Donnerstag, 14 Juni 2018 14:56

Goldgelbes Löwenäffchen

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Krallenaffen (Callitrichidae)

D EN 650

EEPGoldgelbes Löwenäffchen

Leontopithecus rosalia • The Golden Lion Tamarin • Le singe-lion

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Basel © Jörg Hess, Basel

 

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Aproximative Verbreitung des Goldgelben Löwenäffchens (Leontopithecus rosalia)

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Landau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Frankfurt © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Dvůr Králové © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Magdeburg © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Eberswalde © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Heidelberg © Heidrun Knigge / Zoo Heidelberg

 

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Goldgelbe Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Basel © Jörg Hess, Basel

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Heidelberg © Heidelberg / Heidrun Knigge

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Iglau / Jihlava © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Olmütz © Zoologická zahrada Olomouc

 

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Goldgelbe Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Kölner Zoo © olf Schlosser / Zoo Köln

 

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Das in seinem Ursprungsgebiet stark gefährdete Goldene Löwenäffchen steht im besonderen Interesse der Zoos. Einerseits ist es eine sehr attraktive Tierart, die sich gut als Botschafter für Natur- und Artenschutz in seiner brasilianischen Heimat eignet und daher als Flaggschiffart für die Mâta Atlantica-Kampagne der EAZA diente, andererseits haben verschiedene Zoos den Schutz der Art nicht nur finanziell unterstützt, sondern auch Nachzuchttiere für die Wiederauswilderung zur Verfügung gestellt.

Körperbau und Körperfunktionen

Goldene Löwenäffchen haben eine Kopf-Rumpflänge von 25-33 cm und eine Schwanzlänge von 32-40 cm. Im Mittel sind sie etwa 500 g schwer, einzelne Tiere bringen es auf gegen 800 g. Sie haben längere Hände und Finger als andere Krallenaffen, die es ihnen erlauben, tierische Beute leichter aus Ritzen und Bromelientrichtern herauszuklauben. Die Haut des praktisch nackten Gesichts ist graubraun. Ansonsten ist das ganze Tier mit einem goldgelben Fell bedeckt, das im Kopfbereich mähnenartig verlängert ist [3; 5; 7].

Verbreitung

Tropisches Südamerika: Brasilien (Bundesstaat Rio de Janeiro) [3].

Lebensraum und Lebensweise

Das Goldgelbe Löwenäffchen ist ein Bewohner des Atlantischen Regenwalds bis auf eine Höhe von ca. 500 m der einen Jahresniederschlag von etwa 1'500 mm aufweist. Die Tiere sind ziemlich anpassungsfähig und kommen auch mit Sekundär- und stark beeinträchtigtem Wald zurecht, vorausgesetzt es sind als Schlafplätze geeignete Baumhöhlen und eine ausreichende Nahrungsbasis vorhanden. Sie sind tagaktiv und sind während der warmen Regenzeit länger unterwegs als während der kühlen Trockenzeit. Sie ernähren sich von Früchten, Blüten und Nektar, auch von Baumexsudaten, obwohl ihr Gebiss nicht speziell dazu eingerichtet ist, Baum- und Lianenrinden anzunagen, sowie von Kleintieren, einschließlich Insekten, Spinnen, Schnecken, Baumfröschen und Echsen. Sie leben typischerweise in Gruppen von 3-11, im Mittel 5-6 Tieren, darunter meist nur ein adultes Paar. Die Größe der  Streifgebiete schwankt regional zwischen 21 und 229 ha [1; 5; 7].

In ihrem Ursprungsgebiet bringt das Zuchtweibchen der Gruppe nach einer Tragzeit von etwa 125-132 Tagen meist im September-November in der Regel Zwillinge mit einem Geburtsgewicht von etwa 50-65 g zur Welt. Gelegentlich kann es zwei Würfe in einem Jahr im Abstand von etwa 194 Tagen geben. Die Jungen werden mit etwa drei Monaten entwöhnt und sind mit ca. 15 Monaten geschlechtsreif [1; 5; 7].

Gefährdung und Schutz

Da grosse Teile des Atlantischen Regenwaldes abgeholzt wurden, hat das Goldgelbe Löwenäffchen nur noch ein kleines Verbreitungsgebiet, von dem 1974 ein kleines Stück als Schutzgebiet ausgewiesen wurde. Seit 1982 gilt es als stark gefährdete Tierart (Rote Liste: ENDANGERED). Von 1996 bis 2003 war es sogar als unmittelbar vom Aussterben bedroht eingestuft worden [1; 10].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Zum Schutz der Löwenäffchen und ihres Lebensraums, des Atlantischen Regenwaldes, haben die Zoos in Europa und in anderen Regionen Kampagnen durchgeführt. Über 200 in Zoos gezüchtete Löwenäffchen wurden in Brasilien wieder angesiedelt. Im Rahmen der Mâta Atlantica-Kampagne der EAZA, an der sich 97 Zoos aus 20 Ländern beteiligten, wurden in den Jahren 2001/02 insgesamt über € 287'471 für den Schutz der Löwenäffchen und ihres Lebensraums gesammelt. Als Folge der Aktivitäten der Zoos waren Landbesitzer bereit, Teile ihrer Grundstücke für die Löwenäffchen zu reservieren. Dies hat zu einer Vergrößerung des Artareals um 80% geführt. Die von den Zoos in Zusammenarbeit mit den brasilianischen Behörden getroffenen Massnahmen erlaubten auch, im Jahr 2003 die als hoch bedroht (CRITICALLY ENDANGERED) geltende Art auf "ENDANGERED" zurückzustufen. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Goldene Löwenäffchen wurden früher als Heimtiere oder für den Tierhandel gefangen [4]. Von 1977-2017 bewilligte Brasilien nebst Wissenschaftsmaterial nur 7 lebende Wildfänge zur Ausfuhr. Im selben Zeitraum (effektiv ab 1980) wurden weltweit 505 Nachzuchttiere international abgegeben, wichtigste Ausfuhrländer waren die USA und Großbritannien [2].

Haltung

Das nach WEIGL älteste bekannte Goldene Löwenäffchen wurde im Houston Zoo geboren und an den San Antonio Zoo abgegeben, wo er im Alter von 31 Jahren und 7 Monaten starb [6].

Nach den "Best practice"-Leitlinien der EAZA soll Löwenäffchen tagsüber ein Gesamtvolumen (innen / außen) von 32.5 m³ (3+10 m² / 2.5 m hoch) zur Verfügung stehen, wobei das Gehege unterteilbar sein soll [1].

In verschiedenen Zoos (z.B. Eberswalde, Frankfurt, Köln, Krefeld, Landau, Stuttgart) wurden Goldene Löwenäffchen erfolgreich mit anderen Primaten (Callithrix pygmaea, Callithrix jacchus, Saguinus fuscicollis, Saguinus midas, Pithecia pithecia) sowie Nagetieren (Cavia aperea, Dasyprocta sp., Myoprocta acouchy) und Schildkröten (Geochelone carbonaria) vergesellschaftet [9].

Seit 1970 existiert ein Internationales Zuchtbuch, das am Zoo Atlanta geführt wird. 2018 gab es weltweit 560 registrierte Tiere in 159 Einrichtungen I11].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in über 60 Zoos gehalten, von denen sich etwa ein Sechstel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Es gibt ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm seit 1993, das als "New Style-"EEP vom Bristol Zoo koordiniert wird.

Forschung im Zoo (Beispiel): Am Zoo Basel wurde an verschiedenen Primatenarten, darunter Leontopithecus rosalia, eine vergleichende Studie über altruistisches Verhalten durchgeführt [4].

Mindestanforderungen an Gehege: Die auf dem Tierart-Datenblatt für den Rotbauchtamarin gemachten Angaben zum Säugetiergutachten 2014 , zur Stellungnahme der Tierschutzsachverständigen der Zoos und zu den EAZA-Haltungsrichtlinien [1] gelten auch für diese Art.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Innengehege mit einer Fläche von 3 m² und 2 m Höhe vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 0.5 m² zu ergänzen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 10 m² und einer Höhe von 2.5 m erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Die erste Kunde über Goldgelbe Löwenäffchen stammt von Antonio PIGAFETTA, dem Chronisten Ferdinand MAGELLANs, der sie als "prachtvolle, affenähnliche Katzen, ähnlich einem kleinen Löwen" beschrieb [10]. 1766 wurde die Art von Carl von LINNÉ als "Simia rosalia" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Zum heute gültigen Gattungsnamen kam sie durch den französischen Arzt und Naturforscher René Primevère LESSON, der 1840 einen "Leontopithecus marikina" beschrieb, bei dem es sich herausstellte, dass dieser mit dem Goldenen Löwenäffchen identisch war. Als Gattungssynonym war sehr lange "Leontocebus" im Umlauf, ferner der auch in GRZIMEKs Tierleben verwendete Name "Leontideus". Bis 2000 wurden die verschiedenen Löwenäffchen-Formen als Unterarten, seitdem als Arten eingestuft. Sie haben kleine, voneinander deutlich getrennte Verbreitungsgebiete, sodass es im Freiland nicht zu Hybridisierungen kommen kann [1; 3; 7; 8].

Literatur und Internetquellen

  1. CARROLL, B. (ed., 2002) / BARRÃO RUIVO, E. (ed. 2010)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. KIERULFF, M.C.M. et al. (2008). Leontopithecus rosalia. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T11506A3287321.  http://www.iucnredlist.org/details/11506/0. Downloaded on 18 May 2018.
  4. RICHIGER, R. (2012)
  5. SCHRÖPEL, M. (2010)
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. ZIEGLER, T. (2002a)
  10. KLEIMAN, D. G. & RYLANDS, A. B. (eds., 2002) 
  11. BAIRRÃO RUIVO, E., STEVENSON, M. et al. (eds., 2019). EAZA Regional Collection Plan for Callitrichids: Final Report. EAZA Executive Office, Amsterdam.

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Freigegeben in Krallenaffen
Donnerstag, 14 Juni 2018 14:56

Schwarzes Löwenäffchen

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Krallenaffen (Callitrichidae)

D EN 650

EEPSchwarzes oder Goldsteiß-Löwenäffchen

Leontopithecus chrysopygus • The Golden-rumped Lion Tamarin • Le tamarin lion à croupe dorée

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Schwarzes Löwenäffchen (Leontopithecus chrysopygus) im Zoo Magdeburg © Zoo Magdeburg

 

 

 

 

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Approximative Verbreitung des Schwarzen Löwenäffchens (Leontopithecus chrysopygus)

 

 

 

 

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Das Artareal des Schwarzen Löwenäffchens (Leontopithecus chrysopygus)

 

 

 

 

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Schwarzes Löwenäffchen (Leontopithecus chrysopygus) im Zoo Magdeburg © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

 

 

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Schwarzes Löwenäffchen (Leontopithecus chrysopygus) im Zoo Magdeburg © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

 

 

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Schwarzes Löwenäffchen (Leontopithecus chrysopygus) im Zoo Magdeburg © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

 

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Schwarzes Löwenäffchen (Leontopithecus chrysopygus) im Bristol Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

 

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Schwarzes Löwenäffchen (Leontopithecus chrysopygus) im Bristol Zoo © Alan Hill. Übernommen aus Flickr / Wikimedia Commonsder unter Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic-Lizenz.

 

 

 

 

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Für das in seinem Ursprungsgebiet stark gefährdete Schwarze Löwenäffchen führen die Zoos ein internationales Zuchtbuch und betreiben ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, das wegen einer zu schmalen genetischen Basis allerdings in den letzten Zügen liegt. Der stark ingezüchtete Restbestand könnte nur erhalten werden, wenn aus den brasilianischen Zuchtstationen neues Blut zugeführt würde.

Körperbau und Körperfunktionen

Schwarze Löwenäffchen haben eine Kopf-Rumpflänge von 29 (25-30) cm und eine Schwanzlänge von 38 (36-41) cm. Erwachsene wiegen 540-690 g, wobei Männchen in Mittel etwas schwerer sein sollen als Weibchen. Sie haben längere Hände und Finger als andere Krallenaffen, die es ihnen erlauben, tierische Beute leichter aus Ritzen und Bromelientrichtern herauszuklauben. Die Haut des praktisch nackten Gesichts ist unterschiedlich stark graubraun pigmentiert. Das Gesicht ist von einer schwarzen aufrichtbaren Mähne umgeben. Auch das übrige Fell ist schwarz, ausgenommen die Stirn, der Steiß, die Oberschenkel und die Schwanzwurzel, die gold- bis rötlichbraun sind [5; 7].

Verbreitung

Tropisches Südamerika: Brasilien (Bundesstaat São Paulo) [3].

Lebensraum und Lebensweise

Das Schwarze Löwenäffchen ist die Löwenäffchen-Art, die am weitesten im Landesinneren vorkommt. Sie bewohnt Flussuferwälder, die in ihrer Ausprägung dem atlantischen Küstenwald entsprechen. Sie ist auf primären tropischen Regenwald angewiesen, kommt aber auch im teilweise laubabwerfenden Wald vor. Die Tiere halten sich dort etwa 3-15 m über dem Boden in von dichten Epiphyten und Unterwuchs gekennzeichneten Schichten auf [3; 5].

Die Tiere sind tagaktiv und ziehen kurz nach Sonnenaufgang zur Futtersuche los. Zum Schlafen benutzen sie Baumhöhlen. Sie ernähren sich von Früchten (hauptsächlich von Jerivá-Palmen (Syagrus romanzoffiana) und Myrtaceen), Blüten, Nektar, Baumexsudaten und Kleintieren, zur Hauptsache Wirbellosen. Sie leben typischerweise in Gruppen von 4-8 Tieren, darunter ein erwachsenes Weinchen und 1-2 geschlechtsreife Männchen. Die Streifgebiete sind mit 113-277 ha vergleichsweise groß [3: 5;7].

Über die Fortpflanzung im Freiland ist wenig bekannt. wie bei anderen Löwenäffchen dürfte die Trächtigkeit etwa 125 Tage dauern. Die Jungen, in der Regel Zwillinge, kommen meist im Oktober-November zur Welt [7].

Gefährdung und Schutz

Da der Lebensraum der Schwarzen Löwenäffchen größtenteils durch Abholzung zerstört wurde und weiter zerstört wird, sind die wenigen übriggebliebenen Bestände stark isoliert. Diese kleinen Populationen sind außerdem genetisch verarmt und leiden unter Inzucht. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie aussterben würden, wenn nicht ein aktives Metapopulations-Management betrieben würde. Dank intensiven Schutzmaßnahmen seit 1986, letztmals überprüft 2008, gilt die Art zumindest nicht mehr als unmittelbar vom Aussterben bedroht, sondern "nur noch" als stark gefährdet, zumal auch die ex situ-Population in Brasilien zunimmt (Rote Liste: ENDANGERED) [3; 4].

