

Invasive EU

  Nasenbär

Nasua nasua • The South American Coati •Le coati roux

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Nasenbär (Nasua nasua) im Zoo Augsburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Nasenbären (Nasua nasua)

 

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Nasenbär (Nasua nasua) im Zoologisch-Botanischen Garten Budapest © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nasenbär (Nasua nasua) im ZooStralsund © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nasenbär (Nasua nasua) in La Planète Sauvage © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nasenbär-Trio (Nasua nasua) im Tierpark Perleberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Junger Nasenbär (Nasua nasua) im Erlebniszoo Hannover © Zoo Hannover (Pressefoto)

 

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Nasenbär (Nasua nasua) im Arche Noah-Zoo Grömitz © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nasenbärenanlage mit Elektroabsoerrung im Arche Noah-Zoo Grömitz © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nasenbär (Nasua nasta) im Zoo du Tertre Rouge, La Flèche © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kommentierte Nasenbärenfütterung im Tierpark Hagenbeck © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nasenbär (Nasua nasua) im Zoo Lille © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nasenbär (Nasua nasua montana) im Zoo Las Leyendas, Lima © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nasenbär (Nasua nasua) im Zoologisch-Botanischen Garten Pilsen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nasenbär (Nasua nasua) im Raritätenzoo Ebbs © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Junge Nasenbären (Nasua nasua) im Zoo Leipzig © Zoo Leipzig (Pressefoto)

 

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Das 450 m² große Außengehege der 2015 eröffneten Nasenbären-Anlage des Zoologischen Stadtgartens Karlsruhe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Der Nasenbär ist selbst nicht gefährdet, ist aber als tagaktive, soziale und sehr geschäftige Tierart ein ausgezeichneter Botschafter für Naturschutz in Südamerika. Gegenwärtig ist er nach dem Waschbär die zweithäufigste Kleinbärenart in europäischen Zoos. Falls die Invasiv-Verordnung der EU durchgesetzt wird, könnte es eine Verschiebung zugunsten des Weißrüsselbären geben.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Nasenbär erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 43-58 cm und eine Schwanzlänge von 42-55 cm. Das Gewicht liegt zwischen 2 und 7.2 kg. Männchen sind größer und schwerer als Weibchen. Der Körper ist gestreckt und schlank, fast marderähnlich, der Hals kurz, der Kopf lang mit spitzer, schwarz gefärbter Schnauze. Der dicht behaarte Schwanz wird oft aufrecht getragen. Die Beine sind kurz und  kräftig, mit breiten Tatzen und nackten Sohlen. Das auffälligste Merkmal ist die namengebende Nase. Sie verlängert sich rüsselartig weit über das Maul hinaus und hat scharfkantig aufgeworfene Ränder. Die Ohren sind kurz und abgerundet, die Augen mäßig groß, die fünf fast ganz verwachsenen Zehen mit langen und spitzigen, aber wenig gebogenen Krallen bewehrt. Das Gebiß ähnelt dem der Waschbären; die Zähne sind jedoch etwas schmaler und schmächtiger [2; 5; 8].

Vom nord- und mittelamerikanischen Weißrüsselbären unterscheidet sich der Nasenbär  hauptsächlich durch seine Fellfarbe. Diese variiert von orange- über zimt- und rot- bis zu dunkelbraun, auch an den Beinen. Die Ringelzeichnung des Schwanzes ist meist deutlich ausgeprägt und es sind weiße oder gelbliche Abzeichen an Kopf und eventuell Kehle vorhanden [8; 12].

Verbreitung

Südamerika: Argentinien, Bolivien, Brasilien, Ekuador, Französisch Guiana, Guyana, Kolumbien, Paraguay, Peru, Surinam, Uruguay, Venezuela und eingeführte Populationen auf den Juan Fernández-Inseln vor Chile sowie auf Mallorca [5].

Lebensraum und Lebensweise

Der Nasenbär besiedelt unterschiedliche Lebensräume wie tropische Regen- und Nebelwälder, Galeriewälder, Chaco seco, Cerrado und Chapparales vom Tiefland bis auf 2'500 m Höhe. Weibchen bilden Trupps, die mit den Jungen 30-65 Tiere umfassen können, alte Männchen leben solitär [5; 12].

Nasenbären sind Allesfresser, die sich vorab von Früchten, Wirbellosen, wie Skorpionen, Tausendfüßern, Spinnen, Krebsen, Käfern und deren Larven, sowie von Früchten ernähren, aber auch Fische, kleine Echsen, Nager und gelegentlich Vögel fangen, die sie durch Kopfbiss töten, und Aas oder Siedlungsabfälle zu sich nehmen. Um Stacheln oder nesselnde Haare zu entfernen, werden Wirbellose mit den Vorderpfoten im Laub hin- und her gerollt. Zur Deckung ihre Nahrungsbedarfs benötigen die Gruppen  Streifgebiete, die z,B. im Atlantischen Regenwald etwa 500 h messen [5; 8; 12].

Beim Klettern umarmen die Nasenbären den Stamm mit ihren starken Armen, krallen sich in die Rinde und sind mit wenigen Zügen oben. Abwärts geht es genauso schnell. Dabei rutschen Nasenbären nicht mit dem Hinterteil zuerst den Baumstamm wieder herunter, sondern klettern mit dem Kopf voran hinab. Dazu können sie die Gelenke ihrer Vorder- und Hinterpfoten besonders gut dehnen und haben so festen Halt.

Die 3-4 (1-7) Jungen kommen 74-77 Tage nach der Paarung zur Welt. Die Jungtiere wiegen dann gerade mal 150 Gramm und haben Augen und Ohren verschlossen. Erst nach einigen Tagen können sie sehen und hören. Mehrere Wochen bleibt die Mutter mit ihren Kindern in einem Nest in den Bäumen. Dann schließen sich alle gemeinsam wieder der großen Bande an [8; 12].

Gefährdung und Schutz

Die Bestandestendenz ist lokal abnehmend, aber allgemein ist der Nasenbär noch häufig und gilt deswegen und wegen seiner weiten Verbreitung aufgrund einer Beurteilung us dem Jahr 2015  nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [35].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt, ausgenommen für die uruguayische, als Nasua n. solitaria bezeichnete Population, die unter Anhang III fällt (effektiv heißt die in Uruguay vorkommende Unterart Nasua n. spadica). Erwerb und Abgabe, Haltung, Zucht, Aufzucht, Transport und Freilassen von  Nasenbären sind nach Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 betreffend invasive Arten verboten. Anlass dafür ist die Existenz einer Population auf Mallorca, die sich seit 2004 etabliert hat und mangels Konkurrenten oder Fressfeinden anwächst. Weshalb man aber deswegen die Haltung einer tropisch-subtropischen Art bis hinauf zum Polarkreis verbieten muss, ist nicht nachzuvollziehen [1]. Währenddem die deutschen Behörden das Verbot durchsetzen wollen, macht es den Anschein, dass dies in Frankreich nicht der Fall ist.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Der Nasenbär wird zur Gewinnung von Fell und Fleisch gejagt [5]. Wie BREHM feststellte, wird das Fleisch von Nasenbären "nicht allein von den Eingeborenen, sondern auch von den Europäern gern gegessen. Junge Nasenbären liefern, namentlich wenn sie fett sind, einen vortrefflichen Braten, und auch das Fleisch der Alten ist immer noch wohlschmeckend. Aus dem Fell verfertigen die Indianer kleine Beutel." [3]

Haltung im Zoo

Eine Gemeinschaftshaltung mit Gehaubten Kapuzineraffen erwies sich als unproblematisch und kann empfohlen werden [13]. Im Zoo Zürich werden Nasenbären in einer entsprechend strukturierten Anlage seit Jahren gemeinsam mit Brillenbären  gehalten [6]. Im Zoo Schwerin wurden sie mit Rückenstreifen-Kapuzinern (Sapajus libidinosus) und Halsbandpekaris, seit 2020 Chaco-Pekaris vergesellschaftet [14]. Im Zoo von Los Angeles verletzten die Nasenbären dagegen die mit ihnen vergesellschafteten Klammeraffen (Ateles sp.) [15]. Eine Vergesellschaftung von Nasenbären und Schwarzen Brüllaffen erwies sich als unproblematisch, ebenso eine mit Flachlandtapiren, die von den Nasenbären bisweilen als Klettergeräte und Ruheplätze behandelt wurden, was sie aber nicht zu stören schien. Nasenbären können mit geunden, erwachsenen Großen Maras zusammengehalten werden, töten und fressen aber Jungtiere und vergriffen sich in einem Fall an einem verletzten erwachsenen Tier. Ein im Zoo von Adleiade durchgeführter Versuch, Nasenbären zusammen mit Hausmeerschweinchen zu halten, missglückte, was eigentlich erwartet werden konnte. Als keine gute Idee erwies sich eine Gemeinschaftshaltung mit Waldhunden im Twycross Zoo, wo ein Nasenbär von den Hunden getötet wurde [16].

Die Welterstzucht in einem Zoo gelang 1866 im Zoo Hannover [ZTL]. Nasenbären können im Zoo ein Alter von 23-24 Jahren erreichen [11].

Haltung in europäischen Zoos: Der Nasenbär ist seit 2017 auf der 2. Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung aufgeführt und darf, wenn es nach der EU-Kommission geht, in Zukunft nicht mehr gehalten werden. Gegenwärtig (2023) ist er in etwa 420 Zoos anzutreffen. Währenddem in Deutschland die Zahl der Haltungen abgenommen hat und die Nasenbären teilweise durch Weißrüsselbären ersetzt wurden, sind es insgesamt deutlich mehr als vor vier Jahren. Von diesen befinden sich rund 105 im deutschsprachigen Raum. Für Details siehe Zootierliste.

Wie Nasenbären gehalten werden (Beispiele):

Forschung im Zoo: Der Nasenbär ist immer wieder Gegenstand von tiermedizinischen oder ethologischen Forschungsarbeiten, die entweder unser Grundlagenwissen erweitern oder darauf abzielen, die Haltungsbedingungen zu optimieren, insbesondere auch bei Gemeinschaftshaltung mit anderen Arten, wie dem Brillenbären. Durch eine der Arbeiten konnte der in der Harnblase parasitierende Haarwurm Capillaria plica nachgewiesen werden [2; 4; 6; 9].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll ein Außengehege für ein Paar Nasenbären mindestens eine Fläche von 30 m² aufweisen. Für jedes weitere Adulttier kommen 2 m² zur Basisfläche dazu. Falls oben geschlossen, soll die Höhe mindestens 3 m betragen. Das Innengehege, soll bei einer Höhe von 2.5 m für ein Paar eine Fläche von 6 m² haben und für jedes weitere Adulttier 3 m² mehr.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tiere ein Außengehege mit einer Grundfläche von 30 m² vor mit einer Höhe von mindestens 3 m. Für das Innengehege ist eine Basisfläche von 20 m² und eine Höhe von 3 m vorgeschrieben. Für jedes weitere Tier kommen außen und innen je 3 m² zur Basisflächen dazu.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für 1-2 Tiere ein Außengehege von 40 m² vorgeschrieben, für jedes weitere Adulttier sind 4 m² zusätzlich erforderlich. In der kalten Jahreszeit sind die Tiere in geheizten Innengehegen, in denen die Temperatur über 15°C liegen muss, zu halten. Kommentar dazu: Im Norden Uruguays, also am Südrand des Artareals, betragen die monatlichen Minimaltemperaturen von Mai bis November im Mittel zwischen 9 und 14ºC.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Nasenbär wurde 1766 von Carl von LINNÉ unter der Bezeichnung "Viverra nasua", also als Schleichkatze, beschrieben. 1780 stellte sie der Tübinger Professor Gottlieb Conrad Christian STORR in die neue Gattung Nasua. Über die Verwandtschaftsverhältnisse der Nasenbärarten herrschte lange Unsicherheit. So fasste der Zürcher Zoologe Heinrich Rudolf SCHINZ die solitär lebenden Männchen und die in Gruppen lebenden Weibchen als unterschiedliche Arten auf, die er "Nasua solitaria" bzw. "Nasua sociabilis" nannte. BREHM spricht vom Nasenbären  als Nasua narica und vom Weißrüßelbären als Nasua leucorhyncha und gibt als Verbreitung des Einen Ostbrasilien und des Anderen Nordbrasilien an. Heute gelten die südamerikanischen Formen als Nasua nasua, von der gegenwärtig 12 Unterarten anerkannt werden, und die in Nord- und Mittelamerika als narica [3; 7; 12].

Literatur und Internetquellen

  1. ALIEN SPECIES OF UNION CONCERN
  2. AMBROSCH, J. (2009)
  3. BREHM, A. E. (1882-1887)
  4. DIETERMANN, A. (1996)
  5. EMMONS, L. & HELGEN, K. (2016). Nasua nasua. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T41684A45216227. http://www.iucnredlist.org/details/41684/0. Downloaded on 21 June 2018.
  6. FAIVRE, C. (1995)
  7. GOMPPER, M. E. & DECKER, D. M. (1998)
  8. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  9. MOSTERT, N. (2014)
  10. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  11. WEIGL, R. (2005)
  12. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  13. ZIEGLER, T. (2002)
  14. ZOO SCHWERIN - PM vom 24.02.2017 und 09.11.2020
  15. PROBST, C. (2008)
  16. SVÁBIK, K. (rev. 2020a)

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Montag, 23 Oktober 2017 12:35

Waschbär

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Kleinbären (Procyonidae)

D LC 650

Invasive EU

  Waschbär

Procyon lotor • The Raccoon • Le raton-laveur

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Waschbär (Procyon lotor) im Zoo Heidelberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

112 003 007 003 procyon lotor map amerika
Approximative Verbreitung des Waschbären (Procyon lotor) in Nord- und Mittelamerika

 

112 003 007 003 procyon lotor map
Approximative Verbreitung des Waschbären (Procyon lotor) in Mitteleuropa (aus mehreren Quellen kombiniert)

 

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Waschbär (Procyon lotor) im Zoo am Meer, Bremerhaven © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Waschbär (Procyon lotor) im Zoologisch-Botanischen Garten Budapest © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Albino-Waschbär (Procyon lotor) im Wildpark Lüneburger Heide, Hanstedt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Waschbär (Procyon lotor) sich putzend im Zoo de Maubeuge © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Waschbär (Procyon lotor) im Zoo Heidelberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Junge Waschbären (Procyon lotor) in Baum im Zoo Eberswalde © Zoo Eberswalde

 

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Waschbär (Procyon lotor) sucht im Tiergarten Worms den Boden nach Nahrung ab © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Waschbär (Procyon lotor) in Schlafhohle im Tiergarten Groß-Gerau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Waschbär (Procyon lotor) an Futterautomat im Natur- und Tierpark Goldau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nachweise des Waschbären (Procyon lotor) in Deutschland. Quelle: BfN 2017

 

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Nachweise des Waschbären (Procyon lotor) in der Schweiz. Grün: vor 2000, dunkelblau: 2000-2017. Quelle: Centre Suisse de Cartographie de la Faune (CSCF)

 

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Waschbär (Procyon lotor) in Schlafhöhle im Natur- und Tierpark Goldau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kontaktmöglichkeit zu Waschbär (Procyon lotor) im Tierpark Kunsterspring, Neuruppin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gehegebegrenzung für Waschbären (Procyon lotor) milt Elektrodraht im Arche Noah-Zoo, Braunschweig © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kontakt zwischen Tierpfleger und Waschbären (Procyon lotor) im Wildpark Springe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Waschbär (Procyon lotor) beim "Waschen" im Schwarzwaldzoo Waldkirch © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Waschbären (Procyon lotor) auf Bäumen im NaturOparC Hunawihr © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Waschbären (Procyon lotor) im Parco faunistico "La Torbiera", Agrate Conturbia © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Waschbär (Procyon lotor) im Tiergarten Worms © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Der Waschbär ist als invasive, mittlerweile auch bei uns heimische Tierart und als Kulturfolger von zoopädagogischem Interesse. Er ist die am häufigsten in europäischen zoologischen Einrichtungen gehaltene Kleinbärenart, darf aber im Prinzip aufgrund von EU-Vorschriften in den Mitgliedstaaten der EU längerfristig nicht mehr gehalten werden. Mit dem Verbot vergibt die EU die Möglichkeit, die Bevölkerung großflächig über invasive Tierarten aufzuklären.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Waschbär erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 42-62 (41-71) cm, eine Schulterhöhe von 23-30 cm und eine Schwanzlänge von 19-36(-40) cm. Das Gewicht liegt zwischen 2.7 und 11 kg. Bei gehaltenen Tieren ist es bisweilen erheblich höher, aus den USA wird von 25.4 und 28.3 kg schweren Individuen berichtet. Männchen sind größer und schwerer als Weibchen. Es gibt auch saisonale Gewichtsschwankungen, je nach Region kann am Ende des Winters das Gewicht weniger als die Hälfte des Gewichts vor der Winterruhe betragen. Ferner spielt die Bergmannsche Regel: Tiere aus dem Norden des Artareals sind größer und schwerer also solche aus dem Süden [1; 12; 19].

Waschbären haben einen gedrungenen Körper, einen  breiten Kopf mit kurzer Schnauze, mittelgroßen, abgerundeten Ohren, einem schwarzen Nasenspiegel und einer breiten schwarzen Maske quer über die Augen im ansonsten hellen Gesicht. Das Gebiss besteht aus 40 Zähnen. Der Schwanz ist buschig mit 5-10 schwarzen Ringen und einer schwarzen Spitze. Die allgemeine Fellfarbe ist sehr variabel. Tiere aus Trockengebieten sind meist heller als solche aus feuchteren Zonen. Am häufigsten sind braungraue Tiere, aber es gibt auch hellgraue, braungraue, schwarzbraune oder schwarze Individuen. Gelegentlich treten Albinos auf. Bei schwarzen Tieren sind eventuell Gesichtsmaske und Schwanzringe nicht mehr zu erkennen. Gelegentlich tritt Erythrismus auf. Bei solchen Tieren ist das Fell geblich und sind die normalerweise schwarzen Zeichnungen rostfarben. Der jährliche Fellwechsel findet im Frühling oder Frühsommer statt. Danach ist das Fell nahezu ohne Grannenhaare und auch die Unterwolle ist nur kurz. Bis zum Herbst wachsen die Grannenhaare nach und die Unterwolle wird dichter. Im November / Dezember ist das neue Fell vollständig ausgebildet. Seh-, Gehör- und Geruchssinn des Waschbären sind gut ausgebildet, wobei das Farbsehen, wie bei anderen Landraubtieren auch, kaum entwickelt, dagegen die Nachtsicht dank einem Tapetum lucidum sehr gut ist. Außerordentlich hoch entwickelt ist der Tastsinn in den Vorderpfoten [12; 19].

Verbreitung

Nord und Mittelamerika vom mittleren Kanada bis Panama. In Mittelamerika überlappt sich das Areal mit jenem des Krabbenwaschbären (Procyon cancrivorus). Auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion wurde der Waschbär aktiv eingebürgert. In West- und Mitteleuropa gehen die Bestände hauptsächlich auf aus Pelztierfarmen entwichene Tiere zurück.

Heute gibt es Waschbären in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Liechtenstein, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen, Russland, der Schweiz, Slowenien, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Weißrussland, Russland, Georgien, Aserbaidschan, Usbekistan und Japan. Vereinzelt auch in weiteren Ländern [17].

Lebensraum und Lebensweise

Der Waschbär ist an Wasser gebunden, besiedelt aber ansonsten unterschiedlichste Lebensräume von Halbwüsten über Misch- und sommergrüne Laubwälder bis zu Mangrovenwäldern, einschließlich städtisches Gebiet, wo gelegentlich sehr hohe Bestandsdichten erreicht werden. In den USA wurden in Stadtparks Dichten bis zu 333 Tieren / 100 ha errechnet. Die Tiere sind weitgehend dämmerungs- und nachtaktiv, kommen aber auch tagsüber aus ihren Verstecken, die sich in Baum- oder Erdhöhlen befinden, etwa um sich zu sonnen oder an der Meeresküste bei Ebbe der Nahrungssuche nachzugehen. Erwachsene Waschbären leben einzeln, in Mutterfamilien oder in lockeren Kleinverbänden. In kalten Regionen machen sie eine Winterruhe, deren Beginn und Dauer von den herrschenden klimatischen Verhältnissen abhängt [10; 12; 17; 19].

