Donnerstag, 14 Juni 2018 17:39

DURRER, H. (1965)

Freilebende Pfauen.

ZOLLI. Bulletin des Zoologischen Gartens Basel Oktober 1965 Nr. 15: 6-10.

Zusammenfassung:

Während der Fortpflanzungsperiode suchen sich die Pfauhähne im Zoo Basel ein Revier aus, wo sie ihre Balzplätze haben, und das sie gegen Artgenossen verteidigen. Jeder Rivale, der sich dem Territorium nähert, wird sofort angegriffen. Die einzelnen Reviere sind viel kleiner als die Gesamtfläche des Zoos. Pfauen meiden dicht bewaldete Zooteile und halten sich bevorzugt in Parklandschaften auf, die ihrem natürlichen Lebensraum ähnlich sehen. Ein Hahn behält nach Möglichkeit sein Territorium über Jahre bei. Auch werden während Jahren dieselben hohen Laubbäume als Schlafbäume und von den Hennen dieselben Nistplätze genutzt.

 

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Freigegeben in D
Dienstag, 08 Januar 2013 17:27

Freilauf und Freiflug

Besonders standorttreue Tierarten oder solche, die außerhalb des Zoos keine geeigneten Lebensbedingungen vorfinden würden, können frei laufend gehalten werden, obwohl sie den Zoo problemlos verlassen könnten, wenn sie wollten.

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Freilaufende Kattas mit Jungtieren im Zoo Salzburg © Zoo Salzburg (Pressefoto)

 

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Freifliegender Pfau markiert sein Revier im Vogelpark Kirrlach durch Radschlagen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Freifliegende Störche auf Horst im Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Freifliegende Nilgans im Palmengarten Frankfurt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Pfauenreviere und Schlafbäume (ehemals) im Zoo Base

 

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Den Capybaras und Maras des Tierparks Hagenbeck stehen sämtliche Freiflächen innerhalb des Zoos zur Verfügung © Uwe Wilkens, Hamburg

 

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Innerhalb des Parkgeländes freilaufendes Bennettwallaby vor dem Schloss Clères © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

So leben in Salzburg die Kattas frei auf dem Zoogelände, in Eberswalde die Weißkopfmakis, Weißbüscheläffchen und Kattas, in München und Perleberg die Totenkopfaffen oder in Zürich die Löwenäffchen bzw. Springtamarine. Alles Tierarten, die den Außenzaun des Zoos ohne Schwierigkeiten überklettern könnten.

Pfauen, Silber- oder Ohrfasanen werden in vielen Zoos freifliegend gehalten und suchen sich ihre Reviere und Schlafbäume selbst aus. Während der Fortpflanzungsperiode suchen sich die Hähne ein Revier aus, wo sie ihre Balzplätze haben, und das sie gegen Artgenossen verteidigen. Jeder Rivale, der sich dem Territorium nähert, wird sofort angegriffen. Die einzelnen Reviere sind viel kleiner als die Gesamtfläche des Zoos. Pfauen meiden dicht bewaldete Zooteile und halten sich bevorzugt in Parklandschaften auf, die ihrem natürlichen Lebensraum ähnlich sehen. Ein Hahn behält nach Möglichkeit sein Territorium über Jahre bei. Auch werden während Jahren dieselben hohen Laubbäume als Schlafbäume und von den Hennen dieselben Nistplätze genutzt [DURRER, 1965].

Viele Zoos sind davon abgekommen, die Flugfähigkeit ihrer Weißstörche einzuschränken. Im Herbst ziehen die Störche nach Spanien oder Nordwestafrika und kehren im Frühjahr in den Zoo zurück, um zu nisten. Die Zoos wurden so zu einem Eckpfeiler der Wiedereinbürgerung des Weißstorchs. Die im Freiflug gehaltenen Streifengänse des Basler Zoos, die in ihrem natürlichen Lebensraum von Zentralasien nach Indien ziehen würden, um zu überwintern, hatten sich während Jahren ein an die Zoosituation angepasstes Zugverhalten zugelegt: sie flogen im Herbst zum Botanischen Garten Brüglingen, der vom Zoo gerade mal drei Kilometer entfernt ist, und kamen im Frühjahr zum Brüten zurück in den Zoo.

Allerdings sind die Möglichkeiten, Vögel im Freiflug zu halten, aus verschiedenen Gründen limitiert. Ein wichtigster Aspekt ist jeder der Faunenverfälschung: Jungvögel, die sich ein neues Brutrevier suchen, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit den Zoo verlassen und sich anderswo ansiedeln und damit eine wildlebende Population zu gründen, die sich möglicherweise invasiv verhält. Dies muss schon von Gesetzes wegen vermieden werden. Von schweizerischen Gewässern sind über zwei Dutzend Arten von Gänsevögeln bekannt, die in Mitteleuropa eigentlich nichts verloren haben. Außer bei zwei Arten, wo eine Beteiligung von Zoos nicht ausgeschlossen werden kann, gehen aber alle Fälle auf private Haltungen zurück.

Interessanterweise lassen sich ursprünglich nicht aus einem Zoo stammende Neozoen gerne im Zoo nieder, weil sie hier geeignete Lebensbedingungen vorfinden. So gibt es im Kölner Zoo eine mittlerweile recht große Population von Pflaumenkopfsittichen, die in den alten Platanen des Parks brüten. Nilgänse, die nicht nur einheimische Enten, Teich- und Blässrallen bedrängen, sondern auch zooeigene Wasservögel attackieren, kommen mittlerweile in vielen Zoos vor. Ordnet ein Zoodirektor an, die aggressiven Eindringlinge wegzufangen oder abzuschießen, riskiert er, dass ihm unbedarfte Tierfreunde vorwerfen, er hätte kein Herz für Tiere und ihm wo möglich eine Anzeige ins Haus schicken.

Freilauf innerhalb des Zoos

Tiere, einschließlich flugunfähige oder flugunfähig gemachte Vögel, die für andere Arten oder die Besucher keine Gefahr darstellen und die Bepflanzung des Zoos nicht ungebührlich beeinträchtigen, können auf dem ganzen Zoogelände freilaufend gehalten werden, vorausgesetzt, es sei ein geschlossener Außenzaun vorhanden, der die Tiere daran hindert ihren Aktionsradius auszudehnen. So haben die Tiere mehr Auslauf und eine vielfältigere Umgebung und es sind barrierefreie Begegnungen zwischen Mensch und Tier möglich. Je nach Art ist den Tieren die erforderliche Infrastruktur, wie Futterstellen, klimatisierte Stallungen anzubieten.

Wie oben am Beispiel der flugfähigen Pfauen im Zoo Basel dargelegt, nutzen auch Säugetiere oder flugunfähige Vögel meist nur einen Teil der Fläche des Zoos. So begnügen sich die Murmeltiere im Zoo Eberswalde mit 1'500 m² und die etwas grössere Präriehundkolonie mit ca. 3'000 m², obwohl sie Möglichkeiten für einen größeren Aktionsradius hätten.

Literatur:

  1. DURRER, H. (1965)
  2. HEDIGER, H. (1965)

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PD - 01.01.2011; 09.08.2011 - 2'164

Freigegeben in Haltungsbedingungen
Dienstag, 08 Januar 2013 17:16

Gehegebegrenzung

Die Zoo-Richtlinie der EU, das deutsche Bundesnaturschutzgesetz und die Tierschutzverordnung der Schweiz schreiben vor, dass Zoos so zu betreiben sind, dass dem Entweichen der Tiere vorgebeugt wird. Bei der Wahl der Absperrmittel wird heute zumindest im Besucherbereich auf die eine Gefängnisatmosphäre verbreitenden Stangengitter verzichtet, und vielfach gestalten und begrenzen Zoos die Gehege so, dass die Tiere im Normalfall das Gehege nicht verlassen, obwohl sie es eigentlich könnten.