1979 konnten drei Tiere der zuvor ausgestorben geglaubten Art im Morro do Diabo-Reservat beobachtet werden konnten. 1976 wurde eine weitere Reliktpopulation in einem Waldstück im Bundesstat São Paulo entdeckt. Heute sind elf voneinander isolierte Populationen mit einem Gesamtbestand von etwa 1'000 erwachsenen Tieren bekannt, davon ist allerdings nur der Bestand im im Morro do Diabo-Reservat längerfristig lebensfähig. Ansonsten ist ein aktives Metapopulations-Management erforderlich, das sowohl Umsiedlungen von Tieren zwischen wilden Populationen als auch die Ansiedlung von ex situ-Nachzuchttieren umfasst [4].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Bedeutung für den Menschen

Die Rote Liste der IUCN enthält keine Angaben über eine lokale Nutzung der Art [3]. Von 1977-2017 bewilligte Brasilien wenig Wissenschaftsmaterial von wildlebenden Individuen zur Ausfuhr und nur im Jahr 1990 sechs lebende Wildfänge. Im selben Zeitraum (effektiv ab 1989) wurden weltweit 75 Nachzuchttiere international abgegeben, wichtigste Ausfuhrländer waren Brasilien und Jersey [2].

Haltung

1973 wurde mit sieben Tieren in Brasilien die erste ex-situ-Kolonie gegründet. 1986 erhielt der Zoo von São Paulo 14 Tiere, die aus einem durch einen Staudamm gefluteten Gebiet gerettet werden konnten [11].

Das nach WEIGL älteste bekannte Schwarze Löwenäffchen erreichte im Zuchtzentrum von Rio de Janeiro ein Alter von 17 Jahren und 11 Monaten [6].

Nach den "Best practice"-Leitlinien der EAZA soll Löwenäffchen tagsüber ein Gesamtvolumen (innen / außen) von 32.5 m³ (3+10 m² / 2.5 m hoch) zur Verfügung stehen, wobei das Gehege unterteilbar sein soll [1].

1991 erhielt der Jersey Zoo als erste europäische Institution 3.3 Tiere. 1992 kam es zur zur erfolgreichen europäischen Erstzucht. Im Zoo Magdeburg, wo 1995 die deutsche Erstzucht gelang, wurden die Schwarzen Löwenäffchen problemlos gemeinsam mit Sakis (Pithecia pithecia) gehalten [10]. Eine Gemeinschaftshaltung gab es auch mit den an sich eher unverträglichen Saguinus bicolor und Saguinus oedipus. Über den Erfolg dieser Vergesellschaftung werden keine Angaben gemacht [1].

Seit 1989 existiert ein Internationales Zuchtbuch (ISB), das am Durrell Wildlife Conservation Trust auf Jersey geführt wird [9]. Dieses umfasste im Februar 2016 insgesamt 48 lebende Individuen in 5 Einrichtungen [IZY 52].

Haltung in europäischen Zoos: Seit 2006 gibt es ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, das vom Jersey-Zoo als "New Style-EEP" koordiniert wird. Das Programm erreichte im Jahr 2010 die höchste Individuenzahl mit 115 Tieren. Seitdem hat der Bestand in Europa drastisch abgenommen. Gegenwärtig (2023) wird die Art nur noch in Jersey gehalten. Die verbleibenden Tiere sind stark ingezüchtet. Der europäische Bestand könnte deshalb nur erhalten werden, wenn er durch Nachzuchttiere aus dem Zoo von São Paulo Zoo und dem Primatenzentrum Rio de Janeiro gestützt würde. Für Details siehe Zootierliste.

Wie Löwenäffchen gehalten werden (Beispiele):

Mindestanforderungen an Gehege: Die auf dem Tierart-Datenblatt für den Rotbauchtamarin gemachten Angaben zum Säugetiergutachten 2014 , zur Stellungnahme der Tierschutzsachverständigen der Zoos und zu den EAZA-Haltungsrichtlinien [1] gelten auch für diese Art.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Innengehege mit einer Fläche von 3 m² und 2 m Höhe vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 0.5 m² zu ergänzen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 10 m² und einer Höhe von 2.5 m erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Für die Wissenschaft entdeckt wurde das Schwarze Löwenäffchen 1822 von dem Wiener Naturforscher Johann Baptist NATTERER, der acht Exemplare in der Nähe von Sorocaba im brasilianischen Bundesstaat São Paulo sammelte [11]. Beschrieben wurde es im folgenden Jahr durch Johann Christian MIKAN aus Teplitz, der an der Prager Universität als Naturkunde-Professor tätig war. 1902 und 1905 gelangten nochmals vier Exemplare in Museen. Danach galt die Art als verschollen bis 1970 zwei weitere Stopfpräpaarte auftauchen und drei Tiere im Morro do Diabo-Reservat beobachtet werden konnten. Zum heute gültigen Gattungsnamen kam die Art durch den französischen Arzt und Naturforscher René Primevère LESSON, der 1840 einen "Leontopithecus marikina" beschrieb, bei dem es sich herausstellte, dass dieser mit dem Goldenen Löwenäffchen identisch war. Als Gattungssynonym war sehr lange "Leontocebus" im Umlauf, ferner der auch in GRZIMEKs Tierleben verwendete Name "Leontideus". Bis 2000 wurden die verschiedenen Löwenäffchen-Formen als Unterarten, seitdem als Arten eingestuft. Sie haben kleine, voneinander deutlich getrennte Verbreitungsgebiete, sodass es im Freiland nicht zu Hybridisierungen kommen kann [3; 5; 8; 9].

Literatur und Internetquellen

  1. CARROLL, B. (ed., 2002) / BARRÃO RUIVO, E. (ed. 2010)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. KIERULFF, M.C.M. et al. (2008). Leontopithecus chrysopygus. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T11505A3290864. http://www.iucnredlist.org/details/11505/0. Downloaded on 18 May 2018.
  4. MAMEDE-COSTA, C. & GOBBI, N. (1998)
  5. SCHRÖPEL, M. (2010)
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. WORMELL, D. (2013)
  10. ZIEGLER, T. (2002a)
  11. KLEIMAN, D. G. & RYLANDS, A. B. (eds., 2002)

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Freigegeben in Krallenaffen
Donnerstag, 14 Juni 2018 13:59

Tigerpython

Ordnung: Schuppenkriechtiere (SQUAMATA)
Unterordnung: Schlangen (SERPENTES)
Überfamilie: Wühl- und Riesenschlangenartige (Booidea / Pythonoidea)
Familie: Pythons (Pythonidae)

D VU 650

Tigerpython

Python molurus / bivittatus • The Asiatic Rock Python • Le python molure

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus) im Zoo Basel © Thomas Jermann, Basel

 

 

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Approximative Verbreitung der Tigerpythons. Rot: molurus; dunkelblau: bivittatus; violett: Hybridzone

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus) im Luisenpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus), Farbmutation, im Reptilienhaus Unteruhldingen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus), Farbmutation, im Reptilienhaus Unteruhldingen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus), "Golden Thai Tiger"-Farbmutation, im Tropenaquarium Hagenbeck © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus), "Golden Thai Tiger"-Farbmutation, im Touroparc Romenèche-Thorins © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus) im Zoo-Aquarium Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus) in der Wilhelma Stuttgart. Bei der Häutung trüben sich die Augen, weil die das Auge überdeckende

 

 

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Skelett eines Dunkeln Tigerpythons (Python molurus bivittatus) im Terrariet Vissenberg © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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"Tigerschlange (Python molurus). Bild aus aus Brehms Thierleben (1882-1887)

 

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Tigerpythons sind mit bis zu 7 m Länge wahre Riesen und gehören zu den Prototypen der Würgeschlangen, die selbst mittelgroße Hirsche töten und verschlingen können. Sie werden sehr häufig im Zoo gezeigt

Körperbau und Körperfunktionen

Die meisten Tiere werden nicht länger als 3.7 m, es gibt jedoch zuverlässige Belege über 6 m lange und Berichte über gegen 8 m lange Individuen. Der Kopf ist ziemlich klein, dreieckig und deutlich vom Hals abgesetzt, der Körper relativ plump, der Schwanz mäßig lang und greiffähig. Das Auge ist mäßig groß und hat eine Schlitzpupille. Grubenorgane zur Ortung von Wärmeunterschieden finden sich nur an den ersten beiden oberen Labialschuppen. Es sind Analsporen vorhanden. Die Grundfärbung ist weißlich bis hellbraun. Sie wird bis auf ein Gittermuster überlagert von hell- oder dunkelbraunen, oft schwärzlich gesäumten Flecken. Auf dem Kopf befindet sich ein Y-förmiger Fleck [3; 5; 6; 8].

Verbreitung

Süd- und Südostasien: Bangladesch, Burma, Südchina, Hongkong, Indien, Indonesien (fehlt auf Sumatra und Borneo, kommt in Java, Bali, Sulawesi und den kleinen Sundainseln Lombok und Sumbawa vor), Kambodscha, Laos, Malaysia, Nepal, Pakistan, Sri Lanka, Thailand, Vietnam: Bei den Vorkommen in Indonesien stellt sich Frage, ob es sich um Reliktbestände handelt, oder ob die Populationen auf vom Menschen verschleppte Tiere zurückgehen [1; 9; 10].

Lebensraum und Lebensweise

Der tag- wie nachtaktive Tigerpython besiedelt unterschiedliche Lebensräume wie Grasland, Sümpfe, Flussauen, Wälder und felsiges Gelände, aber stets in Wassernähe. Das Nahrungsspektrum umfasst größere Säugetiere (z.B. Hirsche], Vögel sowie Reptilien und Amphibien. Wie alle Arten seiner Familie ist der Tigerpython eierlegend. Die aus 20-50 und bis zu 100 Eiern [6; 7; 8; 11].

Gefährdung und Schutz

Nach einer Beurteilung aus dem Jahr 1996 wurde der Tigerpython als Art molurus als potenziell gefährdet (Rote Liste: NEAR THREATENED) eingestuft. Dies wurde 2019 überprüft und bestätigt. bivittatus, 2009 als eigene Art beschrieben, gilt aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2011 als gefährdet (VULNERABLE) [9].

Der internationale Handel mit Exemplaren der Nominatform ist nach CITES Anhang I eingeschränkt, jener mit Exemplaren der Unterart bivittatus ist nach Anhang II geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Über den Tigerpython gibt es aus dem Altertum phantasievolle Berichte. So soll der seleukidische Diplomat MEGASTHENES (360-290 v. Chr.), der Gesandter am Königskof des indischen Maurya-Reichs war, geschrieben haben, in Indien würden die Schlangen so groß, dass sie Hirsche und Ochsen ganz verschlingen könnten [2]. Von dieser Mär stammt übrigens der Name "Boa", denn Rind heißt auf Altgriechisch "βοῦς". Faktisch machen sich Tigerpythons bestenfalls dadurch unbeliebt, dass sie gelegentlich in Stallungen eindringen und Hühner oder Schweine erbeuten [6].

Die Art befindet sich im Reptilleder- und Heimtierhandel. Von 2001-2016 meldete Vietnam die Ausfuhr von 15'006, Malaysia jene von 3 Wildfängen von P. m. bivittatus. Im selben Zeitraum wurde von den südostasiatischen Ländern die Ausfuhr von 72'289 Häuten sowie zahlreicher anderer Teile und Erzeugnisse gemeldet. P. m. molurus wurden weder lebend noch tot mit CITES-Dokumenten aus den Ursprungsländenr ausgeführt. Ebenfalls von 2001-2016 wurden weltweit 92 Nachzuchttiere von P. m. molurus und 140'785 von P. m. bivittatus international verschoben. Wichtigste Ausfuhrländer waren Vietnam mit über 110'000 und Tschechien mit über 26'000 Tieren [4].

Haltung

Der Tigerpython gehört zu den "Gefahrtieren", deren Haltung in manchen deutschen Bundesländern unter sicherheitspolizeilichen Aspekten eingeschränkt oder geregelt ist. Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) und der Verband Deutscher Verein für Aquarien- und Terrarienkunde (DVA) haben zu dieser Thematik einen Leitfaden herausgegeben [12]. Für die Haltung wird ein sehr geräumiges, beheiztes, mit UV-Lampen ausgestattetes Feuchtterrarium mit fest eingebautem Wasserbecken empfohlen, das ein Drittel bis die Hälfte der Grundfläche einnehmen soll. Ein Kletterbaum ist nicht unbedingt erforderlich. Als Bodensubstrat eignen sich z.B. Torf oder Rindenmulch. Die Lufttemperatur soll tagsüber 24-30ºC betragen, nachts etwa 6ºC weniger. Die Wassertemperatur soll bei 22-28ºC liegen. Eine angemessene Temperatur wird durch eine teilweise unter dem Badebecken befindliche Bodenheizung in Kombination mit Wärmelampen erreicht. Die Beleuchtung soll 12-14 Stunden in Betrieb sein [5; 6; 9].

Von dem etwas größeren bivittatus werden häufig Albinos und andere Farbmutationen gehalten. Die sogenannten "Golden Thai Pythons" gehen alle auf ein einziges Männchen zurück, das 1979 in Nordost-Thailand gefunden wurde und im Pata-Zoo in Bangkok, der sich im 6./7. Stock des Pata-Kaufhauses befindet, mit einem normalfarbigen und einem ebenfalls teilalbinotischen Weibchen verpaart wurde. Die Nachzucht wurde anfänglich zu Phantasiepreisen von 5'000 USD / Stück gehandelt [11]. In den USA, wo die private Wildtierhaltung wenig reguliert ist, wurden Tigerpythons in Florida von überforderten Haltern freigelassen und haben in den Everglades und anderswo auf dem Festland, auf den Florida Keys und auf Puerto Rico umfangreiche Populationen gebildet, die mittlerweile bekämpft werden [9].