Waschbären sind Allesfresser, die sich vorab von Früchten, Beren, Nüssen und Wirbellosen ernähren, aber auch Fische und kleine Landwirbeltiere fangen und Aas oder Siedlungsabfälle zu sich nehmen. Zur Deckung ihre Nahrungsbedarfs benötigen sie Streifgebiete, die je nach Nahrungsangebiot 5-2'300 ha messen. Das im Zoo oft zu beobachtenden "Waschen" der Nahrung dürfte eine Leerlaufhandlung anstelle der Nahrungssuche unter natürlichen Bedingungen sein, wo die Waschären im Uferbereich von Gewässern unter Steinen und anderen Verstecken tastend nach Krebsen oder anderer Beute suchen [12; 19].

Die Ranz beginnt im Januar oder Februar und dauert bis im März. Die 3-4 (1-7) Jungen kommen 62-64 Tage nach der Paarung zur Welt. Die Jungtiere wiegen etwa 70 Gramm und haben Augen und Ohren verschlossen. Sie öffnen die Augen mit 21-24 Tagen, nehmen mit 19-25 Tagen erstmals feste Nahrung zu sich und verlassen das Nest ab dem 21.-28 Tag. Sie werden 16-18 Wochen von der Mutter gesäugt. Weibchen werden mit 12, Männchen mit 24 Monaten geschlechtsreif [16].

Gefährdung und Schutz

Der Waschbär hat eine weite Verbreitung und einen großen, zunehmenden Bestand. Er kommt in zahlreichen Schutzgebieten vor und ist ein ausgesprochener Kulturfolger, der sich an vom Menschen veränderte Umweltbedingungen leicht anpasst. Er gilt daher nach einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [17].

Der internationale Handel ist nicht unter CITES geregelt. Erwerb und Abgabe, Haltung, Zucht, Aufzucht, Transport und Freilassen von Waschbären sind nach Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 betreffend invasive Arten verboten.

Nach Anhang 1 der Jagdverordnung gilt der Waschbär in der Schweiz als nicht einheimische Art, deren Einfuhr und Haltung nebst der veterinärrechtlichen einer jagdrechtlichen Bewilligung bedarf [25].

Der Waschbär als invasiver Neubürger

In Deutschland wurden im Jahr 1934 im Forstamt Vöhl am Edersee (Hessen) zwei Waschbär-Paare angesiedelt. Trotz der Bedenken der Zoodirektoren Lutz HECK und Carl HAGENBECK wurden die Tiere unter Schutz gestellt und konnten sich in der Folge ungestört vermehren. Eine weitere, vermutlich erfolglose Aussetzung von einem männlichen und zwei weiblichen Tieren wurde 1935 in der Schorfheide (Brandenburg) vorgenommen. Farmflüchtlinge verbreiteten sich hauptsächlich ab 1945, als im Kreis Strausberg, östlich von Berlin, einige Tiere entwichen [10; 12].

Heute ist der Waschbär in Deutschland flächendeckend verbreitet mit höheren Konzentrationen in Hessen, im angrenzenden Nordrhein-Westfalen und Thüringen sowie in Brandenburg [5; 8]. In den Mischwäldern des Solling haben die Tiere regelmäßig genutzte Streifgebiete von 300-1'000 ha, die sich mehr oder weniger stark überschneiden. Gelegentlich machen die Waschbären auch größere Exkursionen. Als Schlafbäume bevorzugen sie im Solling Eichen und meiden Buchen, gerne suchen sie auch Schlupfwinkel in Steinbrüchen zum Ruhen und Schlafen auf [10]. Als Kulturfolger dringt der Waschbär ins Siedlungsgebiet ein und durchsucht im Randgebiet von Städten auch Vorgärten und Mülltonnen nach Fressbarem [9]. Im Jagdjahr 2019/20 wurden bundesweit 202'239 Waschbären erlegt, 21% mehr als im Vorjahr [21].

In Nordamerika ist der Waschbär als Überträger von Infektionserregern wie Tollwut, Staupe oder dem auch auf den Menschen übertragbaren Spulwurm Baylisascaris procyonis bekannt. Eine Untersuchung in Nordost-Deutschland  ergab, dass dort die Tiere von Füchsen mit Fuchsräude angesteckt worden waren, dass aber andere übertragbare Krankheiten eine geringe Rolle spielen. Insbesondere waren alle 240 untersuchten Tiere frei von Tollwut, Aujeszky’scher Krankheit, Spulwürmern und Trichinen [20].

In der Schweiz wurden die ersten Waschbären 1976 nördlich des Rheins im Kanton Schaffhausen nachgewiesen. Seitdem wird die Art regelmässig im Mittelland bis an den Genfersee festgestellt. Der Rhone bzw. dem Rhein folgend ist sie bis in Oberwallis und nach Graubünden vorgedrungen. Sie ist aber selten, von 1996-2016 wurden nur 21 Tiere erlegt, 2017-2020 mit 15 Stück im Jahresmittel deutlich mehr [22]. In Österreich ist der Waschbär seit 1974 heimisch, wobei die ersten Beobachtungen in den Bundesländern Vorarlberg, Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich und Wien gemacht wurden. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in Ober- und Niederösterreich, die Dichte ist aber sehr gering. Im Jagdjahr 2020/21 wurden in vier Bundesländern insgesamt nur 20 Stück erlegt [2; 23]. In Liechtenstein werden Waschbären seit 1990 sporadisch festgestellt [Liechtensteiner Volksblatt vom 14.01.2010].

Von Deutschland aus wurden in den 1960er Jahren die Niederlande und ein Jahrzehnt später Dänemark besiedelt, wo der erste Nachweis 1978 erfolgte. Auch in Belgien wanderte der Waschbär aus Deutschland ein. Das erste Exemplar wurde 1986 festgestellt [14]. In Frankreich wanderten einerseits Waschbären aus Deutschland ein, andererseits entwickelte sich aus im Jahr 1966 entwichenen oder freigesetzten Waschbären US-amerikanischer Natotruppen eine Population im Departement Aisne, die sich rasch ausbreitete [12]. In Italien wurden Waschbären erstmals 2004 in der Lombardei nachgewiesen [3].

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Der Waschbär wird zur Gewinnung seines Fells gejagt oder mit Fallen erlegt. Er ist in Amerika Gegenstand einer meist mit Hunden betriebenen Sportjagd und wird in Europa als invasive, potenziell schädliche Art verfolgt. In verschiedenen Ländern gibt oder gab es Waschbärfarmen zwecks Pelzproduktion [12; 17].

Kulturelle Bedeutung: Waschbären spielten eine Rolle in Mythologie und Erzählungen der nordamerikanischen Indianer. Sie sind Gegenstand zahlreicher Kinderbücher, Trickfilme, Videospiele etc., in denen sie in vermenschlichender Weise, wegen ihrer schwarzen Gesichtsmasken oftmals als Räuber, dargestellt werden.

Haltung

Im Zoo können Waschbären ein Alter von 17-18 Jahren erreichen [18]. Die Haltung erfolgt in Volieen oder oben offenen, durch Mauern, Glasscheiben oder Elektrozäunen begrenzten Freigehegen. In manchen Zoos (z.B. Kunsterspring, Wismar) haben Waschbärgehege dadurch eine Erweiterung erfahren, dass Brückenkonstruktionen aus dem Gehege heraus über die Köpfe der Besucher führen. Gruppenhaltung ist die Regel und ist problemlos. Vielfach werden Waschbären kastriert oder sterilisiert, bisweilen auf behördliche Anordnung, um eine Vermehrung auszuschließen. Verschiedene Zoos praktizieren Gemeinschaftshaltungen von Waschbären und Marderhunden (z.B. Bern, Grömitz, Hellenthal, Pforzheim, Solinger Vogelpark) sowie zusätzlich mit Amerikanischem Mink (Mölln), ferner mit Streifenskunks (z.B. Braunschweig, Stralsund, Antwerpen, ehemals Amsterdam) oder Braunbären (z.B. Wingst). Letztere erfordert hohe Bäume, die von den Bären nicht erklettert werden können, als Rückzugsorte für die Waschbären. Im Tierpark Berlin misslang die Vergesellschaftung mit Streifenskunks, weil die Waschbären die Skunks bissen (eventuell aus Futterneid) und diese in der Folge eingingen [BZ Berlin vom 08.09.2017]. In Hirschfeld wurden Waschbären mit Ursons, in Hellabrunn mit Nutrias und im Brookfield Zoo Chicago mit Waldmurmeltieren vergesellschaftet. Im Henry Doorly Zoo and Aquarium in Omaha werden Waschbären sogar gemeinsam Schnappschildkröten, Geierschildkröten, Spitzkrokodilen, Mississippi-Alligatoren und Knochenhechten gehalten. Es gibt zahlreiche weitere Kombinationen, von denen aber viele zoopädagogisch keinen Sinn machen [24].

Haltung in europäischen Zoos: Die ersten Waschbären in einem mitteleuropäischen Zoo erhielt der Zoologische Garten Berlin im Jahr 1847. Gegenwärtig (2023) sind sie in gegen 540 Zoos anzutreffen, von denen sich etwa 205 im deutschsprachigen Raum befinden. 2018 waren es 450 Zoos gewesen, wovon 200 im deutschsprachigen Raum. Die Invasiv-Verordnung der EU hat also nicht zu einer Abnahme geführt. Für Details siehe Zootierliste.

Der Waschbär ist auf der 2016 veröffentlichten Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung aufgeführt und darf, wenn es nach der EU-Kommission geht, in Zukunft nicht mehr gehalten werden.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll ein Außengehege für ein Paar mindestens eine Fläche von 30 m² aufweisen. Für jedes weitere Tier kommen 2 m² zur Basisfläche dazu.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tiere ein Außengehege mit einer Grundfläche von 20 m² vor, für jedes weitere kommen 4 m² dazu.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für 1-2 Tiere ein Außengehege von 40 m² erforderlich, für jedes weitere 4 m² zusätzlich.

Taxonomie und Nomenklatur

In Europa wurde der Waschbär durch einen Bericht über die Tierwelt Virginias des englischen Kapitäns John SMITH aus dem Jahr 1612 bekannt. 1759 wurde er von Carl von LINNÉ unter der Bezeichnung "Ursus lotor" wissenschaftlich benannt. 1780 stellte ihn der Tübinger Professor Gottlieb Conrad Christian STORR in die neue Gattung Procyon. Im Laufe der Zeit wurden über 50 Unterarten beschrieben, von denen heute noch 20 anerkannt sind. Dieser Rückgang ist teilweise darauf zurückzuführen, dass bei manchen karibischen Populationen erkannt wurde, dass sie erst vor wenigen Jahrhunderten vom Menschen eingeführt wurden. Eine Überprüfung mit molekulargenetischen Methoden dürfte zu einer weiteren Reduktion der anerkannten Unterarten führen. Die kleinen Waschbären der Insel Cozumel vor Yucatan gelten unter der Bezeichnung Procyon pygmaeus MERRIAM, 1901, als eigene Art [12; 17; 19].

Literatur und Internetquellen

  1. ALLEN, T. B. (1979)
  2. AUBRECHT, G. (1985)
  3. CANOVA, L. & ROSSI, S. (2008)
  4. DAISIE
  5. DIE WASCHBÄREN KOMMEN
  6. DIETERMANN, A. (1996)
  7. FELLENDORF, S. (2012)
  8. GORETZKI J., SPARING, H., SUTOR, A. (2009)
  9. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)  
  10. HOHMANN, U. (2000)
  11. HOHMANN, U. (2005)
  12. LAGONI-HANSEN, A. (1981)
  13. LÉGER, F. & RUETTE, S. (2014)
  14. LIBOIS, R. M. (1987)
  15. NEHRING, S. & SKOWRONEK, S. (2017)
  16. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  17. TIMM, R. et al. (2016). Procyon lotor. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T41686A45216638. http://www.iucnredlist.org/details/41686/0. Downloaded on 21 June 2018.
  18. WEIGL, R. (2005)
  19. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  20. RENTERÍA-SOLÍS, Z. (2015)
  21. DEUTSCHER JAGDVERBAND
  22. EIDG.JAGDSTATISTIK
  23. STATISTIK AUSTRIA
  24. SVÁBIK, K. (rev. 2020a)
  25. VERORDNUNG ÜBER DIE JAGD UND DEN SCHUTZ WILDLEBENDER SÄUGETIERE UND VÖGEL (JAGDVERORDNUNG, JSV) (Schweiz) vom 29. Februar 1988

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Montag, 23 Oktober 2017 12:34

Kleiner Panda

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Katzenbären (Ailuridae)

D EN 650

EEPKleiner Panda

Ailurus fulgens • The Red, or Lesser, Panda • Le petit panda

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Kleiner Panda (Ailurus f. fulgens) im Zoo Karlsruhe © Clemens Becker, Zoo Karlsruhe

 

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Approximative Verbreitung des Kleinen Pandas (Ailurus fulgens)

 

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Kleiner Panda (Ailurus f. fulgens) im Zoo Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kleiner Panda (Ailurus f. fulgens) mit Jungtier im Zoo Leipzig © Zoo Leipzig (Pressefoto)

 

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Kleiner Panda (Ailurus f. fulgens) im Tiergarten Schönbrunn © Daniel Zupanc / Tiergarten Schönbrunn (Pressefoto)

 

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Kleine Panda-Welpen (Ailurus f. fulgens) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Kleiner Panda (Ailurus f. fulgens) im ErlebnisZoo Hannover © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kleiner Panda (Ailurus fulgens) im Parc animalier de Branféré, Le Guerno © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kleiner Panda (Ailurus f. fulgens) im Opel-Zoo, Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Kleiner Panda (Ailurus f.fulgens) im Zoo des Minières, Doué-la-Fontaine © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kleiner Panda (Ailurus fulgens) im Tierpark Kleve © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Östlicher Kleiner Panda (Ailurus fulgens styani) im Zoo Melaka, Malaysia © Peter Dollibger, Zoo Office Bern

 

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Östlicher Kleiner Panda (Ailurus fulgens styani) im Zoo Melaka, Maaysia © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Östlicher Kleiner Panda (Ailurus fulgens styani) im Zoo Duisburg © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Östlicher Kleiner Panda (Ailurus fulgens styani) im Tama-Zoo, Tokyo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Westlicher Kleiner Panda (Ailurus f. fulgens) im Zoo d'Amnéville © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Anlage für Kleine Pandas (Ailurus f. fulgens) im Zoo Leipzig © Zoo Leipzig (Pressefoto)

 

Briefmarke DDR ailurus TPBerlin
Kleiner Panda (Ailurus fulgens) auf Briefmarke, DDR, 10 Pf.

 

Weitere Bilder bei BioLib

Der Kleine oder Rote Panda ist eine stark gefährdete, attraktive Tierarrt, die aufgrund ihrer systematischen Stellung, ihres Lebenweise und ihres Körperbaus auch zoopädagogisch interessant ist. Gefördert durch ein internationales Zuchtbuch und regionale Zuchtprogramme hat der Zoobestand über die Jahre deutlich zugenommen.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Kleine Panda erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 51-73 und eine Schwanzlänge von 28-49 cm. Das Gewicht beträgt 4.5-5.5 (3-6) kg. Der Kopf ist außergewöhnlich rund, mit kurzer, spitzer Schnauze, mittelgroßen, zugespitzten Ohren, kleinen Augen mit brauner Iris und schwarzem Nasenspiegel. Das Gebiss umfasst 38 Zähne. Die Beine sind kurz und stämmig, die Zehen mit scharfen, teilweise rückziehbaren Krallen versehen und die Hand- und Fußsohlen wollig behaart. Die Weibchen haben vier Paar Zitzen. Das Fell ist lang und weich mit sehr dichter Unterwolle. Das Gesicht ist weiß, beidseits mit einem dunkeln  Fleck, der vom Auge nach unten zieht. Der obere Teil des Kopfes ist meist deutlich heller rot als der Körper, die Vorderseite der Ohren ist weiß. Die Körperoberseite ist rostrot bis kastanienbraun, die Hinterseite der Ohren, die Hals- und Körperunterseite und die Extremitäten sind schwarz. Der Schwanz ist lang und buschig mit dunkeln Ringen und dunkler bis schwarzer Spitze. Jungtiere sind anfänglich oberseits blass rostrot, unterseits hell graubraun gefärbt. Die östliche Unterart ist etwas größer, schwerer (6.5-7.5 kg) und dunkler gefärbt als die westliche [4; 7; 10; 12].

Verbreitung

Süd- und Südostasien: Bhutan, China, Indien, Laos, Myanmar und Nepal im Himalaya und den östlich anschließenden Gebirgen [3].

Lebensraum und Lebensweise

Der Kleine Panda ist gut an eine kühle und feuchte Umgebung angepasst. Er lebt in Mischwäldern der Hügel- und subalpinen Zone mit dichtem Bambus-Unterwuchs in Höhenlagen von 1'500-4'800 m. Im Sommer kann er bis zur Schneegrenze auf 5'000 m hinaufsteigen. Die Tiere leben einzeln oder als Mutterfamilien. Sie sind überwiegend nachaktiv, ruhen und schlafen auf Bäumen auf Astgabeln oder in Baumhöhlen und kommen zur Nahrungssuche herunter [4; 10; 12].

Die Nahrung besteht zu 80-90% aus Pflanzenmaterial, hauptsächlich Bambusblättern, aber auch Schösslingen, Gräsern, Früchten, Beeren, Blüten, Wurzeln und Flechten, je nach Verfügbarkeit. In geringem Umfang werden auch Wirbellose, Kleinnager, Jungvögel und Vogeleier gefressen. Zur Deckung ihres Nahrungsbedarfs benötigen die Tiere Streifgebiete, die meist in der Größenordnung von 1 km² liegen und innerhalb derer sie täglich Strecken von etwa 200-500 m zurücklegen. Anscheinend verhalten sich vor allem männliche Tiere territorial [4; 10; 12].

Die Ranz beginnt im Januar und dauert bis im März. Die meist 2 (1-4) Jungen kommen 114-145 (90-158) Tage nach der Paarung in einer von der Mutter ausgepolsterten Baumhöhle oder Felsspalte zur Welt. Die unterschiedlich langen Tragzeiten dürften durch eine individuell variable Keimruhe bedingt sein. Die Jungtiere wiegen etwa 110-200 Gramm und haben Augen und Ohren verschlossen. Ihre Entwicklung verläuft langsam. Sie öffnen die Augen mit etwa 18 Tagen, sind aber erst mit rund 40 Tagen voll sehtüchtig. Die Zähne beginnen ab dem 23.-25. Tag durchzubrechen. Mit 65-90 Tagen wird die Wurfhöhle erstmals verlassen. Feste Nahrung wird ab 115-130 Tagen aufgenommen. Die Jungen werden wahrscheinlich etwa 5 Monate lang gesäugt [4; 7; 10; 12].

Fressfeindes sind in erster Linie der Schneeleopard (Uncia uncia) und der Buntmarder (Martes flavigula)

Gefährdung und Schutz

Der Kleine Panda leidet hauptsächlich unter Lebensraumverlust und gebietsweise unter Wilderei. In Sikkim trägt das Wachstum des Tourismus zum Rückgang der Pandas bei, dies wegen des Straßenbaus und erhöhten Bedarfs an Feuerholz.  Er galt daher als gefährdet. Da sein Bestand innerhalb der letzten 18 Jahre um mehr als die Hälfte abgenommen hat, wurde er 2015 als stark gefährdet eingestuft (Rote Liste: ENDANGERED). Bestandesschätzungen sind schwierig. Die Gesamtpopulation dürfte irgendwo zwischen 8'000 und 15'000 Individuen liegen [3]

Der internationale Handel wird nach CITES-Anhang I eingeschränkt.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) und manche seiner Mitgliedzoos unterstützten längerfristig ein Projekt des WWF das sich seit 1999 für den überregionalen Schutz des Kleinen Pandas in der östlichen Himalayaregion in Nepal und Bhutan einsetzt. 2005 wurde dieses Engagement auch auf den indischen Bundesstaat Sikkim, der zwischen Nepal und Bhutan liegt, ausgeweitet [14]. mehr...  