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Natürliche Felswand, teilweise mit Zementverputz bildet die Rückseite der Braunbärengehege im JuraParc Mont d'Orzeires, Vallorbe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Wände aus Beton oder großen Bruchsteinen umgaben die ehemalige Eisbärenanlage des Zoo de la Magdalena in Santander © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Symbolischer Absperrgraben bei den Dromedaren im Zoo Landau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Trockenes Bachbett als symbolische Absperrung für Giraffen im Zoo Magdeburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Die Gräben der alten Antilopenanlagen im Zoo Hannover waren nur 1.80 m breit, waren also nur eine symbolische Absperrung

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Wie recht HEDIGER hatte: Als vor einigen Jahren militante Tierschützer die Dachse des Tierparks Bern "befreiten" liess sich eines der Tiere in unmittelbarer Nähe des Geheges nieder und wurde zur Attraktion für spätabendliche Tierparkbesucher © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Dornen auf und neben der tierseitigen Mauerkrone in der (mittlerweile umgebauten) Elefantenanlage des Budapester Zoos. Aufnahme aus dem Jahr 1970 © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Gleich zwei Baufehler bei einem Trockengraben im Zoo Sofia: Die Wände sind nicht vertikal und der Grabenboden enthält Bruchsteine © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Der Graben der Bärenanlage im Zoo Dortmund weist keine vertikale Innenwand auf, aber die Bären werden durch Elektrodrähte am Herunterfallen gehindert © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Halbgraben im Zoo Sofia © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Wassergraben der Sambesi-Savanne im ErlebnisZoo Hannover © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Gibboninsel im Zoo Amiens © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Flusspferdbecken als Absperrung im Zoo Budapest, 1970. Hier fehlt auf der Mauerkrone ein Elektrodraht zum Schutz der Zwischenpflanzung © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Im Zoo Basel landete ein Gepard bei der Jagd auf eine Stockente irrtümlich auf der falschen Seite des Grabens, er war heilfroh, als ihm der Tierpfleger die Gehegetüre öffnete. Foto von baz-Leser R. T.

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Eine durch zwei Elektrozäune zusätzlich gesicherte Sumpfzone soll die Schimpansen im Zoo Magdeburg vor dem Ertrinken im Wassergraben bewahren © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Rustikaler Holzzaun aus vertikalen Pfosten und horizontal geschichteten Ästen im Westküstenpark St. Peter-Ording © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Horizontales Stangengitter begrenzt das Wisentgehege im Zoo Santillana del Mar © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Vertikales Stangengitter am Raubtierhaus der Ménagerie von Paris © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Geflecht aus punktgeschweißten Stangen im ehemaligen Zoo Leopard, Bad Ragaz SG © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Knotengitter im Tierpark Langenthal. Damit Jungtiere nicht mit dem Kopf in den Maschen hängenbleiben und keine Dackel von der Besucherseite her durchmarschieren, ist der untere Teil zusätzlich durch ein Diagonalgeflecht gesichert © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Spanndrähte an der ehemaligen Greifvogelanlage des Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Die Innengehege für Giraffen im Zoo Berlin werden besucherseitig von Spannseilen begrenzt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Schaukelseile im Innenbereich der Hellabrunner Elefantenanlage (vor dem letzten Umbau) © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Das erste Löwengehege des Walter Zoos in Gossau SG aus den 1960er Jahren war durch schwere Stangengitter begrenzt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Die rund 25 Jahre später errichtete Nachfolgeanlage für Löwen im Walter Zoo weist ein leichtes Diagonalgeflecht auf © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Die 2018 eröffnete neueste Löwenanlage des Walter Zoos erlaubt barrierefreie Einblicke © Walter Zoo Gossau

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Beinahe unsichtbares Volierengitter eines Schweizer Herstellers in der Stadtvoliere Zofingen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Unauffälliges Edelstahlgeflecht begrenzt die 2011 eröffnete Wildkatzenanlage im Tierpark Lange Erlen, Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Mit Kunststoffnetzt überdachte, 1'200 m² große Flugvoliere im Westküstenpark St. Peter-Ording © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Glasabsperrungen erlauben einen - auf das Optische begrenzten - engen Kontakt zwischen Mensch und Tier. Gerade Menschenaffen suchen oft diesen Kontakt, hier im Zoo Magdeburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Eine der Acrylglasscheiben des Walrossbeckens in Hagenbecks Eismeerpanorama ist 2.6 m hoch, 10 m lang, 23 cm dick und 8496 kg schwer © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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In manchen Becken des Ozeaneums Stralsund sind die Acrylglasscheiben 30 cm dick, um dem Wasserdruck standzuhalten © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Braunbär schläft im Natur- und Tierpark Goldau völlig entspannt in nächster Nähe zu den durch eine Glasscheibe abgetrennten Besuchern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Um Tiere, wie von Gesetzes wegen vorgeschrieben, am Verlassen ihres Geheges zu hindern, kommen im Prinzip leicht überwindbare psychologische, biologische (Gruben, Gräben, Mauern, Wasser), semibiologische (Zäune, Gitter, Drahtgeflechte) und abiologische (Glas, Elektrizität) Absperrmittel in Frage [13; 14].

Die ursprünglichsten Haltungsformen, Grube, Graben und Wildgatter waren ganz oder weitgehend von Mauern oder festen Wänden umgrenzt [14]. Heute spielen diese als Begrenzung des Geheges auf den dem Besucher abgewandten Seiten oder allseitig bei Kleintieranlagen, die oft noch nach dem Grubenprinzip konzipiert sind, eine Rolle. Dabei kann es sich um natürliche Felswände, aus Natursteinen bestehende Trockenmauern, aus mit Mörtel verbundenen Natursteinen, Zementsteinen oder Ziegeln gefertigte Mauern, Betonmauern mit glatter oder strukturierter Oberfläche oder Kunstfelsen handeln. Holzwände, Faserzement- oder Kunststoffplatten erfüllen denselben Zweck. Da Mauern schon von Weitem erkennbar sind, besteht kaum Unfallgefahr durch Anrennen. Je nach Oberflächenstruktur und Tierart sind allenfalls Maßnahmen erforderlich, um ein Hoch- oder Überklettern zu verhindern.

Die Erfahrung zeigt, dass Tiere, wenn sie einmal eingewöhnt sind und sich in ihrem Gehege geborgen fühlen, keinen Drang nach Weite oder "Freiheit" haben und dass bei den meisten Arten auch die Neugierde nicht so groß ist, dass sie ihr vertrautes Gehege verlassen würden. Bei vielen Arten reicht also eine symbolische, psychologische Barriere, die nur in Ausnahmesituationen überwunden wird - und dies in aller Regel nicht mit der Absicht, das Gehege definitiv zu verlassen [13; 14]. Das funktioniert etwa bei Huftieren, die einen schmalen Graben auch dann nicht überspringen, wenn auf der anderen Seite eine Weidemöglichkeit lockt [8]. Raubtiere würden aber in derselben Situation durchaus aussteigen, um im Nachbargehege auf Jagd zu gehen. So geschehen vor Jahren im Wildpark Peter und Paul in St. Gallen, wo ein Luchs über einen 4 m hohen Zaun mit Überhang kletterte, um im Gehege nebenan einen Steinbock zu schlagen, oder 2021 im Tiergarten Nürnberg, wo ein Luchs drei erwachsene Hirschziegenantilopen tötete und ein Jungtier verletzte [18]. In beiden Fällen verließen die Luchse aber das Zoogelände nicht und wurden wieder eingefangen. Auch zwei Luchse des Wildparks Knüll, deren Gehege durch einen Sturm zerstört worden war, verließen das eingefriedete Parkgelände nicht und konnten wieder behändigt werden [10; 15].