Haltung in europäischen Zoos: Wildfarbene Tigerpythons werden in etwa 290 Institutionen gezeigt, von denen sich etwa 50 im deutschsprachigen Raum befinden. Mit Abstand am häufigsten zu sehen ist der Dunkle Tigerpython (Python (molurus) bivittatus). Etwa 80 Zoos halten  nur oder zusätzlich Farbmutanten. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll ein Terrarium für zwei über 2.5 m lange Tiere mindestens 0.75x so lang und 0.5x so breit sein wie die Gesamtlänge eines Tieres. Die Höhe soll die Hälfte der Gesamtlänge betragen. Für jedes weitere Tier ist das Terrarienvolumen unter Beibehaltung der Proportionen um 20% zu erhöhen.Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege vor, dessen Grundfläche dem 1.0x0.5-fachen und dessen Höhe dem 0.75-fachen der Gesamtlänge eines Tiers entsprechen. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für 1-2 erwachsene Tiere eine Grundfläche von 2 m² bei einer Höhe von 180 cm. Für jedes weitere Adulttier ist die Grundfläche um 0.8 m² zu erhöhen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Tigerpython wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Coluber molurus" beschrieben. Der Name Python molurus geht auf John Edward GRAY (1842)von der Londoner zoologischen Gesellschaft zurück. In der Regel werden zwei Unterarten (bzw. seit 2009 zwei Arten) anerkannt: Python molurus molurus  aus dem vorderindischen und Python molurus bivittatus  aus dem hinterindischen Raum. Eine dritte Unterart (pimbura ) wurde aus Sri Lanka beschrieben, aber die Unterschiede zu molurus  wurden schon bald einmal als nicht ausreichend betrachtet, um eine Unterart zu rechtfertigen. Der Tigerpython ist nahe mit dem Afrikanischen Felsenpython (Python sebae) verwandt [1; 5; 10].

Literatur und Internetquellen

  1. BELLOSA, H., DIRKSEN, L. & AULIYA M. (2007)
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  4. CITES TRADE DATA BASE
  5. MATTISON, C. (2007) 
  6. MEHRTENS, J. M. (1993)
  7. NIETZKE, G. (1969)
  8. O'SHEA, M. & HALLIDAY, T. (2002)
  9. STUART, B., NGUYEN, T.Q.et al. (2012). Python bivittatus. The IUCN Red List of Threatened Species 2012: e.T193451A2237271. http://www.iucnredlist.org/details/193451/0. Downloaded on 14 October 2017 und
    AENGALS, A., DAS, A., MOHAPATRA, P. et al. 2021. Python molurus. The IUCN Red List of Threatened Species (2021): e.T58894358A1945283. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-2.RLTS.T58894358A1945283.en. Accessed on 23 July 2023.
  10. THE REPTILE DATA BASE (P. bivittatus)
  11. TRUTNAU, L. (2002)
  12. DGHT/DVA (Hrsg. 2014)

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Freigegeben in Pythons
Donnerstag, 14 Juni 2018 12:46

Rote Elefantenspitzmaus

Überordnung: AFROTHERIA
Taxon ohne Rang: AFROINSECTIPHILIA
Ordnung: Rüsselspringer (MACROSCELIDEA)
Familie: Rüsselspringer (Macroscelididae)

D LC 650

Rote Elefantenspitzmaus

Elephantulus rufescens • The Rufous Elephant-shrew or Rufous Sengi • Le macroscélide roux

103 008 001 00X elephantulus rufescens koeln KR2
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Kölner Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

103 008 001 00X elephantulus rufescens map (6)
Approximative Verbreitung der Roten Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens)

 

103 008 001 00X elephantulus rufescens MS PD
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Allwetterzoo Münster © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

PM 2015 03 06 MD ruesselspringer
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Zoo Magdeburg © Zoo Magdeburg

 

103 008 001 00 elephantulus rufescens köln PD1
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Kölner Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

103 008 001 00X elephantulus rufescens koeln KR1
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Kölner Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

103 008 001 00X elephantulus rufescens münster
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Allwetterzoo Münster © Allwetterzoo

 

103 008 001 008 elephantulus rufescens koeln KR3 (1)
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Kölner Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

103 008 001 008 elephantulus rufescens koeln KR4 (2)
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Kölner Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

103 008 001 008 elephantulus rufescens skull FieldMus
Schädel einer Roten Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) © Field Museum of Natural History, Chicago (Aufnahme von Rebecca A. Banasiak). Übernommen unter der CC BY-NC 4.0-Lizenz.

 

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Die Rote Elefantenspitzmaus ist ein wenig bekannter Kleinsäuger, der durch seine Gestalt fasziniert und als tagaktives Tier das Zoopublikum zu interessieren vermag. Auffällig sind ihre namengebende, lange und bewegliche Schnauze, mit der sie nach Insekten sucht, sowie die verlängerten Fersen, die ihr Sprungvermögen erhöhen und ihr eine schnelle Flucht ermöglicht. Leider ist die als Botschafter für Naturschutz in Ostafrika bestens geeignete Art in europäischen Zoos noch nicht häufig zu sehen.

Körperbau und Körperfunktionen

Rote Elefantenspitzmäuse erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 10-20 cm, eine Schwanzlänge von etwa 11-16 cm und ein Gewicht von 57 205 (47-70) g. Das Fell ist lang und weich, seine Farbe ziemlich variabel, sandfarben, graubraun oder braunorange, auf der Unterseite weiß oder hellgrau. Es sind weiße Ringe um die großen Augen und ein dunkler Wangenfleck vorhanden. Bei Erwachsenen sind Hände und Füße weiß, bei Jungtieren braun. Die Schnauze ist mäßig verlängert. Die Hinterbeine sind länger als die vorderen, an allen Füßen befinden sich 5 Zehen. Der Schwanz ist dünn und nur spärlich behaart. Im Bereich des Brustbeins befindet sich eine Duftdrüse, die zur Territoriumsmarkierung eingesetzt wird. Die Weibchen haben drei Paar Zitzen. Die Hoden befinden sich in der Bauchhöhle [1; 2; 3; 7].

Verbreitung

Ostafrika : Äthiopien, Kenia, Somalia, Sudan, Tansania, Uganda [4].

Lebensraum und Lebensweise

Die Rote Elefantenspitzmaus besiedelt unterschiedlichste Lebensräume wie Regenwald, Trockensvannen, Dornbusch, Grassteppen, Dünen und Wüsten. Die Tiere sind überwiegend tag- und dämmerungsaktiv. Zum Schlafen benützen sie aufgegebene Nagetierbaue, Termitenbaue, natürliche Felshöhlen und -spalten sowie Hohlräume unter umgefallenen Baumstämmen. Manche Tiere bauen auch Nester. Sie leben einzeln oder in lockeren monogamen Paarbeziehungen, in der die Weibchen dominieren, sind territorial und patrouillieren ihre etwa ein Drittel ha großen Territorien auf einem festen System von Wechseln. Die Territoriumsmarkierung erfolgt mittels Duftmarken der Sternaldrüse und vermutlich mit Urin und Kot.

Die Tiere ernähren sich von Wirbellosen wie Erntetermiten (Odontotermes), Ameisen, Käfern, Grillen und Heuschrecken, nehmen aber auch Pflanzenmaterial, etwa Früchte der Lippenblütler-Art Premna resinosa zu sich. Die weibchen können mehrmals im Jahr trächtig werden. Nach einer Tragzeit von 57-65 Tagen wird meist ein einzelnes Junges geboren, bisweilen zwei. Die bei der Geburt etwa 10 g schweren Jungen sind weit entwickelt und verlassen das Nest bereits nach 1-2 Tagen. Mit 25-30 (18-36) Tagen werden sie entwöhnt. Mit 50 Tagen sind die jungen Weibchen bereits geschlechtsreif. Die Weibchen können bereits einen Tag nach einer Geburt wieder erfolgreich gedeckt werden [1; 2; 4].

Gefährdung und Schutz

Die Art hat eine sehr weite Verbreitung, nutzt unterschiedliche Lebensräume und kommt in zahlreichen Schutzgebieten vor. Aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2013 wurde sie deshalb als nicht-gefährdet eingestuft, obwohl es keine Angaben über die Bestandsentwicklung gibt [4].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Die Rote Elefantenspitzmaus wird in der Malariaforschung eingesetzt [1].

Haltung

Im Frankfurter Zoo wurden Rote Elefantenspitzmäuse mit Buschschliefern vergesellschaftet.

1976 erhielt der National Zoo in Washington D.C. 22 Rote Elefantenspitzmäuse. Die Tiere wurden in Behältern von 0.55, 1.40 und 6.58 m² gehalten. Von den meisten Tieren gab es Nachzuchten, allein 1977-78 wurden von 25 Weibchen 106 Junge in 77 Würfen geboren, die zum Teil an andere Zoos abgegeben wurden. Trotz erfolgreicher Zucht über mehrere Generationen erlosch der Bestand 1985 aus unbekannten Gründen [8; 9].

Nach WEIGL erreichten mehrere in Nordamerika gehaltene Individuen ein Alter von über 7 Jahren [5]. Die mittlere Lebensdauer gehaltener Tiere wird mit 3.5 Jahren angegeben, bei wildlebenden Tiere wird von 1-1.5 Jahren ausgegangen [1].

Haltung in europäischen Zoos: In Europa wird die Art nur in sehr wenigen Zoos gehalten, gegenwärtig (Ende 2022) nur noch in Frankfurt und Düsseldorf. Die Tiere gehen auf die Zucht des Kölner Zoos zurück. Für Details siehe Zootierliste.

2008 bezog der Kölner Zoo von einem Privathalter in Tansania 2.2 Wildfänge. Nach einer Totgeburt kam es am 12. Dezember 2009 zur europäischen Erstzucht. Auch ein Paar bestehend aus einem Wildfang-Weibchen und einem in Köln geborenen Männchen hat erfolgreich gezüchtet. Bis 2014 kamen in Köln 28 Jungtiere zur Welt, von denen ein Teil an verschiedene Zoos abgegeben wurde, wo manchenorts auch die Nachzucht gelang [3; 8].

Mindestanforderungen an Gehege: Weder im Säugetiergutachten 2014 des BMEL noch in den Verordnungen Österreichs und der Schweiz wird auf die Art Bezug genommen. Im Säugetiergutachten heißt es lediglich, dass andere Elefantenspitzmäuse mehr Platz brauchten als der Kurzohr-Rüsselspringer.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Rote Elefantenspitzmaus wurde 1878 von Wilhelm Karl Hartwig PETERS, dem zweiten Direktor des Zoologischen Gartens Berlin als "Macroscelides rufescens" beschrieben. Später kam sie in die von dem englischen Zoologen Michael Rogers Oldfield THOMAS und seinem deutschen Berufskollegen Harold SCHWANN 1906 aufgestellte Gattung Elephantulus, welche gegenwärtig 10 Arten umfasst Es werden meist 6 verschiedene Unterarten unterschieden [2; 6].

Literatur und Internetquellen

  1. ANIMAL DIVERSITY WEB
  2. KINGDON, J., HAPPOLD, D., BUTYNSKI, T. HOFFMANN, M., HAPPOLD, M., KALINA, J. (Hrsg. 2013)
  3. OLBRICHT, G. & SLIWA, A. (2010)
  4. RATHBUN, G.B. (2015). Elephantulus rufescens. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T42664A21289073. http://www.iucnredlist.org/details/42664/0. Downloaded on 23 May 2018.
  5. WEIGL, R. (2005)
  6. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. OLBRICHT, G. & SLIWA, A. (2014)  
  9. RATHBUN, G.B., BEAMAN, P. & MALINIAK, E. (1981)

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Freigegeben in Afrotheria
Donnerstag, 14 Juni 2018 12:45

Blütenfledermaus

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Fledertiere (CHIROPTERA)
Unterordnung: Fledermäuse (Microchiroptera)
Überfamilie: Hasenmaulartige (Noctilionoidea)
Familie: Blattnasen (Phyllostomidae)
Unterfamilie: Blütenfledermäuse (Glossophaginae)

D LC 650

Blütenfledermaus

Glossophaga soricina • The Pallas's Long-tongued Bat • Le glossophage de Pallas

105 008 016 004 glossophaga soricina BettyWills
Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) mit ausgestreckter Zunge © Betty Wills, Wikimedia Commons, License CC-BY-SA 4.0

 

 

 

105 008 016 004 glossophaga soricina map
Approximative Verbreitung der Blütenfledermaus (Glossophaga soricina)

 

 

 

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Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) im Tiergarten Nürnberg © Carl-Peter Herbolzheimer / Tiergarten Nürnberg

 

 

 

105 008 016 004 glossophaga soricina N DerSushi N
Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) im Tiergarten Nürnberg © Der Sushi / Tiergarten Nürnberg

 

 

 

105 008 016 004 glossophaga soricina VIE nPotensky
Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) im Tiergarten Schönbrunn © Norbert Potensky / TG Schönbrunn

 

Weitere Bilder auf BioLib

Die neuweltlichen Blattnasen sind die einzige Fledermausfamilie, von der mehrere Arten regelmäßig und in größerer Zahl in europäischen Zoos gezeigt werden. Geeignet sind insbesondere Arten, die sich auf den Verzehr von Nektar, Früchten oder Blut spezialisiert haben, wie die harmlose und daher für begehbare Anlagen geeignete Blütenfledermaus, deren Nahrung hauptsächlich aus Nektar und Pollen besteht.

Körperbau und Körperfunktionen

Die Kopf-Rumpflänge der Blüten- (oder Blumen-)fledermaus beträgt 54-55 mm, der Schwanz ist 7-8 mm lang, das mittlere Gewicht liegt bei etwa 9.5 g. Die Zunge ist sehr lang und vorne mit bürstenartigen Papillen versehen [2; 3].

Verbreitung

Mittel- und Südamerika, von Mexiko im Norden bis nach Nordargentinien im Süden: Argentinien, Belize, Bolivien, Brasilien, Costa Rica, El Salvador, Französisch Guyana, Grenada, Guyana, Honduras, Jamaika, Kolumbien, Mexiko (Sonora, Tamaulipas), Nikaragua, Panama, Paraguay, Peru, Surinam, Trinidad und Tobago, Venezuela [1].