  • Zahlreiche Zoos, darunter der Naturschutz-Tierpark Görlitz, der ErlebnisZoo Hannover und der Zoo Leipzig fördern regelmäßig die Schutzbemühungen des Red Panda Networks für den Roten Panda in Nepal. Aufklärungs- und Bildungsarbeit, die Ausbildung von lokalen Rangern zum Schutz der Roten Pandas, Erforschung des Lebensraums sowie genetische Untersuchungen sollen den Roten Panda in West-Nepal nachhaltig erhalten. mehr ...

  • Seit 2013 gibt es einen Global Species Management Plan, dessen Feldarbeit von rund 50 europäischen Zoos unterstützt wird.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: In Bhutan und Nepal werden die Kleinen Pandas gejagt, weil ihr weicher Pelz gelegentlich zu Mützen verarbeitet wird. In China, wo der Kleine Panda "Hun Ho", zu Deutsch "Feuerfuchs", genannt wird, ist der Jagddruck relativ hoch. Die Chinesen verwenden den Schwanz und die Schwanzhaare für Staubwedel und Pinsel. Gebietsweise wird das Fleisch gegessen oder Körperteile werden in der traditionellen Volksmedizin verwendet. Der illegale Fang für den lokalen oder nationalen Heimtiermarkt scheint zuzunehmen [3].

Der legale internationale Handel mit der Natur entnommenen Exemplaren ist unbedeutend. Von 2001-2017 wurden lediglich aus China vier lebende und ein totes Tier registriert. Im selben Zeitraum wurden weltweit 156 Nachzuchttiere international verschoben. Wichtigste Ausfuhrländer waren Japan mit 34, Kanada mit 22, Neuseeland mit 18 und Südafrika mit 10 Tieren [1].

Haltung im Zoo

Seit 1979 gibr es ein Internationales Zuchtbuch, das am Blijdorp-Zoo in Rotterdam geführt wird, und in dem im März 2017 insgesamt 1010 lebende Tiere in 349 Institutionen registriert waren. Davon waren etwa zwei Drittel Westliche und ein Drittel Östliche Kleine Pandas [IZY 52].

Im Zoo können kleine Pandas ein Alter von über 19 Jahren erreichen [11]. Kleine Pandas werden gelegentlich mit Chinesischen Muntjaks vergesellschaftet. Es ist aber schon vorgekommen, dass sie einen jungen Muntjak getötet und gefressen haben.

Obwohl Kleine Pandas Einzelgänger sind, ist eine gemeinsame Haltung von Paaren, ev.zeitweilig Trios, oder von gemeinsam aufgezogenen Geschwistern möglich. Allerdings kann es bei sozial unterlegenen Weibchen zu verminderter Fruchtbarkeit oder zu zeitweiligem stellenweisem Haarverlust kommen. Für eine optimale Haltung sollten Gehege mindestens 80 m² gross und teilweise mit Gräsern bepflanzt sein. Sie sollten geeignete Kletterstrukturen und mehr Schlafboxen aufweisen, als sich Tiere im Gehege befinden. Sie sollten schattig sein, damit die Umgebungstemperatur möglichst nicht über 24ºC steigt. In warmen Klimazonen werden kühle Schlafboxen, gekühlte Innengehege oder Benebelungsanlagen empfohlen. Werden mehrere Paare gehalten, sollten die Gehege etwas voneinander entfernt und durch Sichtbarrieren getrennt sein, Nach Möglichkeit sollten die Tiere täglich 200 g frischen Bambus erhalten [7; 10; 13].

Haltung in europäischen Zoos:
Die Art wird in rund 190 Zoos gehalten, von denen sich etwa ein Fünftel im deutschsprachigen Raum befinden. Es handelt sich durchwegs um Westliche Kleine Pandas, die Haltung der östlichen Unterart, die nur in wenigen Zoos, z.B. Duisburg, zu sehen war, ist in Europa 2010 augelaufen Für Details siehe Zootierliste.

Seit 1985 gibt es ein Europäisches Zuchtbuch (ESP), das am Zoo Rotterdam geführt wurde und 2003 in ein Erhaltungszuchtprogramm (EEP) überführt wurde. 2013 hat die Beratergruppe für kleine Fleischfresser der EAZA Haltungsempfehlungen herausgegeben, die 2015 überarbeitet wurden. Der florierende Bestand besteht zu 100% aus Nachzuchten, die auf 28 Gründertiere zurückgehen. Mittlerweile besteht die Tendenz, die Nachzucht zu drosseln [10; 15].

Wie Kleine Pandas gehalten werden (Beispiele):

Forschung im Zoo: Der Kleine Panda ist immer wieder Gegenstand von tiermedizinischen oder ethologischen Forschungsarbeiten, die entweder unser Grundlagenwissen erweitern oder darauf abzielen, die Haltungsbedingungen zu optimieren [2; 5; 6; 8; 13].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll ein Außengehege für ein Paar mindestens eine Fläche von 30 m² aufweisen. Für jedes weitere Tier oder Paar ist ein zusätzliches Gehege bereit zu stellen.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tiere ein Außengehege mit einer Grundfläche von 20 m² vor, für jedes weitere Adulttier kommen 4 m² dazu. Weshalb für diese winterharte Art zusätzlich ein Innengehege von 16 m² vorgeschrieben ist, ist nicht nachzuvollziehen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs< (Stand 2023) ist für 1-2 Tiere ein Außengehege von 40 m² erforderlich, für jedes weitere 4 m² zusätzlich. Die Tiere dürfen ganzjährig im Freien gehalten werden, wenn ein entsprechender Wetterschutz geboten wird.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Kleine Panda wurde 1823 vom französischen Naturforscher und Direktor der Ménagerie von Paris, Georges CUVIER, unter seinem heute noch gültigen Namen beschrieben. Der eigentliche „Entdecker“ für die Wissenschaft war aber der englische General Thomas HARDWICKE, der schon 1821 in Darjeeling das Manuskript zu seinem Artikel Description of a new genus of the class Mammalia, from the Himalaya chain of hills between Nepal and the Snowy Mountains schrieb, diesen aber erst 1827, also vier Jahre nach Cuvier publizierte [14].

Zur Gattung Ailurus gehört  nur eine Art, von der zwei Unterarten anerkannt werden:

  • Westlicher Kleiner Panda (Ailurus fulgens fulgens)
  • Östlicher Kleiner Panda (Ailurus fulgens styani)

Die "Splitter" unter den Taxonomen wollen diese als selbständige Art behandelt haben, was sich aber nicht durchgesetzt hat. Zeitweilig wurden Riesen- und Kleiner Panda zu Familie Ailuridae zusammengefasst, oder diese wurden als Unterfamilie der Kleinbären angesehen. Heute wird der Riesenpanda den Großbären zugeordnet, und der verbleibende Kleine Panda wird als einziger Vertreter der Familie der Katzenbären angesehen [3; 12; 14].

Literatur und Internetquellen

  1. CITES TRADE DATA BASE
  2. DIETERMANN, A. (1996)  
  3. GLATSTON, A. et al. (2015). Ailurus fulgens (errata version published in 2017). The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T714A110023718. http://www.iucnredlist.org/details/714/0. Downloaded on 21 June 2018.
  4. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  5. HUFSCHMIDT, C. (2011) 
  6. KELLER, R. (1977)
  7. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  8. REISER, N. (2013)
  9. SICKS, F. (2012)
  10. WEERMAN, J. (2015)
  11. WEIGL, R. (2005)
  12. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  13. ZIDAR, J. (2008)
  14. ZIEGLER, S., GEBAUER, A., MELISCH, R., SHARMA, B.K., GHOSE, P.S., CHAKRABORTY, R. et al. (2010)
  15. EAZA (2022). Long-term Management Plkan for the Red Panda.

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Montag, 23 Oktober 2017 12:34

Eisbär

Überordnung: LAURASIATHERIA<
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Bären (Ursidae)
Unterfamilie: Eigentliche Bären (Ursinae)

D VU 650

Video Zoo Tallin  |  Video Tierpark Hellabrunn  | Video Zoo am Meer Bremerhaven

EEPEisbär

Ursus maritimus • The Polar Bear • L'ours polaire

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Eisbären (Ursus maritimus) im Schnee im Tiergarten Schönbrunn @ Daniel Zupanc / TG Schönbrunn

 

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Approximative Verbreitung des Eisbären (Ursus maritimus)

 

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Eisbärin (Ursus maritimus) mit Jungtier in der ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen @ ZOOm Gelsenkirchen

 

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Eisbärenmann (Ursus maritimus) in Kolmårdens Djurpark @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Eisbär (Ursus maritimus) im Zoo du Tertre Rouge, La Flèche @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Eisbärin "Giovanna" (Ursus maritimus) mit Jungtier im Tierpark Hellabrunn @ Marc Müller / Tierpark Hellabrunn

 

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Wanderroute der vom Tiergarten Schönbrunn gesponsorten, von einem Jährling begleiteten Eisbärin "4Ocean". Stand August 2018. Quelle: https://polarbearsinternational.org/polar-bears/tracking/

 

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Junger Eisbär (Ursus maritimus) im Tierpark Berlin @ TP Berlin

 

112 002 006 003 ursus maritimus rostock zoorostock
Eisbärenzwillinge sind immer beschäftigt © Zoo Rostock

 

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Eisbärjungtier (Ursus maritimus) "Fiete" im Zoo Rostock © Zoo Rostock

 

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Eisbärjungtier (Ursus maritimus) "Fritz" mit Mutter im Tierpark Berlin © Tierpark Berlin (Pressefoto)

 

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Eisbärin (Ursus maritimus) "Tonja" mit vier Monate altem Jungtier "Hertha" im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Eisbär (Ursus maritimus) mit Hautveränderungen, 1996 im Ueno Zoo, Tokyo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nur einer von drei Eisbären (Ursus maritimus) des Ueno Zoos zeigte Hautveränderungen. 2011 wurde die 1928 erbaute Anlage durch eine dreimal größere ersetzt und der Bestand auf 1.1 reduziert. Diese sind gut im Fell © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Eisbären (Ursus maritimus) im ErlebnisZoo Hannover © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Tauchender Eisbär Ursus maritimus) im Maryland Zoo, Baltimore © Maryland Zoo

 

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Tauchender Eisbär Ursus maritimus) im Zoo am Meer, Bremerhaven, fängt unter Wasser (toten) Fisch © Zoo am Meer

 

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Eisbärmutter (Ursus maritimus) mit Jungtieren im Tiergarten Nürnberg @ Tiergarten Nürnberg

 

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Eisbären (Ursus maritimus) "Flocke" und "Rasputin" schmusen im Marineland Antibes © Tiergarten Nürnberg

 

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Eisbären (Ursus maritimus) im Schnee, Tiergarten Nürnberg © Helmut Mägdefrau, Nürnberg

 

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Eisbär auf der neuen Anlage im Tierpark Hellabrunn © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Eisbärin (Ursus maritimus) mit Jungtier im Kölner Zoo (1971) @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Eisbären (Ursus maritimus) in Gruppenhaltung im Kölner Zoo (1984) @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Eisbär (Ursus maritimus) in Großgehege mit elektrifiziertem Außenzaun im Safari de Peaugres @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Schönbrunner Eisbären (Ursus maritimus) spielen im Schnee © Tiergarten Schönbrunn / Josef Gelernter

 

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3 Monate alter Eisbär (Ursus maritimus) im Februar 2020 im Tiergarten Schönbrunn © Daniel Zupanc, Tiergarten Schönbrunn

 

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3 Monate alter Eisbär (Ursus maritimus) im Februar 2020 im Tiergarten Schönbrunn © Daniel Zupanc, Tiergarten Schönbrunn

 

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Eisbären (Ursus maritimus) spielen im Wasser im Tierpark Berlin @ Tierpark Berlin

 

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Briefmarke mit Eisbärenmotiv, Polen, 1.00 zl., Zoo Warschau 19878

 

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Eisbär Knut als Naturschutzbotschafter auf Briefmarke BR Deutschland, Sondermarke, 55+25 cts., 2008

 

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Tanzender Eisbär (Ursus maritimus) aus grünem Serpentin im Océanopolis Brest. Künstler: Noah Kelly Nunavut @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Der Eisbär gehört mit zu den populärsten Zootieren und gleichzeitig zu jenen Arten, der Haltung von Tierrechtlern und manchen Tierschützern am stärksten bekämpft wird. Er ist ein ausgezeichneter Botschafter für den Klimaschutz. Heue wird er sehr viel seltener gehalten als früher, im Gegenzug wurden das Platzangebot und die Haltungsbedingungen in den meisten verbleibenden Haltungen massiv verbessert.

Körperbau und Körperfunktionen

Männliche Eisbären erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 240-250(-302) cm und ein Gewicht von 300-400(-800) kg, weibliche werden 160-210 cm lang und 180-250(-500) kg schwer. Der Schwanz ist 7-12 cm, mit Endhaaren bis 22 cm lang. Der Kopf ist schmal und länglich, die Ohren sind kurz und rund, der Hals ist länger als bei anderen Bären, der Körper lang mit tiefer Schulter- und stark entwickelter Hinterpartie. Das Fell ist weiß bis gelblich- oder gräulich-weiß, die Haut dunkel, Nasenspiegel und Lippen sind schwarz. Der Pelz ist dicht und wasserundurchlässig, die Haare sind hohl, was ihre Isolationsfähigkeit erhöht. Die dichte Unterwolle ist ebenfalls weiß bis gelblich. Das Unterhaut-Fettgewebe ist stark entwickelt und die Fußsohlen sind weitgehend dicht mit Haaren besetzt. Die Zehen sind zur Hälfte durch Spannhäute verbunden, die Krallen sind schwarz, dunkelbraun oder grau, vorne 25-58 mm, hinten 24-42 mm lang [2; 8; 22].

Verbreitung

Nordpolargebiet: Alaska, Kanada, Grönland, Norwegen mit Svalbard und Jan Mayen, Russland, gelegentlich Island [2].

Lebensraum und Lebensweise

Die Küsten, die angrenzenden Landpartien, die Packeiszone sowie Treibeisfelder bilden den hauptsächlichen Lebensraum des Eisbären, der auf Nahrungssuche aber auch weiter ins Inland gehen und dabei in Siedlungen eindringen kann. Eisbären leben einzeln oder in Mutterfamilien. Bei größeren Kadavern, etwa von Walen, oder auf Abfallhalden können sich auch mehrere Tiere zusammenfinden. Sie sind langsame, aber ausdauernde Schwimmer und legen an Land weite Strecken zurück. Sie ernähren sich hauptsächlich von Robben, Aas, Siedlungsabfällen, im Sommer auch von Gras, Kräutern und Beeren. Wichtigste Beutetiere sind Ringelrobben (Pusa hispida), Bartrobben (Erignathus barbatus) und Sattelrobben (Pagophilus groenlandicus), gelegentlich werden auch Walrosse (Odobenus rosmarus), Belugas (Delphinapterus leucas) und Rentiere (Rangifer tarandus) geschlagen oder Fische und Vögel gefangen [8; 22].

Weibliche Eisbären werden mit 4-5 Jahren geschlechtsreif, männliche mit 6 Jahren. Die Paarungszeit fällt auf Ende März bis anfangs Juni. Durch die Paarung kommt es zum Eisprung. Die gesamte Trächtigkeit, einschließlich Keimruhe, dauert 195-265 Tage. Im Spätherbst, wenn die Embryonalentwicklung begonnen hat, begeben sich die trächtigen Weibchen in eine Wurfhöhle, wo sie Winterruhe halten, und wo meist im späten Dezember oder frühen Januar die etwa 600 (400-840) g schweren Jungtiere geboren werden. Meistens sind es Zwillinge, von denen aber häufig nur einer überlebt. Dank der mit einem Fettanteil von 36% sehr nahrhaften Muttermilch wachsen die Welpen sehr rasch und haben, wenn sie im März/April erstmals aus dem Bau kommen, ein Gewicht von 10-12 kg. Die Jungen bleiben während 2-2.5 Jahren bei der Mutter. Nichtträchtige Eisbärinnen und männliche Tiere bauen zwar auch Höhlen, in die sie sich zum Schlafen oder bei extrem ungünstigem Wetter zurückziehen, machen aber keine Winterruhe durch [8; 9; 21].

Gefährdung und Schutz

Der Eisbär hat einen Weltbestand von 20-25 Tieren, die sich auf 19 Populationen verteilen. Seit 1982 gilt er als gefährdete Tierart (Rote Liste: VULNERABLE). Der Klimawandel wird der Art zunehmend zu schaffen machen [21].

Der internationale Handel ist nach CITES Anhang II geregelt. Die Art ist eine streng geschützte Tierart nach Anhang II des Berner Übereinkommens und fällt unter Anhang II des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele): 

  • Seit längerer Zeit unterstützen der ErlebnisZoo Hannover und die Zoostiftung Region Hannover (seit 2008), der Tierpark Hellabrunn, der Tiergarten Schönbrunn (seit 2014) und der Zoo Rostock (seit 2017), nebst zahlreichen weiteren, hauptsächlich nordamerikanischen Zoos, ein Projekt der Naturschutzorganisation Polar Bears International zur Erforschung der Wanderungen der Eisbären in der Beaufortsee, bei dem wild lebende Eisbärinnen mit Peilsendern ausgestattet werden. Hannover und München haben die Patenschaft für je einen, Wien für zwei Eisbärinnen übernommen, die 2018 insgesamt 5 Junge und einen Jährling führten. Mit Hilfe des Senders können die Routen der Bärinnen per Satellit verfolgt werden, um so heraus zu finden, in welchen Regionen sie  bevorzugt leben und wo sie ihre Jungen aufziehen. Auf der Basis dieser gesammelten Daten sollen dann geeignete Schutzzonen errichtet werden. Die Wanderwege der Bären können online verfolgt werden auf https://polarbearsinternational.org/polar-bears/tracking/.

  • Zoo und Tierpark Berlin unterstützen ein Projekt von Polar Bears International, bei dem mittels modernster Kameratechnik die Aufzucht der Jungbären in den Geburtshöhlen ungestört beobachten werden mit dem Ziel, dass langfristige Schutzzonen eingerichtet werden, in denen die Tiere genug Nahrung finden und Nachwuchs ungestört großziehen können.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: In Grönland, Kanada und den USA dürfen Eisbären durch die Lokalbevölkerung unter einem Quotensystem gejagt werden. In Kanada ist auch die Sportjagd erlaubt, sofern der Jäger von einem Inuit begleitet wird. Jährlich werden weltweit etwa 700-800 Tiere erlegt. Kanada ist das wichtigste Ausfuhrland für Teile und Erzeugnisse von Eisbären. Im Zeitraum 2001-2016 wurden pro Jahr u.a. 70-712 Felle, 30-122 Schädel und bis 2689 Zähne exportiert. Im selben Zeitraum exportierten Kanada 4 und Russland 43 lebende Wildfänge, und es wurde weltweit die Ausfuhr von 88 Nachzuchttieren registriert [3; 21].

Kulturelle Bedeutung: Eisbären sind Gegenstand von Märchen und Legenden der Polarvölker. Eisbärenteile werden von ihnen kunstgewerblich verarbeitet und der Eisbär dient als Motiv für Stein- und Knochenskulpturen oder Ritzzeichnungen.

Gesundheitliche Probleme: Eisbärenfleisch enthält oft Trichinen, die auch durch Tiefkühlung nicht abgetötet werden, und Eisbärenleber ist außerordentlich reich an Vitamin A. Der Genuss von Leber oder nicht vollständig durchgegartem Fleisch kann für den Menschen tödlich sein [1; 9].

Haltung im Zoo

Die Haltung von Eisbären im Zoo steht unter permanenter Kritik von Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen. Historisch gesehen war diese Kritik berechtigt, denn bis vor nicht allzu langer Zeit wurden Eisbären unter beengten Verhältnissen in reizarmen "Betonarien" und, was besonders problematisch war, gruppenweise gehalten. Die Tiere zeigten daher nicht nur Verhaltensauffälligkeiten, sondern auch Haut- und Fellschäden, die sich als eitrige Hautentzündungen oder mehr oder weniger ausgedehnter Haarlosigkeit (Alopezie) äußerten. Meistens konnten in Hautproben Milben oder Hautpilze nachgewiesen werden, die als Ursache angesehen und, in der Regel erfolglos, bekämpft wurden. Denn die wahre Ursache lag, wie 1996 veröffentlichte Abklärungen in den Zoos von Basel und Zürich ergaben, im Überbesatz der Anlagen, der zu sozialem Stress und in der Folge zu den Hautveränderungen führte. Diese betrafen meistens nur ein Tier in der Gruppe. Im Zoo Basel, dessen Anlage einen Landteil von 230 m² aufwiesen, traten die Symptome auf, wenn mehr als 1.2, im Zoo Zürich mit einem Landteil von 100 m² sobald mehr als 1.1 Tiere gehalten wurden [6]. Nachdem dies erkannt war, wurden die Gruppengrößen in den meisten Zoos angepasst, und heute sind in europäischen Zoos kaum noch nackte Eisbären anzutreffen.