Kommt es, etwa bei sozialen Konflikten dazu, dass ein Tier aus dem Gehege herausflüchtet, bleibt es meist in der Nähe oder kehrt wieder zurück. Im Zoo Hannover hielt man aus diesen Überlegungen heraus Antilopen hinter Gräben von nur 1.8 m Breite, obwohl sie viel weiter springen können [8].

Weil den Zootieren der "Freiheitsdrang" fehlt, verfehlen gegen Zoos gerichtete Aktionen von Tierbefreiern daher meist ihr Ziel, wie nachfolgende Beispiele zeigen:

  • "Unbekannte haben im zürcherischen Wildpark Langenberg in der Nacht auf heute an fünf Stellen die Drahtzäune aufgeschnitten. Die Gehege standen an diesen Stellen mehrere Meter offen, .... An die Fassade des Wildpark-Restaurants wurde der Schriftzug «Animal Liberation ALF» gesprayt. Die Aktion verlief für die Tierbefreier erfolglos: Kein einziges Tier haute ab. Bloss «Wisi», eine Wildkatze, wurde anfänglich vermisst. Man fand sie dann in der (neben dem Wildkatzengehege gelegenen) alten Bärenanlage und beförderte sie in ihr eigenes Gehege zurück." [3]
  • Im Tierpark Bern, "wo Tierbefreier im Zoo die Gehege der Waldrappen und Kuhreiher, der Füchse und Dachse aufschnitten, flogen die Vögel gar nicht erst fort. Die Füchse wie die Dachse kamen am nächsten Tag zur Fütterungszeit freiwillig zurück hinter die Gitter." [5]. Als nach einer späteren Tierbefreiung das Dachsgehege abgerissen wurde, blieben die Dachse auf dem Tierparkgelände und zeigten sich in den Abendstunden jeweils den Besuchern.

Symbolische Grenzen kann man natürlich bei Tieren, die für die Besucher potenziell gefährlich sind, nicht einsetzen. Hier ist Sicherheit oberstes Gebot. Es gibt Erfahrungswerte, wie hoch oder wie breit eine Absperrung, wie dick ein Draht oder eine Glasscheibe oder wie weit Gittermaschen sein müssen, damit sie die Tiere vom Verlassen des Geheges abhalten [z.B. 1], in manchen Ländern auch gesetzliche Vorgaben. Allerdings ist man nicht immer vor Überraschungen gefeit, z. B. überwanden 2016 zwei subadulte Löwen des Leipziger Zoos den als sicher geltenden 6.60 m breiten Wassergraben ihrer Freianlage. Einer konnte in das Gehege zurückgetrieben, der andere musste erschossen werden. Klar festgelegte Notfallpläne für solche Ausnahmesituationen sind daher unabdingbar [11]. Bei potenziell gefährlichen Tieren sollte der Zugang jeweils vom Tierpflegergang im Innern des Gebäudes oder über eine Schleuse erfolgen [17].

Grundsätzlich müssen Raumbegrenzungen so beschaffen sein, dass die Verletzungsgefahr für die Tiere gering ist. Das ungefährlichste Absperrmittel dürften richtig konzipierte Trockengräben sein [8; 9; 14]. Als richtig konzipiert kann ein Trockengraben dann gelten, wenn er

  • genügend tief und breit ist
  • ein Halbgraben ist, d.h.  auf der Tierseite sanft abfällt und nur auf der Besucherseite eine Wand hat
  • bei einem Vollgraben senkrechte Mauern hat, damit sich das Tier bei einem Sturz keine Schürfungen zuzieht (U-Graben)
  • auf der der tierseitigen Mauerkrone keine Dornen hat
  • zur Vermeidung von Knochenbrüchen einen elastischen Bodenbelag aufweist
  • über eine oder mehrere Ausstiegsstellen verfügt, sodass das Tier problemlos wieder in sein Gehege verbracht werden kann
  • bei nur einer Ausstiegsstelle so breit ist, dass sich das Tier darin wenden kann

Da sich zwischen Graben und Besucherweg oft ein Pflanzstreifen befindet, sollte bei Halbgräben der Grabenboden so beschaffen sein, dass er nicht oder nur ungern betreten wird, oder es kann im Graben ein elektrifizierter Weidezaun angebracht werden, damit die Tiere die Vegetation nicht abfressen. Bei U-Gräben sind betonierte Böden ein schwerer Baufehler, außer sie seien mit einer genügend hohen Schicht aus weichem Material,wie lockerem Kies, Sand, Humus oder Torf bedeckt [14].

Für viele Tiere ebenfalls geeignet sind Wassergräben. Bei manchen Arten können sie als psychologische Barrieren konzipiert, d. h. so flach sein, dass sie vom Tier durchwatet werden können. Ansonsten können flache und bei schwimmfähigen Tieren auch tiefe Gräben durch eine besucherseitige Wand, Mauer oder Elektrodrähte zusätzlich gesichert werden. Handelt es sich um Tiere, die normalerweise nicht schwimmen, wird bei tiefen Gräben auf weitere Schutzvorkehrungen verzichtet, was gelegentlich dazu führt, dass in Ausnahmesituationen ein Tier auf die falsche Seite gerät. So geschehen 2008 im Zoo Basel, als ein halbwüchsiger Gepard beim Versuch eine wilde Stockente zu fangen auf der Besucherseite des Grabens landete. Das Publikum wunderte sich zwar, aber es entstand keine Panik. Dem Tier war es sichtlich nicht wohl und es konnte problemlos wieder zurück in das Gehege gebracht werden.

Wassergräben haben auch ihre negativen Seiten: Sie verschmutzen leicht, wenn sie nicht durchspült werden und sie frieren in kalten Wintern zu, womit ihre Absperrwirkung illusorisch wird. Problematisch sind sie bei Menschenaffen, weil diese nicht schwimmen können [14]. So stürzte im Jahr 2000 im ErlebnisZoo Hannover ein Gorillamann beim Versuch, Futter aus dem Wasser zu fischen in den 1996 erbauten, 350 cm tiefen Graben und ertrank [6]. Daher sind Gräben tierseitig so zu gestalten und zu sichern, dass die Affen möglichst nicht in den tiefen Wasserbereich gelangen können. In Ausnahmefällen geschieht dies aber trotzdem, was dann meist zum Ertrinken des Tiers führt. So 2022, als im Zoo Leipzig ein 47 Jahre alter Schimpanse in einer plötzlich einsetzenden und heftigen Auseinandersetzung mit dem Rest der Gruppe so sehr in die Enge getrieben wurde, dass er über die Sicherheitsbegrenzungen hinweg in den tiefen Teil des Wassergrabens gelangte und ertrank [7], was Tierrechtler natürlich sofort zum Anlass nahmen, ein Verbot der Menschenaffenhaltung zu fordern - ungeachtet der Tatsache, dass auch in der Natur Individuen, die von de Gruppe ausgestoßen werden, keine lange Überlebensdauer haben.