Lebensraum und Lebensweise

Die hauptsächlich Nektar fressende Blütenfledermaus sucht ihre Nahrung in Wäldern, auf Landwirtschaftsland und in Gärten und Parks. Sie schläft in natürlichen Höhlen, Tunnels oder Gebäuden, zumeist in großen Kolonien - in einem verlassenen Haus in Brasilien wurden über 2'000 Individuen gezählt - und oft in Gesellschaft von Brillenblattnasen (Carollia perspicillata). Bestimmte Pflanzen haben sich im Laufe der Zeit speziell an die Bestäubung durch Fledermäuse angepasst. Ihre großen Blüten öffnen sich nachts und können von den Tieren leicht angeflogen werden, die im Schwirrflug den süßen Nektar aus den Blüten lecken und diese dabei Bestäuben. Weil Blüten mittels Echoortung nur schwer aufzuspüren sind, orientieren sich die Fledermäuse bei der nächtlichen Nahrungssuche an ultraviolettem Licht, das von den Blüten reflektiert wird und von den an sich farbenblinden Fledermäusen wahrgenommen werden kann. Wenn Nektar knapp ist, werden auch Insekten gefressen. Die Weibchen können pro Jahr 2-3mal ein einzelnes Junges zur Welt bringen [1; 2; 3; 4].

Gefährdung und Schutz

Die Blütenfledermaus wird aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 nicht als gefährdet angesehen, da sie weit verbreitet ist, eine große Gesamtpopulation hat, auch in Schutzgebieten vorkommt und bis zu einem gewissen Grad auch veränderte Lebensräume nutzen kann. (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Die Art wird weder genutzt noch richtet sie Schäden an [1].

Haltung

Blütenfledermäuse werden gerne freifliegend in für Besucher begehbaren Tropen-oder Nachttierhallen gehalten. Eine Vergesellschaftung mit vielen anderen Tieren ist möglich. Sie sind unter Zoobedingungen recht langlebig. Den Altersrekord hält ein im Henry Doorley Zoo, Omaha, geborenes Weibchen, das dort nach 17 Jahren immer noch am Leben war [5].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 10 Zoos gehalten, die sich überwiegend im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Die im Säugetiergutachten 2014 des BMEL vorgegebenen Zahlen entbehren einer wissenschaftlichen Grundlage und sind, zumindest wenn es um große Kolonien geht, aus der Sicht der tierhalterischen Praxis überzogen. Grundsätzlich sollte keine Mindestfläche, sondern nur ein Volumen vorgegeben werden. Das Gutachten’96 gab für kleine Fledermäuse keine Gehegedimensionen an. Es empfiehlt sich, die Beurteilung der Haltung von Kleinfledermäusen darauf abzustellen, ob bei der in einer Haltung gegebenen Besatzdichte Probleme auftreten oder nicht.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 20 Tiere eine Grundfläche von 10 m² bei einer Höhe von 2 m vor, für jedes weitere sind 0.2 m² zusätzliche Fläche erforderlich. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für bis zu 20 Tieren eine Grundfläche von 20 m² und eine Höhe von 2.5 m erforderlich, für jedes weitere Tier ist die Grundfläche um 2 m² zu erhöhen. Letzteres ist unsinnig, nachdem für die ersten 20 nur eine Fläche von 1 m² pro Tier verlangt wird.

 Taxonomie und Nomenklatur

Die Blütenfledermaus wurde 1766 vom Berliner Naturforscher Peter Simon PALLAS, den Katharina die Große als Professor nach Petersburg berufen hatte, als "Vespertilio soricinus" beschrieben. Étienne GEOFFROY SAINT-HILAIRE, der Begründer des ersten bürgerlichen Zoos, der Ménagerie im Jardin des Plantes von Paris, stellte sie als Typusart in die von ihm neugeschaffene Gattung Glossophaga. Die Gattung umfasst vier Arten, von G. soricina werden gegenwärtig fünf Unterarten anerkannt [6; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. BARQUEZ, R. et al. (2015). Glossophaga soricina. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T9277A22107768. http://www.iucnredlist.org/details/9277/0. Downloaded on 20 July 2018.
  2. EISENBERG, J. F. (1989)
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. PM TIERGARTEN NÜRNBERG
  5. WEIGL, R. (2005)
  6. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Dienstag, 24 Oktober 2017 12:40

Europäischer Maulwurf

Überordnung: Insektenfresser (INSECTIVORA / EULIPOTYPHLA)
Ordnung: Spitzmausverwandte (SORICOMORPHA)
Familie: Maulwürfe (Talpidae)
Unterfamilie: Altweltmaulwürfe (Talpinae)

D LC 650

Europäischer Maulwurf

Talpa europaea • The European Mole • La taupe d'Europe

103 006 011 002 talpa europaea TPB KR3
Maulwurf (Talpa europaea) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Approximative Verbreitung des Europäischen Maulwurfs (Talpa europaea)

 

 

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Maulwurf (Talpa europaea) © Mike Jordan, Chester Zoo

 

 

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Maulwurfshügel in Tiergehege im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Maulwurfshügel im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Maulwurf (Talpa europaea) im Zoo Osnabrück - Pressefoto Zoo Osnabrück

 

 

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Maulwurf (Talpa europaea) im Zoo Osnabrück - Pressefoto Zoo Osnabrück

 

 

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Europäischer Maulwurf (Talpa europaea). Schädel in der Sammlung des Museums Wiesbaden © Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden. Veröffentlicht unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported-Lizenz

 

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Europäische Maulwürfe (Talpa europaea). Abbildung aus aus BREHMs Thierleben (1882-1887)

 

 

103 006 011 002 der kleine maulwurf
Der kleine Maulwurf "Krtek ". Zeichentrickfigur des tschechischen Zeichner Zdeněk Miler (1957-2002)

 

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Der Maulwurf ist eine Tierart, die Alle kennen, aber nur Wenige schon lebens gesehen haben. In Zoos hat es bislang kaum eine nachhaltige Haltung oder gar Zucht gegeben. Meistens wurden Einzeltiere gehalten, die nach einigen Monaten verstarben.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Europäische Maulwurf erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 10-16 cm, eine Schwanzlänge von 14-45 mm und ein Gewicht von 36-130 g. Männchen sind größer als Weibchen, im Mittel wiegen sie 85 g, gegenüber 75 g bei den Weibchen. Der gedrungene Leib ist walzenförmig und geht ohne abgesetzten Hals in den kleinen Kopf über, welcher sich seinerseits zu einem Rüssel verlängert und zuspitzt, während Augen und Ohren äußerlich kaum oder nicht sichtbar sind. Unter den Sinnen sind Geruch, Gehör und Tastsinn besonders ausgebildet, während der Gesichtssinn sehr verkümmert ist. Die Augen haben einen Durchmesser von nur etwa 1 mm und sind meist unter einer Hautfalte verborgen. Der dünn behaarte Schwanz dient als Tastorgan, auch die Vordergliedmaßen und die Schnauze sind mit Vibrissen versehen. Auffällig sind die breiten Grabhände, deren Innenflächen nach außen gedreht sind. Nase und Füße sind  fast nackt. Die Farbe des kurzen, samtartigen Fells kann variieren, ist jedoch meistens schwarz [3; 4; 5; 6; 9].

Verbreitung

Europa: Albanien, Andorra, Austria, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Mazedonien ehem Jug. Rep., Moldawien, Monaco, Montenegro, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Russland bis Mittelsibirien, Süd-Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Weißrussland [1; 4].

Lebensraum und Lebensweise

Ursprünglich war der Maulwurf in Laubwäldern zuhause, bevölkerte jedoch schnell Ackerland und Weiden. Er kommt in Miteleuropa bis auf eine Höhe von 1'900 m überall dort vor, wo die Böden fruchtbar und tief genug sind, um Gänge zu graben. Er fehlt mangels Beutetieren in Sanddünen, Mooren und Nadelwäldern [6].

In der Natur bekommt man Maulwürfe selten zu Gesicht. Nur die zahlreichen Erdhügel, die so manchen Gärtner zur Verzweiflung treiben, verraten ihre Anwesenheit. Allerdings sollte man die Maulwurfshügel nicht mit den etwas kleineren der Schermäuse (Arvicola terrestris) verwechseln. Währenddem die Schermaus sich von Wurzeln, Knollen etc. ernährt, vergreift sich der Maulwurf niemals an Pflanzenmaterial. Ganz im Gegenteil, er verzehrt nebst Regenwürmern Unmengen von unterirdisch lebenden Pflanzenschädlingen. Die meisten Maulwurfgänge dienen dabei als raffinierte Fallen, denn sie liegen quer zu den Gängen von Würmern und Insektenlarven. Bei Ihren Auf- und Abwärtsbewegungen geraten diese Bodentiere in die Gänge und werden vom Maulwurf eingesammelt [2].

Ein- oder zweimal im Jahre wirft der weibliche Maulwurf zwischen drei bis fünf Junge. Die Kleinen wachsen ziemlich rasch heran und bleiben ungefähr einen oder zwei Monate bei ihrer Mutter [3].

Gefährdung und Schutz

Der Europäische Maulwurf ist eine Art der westlichen Paläarktis, wo er weit verbreitet und häufig ist. Er gilt daher aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2017 als nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt. In Deutschland ist der Maulwurf eine geschützte Art nach Anlage 1 zur Bundesartenschutzverordnung. In der Schweiz ist er nicht geschützt (anderslautenden Behauptungen in diversen Maulwurfs-Internetseiten sind falsch) und kann im Bedarfsfall bekämpft werden. Früher wurden in diesem Zusammenhang auch Fangprämien ausgerichtet.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Früher wurden Maulwurfsfelle in großer Zahl zu Pelzwaren verarbeitet, obwohl sie wenig dauerhaft waren. In den 1920/30er Jahren waren sie groß in Mode. Im Jahr 1930 gelangten 20 Millionen Fellchen auf den Markt [5].

Kulturelle Bedeutung: 1957 erfand der tschechische Zeichner Zdeněk Miler die Trickfilmfigur "Der kleine Maulwurf", im Original "Krtek" oder "Krteček", der die Hauptrolle in 63 Episoden einer Fernsehserie spielte, die im deutschsprachigen Raum vor allem im Rahmen der vom WDR produzierten "Sendung mit der Maus" oder des "Sandmännchens" des Fernsehens der DDR bekannt wurde. Mehrere Episoden wurden zu einem Kinofilm zusammengefasst, und die Figur wurde zum Thema zahlreiche Kinderbücher, Malbücher und Plüschfiguren. Kinderbücher gibt es auch von anderen Autoren, so z.B. "Der Maulwurf Grabowski" von Luis Murschetz [diverse Internetquellen].

Haltung

Es liegt vermutlich an seiner versteckten Lebensweise, dass der Maulwurf zu den am wenigsten erforschten europäischen Säugetieren gehört. Die Tiere sind sehr stressempfindlich und es ist kaum möglich, sie außerhalb ihres natürlichen Lebensraumes zu halten. Das Haltungssystem im Zoo Osnabrück hatten die Zoomitarbeiter gemeinsam mit Prof. Dr. Günter R. Witte von der Universität Kassel entwickelt. Als Einzelgänger bewohnten die Maulwürfe auch im "Unterirdischen Zoo" in Osnabrück getrennte Gangsysteme. Außerdem stand ihnen ein Bereich zur Verfügung, in dem sie in der Erde graben und eine Nestkammer, in der sie ruhen und Nahrung einlagern konnten [PM Zoo Osnabrück].

Als Höchstalter unter Zoobedingungen werden 11 Monate angegeben, die ein Maulwurf im Zoo von Helsinki erreichte [7], eine andere Angabe lautet auf 5 Jahre [4].

Haltung in europäischen Zoos: Maulwürfe waren in Zoos stets selten. Meist wurden Einzeltiere gehalten, die nie sehr alt wurden. Vor ein paar Jahren waren Maulwürfe z.B. Im Zoo Dresden oder im Zoo Osnabrück zu sehen, gegenwärtig (2023) gibt es keine mehr. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es keine konkreten Mindestanforderungen für die Haltung von Maulwürfen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Europäische Maulwurf wurde 1758 von Carl von  LINNÉ unter seinem heute noch gültigen Namen beschrieben. Damals war er die einzige bekannte Art, mittlerweile werden 12 Arten unterschieden, von denen eine, der Blindmaulwurf (Talpa caeca SAVI, 1822), auch in der Südschweiz (Tessin und Bergell) vorkommt. Das Auftreten von Talpa caeca, die nur 34 Chromosomen aufweist, überlappt sich dort mit jenem von Talpa europaea, die ein Chromomenpaar mehr hat. Talpa europaea gilt als monotypisch, nachdem mehrere frühere Unterarten als eigene Arten verselbständigt wurden [1; 6; 8].

Literatur und Internetquellen

  1. AMORI, G. et al. (2017). Talpa europaea. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T41481A22320754. http://www.iucnredlist.org/details/41481/0. Downloaded on 15 May 2018.
  2. BARKHAUSEN, A. (2003)
  3. BREHM, A. E. (1882-1887)
  4. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  5. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  6. HAUSSER, J. et al. (Hrsg., 1995)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Dienstag, 24 Oktober 2017 12:39

Afrikanischer Weissbauchigel

Überordnung: Insektenfresser (INSECTIVORA / EULIPOTYPHLA)
Ordnung: Igelverwandte (ERINACEOMORPHA)
Familie: Igel (Erinaceidae)
Unterfamilie: Stacheligel (Erinaceinae)

D LC 650

Afrikanischer Weißbauchigel

Atelerix albiventris • The Four-toed Hedgehog • Le hérisson à ventre blanc

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Afrikanischer Weißbauchigel (Atelerix albiventris) im Zoologisch-Botanischen Garten Pilsen © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Approximative Verbreitung des Afrikanischen Weißbauchigels (Atelerix albiventris)

 

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Afrikanischer Weißbauchigel (Atelerix albiventris) im Zoo Jihlava© Klaus Rudloff, Berlin

 

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Afrikanischer Weißbauchigel (Atelerix albiventris) im Zoo Jihlava © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Afrikanischer Weißbauchigel (Atelerix albiventris), Albino in Privathaltung © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Afrikanischer Weißbauchigel (Atelerix albiventris), Zuchtform "dark grey" in Privathaltung © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Anderthalb Monate alter Afrikanischer Weißbauchigel (Atelerix albiventris) © Michał Klimont, Polen. Veröffentlicht unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.

 

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Schädel des Afrikanischen Weißbauchigels (Atelerix albiventris). Quelle: Untamed Science (ohne Autoren- und Copyrightangabe)

 

Weitere Bilder auf BioLib

Der Afrikanische Weißbauchigel wird häufig von Privatpersonen gehalten und in mehreren Farbvarianten gezüchtet. Er ist für eine nachtaktive Art auch relativ oft in Zoos zu sehen.