Die Anzahl der in den Zoos weltweit gehaltenen Eisbären ist in den vergangenen Jahren und vor allem seit 1995 deutlich gesunken. 1980 lebten weltweit 633 Eisbären in 199 Zoologischen Gärten, davon etwa 300 in Europa. Ende 2012 waren es 330 Eisbären in 133 Zoos. 36 dieser Bären lebten in Zoos im deutschsprachigen Raum, davon waren 35 Zoonachzuchten und der einzige Wildfang war ein ehemaliges Zirkustier. Die Bestandsabnahme ist dadurch bedingt, dass die Zoos die Zahl der gezeigten Bärenarten allgemein stark reduziert haben, dass die Gruppengrößen verkleinert und dass inadäquate Haltungen aufgegeben wurden. Andererseits entstanden eine Reihe neuer Anlagen, die der Biologie des Eisbären besser gerecht werden [11; 12; 24 u.a.].

Von 1980 bis 2008 wurden 36 junge Eisbären, die von der Mutter nicht angenommen wurden, erfolgreich von Hand aufgezogen In jüngster Vergangenheit geriet der Eisbär durch die künstlich aufgezogenen Jungtiere „Knut und „Flocke“ in den Brennpunkt des Interesses.

Am 5. Dezember 2006 kamen im Zoo Berlin Eisbärzwillinge zur Welt. Die 1986 geborene, in der Aufzucht unerfahrene Mutter "Tosca" trug ihre Jungtiere aus der Wurfbox in den Außenbereich des Hofstalles und liess sie nach einiger Zeit auf dem kühlen Boden zurück. In der Folge entschloss man sich zur Handaufzucht. Ein Jungtier starb bald, das überlebende wurde als „Knut“ weltberühmt.

Etwas anders war die Situation im Tiergarten Nürnberg: Hier kümmerte sich die erstgebärende Mutter "Vera" zunächst vorbildlich um ihr im Dezember 2007 geborenes Kleines. Sie verließ zwar regelmäßig die Wurfhöhle, um sich zu sonnen, war aber immer zur Stelle, wenn sich der Nachwuchs bemerkbar machte. Bis zum 8. Januar 2008: Da trug sie plötzlich ihr Junges aus der Höhle, lief nervös durchs Gehege und ließ das Kleine dabei immer wieder fallen. Obwohl der Tiergarten die Besucherplattform des Aqua Parks hatte weiträumig sperren lassen, schien die Bärin ihre Wurfhöhle nicht mehr als sicher zu erachten und irrte auf der Suche nach einem Ersatzplatz durchs Gehege. Da tags zuvor die zweite Eisbärin Vilma ihre beiden Jungen gefressen hatte, entschieden die Verantwortlichen sich schweren Herzens noch am 8. Januar 2008 dafür, das Eisbärjunge „Flocke“ von Mutter "Vera" zu trennen und mit der Hand von Pflegern aufziehen zu lassen.

Laut einer Tierrechtsorganisation, die aus weltanschaulichen Gründen die Haltung von Eisbären im Zoo bekämpft, sollen 61 Prozent der deutschen Eisbär-Jungen bereits unter 12 Monaten gestorben und soll die Lebenserwartung im Zoo allgemein tief sein, indem 75 Prozent der Eisbären noch vor ihrem 15. Geburtstag sterben. Tatsache ist allerdings, dass nach Internationalem Eisbären-Zuchtbuch die Aufzuchtrate der im Zoo geborenen Eisbären von 2000-2008 bei rund 50 % lag. Andererseits haben Untersuchungen an freilebenden Eisbären in der Hudson Bay ergeben, dass von 200 Jungtieren, die im Frühjahr den Bau verlassen hatten, 56 % bis im Herbst starben (wie viele bereits im Bau gestorben waren ist nicht bekannt). Vom ersten bis zum zweiten Herbst starben von den Überlebenden nochmals 65 % [4], das heißt die Sterblichkeit betrug hier schon in den beiden ersten Lebensjahren über 85 %. Im Winter 2013/14 wurden gab es in europäischen Zoos sechs Würfe, drei in Russland, die als Einlingsgeburten vermeldet wurden, und drei in VdZ-Zoos. Da in den VdZ-Zoos die Wurfboxen video-überwacht sind, konnte man feststellen, dass in allen drei Fällen Zwillinge geboren worden waren. In zwei Fällen wurde aber ein Jungtier tot geboren oder starb am ersten Lebenstag, was in der Wildbahn unentdeckt bliebe. Die anderen vier Jungen wurden problemlos aufgezogen, ebenso die drei in Russland.

Während des Neubaus seiner Eisbärenanlage stellte der Zoo Karlsruhe seine vier Eisbären im Tiergarten Nürnberg ein, wo sie durch Aufbrechen von Vorhängeschlössern von selbsternannten Tierschützern "befreit" wurden und in der Folge erschossen werden mussten [27].

Eisbären können im Zoo ein Alter von über 43 Jahren erreichen [20]. 21 in den Jahren 2015-2021 in amerikanischen Zoos gestorbene erwachsene Eisbären erreichten ein Durchschnittsalter von 26.5 Jahren, wobei vermutet wird, dass durch eine Senkung des Proteinanteils im Futter eine weitere Erhöhung der mittleren Lebenserwartung möglich wäre, weil es dadurch zu weniger Kreislauf-, Leber- oder Nierenerkrankungen käme [26].

Wildlebende Eisbären, die nicht bereits als Jungtiere gestorben sind, sollen im Mittel ein Alter von 15 Jahren erreichen und es sollen nur wenige älter werden als 25 Jahre. Nach STIRLING (2002) ist dies wohl zu optimistisch: von 193 während der Jahre 1971-1979 in Kanada gefangenen Eisbären bekannten Alters waren nur 15 neun Jahre alt oder älter. ZANDER & KOLTER [23] führen dazu Folgendes aus: "Das nach Daten aus RAMSAY & STIRLING [14] geschätzte Durchschnittsalter weiblicher Eisbären liegt bei ca. 8 Jahren, das der im Zuchtbuch [11] aufgeführten Weibchen bei ca. 16 Jahren. Eisbären werden im Zoo also im Mittel doppelt so alt wie in der Natur! Dementsprechend müssen die höheren Altersklassen in beiden Populationen sehr unterschiedlich vertreten sein. Während in der Hudson Bay nur ungefähr 3% der weiblichen Bären über 20 Jahre sind, sind es in europäischen Zoos 35%." Von den 306 am 13. September 2009 in europäischen Zoos lebenden Eisbären waren 2 Tiere 40-41 Jahre, 19 Tiere 30-39 Jahre und 90 Tiere 20-29 Jahre alt.

Eisbären können oft dabei beobachtet werden, wie sie in ihren Gehegen hin- und herlaufen. Damit wollen sie, wie alle Bären- und Hundeartigen, ein Bewegungsbedürfnis befriedigen. Wie in der Natur laufen sie dabei zumeist auf festen Wechseln. In der räumlichen Begrenztheit eines Zoogeheges kann es dazu kommen, dass sie für die Laufübungen immer dieselbe Strecke benutzen. Daraus kann man aber sowenig schließen, dass die Tiere leiden, wie man dies von einem menschlichen Langläufer sagen kann, der auf einer ovalen Aschenbahn trainiert. Lauf- und andere Stereotypien treten auch auf bei einer bestimmten Erregung, wenn z.B. die Fütterungszeit naht. Auch hier fehlt jeglicher Nachweis, dass diese Erwartungshaltung mit Leiden verbunden ist. Vermehrtes Stereotypieren kann, vor allem bei rangniedrigen Tieren, auch Ausdruck von sozialem Stress sein. Ein Problem liegt namentlich dann vor, wenn die Tiere rund um die Uhr stereotype Bewegungsabläufe zeigen, die sie auch dann kaum unterbrechen, wenn ihnen Reize oder Beschäftigungen angeboten werden. Die Zoos haben das aber erkannt und fast durchwegs die Gruppengrössen auf ein Paar oder ein Trio reduziert. Im Hinblick auf eine weitere Optimierung der Haltung wurden im Rahmen einer Dissertation Verhalten und Veränderungen von Stresshormon-Konzentrationen unter Berücksichtigung von Gehegegröße und Gruppenzusammensetzung untersucht [16].

Haltung in europäischen Zoos:
 Die Art wird in über 50 Zoos gehalten, von denen sich 11 im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Das seit 1981 bestehende Internationale Zuchtbuch (ISB) wird am Zoo Rostock geführt [11; 12], das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) wurde 2006 gegründet, als der europäische Bestand unter 100 Tiere gesunken war. 2020 wurde es zu einem "New Style EEP" umgewandelt, das vom Zoo Moskau koordiniert wird. Die Bären-Spezialistengruppe der EAZA hat Empfehlungen für die Haltung von Eisbären herausgegeben [10; 19; 24].

Wie Eisbären gehalten werden (Beispiele):

Forschung im Zoo: Eisbären sind beliebte Studienobjekte für Forschungsarbeiten. Dabei kann es um Grundlagenforschung gehen, etwa zur Anatomie, Ontogenese, Physiologie oder Ethologie, aber auch um die Prüfung und gegebenenfalls Optimierung der Haltungsbedingungen und somit zur Erhöhung des Tierwohls, wie etwa zur Gruppenzusammensetzung, Umweltanreicherung, Neugestaltung von Anlagen, Fütterung oder Krankheitsgeschehen und tierärztliche Maßnahmen [5; 6; 13; 15; 16; 18].

Mindestanforderungen an Gehege: Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt pro Eisbär eine Landfläche von 120 und eine Box von 8 m² vor. Das Wasserbecken muss eine Fläche von 400 m² und eine Tiefe von 2 m haben. Für jedes weitere Tier kommen 20 m² zur Basisflächen dazu. In einer früheren Fassung der Verordnung betrug die Basisfläche für das Becken 80 m². Weshalb es zu einer Verfünffachung kam, ist nicht ersichtlich.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für 1-2 Tiere ein Gehege von 400 m² erforderlich, was ein Becken von 60 m² mit einer mittleren Tiefe von 2 m einschließt. Pro Tier ist eine Schlafbox von 8 notwendig.

In Deutschland sah das Säugetiergutachten’96 des BMEL für ein Außengehege für zwei Eisbären eine Landfläche von 200 m² und für jedes weitere Tier zusätzlich 50 m² vor, zusätzlich ein Badebecken mit einer mittleren Wassertiefe von 1,5 m und einer Mindestfläche von 60 m². Das war zweifellos anpassungsbedürftig. Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL hat denn die Dimensionen der Landfläche auch auf 400 m² für ein Paar, 150 m² für jedes weitere Tier und die Beckendimensionen auf 100 m² Fläche bei 2 m Tiefe erhöht. Allerdings sollten sich, wie bei anderen solitär lebenden Tieren, die Maße für die Grundeinheit eines Geheges auf ein Einzeltier beziehen und nicht, wie im Gutachten auf ein Paar. Für bestehende Anlagen wäre demnach eine Landfläche von 200 m² für jedes Tier zu fordern. Dies erlaubt, bestehende Eisbärenanlagen, deren Landteil kleiner ist als 400 m², in beschränktem Umfang weiter zu nutzen. Weil Bären grundsätzlich solitär lebende Tiere sind, ist die Einzelhaltung auf relativ kleinem Raum in vielen Fällen mit weniger Stress verbunden als eine permanente Gruppenhaltung. Für die Zucht sind in jedem Fall zwei Anlagen erforderlich, es sei denn, mehrere Institutionen würden sich in einen Zuchtmann teilen. Dabei muss auch das Zweitgehege über zumindest ein kleines Badebecken verfügen. Dass die Innenboxen in jedem Fall verbindbar sein müssen ist nicht einzusehen, bei Wurfboxen wäre dies ohnehin kontraindiziert. Zweckdienlicherweise werden trächtige Bärinnen in einem eigenen Stallgebäude untergebracht.

Laut Säugetiergutachten sollen Bären im Frühjahr Gras als Futter erhalten, mit Ausnahme der Eisbären. Faktisch fressen aber auch Eisbären sowohl im Zoo wie in der Wildbahn Gras: „Polar bears onshore here in northeastern Manitoba often spend a lot of time eating grass, kelp, or other terrestrial vegetation.“[17].

Taxonomie und Nomenklatur

Der Eisbär wurde 1774 von dem britischen Forschungsreisenden Constantine John PHIPPS unter seinem heute noch geltenden Namen beschrieben. Gelegentlich wurde vorgeschlagen, ihn in einer eigenen Gattung, Thalassarctos, Thalarctos oder Thalatarctos, unterzubringen, was sich aber aufgrund der nahen Verwandtschaft zum Braunbären nicht durchsetzte [22].

1908 gliederte Theodor KNOTTNERUS-MEYER, der 1911 erster Direktor des Zoologischen Gartens Rom wurde, aufgrund einer Analyse der Merkmale von 56 Schädeln aus deutschen und schwedischen Museen den Eisbären in sieben Formen, von denen er sechs als Arten, eine als Unterart auffasste. Spätere Autoren kamen zum Schluss, dass die festgestellten Unterschiede geschlechts- und altersbedingt waren. Heute ist bekannt, dass die 19 existierenden Eisbärpopulationen in einem genetischen Austausch stehen und dass es keine Unterarten gibt [22; 25].

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. DEROCHER, A. E., & STIRLING, J. (1996)
  5. DIETERMANN, A. (1996) <
  6. DOLLINGER, P., BAUMGARTNER, R., PAGAN, O. & WECHSLER, B. (1996)
  7. EISBÄREN IM ZOO
  8. GRIMMBERGER & RUDLOFF (2009)
  9. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  10. KOLTER, L., KAMPHORST, N.F. & RUVEN, S.A.W. (2007)
  11. LINKE, K. (1993)
  12. LINKE, K. (2008)
  13. MARKOWSKI, S. (2013)
  14. RAMSAY, M. A. & STIRLING, I. (1988)
  15. SCHNEIDER, M. (2015)
  16. STEPHAN, U. (2006)
  17. THIEMANN, G. W. (2010)
  18. TSANGARAS, K. (2014)
  19. USHER SMITH, J. & KOLTER, L. (2007)
  20. WEIGL, R. (2005)
  21. WIIG, Ø. et al. (2015). Ursus maritimus. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T22823A14871490. http://www.iucnredlist.org/details/22823/0. Downloaded on 22 June 2018.
  22. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  23. ZANDER, R. & KOLTER, L. (1995)
  24. ZOOQUARIA 105 (2019): 6.
  25. USPENSKI, S. M. (1979)
  26. ROBBINS, C. T., TOLLEFSON, T. N., RODE, K. D., ERLENBACH, J. A. & ARDENTE, A. J. (2021)
  27. STADTWIKI KARLSRUHE

            ferner Pressemitteilungen der Zoos

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Montag, 23 Oktober 2017 12:34

Baribal

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Bären (Ursidae)
Unterfamilie: Eigentliche Bären (Ursinae)

D LC 650

Baribal, Schwarzbär

Ursus americanus • The American Black Bear • L'ours noir ou le baribal

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Baribal (Ursus americanus) im Safari de Peaugres © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Approximative Verbreitung des Baribals (Ursus americanus)

 

 

 

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Schwarzbärin (Ursus americanus) mit Jungen im Tierpark Berlin © Carlos Frey, Tierpark Berlin (Pressefoto)

 

 

 

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Baribal (Ursus americanus) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Baribal (Ursus americanus) im Safari de Peaugres © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Junger Baribal (Ursus americanus) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Gemeinschaftshaltung von Baribal (Ursus americanus) und Steppenbison (Bison b. bison) im Safari de Peaugres. Die Bären versuchen nicht einmal, die Kälber zu behelligen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Baribal (Ursus americanus) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Baribal (Ursus americanus) im Safari de Peaugres © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Baribal (Ursus americanus) im Safari de Peaugres © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Baribal (Ursus americanus) in Durchfahrgehege in der Réserve africaine de Sigean © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Geisterbär (Ursus americanus kermodei) im Great Bear Rainforest, Britisch Kolumbien © Jon Rawlinson. Übernommen unter der Creative Commons Attribution 2.0 Generic license.

 

 

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Schwarzbärin (Ursus americanus emmonsii) mit Gletscherbär-Jungen in Alaska. Bild: US National Parks Service. Public Domain.

 

 

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Baribal (Ursus americanus). Abbildung aus BREHMs Thierleben (1882-1887).

 

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Der Schwarzbär oder Baribal ist die am wenigsten gefährdete Bärenart. Aus diesem Grund, und weil sich nur wenige europäische Zoos aus nordamerikanische Fauna spazialisiert haben, ist er bei uns nur relativ selten zu sehen. Wo er aber in einem zoogeografischen Kontext gehalten wird, ist er in zoopädagogischer Hinsicht sehr ergiebig.

Körperbau und Körperfunktionen

Baribals sind im Mittel deutlich kleiner als Braunbären. Die Kopf-Rumpflänge beträgt 135-190 cm, die Schulterhöhe 90 cm, die Schwanzlänge 7-17 cm. Bären werden 100-270 kg schwer, Bärinnen 60-140 kg. Zwar sind die meisten Baribals schwarz, wie ihr Name "Schwarzbär" sagt, aber doch nicht alle: es gibt auch stahlgraue, dunkelbraune, rotbraune, zimtbraune, isabellfarbene, cremefarbene und weiße. Die beiden letztgenannten treten besonders häufig bei der Unterart Ursus americanus kermodei  aus Britisch-Kolumbien auf. Sie werden von den Tsimshian-Indianern „Geisterbären“ genannt. Die stahlgrauen heißen Gletscherbären (U. a. emmonsii) und kommen aus Alaska [1; 3; 9; 12].

Verbreitung

Nordamerika: Kanada (alle Provinzen und Territorien mit Ausnahme von Prince Edwards Island, wo der letzte Bär 1927 geschossen wurde), USA (41 Staaten und gelegentliche Sichtungen in 5 weiteren) und nördliche Hälfte von Mexiko (5 Staaten und gelegentliche Sichtungen in 4 weiteren) [6].

Lebensraum und Lebensweise

Baribals besiedeln hauptsächlich Laub-, Misch- und Koniferenwälder der gemäßigten Zone, stoßen aber bis in die subtropischen Gebiete Mexikos und Floridas und in die Subarktis vor. Außer im Wald sind sie auch in Trockengebieten, Busch, Sumpf und Tundra zu finden. Sie sind vom Meeresspiegel bis auf eine Höhe von 3'500 m verbreitet. Im Gegensatz zum Braunbären sind beim Baribal auch die Erwachsenen gute Kletterer, die rasch die Bäume hochsteigen, indem sie den Baum mit den Vorderarmen umfassen und sich mit den Hinterbeinen nach oben stoßen. Runter kommen sie mit dem Hinterteil voran [1; 6; 12].

Baribals sind Allesfresser, die von Gras, Kräutern Beeren, Früchten, Nüssen und Eicheln über Ameisen, Heuschrecken und Käfern bis zu Fischen, Vögeln, Kleinsäugern, Jungen oder Kühen von Weiß- und Schwarzwedelhirsch, Aas und Nahrungsmittelabfällen so ziemlich alles verzehren, was sie an Fressbarem finden. Sie überwintern in Höhlen, unter Fallholz oder in Baumhöhlen bis 20 m über dem Boden [1; 6; 12].

Baribals sind Einzelgänger, die nur zur Paarungszeit oder in Mutterfamilien zusammen sind. Sie sind hauptsächlich tagsüber aktiv mit einer Ruhephase über Mittag. Sie haben Streifgebiete  von 3 bis 1'160 km², in der arktischen Tundra mehr. Die Streifgebiete der Männer sind 2-10 mal so groß wie die der Bärinnen und überlappen sich mit diesen. Gebietsweise verteidigen die Tiere das Kerngebiet ihres Streifgebiets als Territorium [12].