Gitter, einschließlich Drahtgeflechte gibt es in allen möglichen Ausführungen. Vorläufer sind Palisaden, wie sie ab dem Mittelalter zur Unterteilung der Stadtgräben für die Hirschhaltung verwendet wurden. Latten- oder Staketenzäune waren im 19. Jahrhundert weit verbreitet und für Wildtiere vereinzelt bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts in Funktion, z. B. bei manchen Hirschgehegen des Tierparks Lange Erlen in Basel. Heute werden sie, wie andere rustikale Einzäunungen aus Holz, etwa Spelten- oder aus Weiden- oder Haselruten gefertigte Flechtzäune nur noch für Haustiere empfohlen [17] und vor allem in Zusammenhang mit historischen oder nachgebildeten, traditionellen Bauernhöfen sowie als Publikumsabsperrung für Biotope angewendet. Die ältesten Formen der Metallgitter sind Stangengitter, die es in horizontaler und vertikaler Form gibt, und die heute noch für Tore oder im Innenbereich von Elefanten, Nashorn- Flusspferd- und Moschusochsenanlagen oder im oberen Teil der Wände von Boxen für Pferde und Antilopen eingesetzt werden. Es folgten Gittergeflechte aus schweren, punktgeschweißten Eisen bzw. Stahlstäben hauptsächlich für Raubtiere und Menschenaffen, die namentlich in Deutschland beliebten, in der Schweiz kaum anzutreffenden, optisch ansprechendere Doppel- oder Einfach-Stabmattenzäune, die auch bei Huftiergehegen oder als Teichabsperrungen zum Zug kommen, Wellengitter sowie Gitter aus Draht als Diagonal-, Viereck- oder Sechseckgeflechte sowie die besonders bei auf größeren Flächen gehaltenen Huftieren, Kängurus und großen Vögel eingesetzten Knotengeflechte. Diese sind auch für Geparden oder bis zu einer Maschenweite von 8x8 cm für mittelgroße Katzen geeignet [17]. Bei der Wahl der Maschenweite wird oft übersehen, dass für Jungtiere engere Maschen notwendig sind. Das Ergebnis sind dann meist unschöne Doppelvergitterungen.

Heute gibt es ein breites Sortiment von Gittern für die unterschiedlichen Tierarten, die pflegeleicht und optisch oft sehr unauffällig sind. So etwa haardünne Stahldrahtgeflechte mit starker Verspannung in festen Rahmen oder Spanndrähte ("piano wire") für Volieren. Spanndrähte werden z.B. bei Greifvogelvolieren eingesetzt. Allerdings haben manche besonders wendigen Vögel wie z.B. Gaukler bald mal den Dreh raus, wie sie in Seitenlage durch die Drähte rausfliegen und zur Fütterungszeit wieder reinfliegen können.

Gitter führen namentlich bei den rasch flüchtigen Kängurus, Equiden Hirschen und Antilopen zu Unfällen. Spitze Winkel sind daher stets zu vermeiden, bei der Haltung in Gruppen wird empfohlen, einen Mindestwinkel von 135° einzuhalten [17]. Hirsche fegen oft ihr Geweih am Gitter oder bekämpfen es während der Brunft. Dabei können sie an den Maschen hängen bleiben. Laufvögel, coupierte Kraniche und Stelzvögel können sich darin verhängen oder sich die Beine brechen. Bei Kleinvögeln sind Kopftraumata durch Aufprall am Volierengitter nicht selten. Bei Raubtieren und Nagetieren entstehen Unfälle gelegentlich dadurch, dass die Tiere am Gitter hochklettern und herunterfallen. Eine eigenartige Verhaltensweise zeigen die Neuweltkameliden, besonders deren Hengste. Sie pflegen die Grenze ihres Territoriums mit gesenktem Kopf abzuschreiten, wobei sie den Kopf nahe am Zaun halten. An vorspringenden Drahtenden können sie sich perforierende Augenverletzungen zuziehen, die zu dauernder Erblindung führen [9]. Drahtgeflechte werden an Stangen oder Rahmen befestigt, wenn diese aus Metall sind, mittels Bindedrähten. Ein typischer Baufehler besteht darin, dass die Bindedrähte dünner gewählt werden als der Maschendraht und daher einer mechanischen Belastung weniger standhalten oder, bei nicht rostfreiem Material, früher durchrosten als das Geflecht. Das Ergebnis sind Lücken zwischen Geflecht und Rahmen, durch welche sich Tiere durchzwängen, oder herumliegende Drähte, die Verletzungen verursachen oder als Fremdkörper wirken können [9].

Gitter haben aber auch Vorteile für die gehaltenen Tiere: Für Arten wie Primaten, Faultiere Waschbären, Malaienbären oder Papageien stellen sie eine Umweltbereicherung dar, weil sie große Flächen zum Klettern bieten. Für viele Huftiere, die in ihrem Lebensraum busch- und dickichtreiche Gegenden bevorzugen, vermitteln sie, im Gegensatz zum Graben, den Eindruck von Deckung und damit das Gefühl von Sicherheit [2].

Andererseits verstärken Gitter beim Publikum die Wahrnehmung, dass die Tiere eingesperrt sind. Sie stören den Blick auf das Tier und sind ein Ärgernis für Fotografen. Der Trend geht daher zu gitterlosen Anlagen oder zu Anlagen mit barrierefreien Einblicken.

Jüngeren Datums als Metallgitter sind Volierennetze aus Polypropylen. Diese sind in unterschiedlichen Maschenweiten erhältlich. Sie sind sehr elastisch, geben bei einem Aufprall nach und sind daher weniger unfallträchtig. Kunststoffnetze sind mittlerweile UV-stabilisiert und witterungsbeständig, haben aber eine geringere Lebensdauer als Metallnetze. Mit derartigen Netzen werden oft große Flächen überdacht, um Flugräume für größere Vögel zu schaffen. Das Problem dabei ist der Winter, da solche Konstruktionen bei hoher Schneelast zusammenbrechen können, wie z.B. 2021 im Westküstenpark St. Peter-Ording [21].

Ein eleganter Gitterersatz bei Elefanten sind Schaukelseile. Um die allgemein üblichen wuchtigen Gitterstäbe zu vermeiden, können Drahtseile eingesetzt werden. Dabei darf es sich nicht um Spannseile handeln, wie sie bei Giraffen gelegentlich verwendet werden, da sie sonst von den Tieren als Steighilfe benutzt werden, sondern sollen als Schaukelseile den Elefanten keinen Halt bieten. Im Tierpark Hellabrunn, wo dieses System erstmals eingesetzt wurde, reichte im Außenbereich bei den Elefantenkühen ein einzelnes Stahlseil von 13 mm Durchmesser und einer Belastbarkeit von 5 t aus, das in einer Höhe von ca. 1.50 Meter schaukelte. Der Bulle wurde hinter zwei Seilen in Höhe von 1 m und 1.40 m gehalten. Im Innenbereich wurden, außer beim Bad, drei Seile eingesetzt. Im Fall die Tiere ihre Stoßzähne übermäßig am Seil wetzen, kann das isolierte Seil mit einem Ε-Draht umwickelt werden, der von einem herkömmlichen Weidegerät gespeist wird. Schaukelseile sind insofern praktisch, als sie mit Schäkeln an den Stützpfosten befestigt werden und daher rasch demontiert werden können. Sie sind auch für Nashörner geeignet [19].

Glas wurde, aus naheliegenden Gründen, zuerst in der Aquaristik eingesetzt und zwar ab dem 17. Jahrhundert. Danach kam es anstelle von Gitterkäfigen bei Terrarien zum Zug, und später auch bei Säugetieren und Vögeln. Durch die Verfügbarkeit des kurz vor dem Ersten Weltkrieg entwickelten Verbundsicherheitsglases, bei dem zwei oder mehr übereinander liegende Flachglasscheiben durch reißfeste und zähelastische Folie miteinander verklebt sind, konnten auch größere Aquarien gebaut oder Glasscheiben als Gehegebegrenzung für Großtiere wie Löwen, Gorillas oder große Riesenschlangen und Krokodile eingesetzt werden. Seit den 1930er-Jahren gibt es Acrylglas, einen durchsichtigen, glasähnlicher Kunststoff bei dem es sich um Polymethylmethacrylat (PMMA) mit einer Lichtdurchlässigkeit von über 90% handelt und der ursprünglich unter dem Handelsnamen Plexiglas vermarktet wurde. Im Gegensatz zu Echtglas ist Acrylglas bruchsicher und um zwei Drittel leichter. Es kann in Einzelteilen gefertigt und nahtlos zusammengefügt werden. Es erlaubt daher den Bau von Großaquarien mit beachtlicher Tiefe. Um dem Wasserdruck standzuhalten ist z.B. die 14 m lange und 6 m hohe Frontscheibe des Hai-Atolls in Hagenbeck's Tropenaquarium 22 cm dick [12]. Ein Nachteil von Acrylglas ist seine gegenüber echtem Glas geringere Kratzfestigkeit.