Körperbau und Körperfunktionen

Mit einer Kopf-Rumpflänge von 21 (15-25) cm und einem Gewicht von 250-600(-1000) g ist der Afrikanische Weißbauchigel kleiner als unser einheimischer Igel. Sein Schwanz ist 25 mm lang. Gesicht, Hals, Bauch und Beine sind mit weißen Haaren bedeckt, wobei das Gesicht eine schwarze Maske tragen kann. Die Stacheln sind schwarz mit weißen oder cremefarbenen Spitzen [2; 3].

Verbreitung

West-, Zentral- und Ostafrika: Von Senegal im Westen über den Sudan, Eritrea und Äthiopien südlich bis nach Malawi, Sambia und Mosambik [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Afrikanische Weißbauchigel ist solitär, dämmerungs- und nachtaktiv. Als Lebensraum bevorzugt er Grasland und lockeren Busch in Höhenlagen bis zu 2'000 m. Er besiedelt auch Agrarland, Parks und Gärten. Dichter Wald, Wüsten und Feuchtgebiete werden gemieden.  Gerne hält er sich in Gebieten mit einem hohem Bestand an Huftieren auf, da deren herumliegender Dung Insekten anzieht. Seine Hauptnahrung besteht aus Insekten und anderen Arthropoden wie Tausendfüßern, Schnecken und Krebstieren, ferner fängt er kleine Schlangen, Echse und Frösche, plündert Vogelnester und frisst herabgefallene Früchte, Erdnüsse, Wurzeln und Pilze. Selbst fällt er oft Kaffernadlern (Aquila verreauxi) oder Uhus (Bubo africanus, Bubo lacteus) zum Opfer. Tagsüber ruht er unter Steinen, Grasmatten, Laubhaufen oder Baumstämmen, in Erdlöchern, Felsspalten oder Termitenhügeln, wobei er seine Verstecke täglich zu wechseln scheint. Bei kühlem und trockenem Wetter kann er eine bis 6 Wochen dauernde Torporphase, eventuell mit Unterbrüchen durchmachen, dies ist jedoch nicht überall der Fall [3; 4; 6].

Weißbauchigel erreichen Geschlechtsreife mit etwa 8 Wochen. In Nord- und Ostafrika gibt es keine saisonale Einschränkung der Fortpflanzung, in südlichen Teil des Artareals dagegen schon. Nach einer Tragzeit von 35 (30-40) Tagen werden in der Regel 3-6 Junge geboren. Die Lebenserwartung liegt bei 4-6 Jahren [2; 6].

Gefährdung und Schutz

Der Afrikanische Weißbauchigel wird aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 nicht als gefährdet beurteilt, weil er ein großes Verbreitungsgebiet und einen großen Gesamtbestand hat, in Schutzgebieten vorkommt und auch veränderte Lebensräume toleriert (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Der Afrikanische Weißbauchigel wird häufig als Heimtier gehalten. Es wurden zahlreiche Farbschläge herausgezüchtet, von schwarz über grau, verschiedenen Brauntönen, zimt- und aprikosenfarben bis weißlich, leuzistisch und albinotisch. Die verschiedenen Farben gibt es auch als Schecken und mit unterschiedlicher Gesichtszeichnung [2].

Haltung

Das Höchstalter im Zoo wird mit 11 Jahren und 5 Monaten angegeben [5]. Es wurde von einem Weibchen erreicht, das in amerikanischen Zoos geboren und gehalten worden war.

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in über 80 Zoos gehalten, von denen sich ein paar wenige (kleinere) im deutschsprachigen Raum befinden. Schwerpunkte der Haltung sind Großbritannien und Russland. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für 1-2 Afrikanische Weißbauchigel ein Innengehege von 2 m² vorhanden sein und für jedes weitere Tier 1.5 m² mehr. Ein Außengehege für die Haltung während des Sommers wird als wünschenswert bezeichnet.

Die  Schweizerischen Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für ein Tier ein Innengehege mit einer Fläche von 2 m² vor, für jedes weitere 1 m² zusätzlich. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (stand 2022) fordert für ein Tier ein Gehege mit einer Fläche von 2 m² und für jedes weitere 0.2 m² zusätzlich, was bei einer solitär lebenden Tierart nicht viel Sinn macht.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Afrikanische Weißbauchigel wurde 1841 vom Konservator der Zoologischen Staatssammlung München, Johann Andreas WAGNER, als "Erinaceus albivetris" beschrieben und kam dann als Typusart in die vom in Nordafrika tätigen,  französischen Naturforscher Nicolas Auguste POMEL 1848 aufgestellte Gattung Atelerix. Später wurde er zeitweilig wieder Erinaceus zugeordnet. Die Art ist monotypisch, Die Gattung umfasst vier sich ziemlich ähnlich sehende Arten [1; 3; 6].

Literatur und Internetquellen:

  1. CASSOLA, F. 2016. Atelerix albiventris (errata version published in 2017). The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T40602A115174097. http://www.iucnredlist.org/details/40602/0. Downloaded on 15 May 2018.
  2. DEIN WEISSBAUCHIGEL
  3. HAPPOLD, D.C.D. (1987)
  4. UNTAMED SCIENCE
  5. WEIGL, R. (2005) 
  6. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Donnerstag, 14 Juni 2018 08:48

Japanischer Serau

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Ziegenartige: (Caprinae)
Tribus: Gemsenverwandte (Naemorhedini)

D LC 650

Japanischer Serau

Capricornis crispus • The Japanese Serow • Le saro du Japon

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Berlin © Carlos Frey, Berlin

 

119 009 038 001 nemorhaedus crispus map
Approximative Verbreitung des Japanischen Seraus (Capricornis crispus)

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Kyoto Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Magdeburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispous) im Zoo Berlin © Zoo Berlin (Presseforo)

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Děčín © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Děčín © Zoo Děčín

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Magdeburg © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Aussig / Usti © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Der Japanische Serau ist ein in seiner Heimat nicht gefährdeter Gemsenverwandter, der in Japan in vielen Zoos gezeigt wird, in Europa aber stets nur selten zu sehen war und gegenwärtig (2019) nicht mehr gehalten wird. Ein Grund für die geringe Beliebtheit der Art dürfte ihre einzelgängerische Lebensweise und ihre hohe innerartliche Aggression sein.

Körperbau und Körperfunktionen

Beim Japan-Serau gibt es praktisch keinen Geschlechtsdimorphismus. Die Tiere erreichen eine Kopf-Rumpflänge von etwa 130 cm, eine Schulterhöhe von 68-80 cm und ein Gewicht von 31-48 kg. Die leicht gekrümmten Hörner werden 12-16 cm lang. Der Schwanz ist mit 6-8 cm sehr kurz. Stark ausgeprägte Voraugendrüsen finden sich bei beiden Geschlechtern, ebenso Zwischenzehendrüsen. Das Fell ist lang und dicht. Seine Grundfärbung ist blaugrau oder graubraun mit weißen Haaren gesprenkelt, stellenweise schwarz. Die Beine, Ohren und der nackte Nasenspiegel und der kaum behaarte Nasenrücken sind schwarz, allenfalls dunkelbraun, die Kehle und Backenbärte weiß oder hellgrau [1; 6; 8; 13].

Verbreitung

Japan: Honshu, Shikoku, Kyushu. In den letzten 30 Jahren konnte der Serau sein Verbreitungsgebiet von rund 34'500 km² auf gegen 60'000 km² ausweiten [5].

Lebensraum und Lebensweise

Der Japan-Serau besiedelt alpine Rasen, subalpine Koniferenwälder und Laubwälder der kollinen Stufe [5].

Die Tiere sind hauptsächlich tagsüber aktiv, können aber auch nachts weiden.Sie sind gewöhnlich Einzelgänger, gelegentlich werden aber auch Gruppen bis zu 7 Tieren angetroffen. Die Einzeltiere haben Streifgebiete von wenigen Hektar, die sie als Territorium mit dem wachsartigen Sekret ihrer Voraugendrüsen und durch feste Kotplätze markieren und gegen Artgenossen verteidigen. Oft stehen sie reglos an einer exponierten Stelle, um Präsenz zu markieren. Familienterritorien können bis etwa 22 ha groß sein. Seraue nutzen ein weites Spektrum an Nahrungspflanzen einschließlich Koniferen. Bevorzugt fressen sie Laub von immergrünen und winterkahlen Bäumen und Sträuchern, ferner Farne sowie Gräser, Kräuter und Früchte [2; 5; 7].

Im Gegensatz zu den tropischen Serau-Arten haben die Japan-Seraue eine feste Paarungszeit, die von September bis November dauert. Nach einer Tragzeit von 195-210 Tagen wird im Mai-Juli meistens ein einzelnes Kitz gesetzt, seltener Zwillinge. Seraukitze wiegen bei der Geburt 2,9 bis 3,5 kg. Sie können 12 bis 20 (selten 30) Minuten nach der Geburt gehen und folgen ihrer Mutter. Sie nehmen ab dem 6.- 16. Lebenstag feste Nahrung auf und sind vor der nächsten Brunst der Geiß entwöhnt. Die Geschlechtsreife wird mit anderthalb Jahren erreicht [2; 3].

Gefährdung und Schutz

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts büßte der Japanische Serau große Teile seines Areals ein. Heute ist er weit verbreitet, hat eine große Gesamtpopulation (ca. 100'000 Tiere) und stabile bis zunehmende Bestände. Sein Areal ist mittlerweileetwa anderthalb mal so groß wie die Schweiz. Er wurde deshalb im Rahmen einer Beurteilung im Jahr 2008, bestätigt 2020, als nicht-gefährdet eingestuft (Rote Liste: LEAST CONCERN) [5].

Der internationale Handel ist nicht nach CITES geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Der Serau wurde in Japan traditionell zur Fleischgewinnung gejagt. Bis in die 195034-Jahre war dies nicht nachhaltig und meistens illegal. Nachdem die Wilderer-Syndikate eliminiert werden konnten, nahmen die Bestände zu, mit dem Ergebnis, dass es zu größeren forstwirtschaftlichen Schäden kam, was die Behörden veranlasste die Bestände zu reduzieren [5].

Haltung

Bei der Gehegegestaltung ist zu berücksichtigen, dass Seraue wenig sozial sind. Abtrenngehege und Einzelboxen sind daher Pflicht. Gehege für kleine Gruppen sollten größer sein, als in den Mindestanforderungen vorgegeben und sollten über Sichtblenden und Rückzugsmöglichkeiten verfügen.

WEIGL gibt als Höchstalter im Zoo 24 Jahre an, erreicht von einer zoogeborenen Geiß in einem japanischen Zoo, andernorts wird auf ein Rekordalter von 27 Jahren, 7 Monaten und 25 Tagen verwiesen [2; 6].

Die Welterstzucht gelang am 25. August 1965 im Kobe Oji-Zoo von einem Paar, das 1964 gefangen worden war [9].

Für den Japanischen Serau gibt es seit 1971 ein Internationales Zuchtbuch, das früher am Tiergarten Schönbrunn geführt wurde und heute am Toyama Familienpark-Zoo in Japan geführt wird. Dieses umfasste im Dezember 2016 796 lebende Individuen in 130 Einrichtungen [IZY 52].

Haltung in europäischen Zoos: Die Ersteinfuhr nach Europa erfolgte 1879 durch den Londoner Zoo. Währenddem die Art in japanischen Zoos häufig anzutreffen ist, war sie außerhalb ihres Ursprungslands  stets selten. 2007 wurde mit 45 Individuen in europäischen und nordamerikanischen Zoos der Höchststand erreicht, danach erfolgte ein dramatischer Rückgang bis 2014 auf noch 22 Tiere [1], und seitdem ist der europäische Bestand ganz ausgestorben. Bis 2018 lebte in Aussig an der Elbe noch ein einzelnes Tier. Dem nordamerikanischen Bestand, der 2019 noch 10 Tiere in 4 Haltungen umfasste, droht dasselbe [10]. Für Details siehe Zootierliste.

Im Tiergarten Schönbrunn war 1994 die europäische Erstzucht gelungen, dem Zoologischen Garten Berlin 1997 die deutsche Erstzucht.


Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 250 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 20 m² zusätzlich. Ein Stall ist nicht erforderlich.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 4 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 50 m² zur Basisflächen dazu. Es sind natürliche oder künstliche Unterstände anzubieten, in denen alle Tiere gleichzeitig Platz finden. Werden die Tiere aufgestallt, ist eine Grundfläche von mindestens 4 m²/Tier vorgeschrieben.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für bis zu 10 Tiere 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr. Es müssen Unterstände zum Schutz gegen Witterungsverhältnisse wie Regen, Wind, Sonneneinstrahlung und Hitze angeboten werden, so dass alle Tiere bei Bedarf darin gleichzeitig Unterschlupf finden können. Die Haltung hat in Herden zu erfolgen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Japanische Serau wurde 1844 von Coenraad Jacob TEMMINCK vom Naturhistorischen Museum in Leiden als "Antilope crispa" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die gegenwärtig gültige Gattung Capricornis wurde 1836 von dem aus Irland stammenden Naturforscher William OGILBY aufgestellt [7; 8].

Die Systematik der Seraue ist nicht ganz klar, Die Caprinae Spezialisten-Gruppe der IUCN geht von 3, WILSON & REEDER sowie die Rote Liste der IUCN gehen von sechs Arten aus. Das Handbook of the Mammals of the World von 7. Von den Goralen werden vier Arten unterschieden. Bisweilen werden Seraue und Gorale in einer Gattung (Naemorhedus) zusammengefasst [4; 5; 7; 8].

Literatur und Internetquellen

  1. HOLLAND, J. & PUTNAM, A. (2014)
  2. MATSCHEI, C. (2012)
  3. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  4. SHACKLETON, D.M. (1997)
  5. TOKIDA, K. (2020). Capricornis crispus. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T3811A22151909. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T3811A22151909.en. Accessed on 23 January 2023.
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. YAMAMOTO, S. (1967)
  10. DAMOIS, P., ROBOVSKÝ, J., MUELLER, D, PENELLO, M.,ZIMMERMANN,M., VAN DER MEER, R.AND VOORHAM, M. (eds., 2020).