Während der Winterruhe nehmen die Bären weder Nahrung noch Wasser zu sich, sondern decken ihren Energiebedarf von rund 4'000 Kcal pro Tag durch den Abbau von Körperfett. Sie setzen auch weder Kot noch Urin ab. Letzteres ist möglich, weil ihre Nieren in der Lage sind Harnstoff abzubauen [9].

Die Paarungszeit fällt auf Mai bis Juli, oft paart sich die Bärin mit mehreren Partnern und kann in einem Wurf Jungtiere von verschiedenen Vätern zur Welt bringen. Die Ovulation wird durch die Paarung induziert. Die befruchtete Eizelle macht erst mal eine Keimruhe durch und nistet sich erst im November in die Gebärmutterwand ein. Die Geburt der meist 2 (1-5), 20 cm langen und 200-400 g schweren Jungen erfolgt in der Regel im Januar-Februar während der Winterruhe. Die Bärin und die Jungen verlassen das Winterlager erstmals, wenn die Jungtiere 2.5-3.5 Monate alt sind. Die allein gelassenen Jungbären klettern bei Gefahr auf einen Baum. Mit 16-17 Monaten gehen die Jungen ihrer eigenen Wege und die Mutter widmet sich erneut dem Paarungsgeschäft. Das Alter erstgebärender Bärinnen schwankt zwischen 3 und 8 Jahren [12].

Gefährdung und Schutz

Gefährdung und Schutz: Der Amerikanische Schwarzbär ist eine weitverbreitete Art mit einer globalen Gesamtpopulation, die wohl doppelt so groß ist wie die aller anderen Bären zusammengenommen. In den meisten Gebieten nehmen die Bestände und das Areal zu und es existieren nur einige wenige isolierte Populationen. Die Art gilt deshalb aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [6].

Der Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Signifikante Ausfuhren von der Natur entnommenen Exemplaren gibt es nur aus Kanada. Von  2001-2017 wurden nebst zahlreichen anderen Teilen und Erzeugnissen die Ausfuhr von 125'247 Jagdtrophäen, 62'971 Fellen und 59'168 Schädeln registriert. An lebenden  Wildfängen wurden weniger als 20 nach den USA ausgeführt. Weltweit wurde im selben Zeitraum die Ausfuhr von 71 Nachzuchttieren registriert [4].

Kulturelle Bedeutung: Baribals haben bzw. hatten eine große kulturelle Bedeutung für die indigenen Völker Nordamerikas. BREHM [2] stellt dazu fest: "Sehr eigenthümlich sind manche Jagdweisen der Indianer, noch eigenthümlicher die feierlichen Gebräuche zur Versöhnung des abgeschiedenen Bärengeistes, welche einer gottesdienstlichen Verehrung gleichkommen" und gibt den Bericht eines Alexander HENRY wider, der mit Hilfe seiner indianischen Wirte einen Baribal erlegt hatte: "Sofort nach seinem Tode näherten sich ihm alle Indianer und namentlich die 'Alte Mutter', wie wir sie nannten. Sie nahm den Kopf des Thieres in ihre Hände, streichelte und küßte ihn wiederholt und bat den Bären tausendmal um Verzeihung, daß man ihm das Leben genommen habe, versicherte auch, daß nicht die Indianer dies verübt hätten, sondern daß es gewißlich ein Engländer gewesen wäre, welcher den Frevel begangen... Sobald man zu Hause angekommen war, wurde das Bärenhaupt mit silbernen Armbändern und allem Flitterwerk, welches die Familie besaß, geschmückt. Dann legte man es auf ein Gerüst und vor die Nase eine Menge von Tabak. Am nächsten Morgen traf man Vorbereitungen zu einem Feste. Die Hütte wurde gereinigt und gefegt, das Haupt des Bären erhoben und ein neues Tuch, welches noch nicht gebraucht worden war, darüber gebreitet. Nachdem man die Pfeifen zurecht gemacht hatte, blies der Indianer Tabaksrauch in die Nasenlöcher des Bären..."

Haltung im Zoo

In Peaugres, Thoiry und Eveltoft sind Baribals mit Bisons vergesellschaftet, in Ebeltoft auch mit Präriehunden, in anderen Zoos mit Rot- oder Polarfüchsen. In Hodenhagen waren sie es u.a. mit  Dromedaren, Straußen, Kulanen, Mähnenspringern und Mantelpavianen. In nordamerikanischen Zoos gibt es Kombinationen mit weiteren Arten, einschließlich Puma, Wolf, Moschusochs, Elch, Karibu, Elch Weißwedelhirsch etc. in zum Teil sehr weitläufigen Gehegen, wobei akzeptiert wird, dass die Bären gelegentlich junge Huftiere töten und fressen [14].

Baribals können im Zoo ein Alter von 34 Jahren erreichen [11].

Haltung in europäischen Zoos:
Obwohl die EAZA schon vor einigen Jahren die Devise herausgegeben hat, Baribals sollten durch andere, gefährdetere Arten ersetzt werden, nimmt der Bestand in EAZA-Zoos leicht zu [13]. Die Art wird in gegenwärtig (2022) in 24 Zoos gehalten, von denen sich 5 im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Es gibt kein Zuchtprogramm und kein Zuchtbuch. Die Bärenspezialisten-Gruppe der EAZA hat Empfehlungen für Bau und Gestaltung neuer, die sinnvolle Verwendung alter Anlagen sowie den Einsatz von Programmen zur Umweltanreicherung herausgegeben [7; 10].

Forschung im Zoo: Nachdem Baribals in Europa nicht häufig gehalten werden, sind sie auch nur selten Gegenstand von Forschungsarbeiten. Dabei werden sie oft im Kontext mit anderen Arten abgehandelt, etwa im Rahmen von Untersuchungen zur Fortpflanzungsphysiologie und Geburtenkontrolle bei in Menschenhand gehaltenen Bären oder zum Ruhe- und Schlafverhalten von Bären und Kleinbären [5; 8].

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten ’96 des BMEL sah für ein Außengehege für zwei Schwarzbären 150 m² und für jedes weitere Tier zusätzlich 20 m² vor. Das war zweifellos anpassungsbedürftig. Allerdings sollten sich, wie bei anderen solitär lebenden Tieren, die Maße für die Grundeinheit eines Geheges auf ein Einzeltier beziehen und nicht, wie im Säugetiergutachten 2014 des BMEL auf drei Tiere. In manchen europäischen Zoos werden Baribals heute noch in größeren Gruppen gehalten, was einigermaßen funktioniert. Weil Bären aber grundsätzlich solitär lebende Tiere sind, ist die Einzelhaltung in vielen Fällen mit weniger Stress verbunden als die Gruppenhaltung. Für bestehende Anlagen wäre demnach eine Fläche von 150 m² für jedes Tier zu fordern, d.h. für drei Tiere 450 m², was in der Größenordnung der Vorgabe des Gutachtens (500 m²) liegt. Dass die Innenboxen in jedem Fall verbindbar sein müssen ist nicht einzusehen, bei Wurfboxen wäre dies ohnehin kontraindiziert. Je nach Konstellation des Stallgebäudes sind unterschiedliche Möglichkeiten denkbar.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Baribals eine Landfläche von 150 m² und ein Wasserbecken von 50 m² mit einer mittleren Tiefe von 1 m vor. Für jeden weiteren Bären ist die Landfläche um 20 und die Wasserfläche um 2 m² zu erhöhen, (was allerdings eine unsinnige Bestimmung ist). Für jedes Tier ist eine Schlafbox von 6 m² vorzusehen. In der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist der Baribal vergessen worden. Es steht zu vermuten, dass für 1-2 Tiere ein Gehege von 300 m² sowie pro Tier eine Schlafbox von 6 m² erforderlich ist.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Baribal wurde 1780 vom Berliner Naturforscher Peter Simon PALLAS, den Katharina die Große als Professor nach Petersburg berufen hatte, unter seinem heute noch gültigen Namen beschrieben. Zeitweilig wurde er in eine Gattung Euarctos gestellt. Es werden 26 Unterarten unterschieden, von denen aber vermutlich nicht alle einer kritischen Überprüfung standhalten dürften [6; 12].

Literatur und Internetquellen

  1. ALLEN, T. B. (1979)
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  4. CITES TRADE DATA BASE
  5. DIETERMANN, A. (1996)  
  6. GARSHELIS, D.L. et al. (2016). Ursus americanus (errata version published in 2017). The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T41687A114251609. http://www.iucnredlist.org/details/41687/0. Downloaded on 21 June 2018.
  7. KOLTER, L., KAMPHORST, N.F. & RUVEN, S.A.W. (2007)
  8. QUEST, M. (2002)
  9. TESSIER, T. (2000)
  10. USHER SMITH, J. & KOLTER, L. (2007)
  11. WEIGL, R. (2005)
  12. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2919)
  13. EAZA Bear Tag (2022) Ursus amercanus update (PPT)
  14. SVÁBIK, K. (rev. 2020d)

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Montag, 23 Oktober 2017 12:34

Braunbär

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Bären (Ursidae)
Unterfamilie: Eigentliche Bären (Ursinae)

D LC 650

EEPBraunbär

Ursus arctos • The Brown Bear • L'ours brun

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Europäischer Braunbär (Ursus arctos arctos) im Tiergarten Straubing © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative gegenwärtige Verbreitung der Braunbären (Ursus arctos)

 

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Europäischer (Skandinavischer) Braunbär (Ursus arctos arctos) in Skånes Djurpark, Höör © Peter Dollinger, Zoo Office Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kodiakbär (Ursus arctos middendorfi) im Zoo Wuppertal © Zoo Wuppertal

 

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Kamtschatka-Braunbär (Ursus arctos beringianus) im Tierpark Hagenbeck © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kamtschatka-Braunbär (Ursus arctos beringianus) im Wildpark Lüneburger Heide, Hanstedt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kamtschatka-Braunbär (Ursus arctos beringianus) im Wildpark Lüneburger Heide, Hanstedt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Syrischer Braunbär (Ursus arctos syriacus) im Zoo Heidelberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Syrischer Braunbär (Ursus arctos syriacus) im Tiergarten Schönbrunn © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Ussuri-Braunbär (Ursus arctos lasiotus) im Tierpark Dählhölzli, Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Hokkaido-Braunbär (Ursus arctos yesoensis = lasiotus) im Ueno-Zoo, Tokyo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Grizzlybär (Ursus arctos horribilis) im Zoo Děčín © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Grizzlybär (Ursus arctos horribilis) im Zoo Sofia © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kodiakbär (Ursus arctos middendorffi) im Bronx Zoo, New York © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Normalfarbiger und albinotischer Europäischer Braunbär (Ursus a. arctos) in Skansens Djurpark, Stockholm © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Albinotischer Europäischer Braunbär (Ursus a. arctos) in Skansens Djurpark, Stockholm © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Im Jahr 1191 soll der Sage nach Herzog Berchtold V. von Zähringen die Stadt Bern am Ort einer erfolgreichen Bärenjagd gegründet und sie nach dem erlegten Tier benannt haben. Bild aus Diebold Schilling (1484/85): Spiezer Chronik (1): 59. Burgerbibliothek Bern. Public Domain.

 

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Jagdmandat der Stadt und Republik Bern vom 29. Mai 1776 - Keine Schonzeit für "reissende Thiere"

 

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Bärenjagd im Berner Oberland um 1800. Franz Niklaus König (1765-1832)

 

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Bergführer Bischoff und Fried mit dem "letzten Schweizer Bären", 1. Sept.1904, Bild: Kurt Spälty, Glarus

 

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"Risikobär Bruno" im Museum Mensch und Natur, Schloss Nymphenburg, München

 

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JJ2 "Lumpaz" - Bild Jagd- und Fischereiverwaltung Graubünden

 

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Bär M32 bei Bienenhaus im Val Müstair. Aus Video Schweizer Fernsehen / Mario Theus

 

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Bär M29 im Mai 2017 im Eriz, Berner Oberland © Jagdinspektorat des Kantons Bern

 

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Braunbär-Sichtungen in der Schweiz. Grün vor 2000, dunkelblau 2000-2018. Quelle: Centre Suisse de Cartographie de la Faune (CSCF)

 

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Bestandsentwicklung der Bärenpopulation im Trentino 2002-2017 (ohne Welpen). Quelle: ORSO PROVINCIA TRENTINO

 

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Alter und Geschlecht der Bären im Trentino, Stand 2017 (ohne Welpen. Quelle: ORSO PROVINCIA TRENTINO

 

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Abruzzenbär (Ursus arctos "marsabicus") im Besucherzentrum des Abruzzen-Nationalparks in Pescasseroli © Peter Dollinger, Zoo Office Ben

 

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Bärengöttin, Dea Artio, römische Bronzegruppe aus Muri bei Bern. Historisches Musuem Bern

 

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Kettenhaltung eines Bären unter der Treppe des Berner Rathauses im Jahr 1339. Aus Diebold Schilling (1484/85): Spiezer Chronik (1): 237. Burgerbibliothek Bern.

 

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Die Wappen von Bern und Berlin. Währenddem der Berliner Bär eine Bärin oder ein geschlechtsloses Wesen ist, handelt es sich beim Berner unverkennbar um einen "Bäremani"es

 

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Pflanzen mit "Bär" im Namen werden im Tierpark Goldau gezeigt, hier die Immergrüne Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi) © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Bären-Wolfsanlage im Tierpark Goldau: Schneeweisschen und Rosenrot

 

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Teddybären © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Anlage für Europäischer Braunbären (Ursus arctos arctos) im Tiergarten Straubing © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Anlage für Europäische Braunbären (Ursus arctos arctos) im Zoo Schwerin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Europäischer Braunbär (Ursus arctos arctos) beim Baden im Wingster Waldzoo © Rüdiger Wandrey, Wingst

 

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Europäischer Braunbär (Ursus arctos arctos) beim Baden im Tierpark Hellabrunn © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Europäischer Braunbär (Ursus arctos arctos), an Baumstamm markierend im Tiergehege Mundenhof, Freiburg im Breisgau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Junger Europäischer Braunbär (Ursus arctos arctos),im JuraParc Mont d'Orzeires bei Vallorbe. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Junger Syrischer Braunbär (Ursus arctos syriacus) im Tierpark Goldau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Der europäische Zoobestand des imposanten Kodiakbären (Ursus arctos middendorffi) ist 2016 auf ein Tier geschrumpft. Hier ein Exemplar im National Zoo, Washington DC © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Breisbär(Ursus arctos x maritimus) im Zoo Osnabrück © Zoo Osnabrück (Pressefoto)

 

Weitere Bilder bei BioLib

Der Braunbär gehört zu den populärsten Zootieren, was mit seiner großen kulturellen Bedeutung zusammenhängt. Er ist aus diesem Grund und als einheimische Tierart von hohem zoopädagogischem Interesse, und die Zoos können eine Rolle beim Entschärfen von Mensch-Bär-Konflikten spielen, die mit der Rückkehr der Tiere und ihrem gelegentlichen Auftreten im Siedlungsgebiet unvermeidlich werden.

Körperbau und Körperfunktionen

Die weite Verbreitung der Braunbären, die sich über mehrere Klimazonen erstreckt, wirkt sich entsprechend der Bergmannschen Regel auf ihr Erscheinungsbild aus: Die subpolaren Kamtschatka- und Kodiakbären sind deutlich größer als die im mediterranen Klima lebenden Abruzzen- oder Syrischen Braunbären. Männliche Tiere sind größer als weibliche, und das Gewicht unterliegt saisonalen Schwankungen. Die Kopf-Rumpflänge liegt zwischen 150-280(-300) cm, die Schwanzlänge beträgt 6-12(-21) cm und das Gewicht bei den Bärenmännern 130-550(-725) kg, bei den Bärinnen 80-250(-340) kg. Der Kopf weist einen deutlichen Stop auf, wobei die Schnauze mehr oder minder gestreckt und die Stirne mehr oder weniger abgeplattet sein kann. Die Ohren sind kurz und rund, die Augen klein. Der im allgemeinen dichte Pelz, welcher um das Gesicht, am Bauch und hinter den Beinen länger als am übrigen Körper ist, kann aus längeren oder kürzeren, aus schlichten oder gekräuselten Haaren bestehen. Seine Färbung durchläuft alle Schattierungen von Schwarzbraun bis Dunkelrot und Gelbbraun, oder von Grautönen bis Isabellfahl. Bei Jungtieren ist oft ein weißer Halskragen vorhanden, der sich bei manchen Individuen bis ins hohe Alter hält [2; 3; 7; 8].

Verbreitung

Holarktis: Nördliches und westliches Nordamerika; in Eurasien Skandinavien, Osteuropa, Balkan, Alpen, Apenninen, Pyrenäen, Kantabrien, Kleinasien, Kaukasus, Naher Osten, Nord- und Zentralasien:

Afghanistan, Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, China, Estland, Finnland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Indien, Irak, Iran, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Kirgistan, Kroatien, Lettland, Mongolei, Montenegro, Nepal, Norwegen, Nord-Korea, Nord-Mazedonien, Österreich, Pakistan, Polen, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tadschikistan, Türkei, Ukraine, USA, Usbekistan, Weißrussland, eventuell Libanon, Syrien. Möglicherweise ausgestorben in Bhutan [16].

Lebensraum und Lebensweise

Der Braunbär ist sehr anpassungsfähig und besiedelt die unterschiedlichsten Lebensräume von Taiga, Misch- und Laubwald bis zum unbewaldeten Hochgebirge und von der arktischen Tundra Alaskas bis zu den Halbwüsten Zentralasiens. Er kommt vom Meeresspiegel bis auf etwa 2‘500 m. ü. M. vor. Im dicht besiedelten Mittel- und Südeuropa sind große, zusammenhängende Waldgebiete essentiell. Mischwälder mit Buchen, Eichen und anderen Mast tragenden Bäumen sind beliebte Habitate. Windwurfflächen und Rodungen bieten durch die reiche Krautschicht und den hohen Anteil von Beerensträuchern günstige Voraussetzungen. Im lichten Nadelwald sind Ameisen häufig, die eine geschätzte Nahrung für die Bären darstellen [8].

Braunbären sind Einzelgänger, die nur zur Paarungszeit oder in Mutterfamilien zusammen sind. Sie sind tagsüber und nachts aktiv. Sie sind nicht territorial und haben Streifgebiete von 10-660 km², die sie mit Duftmarken versehen. In vom Menschen dicht besiedelten Gebieten verlegen sie ihre Aktivitäten hauptsächlich auf die Nacht. Sie sind opportunistische Allesfresser, die sich überwiegend von pflanzlichem Material ernähren. Animalische Kost besteht hauptsächlich aus Insekten und Aas. Im Norden des Verbreitungsgebiets haben sie einen deutlichen Einfluss auf die Schalenwildbestände, insbesondere schlagen sie viele Elchkälber. In Mitteleuropa kann es dagegen zu Übergriffen auf Nutztiere oder Bienenstöcken kommen. Während der Winterruhe nehmen die Bären weder Nahrung noch Wasser zu sich, sondern bauen pro Tag 250-300 g Körperfett ab [7; 8].

Braunbären werden mit 4-5 Jahren geschlechtsreif. Die Paarungszeit fällt auf Mai bis Juni, ev. Juli, oft paart sich die Bärin mit mehreren Partnern und kann in einem Wurf Jungtiere von verschiedenen Vätern zur Welt bringen. Die gesamte Trächtigkeit, einschließlich Keimruhe, dauert 180-260 Tage, vom Zeitpunkt der Implantation in der Uteruswand noch etwa 2 Monate. Die Bärin wirft jeweils im Winterlager 1-3(-5), meist 2, wenig entwickelte, in Europa 300-400 g schwere Jungtiere, die sie bis zu 3 Jahre betreut. Erst danach ist sie wieder paarungsbereit. Mit 16 Monaten bis 4 Jahren gehen die Jungen ihrer eigenen Wege. Währenddem die jungen Bärinnen sich im oder angrenzend zum mütterlichen Streifgebiet niederlassen, wandern die männlichen Tiere über weite Distanzen auf der Suche nach einem neuen Wohngebiet [7; 8].

Gefährdung und Schutz

Mit einem Weltbestand von etwa 200'000 Individuen und einem Areal von 24 Millionen km² gilt der Braunbär aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2017 als weltweit nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN). Verschiedene Unterarten sind aber bedroht. Die nordafrikanischen und viele europäischen Populationen sowie solche des Nahen und Mittleren Ostens sind ausgestorben [16].