Im Gegensatz zum Gitter erlauben Glas- oder Acrylglasabsperrungen, für die Tiere einen von der Umwelt gesonderten Klimabereich zu schaffen, was namentlich in der Terraristik eine große Rolle spielt. Ferner sind sie ein Mittel zur Vermeidung von Zoonosen, d. h. der Übertragung von Krankheiten von den gehaltenen Tieren auf die Besucher und umgekehrt.

Namentlich wenn die Scheiben besucherseitig entspiegelt sind, vermittelt Glas den Eindruck einer unmittelbaren Begegnung mit dem Tier, allerdings beschränkt auf die Optik. Wegen ihrer Transparenz sind Glasscheiben aber auch besonders unfallträchtig. Todesfälle durch Kontusionen ereignen sich besonders bei Vögeln. Besonders gefährdet sind neueingesetzte Tiere, welche die Dimensionen der Voliere noch nicht kennen und sozial unterdrückte Individuen, die von anderen verfolgt werden. Werden Glasscheiben bei Außengehege eingesetzt, ist zu beachten, dass sie eine Gefahr für die wildlebende Vogelwelt darstellen. Empfehlungen zur Vermeidung von Vogelschlag sollten daher beachtet werden [16].

Generell positiv zu werten ist, dass eine Trennung durch Glas Begegnungen auf kürzeste Distanz ermöglichen, ohne die Tiere zu beeinträchtigen, weil sie keine Gerüche durchlässt und Lärm mindert. Die Tiere ruhen und schlafen deshalb problemlos in nächster Nähe zu den Besuchern. Besteht der Wunsch, die Tiere auch akustisch und olfaktorisch nahe erlebbar zu machen, kann neben der Glasscheibe ein Lochblech montiert werden. Glas stellt auch eine wirksame Barriere gegen die Übertragung von Krankheiten vom Tier auf den Menschen und umgekehrt dar, was in Zeiten von Geflügel- und Afrikanischer Schweinepest ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist. [9].

In jüngerer Zeit vermehrt eingesetzt werden - auch zum Schutz von Pflanzinseln oder Bäumen innerhalb des Geheges - Elektrozäune sowie Elektrogras, Elektrobambus oder Elektrolianen. Elektrogras und Elektrobambus sind aus stabilen Stahldrähten und einem nichtleitenden Kunststoffunterteil gefertigt. Die Drahthalme können unterschiedlich stark und eventuell eingefärbt sein und lassen sich nach Belieben biegen. Elektrolianen dienen dem Schutz von Baumstämmen, einzelnen Ästen oder Wänden. Sie bestehen aus einem kunststoffummantelten Kabel, welches mit mehreren elektrisch leitenden Stahldrähten verbunden ist. Elektrogras, -bambus und -lianen werden vom Publikum kaum als Absperrung wahrgenommen, Hersteller waren allerdings davor, dass sie eine sicherheitsrelevante Einfriedung nicht ersetzen [20].

Begrenzungen sollen nicht nur dazu dienen, die Bewohner am Verlassen ihres Geheges zu hindern, sondern sie verhindern auch das Eindringen von Tieren und Menschen in das Gehege, dienen also dem Schutz der gehaltenen Tiere. Im Zoo Zürich wurde 1959 der gesamte Außenzaun mit einem Fundament und einem Überhang nach Außen versehen, wodurch die zuvor hohen Verluste an Wasservögeln durch den Fuchs praktisch auf Null reduziert werden konnten [9]. In manchen Zoos, etwa in Basel und Landau, hat es sich als notwendig erwiesen, Flamingos und andere Wasser- oder Parkvögel durch Elektrozäune oder Wassergräben vor Füchsen zu schützen. Der Wildpark Johannismühle musste 2017 wolfssicher eingezäunt werden, nachdem Damhirsche von einem eingedrungenen Wolf gerissen worden waren [4]. Die Maschenweite von Fasanenvolieren soll so dimensioniert sein, dass keine Marder eindringen können. Bei vielen Volieren werden die Maschen so eng gewählt, dass auch Hausspatzen und Hausmäuse als Krankheitsüberträger und Nahrungskonkurrenten ausgeschlossen werden [14].

Bei Tieren, die neu in ein Gehege eingesetzt werden, müssen symbolische oder schlecht sichtbare Gehegebegrenzung gut sichtbar gemacht werden, damit die Tiere lernen, wo diese sind, sie respektieren und nicht daran verunfallen [9].

Literatur und Internetquellen:

  1. BIGALKE, R. (1961)
  2. BLASZKIEWITZ, B. (2002)
  3. BLICK vom 06.11.2006
  4. BZ vom 13.08.2017
  5. DER SPIEGEL 30/1985
  6. DER SPIEGEL vom 17.05.2000
  7. DER SPIEGEL vom 06.09.2022
  8. DITTRICH, L. (1977)
  9. DOLLINGER, P. (1971)
  10. FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vom 12.03.2019
  11. LEIPZIGER VOLKSZEITUNG vom 30.09.2016
  12. HAGENBECK PRESSEINFORMATION 2021
  13. HEDIGER, H. (1942)
  14. HEDIGER, H. (1965)
  15. HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE vom 12.03.2019 
  16. NABU: TIPPS GEGEN VOGELSCHLAG
  17. POHLMEYER, K., MÜLLER, H., WIESENTHAL, E. & VAUBEL, A. (2007)
  18. TIERGARTEN NÜRNBERG - RESSEMITTEILUNG vom 2. Juni 2021
  19. WIESNER, H. (1993)
  20. ZOO EQUIPMENT KRAHNSTÖVER
  21. HAMBURGER ABENDBLATT vom 25.01.2021

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PD - 01.01.2011

[2007]

Freigegeben in Haltungsbedingungen
Donnerstag, 14 Juni 2018 17:09

HEDIGER, H. (1965)

Mensch und Tier im Zoo: Tiergartenbiologie.

332 Seiten, 188 s/w.Photo auf Bildtafeln.

Albert Müller Verlag, Rüschlikon-Zürich, Stuttgart, Wien. Verlags-Nr. 1/4-811/65.

 

 

hediger-biblio

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Dienstag, 08 Januar 2013 16:54

Raumangebot

Entgegen der Meinung vieler selbsternannter Tierschützer, besteht keinerlei Zusammenhang zwischen der Größe des Territoriums oder Streifgebiets, das ein Tier in der Wildbahn benötigt, und der Größe des Geheges, das ihm im Zoo anzubieten ist (siehe dazu "Was Tiere brauchen"). In Menschenobhut gehaltene Tiere müssen aber in jedem Fall Gehege haben, die so groß, so eingerichtet und so gestaltet sind, dass sie darin alle ihre Grundbedürfnisse befriedigen können, und die ihrem Verhalten angemessen Rechnung tragen. Auf Verordnungsstufe festgelegte Mindestabmessungen müssen auch dann respektiert werden, wenn sie wenig sinnvoll sind. Zahlen aus Gutachten können grundsätzlich hinterfragt werden, auch wenn dies den Kontrollorganen nicht immer passt. Den Haltungsempfehlungen des Europäischen Zoo- und Aquarienverbands ist, wenn immer möglich, nachzuleben.