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Freigegeben in Schaf- und Ziegenartige
Donnerstag, 14 Juni 2018 08:37

Giraffe

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Schwielensohler (Tylopoda)
Familie: Giraffenartige (Giraffidae)
Unterfamilie: Steppengiraffen (Giraffinae)

D VU 650

EEPGiraffe

Giraffa camelopardalis • The Giraffe • La girafe

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Junge Angolagiraffe (Giraffa c. angolensis) im Zoo Dortmund © Kettner / Zoo Dortmund

 

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Approximative Verbreitung der Giraffenunterarten, nach http://www.giraffeconservation.org modifiziert

 

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Angolagiraffen (Giraffa c. angolensis) im Zoo Dortmund © Zoo Dortmund

 

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Trinkende Angolagiraffe (Giraffa c. angolensis) im natürlichen Lebensraum bei Klein-Namutoni, Etoscha-Nationalpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kordofangiraffe (Giraffa c. antiquorum) im Zoo des Sables d'Olonne © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kordofangiraffen (Giraffa c. antiquorum) im Zoo de Vincennes, Paris © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kordofangiraffen (Giraffa c. antiquorum) im Zoo des Minières, Doué-la-Fontaine © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Vorderfüße einer Kordofangiraffe (Giraffa c. antiquorum) im Zoo des Sables d'Olonne © Peter Dollinger, Zoo Office¨Bern

 

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Trinkende Kordofangiraffe (Giraffa c. antiquorum) im Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kap-Giraffen (Giraffa c. giraffa) in La Planète Sauvage, Port-Saint-Père © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kap-Giraffe (Giraffa c. giraffa) im Mkuze Wildschutzgebiet, Kwatulu-Natal © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Ruhende Kapgiraffen (Giraffa c. giraffa) im Ndumo-Wildschutzgebiet, Kwazulu-Natal © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Giraffengeburt (G. c. rothschildi) im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Netzgiraffen-Paar (Giraffa v. reticulata) mit Kalb im Tiergarten Schönbrunn © TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

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Gemeinschaftshaltung von Netzgiraffen (Giraffa c. reticulata) und Afrikanischem Strauß (Struthio camelus) im Tiergarten Nürnberg © TG Nürnberg (Pressefoto)

 

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Netzgiraffen (Giraffa c. reticulata) tollen im Schnee im Tiergarten Nürnberg © TG Nürnberg (Pressefoto)

 

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Netzgiraffe (Giraffa c. retculata) im Zoo Schmiding © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Rothschildgiraffe (Giraffa c. rothschildi), Alter Bulle mit vielen Exostosen am Kopf im Zoo Leipzig © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Rothschildgiraffe (Giraffa c. rothschildi), Kuh im Monarto-Zoo, Südaustralien © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Junge Rothschildgiraffe (Giraffa c. rothschildi) im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Ruhende Rothschildgiraffe im Monarto-Zoo, Südaustralien © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kämpfende Rothschildgiraffen (Giraffa c. rothschildi) im Zoo Henri de Lunaret, Montpellier © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Massaigiraffenbulle (Giraffa c. tippelskirchi) im Nairobi-Nationalpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Massaigiraffe (Giraffa c. tippelskirchi) im Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Baringogiraffe (G. c. rothschildi) in Gemeinschaftshaltung mit Streifengnus und Spießböcken in Kolmårdens Djurpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Ruhende Netzgiraffen (G. c. reticulata) im Metro Miami Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kontrolliertes Giraffenfüttern (G. c. rothschildi) durch das Publikum in Hagenbecks Tierpark © Tierpark Hagenbeck (Pressefoto)

 

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Kontrolliertes Giraffenfüttern (G. c. rothschildi) durch das Publikum im Zoo de Pont-Scorff © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 007 001 001 giraffa camelopardalis gessner1
Die Camelopardalis aus Conrad GESSNERS "Historia animalium" (1551) hatte noch wenig Ähnlichkeit mit einer Giraffe.Gemeinfrei.

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"Eyn seltsam und Wunderbarlich Thier ... wie soliches ... Geconterfect ist worden durch Melchior Lurig (Lorch) zu Constantinopel". Bis auf die fehlende Fleckung und Übergröße realistischere Darstellung aus GESSNERs "Thierbuoch" (1563). Gemeinfrei.

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Tiertransport mit Kordofangiraffen (Giraffa c. antiquorum) aus dem Sudan am Alten Pferdemarkt, 1870 © Tierpark Hagenbeck

 

Weitere Bilder auf BioLib.cz

Die Giraffe als am höchsten werdendes Landsäugetier ist unverkennbar und beim Publikum ausgesprochen populär. Sie ist daher ein idealer Botschafter für den Natur- und Artenschutz im Savannengürtel Afrikas und wird entsprechend häufig gehalten. Aufgrund ihrer anatomischen Besonderheiten hat sie auch zoopädagogisch viel zu bieten. Als Art ist sie gefährdet, zwei Unterarten gelten als vom Aussterben bedroht, eine als stark gefährdet, zwei als gefährdet und eine als potenziell gefährdet. Die europäischen Zoos haben deshalb ein Erhaltungszuchtprogramm eingerichtet.

Körperbau und Körperfunktionen

Giraffen erreichen eine Kopf-Rumpflänge von rund (300-)350-480 cm, eine Schwanzlänge von (76-)90-110 cm und eine Scheitelhöhe von 450-580(-600) cm. Es besteht ein Geschlechtsdimorphismus. Bullen werden größer als Kühe und erreichen Körpergewichte von 1'800-1'930 kg, die Kühe nur von 450-1'180 kg. Der Kopf ist schwer und kompakt. Um ihn zu halten, ist das Sehnenband im Genick besonders stark entwickelt. Auf dem Kopf befinden sich 2-5 knöcherne, von Haut bedeckte Hörnchen. Es handelt sich dabei um ein Paar Scheitelbeinhörner und allenfalls um ein unpaares Stirnhorn und ein Paar Hinterhauptshörner. Alte Bullen können viele weitere knöcherne Auswüchse am Kopf haben. Die mit Haaren bedeckten Lippen sind groß, weich und beweglich und dienen zusammen mit der langen blauen Zunge dazu, Blätter von den oft dornenbewehrten Zweigen der Bäume abzupflücken. Die Augen sind groß und mit langen Wimpern versehen. Der Hals weist wie bei fast allen Säugetieren trotz seiner Länge nur 7 Wirbel auf. Es ist eine Halsmähne vorhanden. Die Rückenlinie ist abschüssig. Bei den Extremitäten sind nur der 3. und 4. Strahl voll entwickelt, Afterklauen fehlen. Der Schwanz trägt eine lange Endquaste. Das Euter der Kühe hat 4 Zitzen. Das Muster des Haarkleids besteht aus gelbbraunen bis schwarzbraunen, der Tarnung und Thermoregulation dienenden Flecken auf hellem Grund, die je nach Unterart in Größe, Form und Farbe unterschiedlich sind. Der Bauch und teilweise die Beine sind ungefleckt [5; 8; 11].

Verbreitung

Savannengürtel Afrikas: Angola, Äthiopien, Botswana, Burkina Faso, Demokratische Republik Kongo (Zaire), Eritrea, Kamerun, Kenia, Namibia, Niger, Nigeria, Sambia, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Südsudan, Tansania, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik. Ab 1986 angesiedelt in Ruanda. Ausgestorben oder vermutlich ausgestorben in Guinea, Mali, Mauretanien, wieder angesiedelt in Mosambik, Senegal und Swasiland (ab 1965), wobei umstritten ist, ob die Giraffe ursprünglich in Swasiland vorkam oder erst um 1896 bei einem Rinderpest-Seuchenzug ausstarb [11; 13; 17].

Lebensraum und Lebensweise

Die tagaktiven Giraffen sind hauptsächlich Tiere der Savannen und Trockenwälder, finden sich aber auch in Trockensavannen und Hochländern, und erschließen sich den Rivieren folgend sogar Wüsten wie den Namib. Ihre Fortbewegung erfolgt im Passgang oder im Galopp. Sie sind "Browser", die Blätter, Zweige, Knospen, Rinde, Früchte und Samen von Bäumen und Büschen abweiden. Akazien und Buschweiden (Combretum) sind die wichtigsten Futterpflanzen. Auch Anabäume (Faidherbia), Witgat (Boscia), Sternbüsche (Grewia) und Leberwurstbäume (Kigelia) werden bevorzugt angenommen. Die Tiere kommen ohne tägliche Tränke aus [13; 17].

Giraffen leben in wenig stabilen Rudeln, die erwachsene Tiere beiderlei Geschlechts umfassen können. Sie haben Streifgebiete von 25-160 km² und sind nicht territorial. Es gibt keine feste Fortpflanzungsperiode. Nach einer Tragzeit von 450-488 Tagen wird ein einzelnes Kalb mit einer Scheitelhöhe von 165-175 cm geboren, das etwa 12 Monate gesäugt wird. Die Geburt erfolgt im Stehen. Bullen werden mit 2.5-4 Jahren, Kühe mit 4.5 Jahren geschlechtsreif [17].

Löwen sind die Beutegreifer, die am erfolgreichsten Giraffen jagen und zwar sowohl Junge wie Erwachsene. Letztere sind für den Löwen nicht ganz risikolos, da sie ihn mit Hufschlägen vorübergehend außer Gefecht setzen oder gar töten können. Mehr als die Hälfte aller im Freiland geborenen Giraffen stirbt noch im Jugendalter, dabei sind Löwenangriffe eine der wichtigsten Todesursachen [2]. Wenn also ein Zoo eine für die Zucht nicht verwendbare junge Giraffe rasch und schmerzlos tötet und an die Löwen im eigenen Bestand verfüttert, macht er sich damit zwar unbeliebt, aber er setzt etwas tierschutzkonform um, was in der Wildbahn regelmäßig stattfindet.

Gefährdung und Schutz

Obwohl einzelne Unterarten stark bedroht sind, galt die Giraffe als Art lange als nicht-gefährdet. Erst 2016 wurde sie in die Kategorie "gefährdet" hochgestuft (Rote Liste: VULNERABLE). Die Bestandsentwicklung ist jedoch regional sehr unterschiedlich: Bei drei Unterarten nehmen die Bestände zu (G. c. angolensis, G. c. giraffa, G. c. peralta), bei fünf nehmen sie ab (G. c. antiquorum, G. c. camelopardalis, G. c. reticulata, G. c. rothschildi, G. c. tippelskirchi) und bei einer ist der Bestand stabil (G. c. thornicrofti). Im Ganzen gibt es noch rund 70'000 erwachsene Tiere, die jedoch sehr ungleich auf die einzelnen Unterarten verteilt sind. Am seltensten sind peralta, thornicrofti und camelopardalis  amhäufigsten tippelskirchi und angolensis [4; 11; 12; 13].

Der internationale Handel seit September 2019 nach Anhang II CITES geregelt, die Einfuhr lebender Exemplare aus Afrika ist aber aus tierseuchenrechtlichen Gründen kaum noch möglich. Ferner fällt die Art unter Anhang I des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Schutz der Rothschildgiraffe im Kidepo-Nationalpark, Zoo Sta. Barbara, Zoo Berlin u.a. (Zusatzblatt)

  • Seit 2001 setzt sich die «Association pour la Sauvegarde des Girafes du Niger» (ASGN) Für den Schutz der Giraffen (G. c. peralta) in Niger ein, deren Bestand 1996 auf nur noch 49 Tiere gesunken war. Da die Tiere in einer dicht besiedelten und landwirtschaftlich genutzten Landschaft leben, waren Tier-Mensch-Konflikte unvermeidlich. Für die ASGN standen daher Konfliktbewältigung und Einbezug der Landbevölkerung im Vordergrund. Dank ihrem Einsatz ist die Zahl der Giraffen auf mittlerweile 600 gestiegen. Der Bioparc Doué-la-Fontaine begleitete die ASGN von anfang an und ist ihr wichtigster Gelgeber. Allein 2019 förderte er den Giraffenschutz in Niger mit 60'000 €. Weitere französische Zoos beteiligen sich an der Förderung, darunter Le Pal, Lyon, Maubeuge und Touroparc Romanèche-Thorins. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Traditionell wurden Giraffen gejagt um Fleisch für den Eigenbedarf oder den lokalen Markt, Häute und die gebietsweise als Brautgeschenke oder Fliegenwedel verwendeten Schwänze zu gewinnen. Die Tiere wurden zu Pferde oder auf dem Dromedar gehetzt, bis sie nicht mehr weiter konnten, und dann soll ihnen mit dem Schwert die Achillessehrne durchtrennt worden sein, um sie bewegungsunfähig zu machen [1; 13]. Im südlichen Afrika ist eine kontrollierte Jagd nach wie vor zulässig, wobei für Jagdtouristen nebst den übrigen Safari-Kosten eine Abschussgebühr von etwa 1'800-2'600 USD fällig wird (Online-Inserate 2019). Im übrigen Areal werden die Tiere vielfach illegal bejagt. Im Restaurant "The Carnivore" in Nairobi z.B. waren bis vor wenigen Jahren noch regelmäßig Giraffensteaks zu haben, obwohl die Art in Kenia vollständig geschützt ist. Giraffen sind gleichermaßen wichtig für den Jagd- wir für den Fototourismus. In Südafrika existiert daher ein beachtlicher nationaler Handel mit lebenden Tieren für private Naturschutzgebiete oder Jagdfarmen [3; 5].

Haltung

Die erste lebende Giraffe wurde im Jahr 46 v. Chr. von GAIUS JULIUS CAESAR nach Europa gebracht [6]. Gegen Ende des 2. Jahrhunderts tötete Kaiser Commodus eine Giraffe im Kolosseum. Weitere Giraffentransporte nach Rom sind aus dem 3. Jhdt. dokumentiert, als unter verschiedenen Kaisern mehrere Tiere in Schau"kämpfen" ihr Leben lassen mussten [8]. Auch Giraffenfleisch war schon damals ins Römische Reich importiert worden: US-Archäologen fanden in Abfallhalden der damals beliebten Einkaufsmeile am Stabiae-Tor in Pompeji Giraffenknochen. Dort ballten sich seit dem vierten Jahrhundert vor Christus eine Menge Geschäfte, Schnellimbisse und Restaurants, und dort entdeckten die Forscher von heute die Reste einer metzgerisch tadellos aufbereiteten Giraffenkeule Auch Giraffenfleisch war schon damals ins Römische Reich importiert worden: US-Archäologen fanden in Abfallhalden der damals beliebten Einkaufsmeile am Stabiae-Tor in Pompeji Giraffenknochen. Dort ballten sich seit dem vierten Jahrhundert vor Christus eine Menge Geschäfte, Schnellimbisse und Restaurants, und dort entdeckten die Forscher von heute die Reste einer metzgerisch tadellos aufbereiteten Giraffenkeule [20].