Der Handel ist nach CITES-Anhang I und II eingeschränkt bzw. geregelt. Der Braunbär fällt unter die Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG). Er ist eine streng geschützte Tierart nach Anhang II des Berner Übereinkommens und die mongolische und chinesische Population von Ursus arctos isabellinus fallen unter Anhang I des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten.

Ausrottung und Rückkehr im deutschsprachigen Raum

Die Ausrottungsgeschichte in der Schweiz stellt sich wie folgt dar: Schon 1546 wurde der letzte Bär im Kanton Zürich geschossen, 1673 in Appenzell, 1698 in Freiburg, 1737 in Solothurn, 1798 (nach anderen Quellen 1803) in Basel, 1804 in Schwyz, 1806 in Glarus, 1836 im Wallis, 1840 in Uri. Etwa gleichzeitig machte Bern seinem Wappentier den Garaus. 1851 fiel der letzte Bär in der Gegend von Genf und 1855 in Neuenburg. Von 1852-62 fanden im Tessin noch neun erfolgreiche Bärenjagden statt, um 1896 wurden letztmals Bärenspuren gesichtet. Am längsten hielt sich der Bär in Graubünden. Von 1870 bis 1904 wurden gegen 50 Bären geschossen, der letzte am 1. September 1904 im Val Mingér auf dem Gebiet des heutigen Nationalparks. Danach wurde noch verschiedentlich Bären in Graubünden gesichtet, letztmals im Val Laviruns im Jahr 1923 [24].

In Deutschland fand der Braunbär sein letztes Refugium in Bayern. Hier gab es zu Ende des 14. Jahrhunderts Bären noch um München. Bereits 1570 stellte Herzog Albrecht V. den Bären im Oberland unter seinen besonderen Schutz, was aber den Niedergang der Population nicht aufhalten konnte. Ende des 16. Jahrhunderts verlegten die Bayerischen Herzöge daher ihre Bärenjagden in den Bayerischen Wald, aber auch dort nahm der Bärenbestand anfangs des 17. Jahrhunderts ab und Herzog Albrecht VI. gab den eindringlichen Auftrag, „die Bären sorgfältig zu hegen“. Mitte des 19. Jahrhunderts kamen Bären noch in den Gebieten Hoher Bogen, Kötzing, Zwiesel, Regen, Wolfstein, Neureichenau, Haidmühle im angrenzenden Böhmerwald und in den Stiftswäldern von Schlägl vor. Die letzten Bären im österreichischen Grenzwald des Stifts Schlägl erlegte der leidenschaftliche Jäger Pater Gregor HAIN am 6. November 1823 und am 30. Oktober 1833 [14].

Die letzte erfolgreiche Bärenjagd in Bayern ist für das Jahr 1835 verbürgt. Damals schoss der Forstamtsaktuar Ferdl KLEIN am Schwarzachenbach bei Ruhpolding in den Chiemgauer Alpen den letzten autochthonen bayerischen Bären. Der Ruhpoldinger Bär steht heute in einem Diorama des Münchener Museums „Mensch und Natur“ im Schloss Nymphenburg. Am 14. November 1856 wurde der letzte Bär des Bayerischen / Böhmerwaldes auf böhmischem Gebiet erlegt. Er wurde präpariert und kann heute noch im Jagdmuseum von Zwinger / Ohrada besichtigt werden. Auch nach 1856 bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden gelegentlich noch Bären im Grenzgebiet zwischen Bayern und Tschechien festgestellt [14].

7 Jahre nach dem Ruhpoldinger Bären kam dann 1842 auch in Österreich bei Mariazell (im Süden Niederösterreichs an der Grenze zur Steiermark) der letzte einheimische Braunbär zur Strecke. Später wurden nur noch einzelne Zuwanderer erlegt: Der letzte Abschuss in Kärnten fand 1883 statt (Zuwanderung aus Slowenien), der letzte Abschuss in Tirol 1913 (Zuwanderung vermutlich aus dem Trentino).

Die Rückkehr des Bären

In Österreich wurde 1972 im Ötscher-Gebiet plötzlich ein männlicher Braunbär beobachtet, der vermutlich aus Slowenien eingewandert war. 1989 wurde dann eine in Kroatien gefangene Bärin dazu gesetzt, die 1991 erstmals drei Junge brachte. 1992 und 1993 wurden im Ötscher-Gebiet noch ein weiblicher und ein männlicher Bär freigelassen. 1993 hatten beide Weibchen Nachwuchs. Im Herbst 1993 kam es dann in der Steiermark vermehrt zu Schäden, die im Frühjahr 1994 nochmals deutlich zunahmen: Bären "zerlegten" Bienenstände, um an den Honig zu gelangen und drangen in Schafställe ein. Ein Bär lernte sogar, Fischteiche abzulassen, um an die Forellen zu kommen. Damit war an eine Fortsetzung der Auswilderungen nicht mehr zu denken. Insgesamt wurden aber 31 Jungtiere geboren und der Bestand stieg bis 1999 auf zwölf Tiere an. Als Folge mutmaßlicher illegaler Bejagung starb die Population aber 2011 aus. Seitdem gibt es in Österreich nur noch 5-8 wandernde, hauptsächlich aus Slowenien stammende Bären, die in den Karawanken, Karnischen Alpen und Gailtaler Alpen umherstreifen [8; 29].

In den italienischen Alpen hatte eine Population im Adamello-Gebiet (Trentino) überlebt, unweit der Grenze zur Schweiz, und eine weitere bei Tarvis im Dreiländereck Italien-Slowenien-Österreich. In den 1970er Jahren umfassten diese noch knapp 10 bzw. 3-4 Individuen. Währenddem die Population im Dreiländereck immer wieder mal Zufluss aus den slowenischen Dinariden erhielt, blieb die Trentinopopulation isoliert. In den 1990er Jahren lebten dort nur noch drei (2.1) alte Tiere, die sich nicht mehr fortpflanzten. Damit ging das Erbgut des Alpenbären für immer verloren. Zum Erhalt des Bestands wurden zwischen 1999 und 2002 insgesamt 10 (3.7) Bären aus Slowenien freigelassen. Erklärtes Ziel war, eine Population von 40-60  erwachsenen Individuen aufzubauen, was bereits 2013 erreicht wurde. 2019 wurde der Gesamtbestand auf 66-76 Adulte und Subadulte sowie 15-21 Jungtiere geschätzt, für 2021 waren es 73-92 bzw. 12-14. Bei der lokalen Bevölkerung war die Begeisterung über die Wiederansiedlung des Bären anfänglich groß, zumal die alte Population sich menschenscheu verhalten und kaum Schäden verursacht hatte. Mittlerweile ist die Stimmung gekippt. Obschon die Mehrheit der slowenischstämmigen Bären und Menschen friedlich zusammenleben, haben einzelne Bärinnen, die ihre Jungen verteidigten und dabei Menschen verletzten, diesen Meinungsumschwung provoziert. Hinzu kommen eine Zunahme von Schäden und ein schlechtes Management von Problembären. Diese werden nicht etwa abgeschossen, sondern eingefangen und in ein Gehege bei Casteller gebracht. Ein Bär, der eingefangen wurde, weil er 2019 massive Schäden verursacht hatte (13 tote und 4 verletzte Rinder, 7 tote und ein verletztes Pferd, 17 tote Schafe und Ziegen, 11 Bienenstände und 7 beschädigte Hütten) wurde unter dem Namen "Papillon" berühmt, weil es ihm zweimal gelungen war, aus dem Gehege auszubrechen. Deswegen braucht es überarbeitete, klare, mit der lokalen Bevölkerung und Interessensvertretern abgestimmte Richtlinien dafür, wie mit Problembären umzugehen ist [8; 18; 28].

Mit dem Wachstum der Trentinopopulation war damit zu rechnen, dass vorab jungerwachsene Männchen abwandern und in der Schweiz, Österreich und Bayern auftauchen würden. In der Schweiz wurde am 25. August 1997 im Val Curciusa (GR) ein Bär beobachtet, der wohl aus Italien stammte und danach wieder verschwand. Am 25. Juli 2005 wurde erstmals der in der Folge "Lumpaz" (Lausbub) genannte, 2001 im Trentino geborene Bär JJ2 am Ofenpass bei Buffalora gesichtet. „Lumpaz" wandert in den Grenzregionen Österreichs, Italiens und der Schweiz umher und verursacht erhebliche Schäden. Am 29. September 2005 verlieren sich seine Spuren. 2006 wird ein weiterer Bär im Val Müstair beobachtet. Im Juni 2007 taucht ein neuer Bär (MJ4) im Gebiet des Nationalparks und der Landschaft Davos auf. Zusätzlich wandert Bär JJ3, ein 2006 geborener Bruder von „Lumpaz“ via Val Müstair ein. Nachdem JJ3 sich im Albulatal mehrfach den Siedlungen und eingezäunten Schafen genähert hat, wird er am 13. August eingefangen und mit einem Sender versehen. Im Herbst macht JJ3 die Lenzerheide unsicher, wo er nachts Abfallkübel und Kehrrichtssäcke nach Futter durchstöbert. Der wesentlich scheuere MJ4 ist weiterhin in der Umgebung des Nationalparks unterwegs. Beide Bären verbringen ihre Winterruhe in der Schweiz. Im Frühjahr 2008 wird JJ3 als "Risikobär" eingestuft und in der Nähe des Glaspasses bei Thusis abgeschossen [22; 28]. Im Juni 2010 tauchte wieder ein Bär im Val Müstair auf, danach im Juni 2011 und im Frühjahr 2012 jeweils im Val S-charl. Letzterer (M13) wird im April 2012 mit einem Senderhalsband versehen, überlebt eine Kollision mit der Rhätischen Bahn und, weil er sich gerne in der Nähe von Siedlungen aufhält, Bienenstöcke ausräumt, einen Esel und 30 Stück Kleinvieh reißt und sich Wanderern anschließt, erst zum Problem-, später zum Risikobären befördert und am 19. Februar 2013 im Puschlav abgeschossen [Medienmitteilung BAFU vom 20.02.2013]. Im Mai 2014 hält sich wiederum ein Bär (M25) im Unterengadin und im Puschlav auf, im Mai 2015 wird ein unbesenderter Bär im oberen Puschlav gesichtet. Ein weiterer (M32) überwintert im Münstertal und wird im April 2016 bei Zernez im Unterengadin von einem Zug erfasst und getötet. Im selben Jahr befinden sich noch 1-2 weitere Bären in der Schweiz. 2017 zirkuliert ein Bär während mehrerer Monate im Unterengadin und im Nationalpark. 2020 wurde einer im Puschlav und 2021 einer im Münstertal gesichtet [Medienmitteilungen Amt für Jagd und Fischerei GR]. 2017-2019 besucht mindestens ein Bär (M 29) die Zentralschweiz, das Berner Oberland und das Wallis [diverse Zeitungsmeldungen].

In Deutschland gab bisher nur der als „Bruno“ bekannte Bär JJ1 zu Schlagzeilen Anlass. Dieser entwickelte sich vom „Schadbären“ über den „Problembären“ zum „Risikobär“. Nachdem „Bruno“ in der Nacht des 16./17. Juni 2006 mitten durch den Touristenort Kochel spazierte, gab ihn die Bayerische Umweltverwaltung zum Abschuss frei. In den frühen Morgenstunden des 26. Juni 2006 wurde er im Rotwandgebiet oberhalb von Spitzingsee erlegt.

Alle drei in Deutschland, Österreich und der Schweiz größere Probleme verursachenden Bären spwie eine Bärin, die im Frühjahr 2023 im Trentino einen Jogger tötete, waren Nachkommen der Bärin „Jurka“ [30]. Diese war 2001 in Slowenien gefangen und ins Trentino gebracht worden. Die dortigen Hoteliers freuten sich über die Bärin. Sie fütterten sie an, weil sie ihren Gästen etwas bieten wollten, und die Bärin kam. So verlor sie ihre Scheu vor dem Menschen und hat in der Folge ihre Nachkommen falsch erzogen und zu „Risikobären“ gemacht. Sie wurde deswegen in Italien eingefangen, lebte erst im Gatter San Romedio (Gemeinde Coredo) in der Nähe von Trient, und ist seit 2010 im Alternativen Wolfs- und Bärenpark bei Bad Rippoldsau im Schwarzwald.

Da in der Jugend angelerntes Verhalten den Bären kaum auszutreiben ist, kann es nicht Rolle der Zoos beim Bärenschutz sein, Tiere für Wiederansiedlungsprojekte zu produzieren. Vielmehr besteht ihre Rolle darin, einerseits Sympathie für den Bären zu schaffen und andererseits das Publikum zu lehren, dass ein Bär kein Kuscheltier, sondern ein potenziell gefährliches Raubtier ist, vor dem man Respekt haben muss. Ferner können sich Zoos an Forschungsarbeiten beteiligen oder Herdenschutzprojekte unterstützen.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung, Jagd: "wenn die jäger einen pern vahen wellent, so graben si ain gruob und besprengen den weg zuo der gruob mit hong, darumb, daz er dem weg volge und in die gruob vall." So schrieb Konrad von MEGENBERG (1309-1374) im "Buch der Natur", der ersten Naturgeschichte in deutscher Sprache, die er in Regensburg verfasste [zitiert nach 24]. Dies illustriert deutlich, dass das Zusammenleben von Großraubtier Bär und dem Menschen schon im Mittelalter nicht konfliktfrei war. Bären wurden mit Fallgruben, Quetsch- oder Schlagfallen gefangen, bzw. getötet, oder mit Netz, Spieß und Armbrust gejagt. Mit der Verbreitung der Feuerwaffen starb der Bär allmählich aus, wobei die Ausrottung von Staates wegen gefördert wurde. So verordnete z.B. die Republik Bern 1616 im Abschnitt "Vom Jagen, Fäderspiel und Fischfang" der "Landschaft Waadt Satzungen und Statuten": "Wölff und Bären mag ein jeder fachen. Wir wöllen menicklichem der Unseren zugelassen und erlaubt haben, Bären und Wölff, wyl sölches rysende und schädliche Thiere sind, zu allen und jeden Zyten zu fachen und den selben nach zu setzen." Bereits seit anfangs des 16. Jahrhunderts bezahlte die Republik für Raubtiere - Bär, Wolf, Bartgeier, Luchs und Fischotter - Schuss- und Fanggelder [24].

Von 2001-2017 wurden im Rahmen von CITES nebst zahlreichen anderen Teilen und Erzeugnissen die Ausfuhr von rund 3'680 Fellen und 2'581 Schädeln registriert, die zu 85% aus Kanada kamen. Jagdtrophäen wurden 10'440 gemeldet, davon 6'728 aus Russland, 1'853 aus Rumänien und 1'482 aus Kanada. Den 150 exportierten lebenden Wildfängen (darunter 50 aus Russland und 25 aus Usbekistan) standen 1'067 Nachzuchttiere gegenüber, davon 510 aus Russland. Aus der Schweiz waren es 24, aus Deutschland 3 und aus Österreich 0. Der "vernünftige Grund" lässt grüßen ... [4].

Kulturelle Bedeutung: Bei manchen Naturvölkern, etwa den japanischen Ainu, gibt es Bärenkulte. Im Arkadien, zu Deutsch Bärenland (auf der Peloponnes) des Altertums wurde die Göttin Artemis in Gestalt einer Bärin verehrt. Die Sternbilder des Großen und des Kleinen Bären waren in der Antike für die Schifffahrt sehr wichtig und wurden in Beziehung zu den Nymphen Helike und Kynosura gebracht, die als Bärinnen Zeus in einer Grotte verborgen und ein Jahr lang gesäugt hatten und von ihm zum Dank an den Himmel versetzt worden waren. Nach einer anderen Geschichte soll es sich um Kallisto, die Gefährtin der Artemis handeln, die von dieser zur Strafe in eine Bärin verwandelt worden war, weil sie Zeus den Sohn Arkas geboren hatte. Dieser Arkas wurde Bärenjäger und verfolgte unwissentlich seine Mutter bis in ein Zeus-Heiligtum. Da nach arkadischem Gesetz beide für diese Entweihung hätten getötet werden müssen, versetzte sie Zeus aus Mitleid in den Sternenhimmel.

In Mitteleuropa wurde die Bärengöttin Dea Artio bis in gallo-römische Zeit verehrt, wie Funde etwa aus Trier und Muri bei Bern belegen [24]. Viele Flur- und Ortsnamen verweisen auf den Bären so in der Schweiz: Bärau, Bärenwil, Bäretswil, Bäriswil, Bärschwil, in Deutschland 55606 Bärweiler, 55483 Bärenbach, 55758 Bärenbach, 78580 Bärenthal, 95671 Bärnau und 09471 Bärenstein. Solche Orte und auch solche, die mit dem Bären an sich nichts zu tun, aber eine sprachliche Ähnlichkeit haben, führen den Bären im Wappen, so Berlin, Bern, Bernau (Brandenburg), Bernau (Schwarzwald), Bernburg und andere.

Zahlreiche Pflanzenarten sind nach dem Bären benannt, z.B. Bärengras (Xerophyllum tenax), Bärenklau, (u.a. Wiesenbärenklau; Heracleum sphondylium), Bärenohr (Arctotis spp.), Bärentraube (u.a. Gemeine Bärentraube; Arctostophylos uva-ursi), Bärlapp (Bärlappgewächse; Lycopodium spp.), Bärlauch (Allium ursinum), Bärenwurz (Alpenfenchel; Meum athamanticum), Bärenklee (Gelber Steinklee; Melilotus officinalis), Bärenwicke (Zottelwicke; Vicia villosa).

Auch als Kinderspielzeug und als Held von Kinderliedern, Sagen und Märchen ist der Bär von großer kultureller Bedeutung. Oft tritt er dabei in Kombination mit Fuchs oder Wolf auf. Im Tierepos "Reineke Fuchs" ist er der Bote, der den Fuchs zur Gerichtsverhandlung vorladen soll.

Märchen der Gebrüder Grimm:

Gotthold Ephraim Lessing:

Haltung im Zoo

Braunbären können im Zoo ein Alter von 40 Jahren erreichen [25].

Bildergalerie: Wie Braunbären im Zoo leben

Haltung in europäischen Zoos:
Die Art wird in etwa 320 Zoos gehalten, von denen sich gegen ein Viertel im deutschsprachigen Raum befinden. Nebst nicht näher bestimmten Tieren oder Unterart-Hybriden handelt es sich hauptsächlich um den Europäischen Braunbären (U. a. arctos), den Kaukasus- (U. a. syriacus) mit rund 15 und den Kamtschatkabären (U. a. beringianus) mit rund einem Dutzend Haltungen, ferner vereinzelte Grizzly- (U. a. horribilis), Himalaya- (U.a. isabellinus) und Ussuribären (U. a. lasiotus). Der Kodiakbär (U. a middendorffi) ist vor wenigen Jahre aus europäischen Zoos verschwunden. Für Details siehe Zootierliste.

Das seit 1994 bestehende Europäische Zuchtbuch wird am Zoo Rhenen geführt. 2023 wurde es in ein "New Style EEP" umgewandelt. Die Bärenspezialisten-Gruppe der EAZA hat Empfehlungen für Bau und Gestaltung neuer und die sinnvolle Verwendung alter Anlagen herausgegeben [11].

Aus Furcht, nicht platzierbare Jungtiere töten zu müssen, und damit in Konflikt mit der öffentlichen Meinung oder, in Deutschland, mit einem Tierschutzgesetz zu kommen, welches Populationsmanagement nicht als vernünftigen Grund für eine Tötung ansieht, haben viele Zoos ihre Bären kastriert oder sterilisiert, und nur noch wenige halten zuchtfähige Gruppen und produzieren gelegentlich Jungtiere. So gibt es in 15 Bären haltenden Mitgliedparks des Deutschen Wildgehegeverbands nur noch ein einziges funktionierendes Zuchtpaar. Ferner hat es eine Konzentration hinsichtlich Unterarten gegeben: Vom mächtigen Kodiak- und dem Grizzlybären aus Nordamerika hat es in ganz Europa keine züchtenden Tiere mehr.