HALTUNG raumangebot vietnam
Ein Raumangebot von gerade mal 2 m³ für drei Junge Kragenbären (Ursus thibetanus) in einem vietnamesischen Kleinzoo, bietet den Tieren keine Möglichkeit zu artgemäßer Bewegung und keinen Schutz. Bildarchiv Zoo Office Bern

 

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Nach neuem Säugetiergutachten müssten Zoos für jeden Seehund einen gesonderten Liegebereich von 2-6 m² mit Sichtschutz bereitstellen oder andernfalls eine Gesamtlandfläche von 100 m² für 5 Tiere. Den freilebenden Seehunden im Wattenmeer ist diese Notwendigkeit offenbar entgangen © wwwwattenrat.de

 

haltung 10 3 1 2 kragenbaer sigean
Herdenhaltung von Kragenbären (Ursus thibetanus) in einem französischen Zoo. Nach dem deutschen Säugetiergutachten von 1996 hätten auf einer Fläche von 710 m² 30 Kragenbären gehalten werden dürfen, was unbedingt zu korrigieren war © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

HALTUNG raumangebot loewe lisieux PD1
Löwen (Panthera leo) wird oft mehr Platz zugestanden, als sie effektiv benötigen, denn wie in der Wildbahn liegen die Tiere meistens herum, um zu schlafen oder dösen. Hier im CERZA-Zoo, Lisieux © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

HALTUNG raumangebot ozelot sanary PD1
Kleinkatzen werden oft unter zu beengten Bedingungen gehalten. Sie benötigen geräumige Gehege mit viel Deckung, wie hier das Gehege für Ozelots (Leopardus pardalis) im ZOA Parc Sanary-sür-Mer © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

HALTUNG raumangebot serval werribee PD1
Großes, dicht bepflanztes Gehege für Servale (Leptailurus serval) im Werribee Open Zoo, Südaustralien © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

HALTUNG raumangebot margay sanjose PD1
Zu kleines Gehege für Margay (Leopardus wiedii) mit zu geringer Tiefe, ohne Deckung und ohne Klettermöglichkeiten. Das Tier ist gestresst und stereoptypiert ununterbrochen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

HALTUNG raumangebot tapir lisieux PD1
Für Pflanzenfresser ideal, aber durch Innenstadt-Zoos oft nicht zu realisieren, sind Gehege, die trotz Beweidung eine gute Grasnarbe behalten. Hier ein Schabrackentapir (Tapirus indicus) im CERZA-Zoo, Lisieux © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Aus Besuchersicht kann ein Gehege auch schon mal zu groß sein, und für die Tiere ist nicht unbedingt ein Mehrwert gegeben. Asiengehege im Parc animalier de Branféré, Le Guerno © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Das Gehege für Tropenbären des Münsteraner Zoos im Originalzustand © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Das Gehege für Tropenbären des Münsteraner Zoos nach Umgestaltung © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

In allen deutschsprachigen Ländern müssen Gehege von Gesetzes wegen eine Mindestgröße aufweisen, denn einmal darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so eingeschränkt werden, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, andererseits muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend verhaltensgerecht untergebracht werden [6; 11; 12; 13; 14]. Auch die Zoo-Richtlinie der EU verlangt dass Zoos  ihre  Tiere  unter  Bedingungen halten, "mit  denen den biologischen und den Erhaltungsbedürfnissen derjeweiligen  Art  Rechnung  getragen werden soll" [10].

In Österreich und der Schweiz legen die einschlägigen Verordnungen für viele Tierarten verbindliche Mindestmaße fest, was im Rahmen der föderalistischen Systeme der beiden Länder einen relativ einheitlichen Vollzug gewährleistet. Liechtenstein, das mit der Schweiz einen gemeinsamen Veterinärraum bildet, hat die Zahlenwerte der Schweiz übernommen. In Deutschland versucht man, das Gesetz durch vom zuständigen Ministerium herausgegebene Sachverständigen-Gutachten zu konkretisieren. Diese sind zwar nicht verbindlich, werden aber von vielen Veterinärämtern gehandhabt, wie wenn sie Gesetzeskraft hätten. Dies ist nicht legitim - Gutachten sind bestenfalls Entscheidungshilfen, aber gegen andere Erkenntnisse und Überlegungen abzuwägen - kann jedoch namentlich beim Säugetiergutachten einschneidende Konsequenzen haben [1].

Nebst dem Vorteil der Vereinheitlichung des Vollzugs haben gesetzlich oder behördlich festgelegte Minimal-Raumangeboten den Nachteil, dass sie, in Widerspruch zu den Anforderungen des Gesetzes, wissenschaftlich auf sehr schwachen Füßen stehen. Denn während im Nutztierbereich Fragen der Rentabilität eine Rolle spielen und daher versucht wird, wissenschaftlich auszuloten, was gerade noch geht, ist dies bei den Zoos nicht der Fall; denn diese bemühen sich grundsätzlich, ihre Tiere unter möglichst optimalen Konditionen zu halten. Diese unterschiedlichen Auffassungen haben ihren Niederschlag in den offiziellen Mindestanforderungen gefunden mit dem Resultat, dass Haus- und Wildtierformen derselben oder nahe verwandter Arten, die im Prinzip die gleichen Ansprüche haben, völlig unterschiedlich behandelt werden.Während z.B.in der Schweiz das Raumangebot für eine Sau und einen Zuchteber der domestizierten Form nur 8.5 m² betragen muss, muss ein Paar Wildschweine 100 m² zur Verfügung haben.

Zudem besteht die Tendenz, die Mindestanforderungen ständig zu erhöhen, auch wenn es keinerlei wissenschaftlichen Grundlagen gibt, die für eine solche Notwendigkeit sprechen, und kein Mensch begründen kann, weshalb in der Schweiz z. B. die Mindestfläche für ein Paar Wildschweine von 80 m² in der Tierschutzverordnung von 1981 im Jahr 2003 auf 100 m² erhöht wurde. Oft werden auch vorhandene wissenschaftlichen Erkenntnisse oder Haltungserfahrung nicht beachtet. Das Ergebnis können Vorgaben sein, die ungeeignet, teilweise sogar tierschutzwidrig sind, und die, wenn befolgt, zu Gehegen und Anlagen führen, die von den darin gehaltenen Tieren gar nicht genutzt werden können bzw. deren Verhaltensrepertoire gravierend entgegenstehen [7].

Häufig werden auch Forderungen gestellt, die auf falschen Annahmen beruhen, etwa dass eine sozial lebende Tierart feste Individualabstände habe. Dies trifft so nicht zu. Wie beim Menschen auch kann die Individualdistanz zwischen Individuen, die sich mögen, Null sein, währenddem solche, dies sich nicht mögen, einander tunlichst aus dem Weg gehen. Dasselbe gilt für die Fluchtdistanz gegenüber dem Menschen, die bei frisch aus der Wildbahn entnommenen Tieren erheblich sein  kann, bei eingewöhnten oder im Zoo geborenen Individuen aufgrund ihrer Zahmheit klein ist oder, wenn sich zwischen Mensch und Tier eine Absperrung befindet, auf Null sinken kann [4]. Auch die Annahme, dass kleinere Arten innerhalb einer taxonomischen Einheit weniger Platz benötigten, als große, ist nicht immer zutreffend, so etwa bei den Katzen, wo den faulen und dominanten Löwen große Anlagen zugestanden werden, die sie wenig nutzen, währenddem die bewegungsfreudigen und eher furchtsamen Kleinkatzen oft mit (zu) kleinen Gehegen auskommen müssen [5].