In nachrömischer Zeit wurde im 11. Jahrhundert eine Giraffe in Byzanz gezeigt. Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen erhielt aus Babylon, wo damals eine menagerieartige Haltung bestanden haben muss, eine Giraffe als Geschenk, die er in seiner Menagerie mitführte, als er 1235 nach Deutschland kam. 1487 bekam Lorenzo di Medici für seine Menagerie in Florenz vom ägyptischen Sultan al-Kamil aus Damaskus eine Giraffe, die allerdings nur kurze Zeit zur Schau gestellt wurde, weil sie sich ein Jahr nach Ihrer Ankunft das Genick brach. Ein Aquarell aus dem Jahr 1559 von Melchior LURIG (LORCH) zeigt eine Giraffe in der Menagerie des Sultans Süleyman I. in Konstantinopel.

In Mitteleuropa gab es damals keine Giraffen. Der Zürcher Stadtarzt Conrad GESSNER, war für seine "Historia animalium" auf Literaturquellen angewiesen. Währenddem die Abbildung in der ersten Ausgabe aus dem Jahr 1551 noch wenig Ähnlichkeit mit einer Giraffe hatte, konnte er bei späteren Ausgaben und namentlich dem deutschsprachigen Thierbuoch (1563) auf LURIGs realistischere Darstellung zurückgreifen [21].

Die im 18./19. Jahrhundert in Europa gezeigten Giraffen stammten vorab aus dem Sudan. Giraffen gelangten in die Menagerien von Wien (1742) und Paris (1794). Carl von LINNÉ hatte für seine Erstbeschreibung (1758) ein komplettes Exemplar vorliegen. 1824 sandte der Vizekönig der osmanischen Provinz Ägypten, Mehmed Ali Pascha, ein Exemplar nach Konstantinopel und ein weiteres als Geschenk an den englischen König George V. [8]. Die im Jahr 1828 vom Vizekönig der Wiener Menagerie geschenkte Giraffe war im Darfur gefangen worden, war also eine Kordofangiraffe (G. c. antiquorum). Das Tier war am 30. März 1828 in Alexandria verladen worden und traf am 27. April in Venedig ein, wo eine 40-tägige Quarantäne durchgeführt wurde. Dann ging es abermals per Schiff weiter nach Fiume (heute Rijeka), wo die Giraffe am 15. Juni eintraf und von dort zu Fuß - mit Schnürschuhen an den empfindlichen Hufen - bis Karlovac, wo sie auf einen eigens konstruierten Wagen verladen und über Zagreb, Varazdin, Szombathely, und Sopron nach Wien gekarrt wurde. Am 7. August 1828 kam das Tier wohlbehalten in Schönbrunn an. Der Tiergarten konnte die Menschenmassen kaum aufnehmen und alles musste plötzlich "à la Giraffe" sein: Mode, Frisuren, Aschenbecher, Trinkgefäße. Ein eigenes Gebäck, die "Giraffeln" wurden erfunden; man spielte das Giraffen-Klavier und tanzte den Giraffen-Galopp. Das dazu passende Theaterstück fiel bei den Wienern allerdings durch und wurde "ausgezischt" [9]. Ähnliches Aufsehen hatte ein Jahr zuvor eine Giraffe in Frankreich erregt, die von Ägypten bis Marseille mit dem Schiff transportiert wurde und danach den Landweg nach Paris zu Fuß zurücklegen musste. Das "Zarafa" geannte Tier lebte war während 18 Jahren die Hauptattraktion der Menagerie [6; 22].                                                                                                               

Der ersten Wiener Giraffe war übrigens kein langes Leben vergönnt. Sie starb 10 Monate nach ihrer Ankunft an Knochentuberkulose. Im Gegensatz dazu gediehen drei Bullen und eine Kuh, die der Londoner Zoo 1836 erhielt, gut und brachten 1839 das erste Giraffenkalb in einem Zoo zur Welt. Weitere Giraffen erhielten die Zoos von Antwerpen, Berlin, Frankfurt, Köln, Dresden, Hamburg, Hannover und Leipzig. 1873 kam die erste Giraffe in Nordamerika für den Bronx Zoo an [8; 23].

Später wurden hauptsächlich Nubische Giraffen (G. c. camelopardalis) aus dem Ostsudan und Äthiopien importiert, so durch die Firmen Hagenbeck und Ruhe. Danach folgten Kapgiraffen aus Südafrika. In der Mitte des 20. Jahrhunderts war die Massai-Giraffe (G.c. tippelskirchi) die im deutschsprachigen Raum dominierende Unterart. 1969 wurde sie in Basel, Berlin-Zoo, Dresden, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Leipzig und München gehalten [8]. Die Tiere stammten hauptsächlich aus dem heutigen Tansania, wo sie z.B. im Auftrag des Schweizer Tierhändlers August Künzler gefangen wurden [10]. 2011 wurde auch die letzte Gruppe von Massaigiraffen in Europa, nämlich jene im Zoo Basel aufgegeben, weil für die weitere Zucht keine blutfremden Tiere zur Verfügung standen. Dominierende Unterarten sind jetzt die Rothschild- und die Netzgiraffe.

In vielen Zoos werden Giraffen mit anderen Arten vergesellschaftet, so z.B. mit Zebras, Watussirindern, verschiedenen Antilopen, Afrikanischen Straußen, Marabus, Kranichen, Trappen, Perlhühnern oder Sporenschildkröten [14]. Vorsicht ist geboten beim Vergesellschaften von Giraffen und größeren Hornträgern (z.B. Elenantilopen) , da sich die Bullen eventuell Kämpfe liefern, die, auch wenn sie nicht unbedingt ernst gemeint sind, wegen der unterschiedlichen Kampftechniken zu Verletzungen führen können [5].

WEIGL gibt als Höchstalter 39 Jahre und 6 Monate für einen in amerikanischen Zoos gehaltenen weiblichen Wildfang an [16].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in gegen 240 Zoos gehalten, von denen sich etwa 30 im deutschsprachigen Raum befinden. Mit Abstand am häufigsten ist die Rothschildgiraffe. Ferner werden wenige Angola- und Kapgiraffen, zahlreiche Netzgiraffen sowie eine zunehmende Anzahl Kordofangiraffen gehalten, letztere hauptsächlich in Frankreich. Daneben gibt es noch eine abnehmende Anzahl Unterart-Hybriden. Die Haltung der in der Wildbahn noch häufigen Massaigiraffen haben die Zoos auslaufen lassen. Für Details siehe Zootierliste.

Seit 1991 besteht ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das 2023 in ein vom Opel-Zoo koordiniertes "New Style"-EEP umgewandelt wurde [7]. In diesem Rahmen wurden Haltungsempfehlungen herausgegeben [3].

Forschung im Zoo: Giraffen sind beliebte Studienobjekte für Doktor-, Diplom- und Examensarbeiten. Dabei kann es um Grundlagenforschung gehen, etwa zur Anatomie, Ontogenese, Physiologie oder Ethologie, aber auch um die Prüfung und gegebenenfalls Optimierung der Haltungsbedingungen und somit zur Erhöhung des Tierwohls, wie etwa zur Gruppenzusammensetzung, Umweltanreicherung, Neugestaltung von Anlagen, Fütterung oder Krankheitsgeschehen und tierärztliche Maßnahmen. Manche Arbeiten fokussieren auch darauf, die Tiere besser für die Zoopädagogik nutzbar zu machen. Liste siehe unten.

Wie Giraffen gehalten werden (Beispiele):

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL fordert für vier Giraffen Einzelboxen von 30 m² pro Tier und einen gemeinsamen Innenlaufbereich von 200 m². Können die Einzelboxen miteinander verbunden werden, kann deren Fläche auf den Innenlaufbereich angerechnet werden. Gegenwärtig ergibt sich aus der Kombination von Einzelboxen und Gemeinschaftsstall nur bei wenigen Giraffenhaltungen in Deutschland eine Innenlauffläche von 200 m². Es sind jedoch als Folge der aktuell angebotenen Flächen keine tierschutzrelevanten Sachverhalte bekannt. Die im vorliegenden Gutachten vorgegebenen Flächen entbehren somit nicht nur einer Grundlage, sondern liegen auch noch deutlich über den „Best Practice“-Leitlinien der EAZA [3], die für 4 Giraffen einen Gemeinschaftsstall von 64-100 m² sowie drei Absperrboxen von 16-25 m² empfehlen. Nicht berücksichtigt wurde ferner im ersten Absatz, dass nicht nur durch einen Innenlaufbereich, sondern auch durch eine gedeckte Außenveranda ein für die Tiere bei Schnee- oder Eisglätte nutzbarer Laufbereich geschaffen werden kann, was in verschiedenen Zoos der Fall ist und worauf im dritten Absatz hingewiesen wird. Die räumlichen Vorgaben des Gutachtens wurden deshalb von den Tierschutzsachverständigen der Zoos als unbegründet abgelehnt, dagegen hielten sie eine Angleichung der Gehegeabmessungen an jene der Schweizerischen Tierschutzverordnung für vertretbar.

Auch die Anforderung an das Außengehege wurde mehr als verdoppelt (von 500 m²/6 Tiere auf 1000 m²/4 Tiere, obwohl bereits aufgrund einer Arbeit aus dem Jahr 1998 hervorgeht, dass dies nicht erforderlich ist [20]. Auch eine chronoethologische Untersuchung bei sechs Giraffen in der ZOOM-Erlebniswelt Gelsenkirchen hat ergeben, dass sich die Tagesaktivität bei artgemäßer Fütterung (hoher Laubanteil) zu 48% aus Fressen, zu 24% aus Wiederkäuen, zu 9 % aus dem Beobachten der Umgebung und zu 6% aus sozialen Interaktionen zusammensetzt. Laufaktivitäten machten nur 10 % des Zeitbudgets aus. Laufstereotypien ("Pacing") wurden nur abends bei drei Tieren beobachtet, wenn die Giraffen darauf warteten, in den Stall gelassen zu werden [15].

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 4 Giraffen ein Gehege von 500 m² und für jedes weitere Adulttier 100 m² zusätzlich vor. Für den Bullen muss innerhalb dieser Fläche ein Bereich von 100 m² vorgesehen werden, der im Bedarfsfall abgetrennt werden kann. Pro Tier ist eine Stallfläche von 25 m² erforderlich, zusätzlich eine Veranda oder ein Innen-Laufbereich von 80 m². Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für 5 Giraffen eine Mindestgehegefläche von 1'000 m² und für jedes weitere 100 m² zusätzlich. Im Innenbereich sind pro Tier 30 m² anzubieten. Um wieviel diese Fläche zu erhöhen ist, wenn mehr als 5 Tiere gehalten werden, ist nicht klar.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Giraffe wurde 1758 von Carl von LINNÉ anhand eines Exemplars aus dem Sudan unter dem Namen "Cervus camelopardalis" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1772 wurde sie von dem französischen Zoologen Mathurin Jacques BRISSON in die neue und heute noch zutreffende Gattung Giraffa gestellt [17].

Gattung und Unterfamilie umfassen nur eine rezente Art. Nach einer 2016 veröffentlichten molekulargenetischen Untersuchung wird diese allerdings in vier Arten aufgesplittet, je eine davon mit 2 bzw. 3 Unterarten [4; 18], was aber in der Roten Liste der IUCN, im Giraffen-EEP und von CITES bislang nicht übernommen wurde. Diese basieren nach wie vor auf einer einzigen Art mit neun Unterarten:

Unterarten und Bestände (Verbreitung siehe Karte):

  • Westafrikanische oder Nigeria-Giraffe (G. c. peralta): ca. 600
  • Kordofangiraffe (G. c. antiquorum): ca. 2'000
  • Nubische Giraffe (G. c. camelopardalis): ca. 650
  • Netzgiraffe (G. c. reticulata): < 16'000
  • Rothschild- oder Baringogiraffe (G. c. rothschildi): ca 2'100
  • Massaigiraffe (G. c. tippelskirchi): < 37'000
  • Thornicroft-Giraffe (G. c. thornicrofti): ca 600
  • Angolagiraffe (G. c. angolensis): ca. 20'000
  • Kapgiraffe (G. c. giraffa): ca. 12'000

Nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2020, bei der historisches Material berücksichtigt wurde, soll es 3 Arten und 10 Unterarten geben [19]:

  • Nördliche Giraffen (G. camelopardalis)
    • Nubische Giraffe (G. c. camelopardalis)
    • Kordofangiraffe (G. c. antiquorum)
    • Nigeria-Giraffe (G. c. peralta)
    • Westafrikanische Giraffe (Giraffa c. senegalensis subsp. nov.), vermutlich ausgestorben
    • Netzgiraffe (G. c. reticulata)
    • Rothschild- oder Baringogiraffe (G. c. rothschildi)
  • Weinlaub-Giraffen (G. tippelkirchi)
    • Massaigiraffe (G. t. tippelskirchi)
    • Thornicroft-Giraffe (G. t. thornicrofti)
  • Südliche Giraffen (G. giraffa)
    • Südwestafrikanische Giraffe (G. c. giraffa), einschließlich angolensis und capensis, in Angola, Botswana, Namibia, Simbabwe
    • Südostafrikanische Giraffe (G. c. wardi), in Botswana, Mosambik, Sambia, Simbabwe, Südafrika

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. BROWN, D. (2014)
  3. EAZA Giraffe EEPs (2006)
  4. GIRAFFE CONSERVATION FOUNDATION
  5. GRZIMEK, B. (1956)
  6. HEDIGER, H. (1938)
  7. JEBRAM, J. (2012)
  8. KRUMBIEGEL, I. (1971)
  9. KUNZE, G. (2000)
  10. LANG, E. M. (1994) 
  11. MARAIS, A., FENNESSY, S. & FENNESSY, J. (2014)
  12. MARTIN, L. (2013)  
  13. MULLER, Z. et al. ( 2016). Giraffa camelopardalis. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T9194A51140239. Downloaded on 07 December 2016.
  14. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  15. SCHÜSSLER, D., GÜRTLER, W.-D. & GREVEN, A. (2015)
  16. WEIGL, R. (2005)
  17. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  18. FENNESSY, J., BIDON, T., REUSS, F., KUMAR, V., ELKAN, P., NILSSON, M.A., VAMBERGER, M., FRITZ, U. AND JANKE, A. (2016)
  19. PETZOLD, A., MAGNANT, A.-S., EDDERAI; D., CHARDONNET, B., RIGOULET, J., SAINT-JALME, M. & HASSANIN, A. (2020)
  20. DiePresse.com vom 08.01.2014
  21. BUQUET, T. (2019)
  22. MNHN - HISTORY OF THE MÉNAGERIE, THE ZOO OF THE JARDIN DES PLANTES
  23. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)