Wie Braunbären gehalten werden (Beispiele)

Forschung im Zoo: Braunbären sind beliebte Studienobjekte für Forschungsarbeiten. Dabei kann es um Grundlagenforschung gehen, etwa zur Anatomie, Ontogenese, Physiologie oder Ethologie, aber auch um die Prüfung und gegebenenfalls Optimierung der Haltungsbedingungen und somit zur Erhöhung des Tierwohls, wie etwa zur Gruppenzusammensetzung, Umweltanreicherung, Neugestaltung von Anlagen, Fütterung oder Krankheitsgeschehen und tierärztliche Maßnahmen [5; 6; 9; 12; 13; 15; 17; 19; 20; 21].

Mindestanforderungen an Gehege: Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Braunbären eine Landfläche von 150 m² und ein Wasserbecken von 50 m² mit einer mittleren Tiefe von 1 m vor. Für jeden weiteren Bären ist die Landfläche um 20 und die Wasserfläche um 2 m² zu erhöhen, (was allerdings eine unsinnige Bestimmung ist). Für jedes Tier ist eine Schlafbox von 6 m² vorzusehen. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für 1-2 Tiere ein Gehege von 300 m² erforderlich, was ein Becken von 20 m² mit einer mittleren Tiefe von 1.5 m einschließt. (Wenn die zuständige Behörde auf dieser Wassertiefe besteht, empfiehlt es sich, die Beckenfläche zu erhöhen). Pro Tier ist eine Schlafbox von 6 m² notwendig.

In Deutschland sah das Säugetiergutachten’96 für ein Außengehege für zwei Braunbären 150 m² und für jedes weitere Tier zusätzlich 20 m² vor. Das war zweifellos anpassungsbedürftig. Allerdings sollten sich, wie bei anderen solitär lebenden Tieren, die Maße für die Grundeinheit eines Geheges auf ein Einzeltier beziehen und nicht, wie im Säugetiergutachten 2014 des BMEL auf drei Tiere. Für bestehende Anlagen wäre demnach eine Fläche von 150 m² für jedes Tier zu fordern. Dies erlaubt, bestehende Bärenanlagen, die kleiner sind als 500 m², die sich aber für die Haltung (zumeist älterer) Einzelbären eignen, weiter zu nutzen. Weil Bären grundsätzlich solitär lebende Tiere sind, ist die Einzelhaltung auf relativ kleinem Raum in vielen Fällen mit weniger Stress verbunden als die Haltung einer zusammengewürfelten Gruppe von Bärinnen und kastrierten Bärenmännern, wie sie von „Bärenrettungsparks“ praktiziert wird. Für drei Tiere wären 450 m² erforderlich, was in der Größenordnung der Vorgabe des Gutachtens (500 m²) liegt. Dass das Gutachten für Kodiak- und Kamtschatkabär Außengehege von 600 anstatt 500 m² vorsieht, ist nicht nachzuvollziehen, zumal es namentlich in Anbetracht des Sexualdimorphismus bei den verschiedenen Unterarten zu einer Überlappung der Größe der Individuen kommt. Institutionen, die Kodiak- oder Kamtschatkabären halten, stellen auch infrage, dass diese Schlafboxen benötigen, die größer als 6 m² sind. Dass die Innenboxen in jedem Fall verbindbar sein müssen ist nicht einzusehen, bei Wurfboxen wäre dies ohnehin kontraindiziert. Je nach Konstellation des Stallgebäudes sind unterschiedliche Möglichkeiten denkbar.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Braunbär wurde erstmals 1758 von Carl von LINNÈ unter seinem heute noch gültigen wissenschaftlich Namen beschrieben. Er ist sehr nahe mit dem Eisbären (Ursus maritimus) verwandt und es kann zu Hybridisierungen kommen, wobei die Nachkommen fruchtbar sind. Ein solcher "Breisbär" ist z.B. im Zoo Osnabrück und war früher im Zoo Salzburg zu sehen. Es wurden zahlreiche Unterarten beschrieben; Nach HANDBOOK werden noch deren 14 anerkannt, obwohl bereits 1998 festgestellt wurde, dass man in Nordamerika nur zwei Unterarten differenzieren könne. Die isolierten Abruzzen- (U. a. marsabicus) und Pyrenäenbären (U.a. pyrenaicus) gelten gegenwärtig als U. a. arctos, der Hokkaido-Braunbär (U. a. yesoensis) als lasiotus. Im Interesse des Artenschutzes sollten dringend morphologische und molekulargenetische Studien an Bären aus unterschiedlichen Populationen durchgeführt werden, um die Systematik zu klären [10; 26; 27].

  • Europäischer Braunbär (U. a. arctos): Europa ohne Kaukasus
  • Kamtschtakabär (U. a. beringianus): Nordost-Sibirien, Halbinsel Kamtschatka
  • Sibirischer Braunbär (U. a. collaris): Östlich des Jenissei, ohne extremen Osten
  • Isabellbär (U. a. isabellinus): Nordindien bis Zentralasien
  • Ussuri-Braunbär (U. a. lasiotus): Sibirien, China, Nordkorea, Japan (Hokkaido)
  • Tibet-Braunbär (U. a. pruinosus): Tibet, Sichuan
  • Syrischer Braunbär (U. a. syriacus): Kaukasusregion
  • Grizzlybär (U. a. horribilis): Nordamerika, einschließlich alascensis,dalli, gyas, sitkensis und stikeenensis
  • Kodiakbär (U. a. middendorffi): Kodiak und benachbarte Inseln

Literatur und Internetquellen

  1. ALMASAN, H. (1994)
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  4. CITES TRADE DATA BASE
  5. DIETERMANN, A. (1996)
  6. FRAUNDORFER, K. (2012)
  7. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  8. KACZENSKY, P. (2000)
  9. KEMPF, H. (1999)
  10. KITCHENER, A. (2010)
  11. KOLTER, L., KAMPHORST, N.F. & RUVEN, S.A.W. (2007)
  12. KOLZENBURG, Ch. (2003)
  13. KRÄMER, M. (2001)
  14. KRIEGER-HUBER, S. (2008)
  15. MARKOWSKI, S. (2013)
  16. McLELLAN, B.N. et al. (2017). Ursus arctos (amended version of 2017 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T41688A121229971. http://www.iucnredlist.org/details/41688/0. Downloaded on 21 June 2018.
  17. MEINERT, A. (2014)
  18. ORSO PROVINCIA TRENTINO / AUTONOME PROVINZ TRIENT, BERICHTE ÜBER GROßE BEUTEGREIFER
  19. QUEST, M. (2002)
  20. PREUSS, A. (2008) (Hybride x Eisbär)
  21. TAGGER, K. (2011)
  22. TESTER, U. (2009)
  23. USHER SMITH, J. & KOLTER, L. (2007)
  24. VOLMAR, F. A. (1940)
  25. WEIGL, R. (2005)
  26. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  27. PAETKAU, D., SHIELDS, G. F. & STROBECK, C. (1998/2002)
  28. MOLINARI-JOBIN, A. & MOLINARI, P. (2021)
  29. BEUTEGREIFER.AT
  30. LA STAMPA vom 11. April 2023

ferner Pressemitteilungen der Zoos

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Donnerstag, 14 Juni 2018 12:34

Kragenbär

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Bären (Ursidae)
Unterfamilie: Eigentliche Bären (Ursinae)

D VU 650

EEPKragenbär

Ursus thibetanus • The Asian Black Bear • L'ours à collier

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Kragenbär (Ursus thibetanus) im Zoo Halle © Jutta Heuer, Zoo Halle

 

 

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Approximative Verbreitung des Kragenbären (Ursus thibetanus). Rot: ausgerottet.; dunkelblau: noch vorhanden oder möglicherweise noch vorhanden

 

 

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Südostasiatische Kragenbären (Ursus thibetanus thibetanus) im Saigon Zoo,Ho-Chi-Minh City © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Japanischer Kragenbär (Ursus thibetanus japonicus) im Ueno Zoo, Tokyo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Kragenbär (Ursus thibetanus) der braunen Farbphase, ehemals im Zoo Seeteufel, Studen bei Biel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Ussuri-Kragenbär (Ursus thibetanus ussuricus) im Zoologická zahrada Chleby © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Ussuri-Kragenbär (Ursus thibetanus ussuricus) im Zoo Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Badender Kragenbär (Ursus thibetanus) im Zoo Halle © Jutta Heuer, Zoo Halle

 

 

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Kragenbär (Ursus thibetanus) ehemals im Zoo Seeteufel, Studen bei Biel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Kragenbärin "Mäuschen" (Ursus thibetanus) mit Katze im Zoo Berlin © Zoo Berlin (Pressefoto)

 

 

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Kragenbär (Ursus thibetanus) im Zoo Halle © Jutta Heuer, Zoo Halle

 

 

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Kragenbär (Ursus thibetanus) im Zoo Breslau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Kragenbär (Ursus thibetanus) im Zoo Breslau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Kragenbär (Ursus thibetanus) im Zoo von Mährisch-Ostrau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Kragenbär (Ursus thibetanus) im Zoo Breslau © Wolfgng Dreier, Berlin

 

 

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Haltung einer großen Gruppe von Kragenbären (Ursus thibetanus) gemeinsam mit Breitmaulnashörnern in einem befahrbaren Gehege im Safari africain de Sigean (Aufnahme von 1988) © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Kragenbärin mit Jungtier (Ursus thibetanus) ehemals im Zoo Seeteufel, Studen bei Biel. Die kleine, wenig strukturierte Anlage wurde umgebaut und wird heute anderweitig genutzt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Gruppenhaltung von Kragenbären (Ursus thibetanus) in den 1970er-Jahren in einem heute nicht mehr existierenden Kleinzoo in der Schweiz. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Der wegen des illegalen Handels vor allem mit Gallenblasen für die Zwecke der traditionellen chinesischen Medizin gefährdete Kragenbär wird heute nicht mehr sehr häufig in europäischen Zoos gehalten. Wo vorhanden, kann er zoopädagogisch als Beispiel dafür eingesetzt werden, wie die vermeintliche medizinische Wirkung von Körperteilen die illegale Jagd befördert und katastrophale Auswirkungen auf die Bestände der betroffenen Tierart haben kann.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Kragenbär ist ein mittelgroßer Bär, etwa kleiner als der Baribal. Seine Kopf-Rumpfänge beträgt 110-175(-220) cm, die Schulterhöhe etwa 75 cm, die Schwanzlänge 5-12(-16) cm. Bären werden 90-180(-240) kg schwer, Bärinnen 35-140(-170) kg. Entsprechend der Bergmannschen Regel sind Tiere aus kalten Klimaten,die  nördlichen Ussuri-Kragenbären (Ursus thibetanus ussuricus) oder jene der zentralasiatischen Hochgebirge (Ursus thibetanus laniger), größer als solche aus wärmeren Regionen. Die meisten Kragenbären sind schwarz, es gibt aber auch eine braune Farbphase, die namentlich im Südwesten des Verbreitungsgebiets (Ursus thibetanus gedrosianus) häufig auftritt. Größe und Form des namengebenden "Kragens", eines weißen, mehr oder weniger V-förmigen oder halbmondartigen Flecks auf der Brust, variieren beträchtlich. Ebenso die Länge des Fells; insbesondere können die Halsmähne und die Backenbärte mehr oder minder stark ausgeprägt sein [1; 3; 9; 12].

Verbreitung

Süd-, Südost- und Ostasien: Afghanistan, Bangladesch, Bhutan, Burma, China, Indien, Iran, Japan, Kambodscha, Nord- und Südkorea, Laos, Nepal, Pakistan, Russland, Taiwan, Thailand, Vietnam. In Teilen des Verbreitungsgebiets (z.B. Laos) kommen Kragen- und Malaienbär sympatrisch vor [6].

Lebensraum und Lebensweise

Kragenbären sind Einzelgänger, die nur zur Paarungszeit oder in Mutterfamilien zusammen sind. In Waldgebieten sind sie hauptsächlich tagsüber und in der Dämmerung aktiv, in offenen Landschaften gehen sie nachts auf Futtersuche. Sie haben Streifgebiete, die bei Bärinnen meist (10-)20-60 km², bei Bären das Doppelte messen. Sie besiedeln hauptsächlich Laub- Misch- und Koniferenwälder von den gemäßigten Breiten bis in die Tropen. Regional sind sie in Waldsteppen anzutreffen, wo sie Galeriewälder und aufgegebene Dattelpflanzungen nutzen. Saisonal gehen sie auch auf alpine Rasen bis auf eine Höhe von 4'500 m. Auch die Erwachsenen sind sehr gute Kletterer, welche hoch in die Bäume hinaufsteigen, um an Nahrung zu kommen [2; 6; 10].

Kragenbären sind Allesfresser, deren Speiseplan je nach Region und jahreszeitlichem Angebot variiert. Im Frühjahr werden Schösslinge und Bambussprossen, im Sommer Insekten und fleischige Früchte und im Herbst hauptsächlich Nüsse, Eicheln etc. aufgenommen. In den Tropen, wo Früchte ganzjährig verfügbar sind, machen diese den Hauptteil der Nahrung aus. In Thailand z.B. fressen die Bären Früchte von über 80 Baumarten aus etwa 30 verschiedenen Familien. Gebietsweise ist Fleisch eine wichtige Komponente ihrer Diät, wobei es sich um selbst erlegte Beute oder um Aas handeln kann, oft um die Überreste von Tiger-Mahlzeiten. Wie Braunbären machen sie sich dadurch unbeliebt, dass sie gelegentlich Kleinvieh töten, Obstgärten, Rebberge und Äcker plündern oder Bienenstöcke ausräumen oder bei Nahrungsknappheit ins Siedlungsgebiet eindringen und sich an Abfällen gütlich tun [2; 6; 13].

Im Norden des Areals ziehen sich die Tiere beider Geschlechter in eine Fels-, Erd- oder Baumhöhle oder unter einen umgestürzten Baum zurück, um eine Winterruhe zu machen, die zwischen Oktober und Dezember beginnt und bis Mitte März oder Ende Mai dauert. Südlich des Himalayas ziehen sich nur die trächtigen Bärinnen für die Geburt und die erste Phase der Jungenaufzucht zurück [6].

Die Paarungszeit fällt auf Juni bis Juli. Die befruchtete Eizelle macht zuerst eine Keimruhe von 4-6 Monaten durch. Die Embryonalentwicklung dauert zwei weitere Monate. Die meist 1-2, selten bis 4 Jungen kommen zwischen November und März zur Welt. Das Alter erstgebärender Bärinnen liegt bei 4-5 Jahren [6; 13].

Gefährdung und Schutz

Das illegale Töten von Kragenbären und der Handel mit Bärenprodukten (vor allem Galle) sowie das damit zusammenhängende Einfangen von Jungtieren für Bärenfarmen bedrohen die Bestände stark. Auch der Verlust von Lebensraum stellt eine große Gefahr dar, da dadurch das Verbreitungsgebiet immer mehr schrumpft. Die Bestände gehen in den meisten Gebieten zurück, am stärksten in Südost-Asien und China. Nur in Japan scheint ihre Anzahl zuzunehmen. Zahlen zur Gesamtpopulation sind nicht verfügbar, aber es wird geschätzt, dass die Bestände in den letzten 30 Jahre (drei Generationen) um 30 - 49 % abgenommen haben und dass dieser Rückgang auch in den nächsten 30 Jahren anhalten wird, wenn keine strikten Schutzmassnahmen durchgeführt werden. Dazu wären systematische Bestandsuntersuchungen notwendig, wie sie z.B. in Laos durchgeführt wurden, andernorts aber noch fehlen [9]. Der Kragenbär wird deshalb aufgrund einer Überprüfung aus dem Jahr 2016 als gefährdet beurteilt (Rote Liste: VULNERABLE) [6].

Der Handel ist nach CITES-Anhang I eingeschränkt.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Die französische Association Anoulak engagiert sich im Schutz des 3'500 km² großen Nakai-Nam Theun-Nationalparks in Laos. Seit 2016 setzt sie in Zusammenarbeit mit den lokalen Behördee Patrouillen aus ausgebildeten lokalen Dorfbewohnern zur Bekämpfung der Wilderei ein, bietet Umweltbildung in den Dorfschulen und ein entsprechendes Ausbildungsprogramm für die Lehrkräfte an, und führte ein dreijähriges Programm zur nachhaltigen Entwicklung der Dorfgemeinschaften im Nakai-Distrikt durch. Von diesen Maßnahmen profitiert u.a. der Kragenbär. Anoulak wird von rund 15, hauptsächlich europäischen Zoos, vom französischen Zooverband und von der ZGAP unterstützt. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Bärengalle ist seit Jahrtausenden ein wichtiger Bestandteil der traditionellen chinesischen Medizin, wo sie für die unterschiedlichsten Indikationen eingesetzt wird. Erstmals schriftlich dokumentiert wurde ihrer Anwendung im Jahr 659 v. Chr. im Rahmen der ersten chinesischen Pharmakopoe. Zugeschrieben wurde ihr Heilwirkung gegen Fieber, Entzündungen, Leberbeschwerden, Darmkrämpfe, vermindertes Sehvermögen und Gallensteine. Tatsächlich hat die in der Galle enthaltene  Ursodeoxycholinsäure pharmakologische Wirkungen, die auch in der westlichen Medizin eingesetzt werden. Sie könnte aber synthetisch hergestellt werden, d.h. ohne dass Kragenbären gewildert oder zur Entnahme der Galle unter völlig inakzeptablen Bedingungen gehalten werden [6].

Die Mengen der im internationalen Handel registrierten Körperteile und Derivate lässt keine Rüchschlüsse auf die Zahl der betroffenen Tiere zu. Von 1977-2017 wurde weltweit der Export von 232 lebenden Wildfängen registriert. Nach Abzug der hin- und her reisenden Zirkusbären verbleiben 89 Ausfuhren aus Japan und 14 aus der Sowjetunion bzw. Russland. Im selben Zeitraum wurden 456 Nachzuchttiere international verschoben, davon 184 aus Japan und 106 aus der Sowjetunion bzw. Russland [4].

Kulturelle Bedeutung: Im Shintoismus ist der Kragenbär das Symboltier des Berggotts Yama-no-Kami.

Haltung im Zoo

WEIGL gibt als Höchstalter 39 Jahre und 11 Monate für ein im Whipsnade Wild Animal Park geborenes Tier an [12]. Mittlerweile liegt der Rekord bei 42 Jahren, 10 Monaten und 23 Tagen, erreicht von der Kragenbärin "Mäuschen" im Berliner Zoo. Geboren war sie am 24. November 1967 im Nürnberger Tiergarten. Zur Eröffnung der neuen Tropenbärenanlagen, zog sie im September 1968 in den Berliner Zoo ein. Hier hatte sie im Laufe der Jahre zehnmal Nachwuchs, letztmals 1997. Sie gebar insgesamt 16 Junge, von denen sie 15 aufzog [1]. Berühmt wurde sie durch die Tatsache, dass sie in den letzten Jahren auf ihrer Außenanlage zusammen mit einer schwarzen Hauskatze, die eines Tages auf der Außenanlage gesichtet wurde, friedlich in einer tierischen Wohngemeinschaft lebte und sogar das Futter mit ihr teilte. Im Herbst 2003, zum Beginn der Umbauarbeiten der jetzigen Braunbärenanlage, musste Mäuschen in ein abseits der Besucher liegendes Gehege auf dem Innenhof der Bärenanlage einziehen. Am 16. November 2010 wurde sie wegen fortgeschrittener, schmerzhafter Altersbeschwerden eingeschläfert [PM Zoo Berlin].

Haltung in europäischen Zoos:
Heute wird die Art in gegen 60 europäischen Zoos gehalten, bei etwa zwei Dritteln handelt es sich um Ussuri-Kragenbären in Zoos des ehemaligen Ostblocks. Im deutschsprachigen Raum ist die Haltung am Auslaufen, der Tierpark Dessau hat jedoch 2021 die Initiative ergriffen, Ussuri-Kragenbären aus Russland zu importieren. Früher waren Kragenbären in Mitteleuropa weitaus häufiger, BREHM gibt an, sie seien "in allen größeren Thiergärten zu sehen" [2]. Auch im 20. Jahrhundert war der Kragenbär nach dem Braunbären die zweithäufigste Art in unseren Zoos. Allein in der Schweiz gab es in den 1970er-Jahren ein halbes Dutzend Haltungen, von denen zwei nach Inkraftteten des Tierschutzgesetzes beendet werden mussten und die übrigen alle im Laufe der Zeit verschweanden. Da die Kragenbären gut züchteten, wurden überzählige Tiere oft geschlachtet und der menschlichen Ernährung zugeführt. So schlachtete z.B. 1972 der damals mausarme Breslauer Zoo zwei Kragenbären, um die Teilnehmer des Internationalen Zootierärzte-Symposiums zu verköstigen. Das Ergebnis hatte den Teilnehmern durchaus gemundet. Heute liegt der Haltungsschwerpunkt in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, wo der Ussuri-Kragenbär (Ursus thibetanus ussuricus) gepflegt wird. Bei den meisten übrigen Tieren ist der Unterart-Status unbekannt. Für Details siehe Zootierliste.