Oft werden auch alte Fehler nicht korrigiert. So wird in der Regel eine Mindestgröße für eine Kerngruppe von Tieren festgelegt und für jedes weitere Tier z.B. 10% zusätzlicher Raum gefordert, ohne die Frage zu prüfen, ob es sich um soziale oder um solitäre Tiere handelt. Solche Fehler und Ungereimtheiten im deutschen Säugetiergutachten hat der Verband der Zoologischen Gärten im Rahmen seines Differenzprotokolls bemängelt [1]. Natürlicherweise solitär lebende Tiere sollten einzeln, nur paarweise oder eventuell in kleinen Gruppen gehalten werden, wobei in den letzteren Fällen Abtrennmöglichkeiten zur Verfügung stehen müssen.

Es wird von "artgerechter" Haltung gesprochen, obwohl die Haltung allenfalls "artgemäß" sein kann, in jedem Fall aber "tiergerecht" sein muss. Denn es macht einen gewaltigen Unterschied, ob ein Gehege von einer Zuchtgruppe mit Jungtieren bewohnt wird, die viel spielen und die Erwachsenen zu Aktivitäten animieren, oder ob darin eine nicht-züchtende Gruppe Erwachsener mittleren Alters lebt, oder ob in ihm eine Gruppe von Senioren ihren geruhsamen Lebensabend verbringen soll.

Die EAZA macht in ihren "Standards for the Accommodation and Care of Animals in Zoos and Aquaria" nur qualitative Vorgaben, sagt also, was das Gehege gewährleisten soll [3]. In den EAZA Best Practice Guidelines für einzelne Arten oder Tiergruppen werden bisweilen Gehegegrößen empfohlen, in anderen Fällen Beispiele erfolgreicher Haltungen aufgezeigt, oder es wird auf die Angabe von Zahlenwerten ganz verzichtet.

In Ermangelung wissenschaftlicher Arbeiten, die als Grundlage für gesetzliche Mindestanforderungen dienen können, sind Übersichtsuntersuchungen über bestehende Haltungen [z.B. 2] hilfreich, aus denen hervorgeht, ob und unter welchen Bedingungen tierschutzrelevante Sachverhalte auftreten.

Wie bereits festgestellt, orientieren sich Zoos beim Bau neuer Gehege in der Regel nicht an Mindestgrößen, sondern streben eine möglichst optimale Haltung an, was ein höheres Raumangebot bedingt. Dabei darf man allerdings nicht dem Irrtum unterliegen, dass das Prinzip "je größer, je besser" gelte. Kleinere, aber gut eingerichtete Gehege können die Bedürfnisse ihrer Insassen in der Regel besser abdecken als große, denen aqäquate Strukturen abgehen [9]. Ab einer bestimmten Gehegegröße nimmt ferner die Lebensqualität für das Tier nicht mehr zu und es können Nachteile auftreten, etwa dadurch, dass eine regelmäßige Kontrolle der Gesundheit und damit eine zeitgerechte tierärztliche Versorgung bei Krankheit oder Unfall erschwert ist.

Bei alten, räumlich beengten Gehegen schaut durch eine bessere Einrichtung auch bei gleich bleibender Fläche ein Gewinn an Lebensqualität für das Tier heraus. Ein schönes Beispiel dafür ist die Anlage für Malaienbären im Allwetterzoo Münster. Es ist auch sinnvoll, umgestaltete Gehege mit einer Art zu besetzen, die geringere Raumansprüche hat, z.B. Nasenbären anstatt einer Großbärenart.

Staatliche Kontrollorgane sollten bedenken, dass nicht wichtig ist, was man vorne an Quadrat- und Kubikmetern reinsteckt, sondern was hinten rauskommt, nämlich vitale, gesunde Tiere, die sich möglichst normal verhalten und, wo gewünscht, sich fortpflanzen und ihre Jungen aufziehen.

Literatur und Internetquellen

  1. BMEL - SÄUGETIERGUTACHTEN
  2. DORNBUSCH, T. & GREVEN, H. (2009)
  3. EAZA (2019)
  4. HEDIGER, H. (1980)
  5. LEYHAUSEN, P. (1962)
  6. LOI du Grand-Duché de Luxembourg du 27 juin 2018 SUR LA PROTECTION DES ANIMAUX
  7. JENSCH, B., BAUR, M., BRANDSTÄTTER, F., FRIZ, T., KÖLPIN, T., SCHMIDT, F., SOMMERLAD, R. & VOIGT, K.-H. (2009)
  8. JENSCH, B., BAUR, M., BRANDSTÄTTER, F., FRIZ, T., KÖLPIN, T., SCHMIDT, F., SOMMERLAD, R. & VOIGT, K.-H. (2009A)
  9. MOREIRA, N., BROWN, J.L: MORAES, W., SWANSON, W.F. & MONTEIRO FILHO W.L.A. (2007)
  10. RICHTLINIE 1999/22/EG DES RATES vom 29. März 1999 über die HALTUNG VON WILDTIEREN IN ZOOS
  11. TIERSCHUTZGESETZ der Bundesrepublik Deutschland vom 24.07.1972
  12. TIERSCHUTZVERORDNUNG (TSchV) der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 23. April 2008
  13. TIERSCHUTZVERORDNUNG (TSchV) des Fürstentums Liechtenstein vom 14. Dezember 2010
  14. 2. TIERHALTUNGSVERORDNUNG der Republik Österreich vom 17. Dezember 2004

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(2712)

Freigegeben in Haltungsbedingungen
Dienstag, 08 Januar 2013 09:45

Was Menschen wollen

Zoos werden von Menschen für Menschen gemacht. Deshalb müssen sie nicht nur den Ansprüchen der gehaltenen Tiere genügen, sondern auch die Bedürfnisse und Vorgaben der menschlichen Gesellschaft berücksichtigen. Sie sind, im Sinne der Definition HEDIGERS (1973), gleichzeitig Freizeiteinrichtung, Lernort, Forschungsstätte und Naturschutzzentrum. Sie haben demzufolge verschiedene Anspruchsgruppen, die unterschiedlichste Anforderungen stellen.

 

Gesetzgeber, Politik

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Deutscher Bundestag - Quelle: www.bundestag.de

 

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Bundesumweltministerin Steffi LEMKE bei der Verleihung des Biodiversitätspreises 2023 im Tierpark Berlin © TP Berlin / Hendrik Gergen (Pressefoto)

Die Gesetzgebung hat in den letzten Jahrzehnten inflationäre Züge angenommen. Alles wird geregelt, möglichst bis ins letzte Detail. Wenn ein internationales Übereinkommen abgeschlossen wird, kann man davon ausgehen, dass es bei der Umsetzung durch die Europäische Union zu Verschärfungen kommt, dass dann die Bundesrepublik noch eins draufsetzt und dass schließlich der Vollzug durch die Bundesländer uneinheitlich ist. Der Gesetzgeber macht den Zoos in Zusammenhang mit der Tierhaltung heute Vorgaben betreffend Tierschutz, Schutz vor Tierseuchen, Schutz der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit, Artenschutz, Schutz der biologischen Vielfalt, Landschaftsschutz, Baumschutz, Arbeitnehmerschutz und so weiter. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass sich die Vorgaben der verschiedenen Gesetzgebungen widersprechen.

Einige Politiker wollen Zoos abschaffen und fördern daher schwer oder nicht erfüllbare gesetzliche Vorgaben. Mehrheitlich wird aber ein gutes Verhältnis gesucht, man zeigt sich bei Anlässen im Zoo oder übernimmt Tierpatenschaften. Leider geht aber trotzdem im Gesetzgebungsprozess oft vergessen, dass Vorgaben, die eigentlich auf die Landwirtschaft gemünzt sind, oft auch die Zoos betreffen, aber deren Situation nicht gerecht werden.