Doktor-, Diplom- und Examensarbeiten:

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Donnerstag, 14 Juni 2018 08:37

Vikunja

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Schwielensohler (Tylopoda)
Familie: Kamele(Camelidae)
Tribus: Neuweltkamele (Lamini)

Red list status least concern

EEPVikunja

Lama vicugna • The Vicuna • La vigogne

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Südliches Vikunja (Lama v. vicugna) im Tiergarten Schönbrunn © TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

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Approximative Verbreitung des Vikunjas (Lama vicugna)

 

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Nördliches Vikunja (Lama vicugna mensalis) im Zoo Las Leyendas, Lima © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nördliches Vikunja (Lama vicugna mensalis) im Zoo Las Leyendas, Lima © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nördliches Vikunja (Lama vicugna mensalis) im Privatzoo Michel Durand, La Dehesa / Santiago de Chile © Thomas Kauffels, Opel-Zoo Kronberg

 

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Nördliche Vikunjas (Lama vicugna mensalis) im Privatzoo Michel Durand, La Dehesa / Santiago de Chile © Thomas Kauffels, Opel-Zoo Kronberg

 

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Nördliche Vikunjas (Vicugna v. mensalis) im Privatzoo Michel Durand, La Dehesa / Santiago de Chile © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nördliche Vikunjas (Vicugna v. mensalis) im Privatzoo Michel Durand, La Dehesa / Santiago de Chile © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliche Vikunjastute (Lama v. vicugna) mit Fohlen im Tierpark Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliche Vikunjas (Lama v. vicugna) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliche Vikunjas (Lama v. vicugna) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliches Vikunja (Lama v. vicugna) im Walter-Zoo Gossau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliches Vikunja (Lama v. vicugna) im Zoo Dresden © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliche Vikunjas (Lama v. vicugna) im Zoo Zürich © Max Häberli / Zoo Zürich

 

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Südliche Vikunjas (Lama v. vicugna) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Südliche Vikunjastute (Lama v. vicugna) mit Fohlen im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Gemeinschaftshaltung von Vikunjas (Lama vicugna) und Nandus (Rhea americana) im Tiergarten Schönbrunn © TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

Weitere Bilder auf BioLib

Das Vikunja ist nicht nur eine höchst ansprechende Tierart, die sich mit anderen Arten vergesellschaften und somit attraktiv präsentieren lässt. Vielmehr ist es ein Beispiel dafür, wie sich die Nutzungskonzepte für Wildtierarten im Lauf der Zeit gewandelt haben, und daher aus zoopädagogischer Sicht sehr interessant. Dank einem internationalen Zuchtbucht und einem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm ist die Zoopopulation in stetem Wachstum begriffen.

Körperbau und Körperfunktionen

Vikunjas erreichen eine Kopf-Rumpflänge von rund 125 -190 cm, eine Schwanzlänge von 15-25 cm, eine Schulterhöhe von 85-90 (70-110) cm und ein Gewicht von 38-45(-50) kg. Tiere aus dem Süden des Artareals sind im Mittel 15% größer und schwerer als solche aus dem Norden. Wie alle Kamelartigen haben die Vikunjas eine gespaltene und sehr bewegliche Oberlippe, einen langen, dünnen Hals, lange schlanke Beine, an den Füßen jeweils nur zwei Zehen, die nicht in Hufen, sondern in gebogenen Nägeln enden, und bindegewebige Sohlenpolster. Der Kopf ist kürzer als beim Guanako. Die unteren Schneidezähne wachsen, wie bei den Nagetieren ständig nach. An Halsansatz und Vorderbrust haben die Tiere eine 20-35 cm lange Mähne. Das oberseits hellbraune, an Brust, Bauch und Innenseite der Beine weiße Fell ist sehr fein und dicht. Die Wollhaare haben einen Durchmesser von nur 11-14 μm [3; 8; 12].

Als Anpassung an das Leben in großer Höhe verfügt das Vikunja über ein sehr leistungsfähiges Herz-Kreislaufsystem. Das Herz ist, im Verhältnis zur Körpermasse sehr groß und sehr stark durchblutet. Zudem hat das Blut ein hohes Sauerstoff-Bindungsvermögen [12].

Verbreitung

Anden Südamerikas: Argentinien, Bolivien, Chile, Peru, wiedereingeführt in Ekuador [5].

Lebensraum und Lebensweise

Lebensraum des Vikunjas sind die Puna und der Altiplano in Höhenlagen von 3'200-5'000 m. Wichtige Nahrungsgründe sind die "Bofedales" oder "Vegas" genannten hochgelegenen Moorlandschaften. Je nach Region beweiden Vikunjas praktisch ausschließlich Wiesen mit Gräsern wie z.B. Panicum, Distichlis, Festuca oder Calamagrostis und Riedgräsern, oder sie verbeißen Sträucher. Sie benötigen Zugang zu offenem Wasser. Sie leben in Familiengruppen, meist bestehend aus einem Hengst und 3-4 Stuten mit ihrem Nachwuchs, in Junggesellenherden oder als Einzelhengste. Sie sind recht standorttreu. Eine Familie benötigt ein Streifgebiet von rund 18 (2-54) ha, das vom Hengst als Territorium überwacht und verteidigt wird [5; 12].

Nach einer Tragzeit von im Mittel 345 (310-365) Tagen wird in der Regel ein einzelnes Fohlen mit einem Geburtsgewicht von 6 (5-8) kg geworfen. Die meisten Geburten fallen im natürlichen Areal in die Monate Juli-Oktober. Die Fohlen werden etwa 6 Monate gesäugt. Die Geschlechtsreife tritt bei Stuten meist mit rund 2 Jahren ein, bei Hengsten mit 3-5 Jahren [8; 12].

Gefährdung und Schutz

Bis 1996 galt das Vikunja als gefährdete Tierart, seitdem wird es, letztmals überprüft 2018, als nicht gefährdet eingestuft. Heute umfasst sein Bestand über eine halbe Million Individuen in fünf Ländern und ist damit gesichert (Rote Liste: LEAST CONCERN) [5].

Die Art fällt unter CITES-Anhang I mit Ausnahmen für bestimmte Wollprodukte. Die Art ist nach Anhang II und mit Ausnahme der Peruanischen Population auch nach Anhang I des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten geschützt.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Die Inkas nutzten und schützen die Vikunjas. Dem einfachen Volk war die Jagd verboten. Zu bestimmten Zeiten wurden offizielle Treibjagden veranstaltet, bei denen die Tiere gefangen, geschoren und die meisten danach wieder freigelassen wurden. Geschlachtet wurden in der Regel nur überzählige Hengste. Nach der Landnahme durch die Konquistadoren wurden die Vikunjas stark verfolgt und die Bestände brachen während der 300 Jahre dauernden spanischen Herrschaft zusammen. Dies veranlasste Simon BOLIVAR 1825, d.h. schon bald nach ihrer Unabhängigkeit, für Peru und Bolivien ein Gesetz zum Schutz der Vikunjas zu erlassen, das allerdings nicht sehr wirksam war. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die traditionelle Methode der Inkas zur Wollgewinnung wiederbelebt, bei der die Tiere nicht getötet, sondern eingefangen und lebend geschoren wurden. Im Jahr 1969 unterzeichneten die Andenstaaten einen Staatsvertrag zum Schutz des Vikunjas, der 1979 durch die heute noch gültige Regelung (Convenio sobre la Conservación y Manejo de la Vicuña) ersetzt wurde. Heute werden in Peru etwa 60% der Vikunjas nachhaltig bewirtschaftet, was einen Wollertrag von rund 5 Tonnen und einen Verkaufserlös von etwa 2.3 Millionen USD pro Jahr bringt. Bolivien exportierte 2017 2.5 Tonnen Wolle nach Italien und nahm dadurch 900'000 USD ein. Die Erlöse kommen überwiegend der indigenen Bevölkerung zugute [3; 5].

Nebst Rohwolle exportierten die Ursprungsländer auch Stoffe, Kleider und andere verarbeitete Erzeugnisse sowie Wissenschaftsmaterial. Von 1977-2017 wurden zwecks Wiederansiedlung gegen 200 lebende Wildfänge innerhalb Südamerikas verschoben. Ein Verweis auf die Ausfuhr von 4 Tieren im Jahr 1980 nach Deutschland ist falsch, die letzte Ausfuhr nach Europa erfolgte 1971 [2].

Haltung

Seit 1969 gibt es ein Internationales Zuchtbuch (ISB), das am Zoo Zürich geführt wird und 274 lebende Tiere in 78 Institutionen außerhalb der Ursprungsländer umfasst [Daten bis 01.01.2018 nach Zuchtbuchführer].

Von 1946 bis 1971 wurden aus den Heimatländern in die Zoos der Welt 69 Vikunjas exportiert. Vor allem diese Importe steigerten den Bestand von 11 Vikunjas im Jahre 1945 auf 59 im Jahre 1985. Nur 4 Hengste und 8 Stuten (darunter ein besonders wichtiges Paar, das 1949 von Argentinien in den Zoo Zürich kam), die zwischen 1949 und 1971 aus Südamerika importiert wurden, begründeten die heutige gesunde Zoopopulation, die 88% der genetischen Vielfalt der Art repräsentiert und einen durchschnittlichen Inzuchtkoeffizient von 0,12 aufweist. Von 1946-2018 wurden 1'095 Vikunjas ausserhalb der vier (bzw. fünf) Heimatländer geboren. Das jährliche Populationswachstum durch Geburten betrug bis 1985 0,2%, steigerte sich seit Beginn des EEPs aber auf 5,9%!

In manchen Zoos werden Vikunjas mit anderen Arten vergesellschaftet, so z.B. mit Großem Ameisenbär, Viscacha, Capybara, Tapir, Nandus, Halsband-Wehrvogel, Seriema oder Waldstorch [8].

WEIGL gibt als Höchstalter ungefähr 21 Jahre für eine im Londoner Zoo gehaltene Wildfang-Stute an [10], effektiv sind es aber 31 Jahre und 7 Monate für einen in Antwerpen geborenen und in Paris gestorbenen Hengst.

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 80 Zoos gehalten, von denen sich über ein Viertel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Das seit 1985 bestehende Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) wird vom Zoo Zürich koordiniert. Dieser hat mit weit über 100 Jungtieren die weltweit erfolgreichste Vikunjazucht. Interessant ist, dass die hauptsächliche Geburtssaison in der Nordhemisphäre von August bis Oktober sich gegenüber derjenigen in der Südhemisphäre um genau sechs Monate verschoben hat. Sogar in der 6. Zoogeneration werden 79% aller Jungtiere vormittags geboren – genau wie im Freiland, wo diese Geburtszeit überlebenswichtig ist [9].

Wie Flachlandtapire gehalten werden (Beispiele):

Forschung im Zoo: Vikunjas sind gelegentlich Gegenstand von Forschung oder forschendem Lernen im Zoo, etwa von Arbeiten, die darauf abzielen, die Haltungsbedingungen zu optimieren [6; 7].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach dem Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für 6 Vikunjas ein Außengehege von 300 m² vorhanden sein und soll für jedes weitere Tier die Fläche um 25 m² erweitert werden. Sofern ein Stall angeboten wird, soll die Fläche mindestens 2 m² pro Tier betragen.>

Das Säugetiergutachten gibt vor, dass Kameliden in kleinen Gruppen zu halten sind. Um Aggressionen und Kämpfe zu vermeiden, dürfe nur 1 erwachsenes Männchen pro Gruppe (Einmännchen-Vielweibchen-Gruppe) gehalten werden. Tatsächlich gibt es aber beim Vikunja nebst Haremsgruppen die aus einem Hengst und meist 3-5 Stuten und deren Nachwuchs bestehen auch Junggesellenverbände von bis zu 155 Tieren sowie solitär lebende Hengste. Im Rahmen des EEP werden mehrere kleine Junggesellengruppen gehalten. Die Vorgabe des Gutachtens ist also falsch.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 6 Vikunjas ein Gehege von 300 m² und für jedes weitere je 50 m² zusätzlich, sowie pro Tier einen Unterstand oder einen Stallplatz von 2 m² vor. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für 5 Vikunjas eine Mindestgehegefläche von 800 m² und für jedes weitere 80 m² zusätzlich. Es ist ein Unterstand mit einer Fläche von 2 m² pro Tier anzubieten.

Taxonomie und Nomenklatur

Das Vikunja wurde 1782 von dem italienischen Jesuiten und Naturforscher Giovanni Ignazio MOLINA unter der Bezeichnung "Camelus vicugna" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Später kam es in die 1800 vom französischen Naturforscher und Direktor der Ménagerie von Paris, Georges CUVIER, aufgestellte Gattung Lama. 1842 stellte es der französische Arzt und Naturforscher René Primevère LESSON in die monotypischen Gattung Vicugna. Dies war jedoch nicht unumstritten, viele Autoren führten es in derselben Gattung wie das Guanako, also Lama und zeitweilig Auchenia, was in Anbetracht, dass die beiden Arten fruchtbare Hybriden hervorbringen, nachvollziehbar ist. Im Handbuch der Säugetiere läuft es wieder unter Vicugna [1; 3, 4; 12].

Aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen kamen Taxonomen 2006 zum Schluss, dass das Nördliche Vikunja (Vicugna vicugna mensalis) die Stammform des Alpakas sei. Allerdings waren im Genmaterial der untersuchten Alpakas häufig auch vom Guanako stammende Elemente zu finden, was auf eine bedeutende Hybridisierung von Alpaka und Lama hinweist. Diese war in jüngster Zeit besonders stark, hat sicher aber auch schon früher stattgefunden [11].

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. HONACKI, J.H., KINMAN, K.E. & KOEPPL, J.W. (1982)
  5. ACEBES, P., WHEELER, J., BALDO, J. et al. (2018). Vicugna vicugna (errata version published in 2019). The IUCN Red List of Threatened Species 2018: e.T22956A145360542. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2018-2.RLTS.T22956A145360542.en. Accessed on 23 January 2023.
  6. MÜNCHAU, B. (1980)
  7. PICHLER, C. (2009)
  8. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  9. SCHMIDT, C.R. (2008)
  10. WEIGL, R. (2005)
  11. WHEELER, J. C., CHIKHI, L. & BRUFORD, M. W. (2006)
  12. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Vikunjas in ihrem natürlichen Lebensraum. San Guillermo-Nationalpark © P.Vogt

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