Das Europäische Zuchtbuch wird seit 2017 am Warschauer Zoo geführt. Die Bärenspezialisten-Gruppe der EAZA hat Empfehlungen für Bau und Gestaltung neuer, die sinnvolle Verwendung alter Anlagen sowie den Einsatz von Programmen zur Umweltanreicherung herausgegeben [7; 10].

Forschung im Zoo: Nachdem Kragenbären in Europa nicht häufig gehalten werden, sind sie auch nur selten Gegenstand von Forschungsarbeiten. Dabei werden sie oft im Kontext mit anderen Arten abgehandelt, etwa im Rahmen von Untersuchungen zur Fortpflanzungsphysiologie und Geburtenkontrolle bei in Menschenhand gehaltenen Bären oder zum Ruhe- und Schlafverhalten von Bären und Kleinbären [5; 8].

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten’96 des BMEL sah für ein Außengehege für zwei Kragenbären 150 m² und für jedes weitere Tier zusätzlich 20 m² vor. Das war zweifellos anpassungsbedürftig. Allerdings sollten sich, wie bei anderen solitär lebenden Tieren, die Maße für die Grundeinheit eines Geheges auf ein Einzeltier beziehen und nicht, wie im Säugetiergutachten 2014 des BMEL auf drei Tiere. In manchen europäischen Zoos werden Kragenbären heute noch in größeren Gruppen gehalten, was einigermaßen funktioniert. Weil Bären aber grundsätzlich solitär lebende Tiere sind, ist die Einzelhaltung in vielen Fällen mit weniger Stress verbunden als die Gruppenhaltung. Für bestehende Anlagen wäre demnach eine Fläche von 150 m² für jedes Tier zu fordern, d.h. für drei Tiere 450 m², was in der Größenordnung der Vorgabe des Gutachtens (500 m²) liegt. Dass die Innenboxen in jedem Fall verbindbar sein müssen ist nicht einzusehen, bei Wurfboxen wäre dies ohnehin kontraindiziert. Je nach Konstellation des Stallgebäudes sind unterschiedliche Möglichkeiten denkbar.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Kragenbären eine Landfläche von 150 m² und ein Wasserbecken von 50 m² mit einer mittleren Tiefe von 1 m vor. Für jeden weiteren Bären ist die Landfläche um 20 und die Wasserfläche um 2 m² zu erhöhen, (was allerdings eine unsinnige Bestimmung ist). Für jedes Tier ist eine Schlafbox von 6 m² vorzusehen. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für 1-2 Tiere ein Gehege von 300 m² erforderlich. Ein Badebecken ist interessanterweise nicht vorgeschrieben, obwohl Kragenbären ebenso gerne baden, wie Braunbären. Pro Tier ist eine Schlafbox von 6 m² notwendig.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Kragenbär wurde 1823 vom französischen Naturforscher und Direktor der Ménagerie von Paris, Georges CUVIER, unter seinem heute noch gültigen Namen beschrieben. Zeitweilig wurde er in einer Gattung Selenarctos geführt. Gegenwärtig werden 7 Unterarten anerkannt [13].

Literatur und Internetquellen

  1. BLASZKIEWITZ, B. (2010)
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  4. CITES TRADE DATA BASE
  5. DIETERMANN, A. (1996)  
  6. GARSHELIS, D. & STEINMETZ, R. (2020). Ursus thibetanus (amended version of 2016 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T22824A166528664. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-3.RLTS.T22824A166528664.en . Downloaded on 17 December 2020.
  7. KOLTER, L., KAMPHORST, N.F. & RUVEN, S.A.W. (2007)
  8. QUEST, M. (2002)
  9. SCOTSON, L. (2013)
  10. SMITH, A. T. & XIE, Y. (Hrsg., 2008)
  11. USHER SMITH, J. & KOLTER, L. (2007)
  12. WEIGL, R. (2005)
  13. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Donnerstag, 14 Juni 2018 12:34

Lippenbär

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Bären (Ursidae)
Unterfamilie: Eigentliche Bären (Ursinae)

D VU 650<

EEPLippenbär

Melursus ursinus • The Sloth Bear • L'ours lippu des Indes

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Lippenbär (Melursus ursinus) im NaturZoo Rheine © Achim Johann, NaturZoo Rheine

 

 

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Approximative Verbreitung des Lippenbären (Melursus ursinus). Dunkelblau: Gegenwärtig noch vorhanden oder möglicherweise noch vorhanden; rot: ausgerottet

 

 

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Lippenbär (Melursus ursinus) im Zoo Sofia © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Sri Lanka-Lippenbär (Melursus ursinus inornatus) im Zoo Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Sri Lanka-Lippenbär (Melursus ursinus inornatus) im Zoo Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Zwei Tage alter Lippenbär (Melursus ursinus) im Zoo Rheine © Zoo Rheine (Pressefoto)

 

 

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Zwei Monate alter Lippenbär (Melursus ursinus) im Zoo Berlin © Zoo Berlin (Pressefoto)

 

 

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Drei Monate alter Lippenbär (Melursus ursinus) "Balou" im Zoo Berlin © Zoo Berlin (Pressefoto)

 

 

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Drei Monate alter Lippenbär (Melursus ursinus) "Balou" im Zoo Berlin © Zoo Berlin (Pressefoto)

 

 

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Drei Monate alter Lippenbär (Melursus ursinus) "Balou" im Zoo Berlin beim ersten Spaziergang im Außengehege © Zoo Berlin (Pressefoto)

 

 

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Junger Lippenbär (Melursus ursinus) auf Mutter reitend im Zoo Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Junger Lippenbär (Melursus ursinus) mit Mutter im Zoo Berlin © Zoo Berlin (Pressefoto)

 

 

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Auseinandersetzung zwischen Lippenbär (Melursus ursinus) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Lippenbär (Melursus ursinus) im Zoo Leipzig © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Lippenbär (Melursus ursinus) als Reittier für jungen Rhesusaffen © Zoo Leipzig (Pressefoto)

 

 

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Lippenbär (Melursus ursinus) auf nicht-tiergerechter Anlage in einem osteuropäischen Zoo im Jahr 1988 © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Lippenbären-Motiv auf Briefmarke. Vereinte Nationen

 

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Der in seiner Heimat gefährdete Lippenbär wird heute nicht mehr sehr häufig in europäischen Zoos gehalten. Wo vorhanden, kann er als Beispiel dafür eingesetzt werden, wie die vermeintliche medizinische Wirkung von Körperteilen die illegale Jagd befördert und katastrophale Auswirkungen auf die Bestände der betroffenen Tierart haben kann, zudem ist er aufgrund seiner von anderen Bären abweichenden Anatomie zoopädagogisch interessant.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Lippenbär ist ein mittelgroßer Bär, etwa vom Kaliber eines Baribals. Seine Kopf-Rumpflänge beträgt 130-180(-190) cm, die Schulterhöhe etwa 65-100 cm, die Schwanzlänge 10-12(8-17) cm. Bären werden 70-145(-190) kg schwer, Bärinnen 50-95(-120) kg. Tiere aus Sri Lanka sind etwas kleiner als solche vom Festland. Die Schnauze ist hell und kaum behaart, die Lippen sind verlängert, sehr beweglich und ausstülpbar. Die schmale Zunge ist bis 25 cm lang und kann weit herausgestreckt werden. Die Nasenlöcher können geschlossen werden. Die elfenbeinfarbigen Krallen der Vorderpfoten sind bis 8 cm lang, jene der Hinterfüße um die Hälfte kürzer. Die meisten Lippenbären sind schwarz, es gibt aber auch braune. Auf der Brust haben sie einen U- oder Y-förmigen, weißen, gelblichen oder bräunlichen Fleck. Das Fell ist rau und zottelig, die Haare bis 20 cm lang [1; 2; 14].

Wie für Bären typisch, besitzt der Lippenbär als Jungtier im Milchgebiss 42 Zähne. Als besondere Spezialisierung an die primär aus Termiten und Ameisen bestehende Nahrung werden aber die oberen zwei Incisivi im Nachhinein reduziert. Die Größe der übrigen Zähne nimmt ebenfalls ab, so können die Insekten direkt ins Maul gesaugt und verschluckt werden [7].

Verbreitung

Südasien: Bhutan, Indien, Nepal, Sri Lanka. In Bangladesch vermutlich ausgestorben [4].

Lebensraum und Lebensweise

Lippenbären besiedeln vor allem tiefere Lagen bis etwa 1'500 m, in den Western Ghats bis 2'000 m. Sie nutzen unterschiedlichste Lebensräume: tropische Feuchtwälder, Trockenwälder, Busch, Savanne und Grasland. Sie ernähren sich vorab von Ameisen und Termiten, wobei ihnen ihre langen Grabklauen zum Öffnen der Termitenbauten dienlich sind, sowie von Früchten. Nach dem Eröffnen eines Termitenbaus strecken sie ihre Schnauze in das Loch, saugen die Insekten ein und blasen Schmutzpartikel wieder aus, eine Tätigkeit, die mit erheblichem Geräusch verbunden ist. Bei den Früchten wird eher Fallobst gefressen als auf die Bäume geklettert. Ein erwachsener Lippenbär hat keine ernstzunehmenden Feinde. Selbst der Tiger mag sich nicht mit diesem wehrhaften Dschungelbewohner einlassen. Deshalb gehört der Lippenbär zu den wenigen Tieren, die sich einen tiefen, ausgiebigen Schlaf gönnen können. Weil er sich beim Schlafen nicht stören ließ, hielten ihn die alten Indienfahrer zunächst für ein Riesenfaultier, und auf Englisch heißt er heute noch "Sloth Bear", Faultier-Bär [4; 8; 14].

Lippenbären sind Einzelgänger, die nur zur Paarungszeit oder in Mutterfamilien zusammen sind. In Waldgebieten sind sie tagsüber oder während der Nacht aktiv. Sie haben Streifgebiete, die sehr unterschiedlich groß sind, auf Sri Lanka bei Bärinnen ab 2 km², bei Bären ab 4 km². Andererseits wurden in Indien Flächen bis zu 100 km² ermittelt. Die Streifgebiete überlappen sich, allerdings scheinen Bärinnen die Kernzonen als exklusive Territorien zu beanspruchen [13].

Lippenbären machen keine Winterruhe. Die Fortpflanzungszeit fällt auf Mai bis Juli, wobei sich beide Geschlechter mit jeweils mehreren Partnern paaren. Die befruchtete Eizelle macht zuerst eine Keimruhe von durch. Die gesamte Trächtigkeit dauert um die 7 Monate. Die meist 1-2 Jungen kommen zwischen November und Januar in einer natürlichen oder von der Mutter gegrabenen Höhle zur Welt. Sie verlassen den Bau mit 2.5 bis 3 Monaten. Während 6-9 Monaten reiten die Jungen oft auf dem Rücken der Mutter. Sie werden 12-14 Monate gesäugt und bleiben 1.5-2.5 Jahre bei der Mutter [14].

Gefährdung und Schutz

Aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 gilt der Lippenbär als gefährdete Tierart (Rote Liste: VULNERABLE), hauptsächlich durch Verlust des Lebensraums und illegale Bejagung. Es werden auch junge Lippenbären lebend gefangen, um als Tanzbären abgerichtet zu werden. Es liegen keine verlässlichen Schätzungen der Bestände vor, aber vermutlich liegt der Gesamtbestand unter 20'000 Individuen. Nachdem projiziert wird, dass die Bevölkerung Indiens in den nächsten drei Jahrzehnten um 366 Millionen Menschen wachsen wird, lässt vermuten, dass es bis dann außerhalb von Schutzgebieten kaum noch Lippenbären geben wird [4].

Der Handel ist seit 1990 nach CITES-Anhang I eingeschränkt. Motivation für die Aufnahme in Anhang I waren illegale Ausfuhren von Gallenblasen.

Bedeutung für den Menschen

Zumindest früher kam es relativ häufig zu Angriffen von Lippenbären auf Menschen, die oft zu bösen Gesichtsverletzungen führten, was z.B. HEDIGER, der die Angriffe als kritische Reaktion der die im tiefen Schlaf aufgeschreckten Bären interpretiert, fotografisch dokumentiert [1; 8].

Wirtschaftliche Bedeutung: Lippenbären werden zur Gewinnung ihrer Geschlechtsteile als Aphrodisiakum, von Knochen, Zähnen und Klauen zum Vertreiben böser Geister sowie von Fett als Heil- oder Haarwuchsmittel für den Hausgebrauch oder ihrer Galle für den Handel illegal gejagt, allerdings auf tiefem Niveau. Ebenfalls abgenommen hat das Einfangen von Jungtieren als Tanzbären für Gaukler. Im Rahmen von CITES wurden im Zeitraum 1977-2017 lediglich die Ausfuhr von einem lebenden Wildfang aus Sri Lanka und von 6 sowie einem "Body" aus Indien registriert. Im selben Zeitraum wurden 48 Nachzuchttiere international verschoben, wovon 14 aus Indien und 12 aus Sri Lanka stammten [3; 4].

Kulturelle Bedeutung: Der Lippenbär heißt auf Hindi Bhalu und auf Bengali Bhalluk, er ist also "Balu, der Bär" in Rudyard KIPLINGs Dschungelbuch - und nicht etwa der Braunbär, wie uns Walt DISNEY glauben machen möchte [9]. Dementsprechend wird "Balu" oder "Balou" in Zoos als Hausname für einzelne Tiere verwendet, z.B. für ein im Winter 2016/17 im Zoo Berlin geborenes Jungtier [PM Zoo Berlin].

Haltung im Zoo

In ihrer Heimat als gefährlichstes Raubtier gefürchtet, können Lippenbären im Zoo sehr zahm und zuverlässig werden. In Basel gab es in den 1940er-Jahren  einzelne Besucher, die - zum Entsetzen des Personals - den Lippenbären durch das Gitter hindurch die Pfoten streichelten, oder die langen Lippen mit den Fingern zurücklegten, um Einzelheiten des Gebisses zu demonstrieren [8]. Früher war es durchaus üblich die drei asiatischen Tropenbären auf einer gemeinsamen Anlage zu halten, eventuell gar mit weiteren Bärenarten, wie um 1960 in Hannover. Dies ging nicht immer gut. Im Zoo Zürich wurde 1960 und 1964 je ein weiblicher Lippenbär von einer Kragenbärin, ev. Malaienbärin getötet [6]. Lippenbären können im Zoo ein Alter von über 33 Jahren erreichen [13]. Seit 1996 gibt es ein Internationales Zuchtbuch, das ehemals vom Zoo Rhenen, jetzt von der Madai Wildlife Group geführt wird, und in dem im Februar 2016 insgesamt 490 lebende Tiere in 50 Institutionen erfasst waren [IZY 52].

Haltung in europäischen Zoos:
Die Art wird nur in wenigen Zoos gehalten, von denen sich etwa die Hälfte im deutschsprachigen Raum befinden. Die Tiere gehören überwiegend der Nominatform an. Für Details siehe Zootierliste.

Die europäische Erstzucht glückte 1963 im Zoo Leipzig. Seit 1990 gibt es ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das seit 2023 vom Allwetterzoo Münster als "New Style EEP" koordiniert wird. Die Bärenspezialisten-Gruppe der EAZA hat Empfehlungen für Bau und Gestaltung neuer, die sinnvolle Verwendung alter Anlagen sowie den Einsatz von Programmen zur Umweltanreicherung herausgegeben [10; 12].

Wie Lippenbären gehalten werden (Beispiele):

Forschung im Zoo: Mit dem Ziel, wissenschaftliche Grundlagen zur Verbesserung der Haltung von Lippenbären in menschlicher Obhut zu schaffen, wurde an Zoo und Uni Leipzig eine Dissertation zur Haltung, Fütterung, Fortpflanzung und Krankheitsgeschehen des Lippenbären in Zoologischen Gärten unter besonderer Berücksichtigung des Metastasierenden Extrahepatischen Gallengangskarzinomes (MEG) verfasst. Für das MEG wurde bei den adulten Lippenbären eine Inzidenz von 47,6 % ermittelt. Es ist somit die häufigste Todesursache [11].

Da Lippenbären in Europa nicht häufig gehalten werden, sind sie ansonsten selten Gegenstand von Forschungsarbeiten. Dabei werden sie oft im Kontext mit anderen Arten abgehandelt, etwa im Rahmen von Untersuchungen zur Fortpflanzungsphysiologie und Geburtenkontrolle bei in Menschenhand gehaltenen Bären oder in einer Arbeit über Ursidae in der Sammlung von Koenigswald [5; 7].

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten’96 des BMEL sah für ein Außengehege für zwei Lippenbären 150 m² und für jedes weitere Tier zusätzlich 20 m² vor. Das war zweifellos anpassungsbedürftig. Allerdings sollten sich, wie bei anderen solitär lebenden Tieren, die Maße für die Grundeinheit eines Geheges auf ein Einzeltier beziehen und nicht, wie im Säugetiergutachten 2014 des BMEL auf drei Tiere. Weil Bären solitär lebende Tiere sind, ist die Einzelhaltung in vielen Fällen mit weniger Stress verbunden als die Gruppenhaltung. Für bestehende Anlagen wäre demnach eine Fläche von 150 m² für jedes Tier zu fordern, d.h. für drei Tiere 450 m², was in der Größenordnung der Vorgabe des Gutachtens (500 m²) liegt. Dass die Innenboxen in jedem Fall verbindbar sein müssen ist nicht einzusehen, bei Wurfboxen wäre dies ohnehin kontraindiziert. Je nach Konstellation des Stallgebäudes sind unterschiedliche Möglichkeiten denkbar.

Da sich an der Situation, dass Lippenbären ausschließlich in EAZA Zoos gehalten werden, kaum etwas ändern wird, ist davon auszugehen, dass sich Neuanlagen hinsichtlich Dimensionen und Ausstattung an den umfangreichen Empfehlungen der EAZA orientieren werden und nicht am Gutachten.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Lippenbären eine Landfläche von 150 m² und ein Wasserbecken von 50 m² mit einer mittleren Tiefe von 1 m vor. Für jeden weiteren Bären ist die Landfläche um 20 und die Wasserfläche um 2 m² zu erhöhen, (was allerdings eine unsinnige Bestimmung ist). Für jedes Tier ist eine Schlafbox von 6 m² vorzusehen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für 1-2 Tiere ein Gehege von 300 m² und ist pro Tier eine Schlafbox von 8 m² erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Lippenbär wurde ursprünglich wegen seines Verhaltens, seiner Gestalt und des Fehlens der beiden ersten oberen Schneidezähne als Faultier angesehen und 1791 von George SHAW, einem englischen Arzt und Naturforscher, der als Kustos am Britischen Museum tätig war, als "Bradypus ursinus" beschrieben. Erst nachdem zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebende Tiere nach Europa gelangten, stellte man fest, dass er ein echter Bär ist. Zurzeit wird er in die monospezifische Gattung Melursus gestellt, es gibt aber auch Autoren, welche die Meinung vertreten, er gehöre in die Gattung Ursus. Es werden gegenwärtig zwei Unterarten anerkannt, die Nominatform auf dem Festland und Melursus ursinus inornatus auf Sri Lanka [1; 4; 14].

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. DHARAIYA, N. , BARGALI, H.S. & SHARP, T. 2020. Melursus ursinus (amended version of 2016 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T13143A166519315. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-1.RLTS.T13143A166519315.en. Accessed on 17 February 2023.
  5. DIETERMANN, A. (1996)
  6. DOLLINGER, P. (1971)
  7. HARTMANN, D. (2004)
  8. HEDIGER, H. (1949)
  9. KIPLING, R. (2003)
  10. KOLTER, L., KAMPHORST, N.F. & RUVEN, S.A.W. (2007)
  11. LANGGUTH, S. (2002)
  12. USHER SMITH, J. & KOLTER, L. (2007)
  13. WEIGL, R. (2005)
  14. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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