Geldgeber

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Eröffnung von "Yukon Bay" im ErlebnisZoo Hannover durch den damaligen Bundespräsident Christian Wulff - Pressefoto Zoo Hannover

 

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12 Millionen Euro hat das Land Baden-Württemberg an den Umbau des alten Menschenaffenhauses zur «Terra Australis» beigesteuert, die hier von Finanzminister BAYAZ eröffnet wird. Pressefoto Wilhelma.

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Das ehrenamtliche Präsidium des Zoovereins Osnabrück e.V. - Pressefoto Zoo Osnabrück

Im deutschsprachigen Raum sind die größeren Zoos überwiegend im Besitz der öffentlichen Hand oder sind gemeinnützige private Einrichtungen. Rendite ist deshalb in der Regel kein Thema. Vielmehr soll aus der Sicht der Kommunen oder gemeinnützigen Betreiber der Zoo eine preisgünstige, allen Bevölkerungsschichten zugängliche Möglichkeit sein, die Freizeit zu verbringen. Andererseits haben die Geldgeber, namentlich die Kommunen, alles Interesse, Defizite zu vermeiden. Nachdem neue Anlagen unterschiedlichen, aber stets hohen Ansprüchen genügen müssen, ist Bauen im Zoo teuer und kann nur selten aus Überschüssen der Betriebsrechnung finanziert werden. Die Geschwindigkeit und Frequenz, mit der neue Tiergehege realisiert werden können sind daher wesentlich von der Finanzkraft der Kommunen abhängig.

Viele Bauvorhaben wären nicht möglich, wenn die Zoos nicht auf einen enormen Rückhalt in der Bevölkerung zählen könnten. Fast jeder Zoo hat einen Freunde- oder Förderverein, der ihm helfen will. 69 Vereine in Deutschland, der Schweiz, Österrreich, den Niederlanden und Spanien - mit etwa 80'000 Mitgliedern - haben sich in der Gemeinschaft der Zooförderer (GDZ) zusammengefunden. Aus dem GDZ-Budget werden gemeinsame Projekte gefördert, so etwa eine neuen Schneeleopardenanlage in Tallinn. Hauptsächlich unterstützen aber die einzelnen Vereine Projekte ihres jeweiligen Zoos. Einige Beispiele: 1999-2009 - Zoofreunde Leipzig insgesamt 3.6 Mio €, Zoofreunde Krefeld 110'000 € zum Bau des Forscherhauses, 2010 - Freunde des Duisburger Tierparks 320'000 € an die neue Bärenanlage, Heidelberger Tiergartenfreunde 100'000 € zum neuen Elefantenhaus; 2011 - Freunde Hauptstadtzoos 110'000 € zum Umbau des Vogelhauses im Berliner Zoo. Die Freundevereine von sieben Schweizer Zoos wiesen im Jahr 2015 zusammen 53'920 Mitglieder auf, welche die Zoos mit 1.675 Mio. CHF unterstützten.


Tier- und Artenschützer

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Freilassung von zoogeborenen Mendesantilopen im Bou Hedma-Nationalpark (Tunesien) im Rahmen eines langfristigen Programms © Heiner Engel, Erlebniszoo Hannover

 

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Gemeinsam für den Schutz der Kiebitze: Mitglieder der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz und Zoodirektor HECKEL, In den Kistchen im Zoo aufgezogene, zur Auswilderung bestimmte Kiebitze. © Zoo Landau

 

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Anti-Zoo-Demonstration vom 26.08.2010 - Public Domain Photo

 

Die Zooleute verstehen sich selbst als Tier- und Artenschützer und sehen in der Regel keinen Konflikt zwischen den Anforderungen der beiden Schutzziele, wenn man davon absieht, dass die Zoos, ebenso wie die Natur- und Artenschutz-Organisationen, dem Erhalt und guten Funktionieren einer Population Vorrang vor dem Erhalt des Lebens eines Individuums geben, ein Standpunkt, der von "Tierschützern" nicht unbedingt geteilt wird. Naturschutzorganisationen haben mittlerweile begriffen, dass von den Zoos keine Gefährdung der freilebenden Tierwelt ausgeht, sondern dass sie vielmehr der wichtigste Multiplikator sind, um den Natur- und Artenschutzgedanken in die Bevölkerung hinauszutragen, und dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten Schutzprojekte nicht nur ideell, sondern auch mit Fachwissen, Tieren, Material und Geld unterstützen.

Währenddem das Verhältnis zwischen Zoos und Naturschützern in der Regel unproblematisch ist und oft eine enge Zusammenarbeit praktiziert wird, trifft das für Tierschutzorganisationen nicht im selben Maße zu. Zwar kann auf lokaler Ebene ebenfalls pragmatisch zusammengearbeitet werden, auf nationaler Ebene werden aber von den Organisationen, die ja selbst nicht in der Verantwortung stehen, vielfach überzogene Forderungen gestellt. Zoos sollen sich sachlich begründeter Kritik stellen, sie müssen sich aber auch gegen ungerechtfertigte Vorwürfe oder gut gemeinte, aber unzweckmäßige Vorschläge wehren. Dass mit Organisationen, die aus ideologischen Gründen ein Verbot der Haltung aller oder bestimmter Tierarten fordern, ein Dialog schwierig bis unmöglich ist, versteht sich von selbst. Zum Glück sind diese Organisationen, so lautstark sie sich gebärden, nicht repräsentativ für die große Mehrheit der Bevölkerung und ihre Argumentation ist wenig stichhaltig, was aber manche Politiker nicht daran hindert sie zu unterstützen.


Tierpflege-Personal

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Tierpflegerin mit jungem Krallenäffchen - Pressefoto Zoo Eberswalde

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Beim Bau dieses Terrariums gingen die Ansprüche der Tierpfleger offensichtlich vergessen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Tierpfleger haben in der Regel ihren Beruf gewählt, weil sie sich zu Tieren hingezogen fühlen und sich mit ihnen beschäftigen wollen. Sie wünschen sich daher ausreichend Zeit, um sich mit den Tieren abzugeben und z.B. Programme zur Umwelt- und Verhaltensanreicherung oder für das sogenannte "Medical Training" zu erarbeiten und durchzuführen.

Vom Arbeitgeber erwarten sie zudem, dass die betrieblichen Einrichtungen und Arbeitsabläufe so gestaltet sind, dass Gefährdungen der Gesundheit, Unfälle und Überbeanspruchungen nach Möglichkeit vermieden werden und dass nicht nur den Schaugehegen, sondern auch den Zugängen zu den Gehegen und den Einrichtungen hinter den Kulissen, wie Personalräume, Werkstätten, Zucht- und Abtrenngehege, Material- und Futterlager, Klimatisierung sowie Entsorgung, die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wird.


Zoopädagogen

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Tierhalterseminar im Zoo Krefeld - Basteln von Katzenspielzeug - Pressefoto Zoo Krefeld

 

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Zooschulunterricht im Butterfly Arc von Montegrotto Terme, Provinz Padua» beigesteuert, die hier von Finanzminister BAYAZ eröffnet wird. Pressefoto Wilhelma.

Wissensvermittlung und Pädagogik sollen ein integraler Bestandteil der Gehegegestaltung und Bestandsplanung sein. Methoden, die Bildungsprogramme umzusetzen, können unter anderem umfassen: Schilder, Ausstellungen, permanente oder temporäre Ausstellungen, audio-/visuelle Darstellungen, interaktive Elemente, Computer-gestützte Informationen, Zooführer und Veröffentlichungen oder Veranstaltungen von Mitarbeitern. Wenn pädagogische Programme erfolgreich sein sollen, müssen die Zootiere optimal gehalten werden, in Anlagen, die es ihnen ermöglichen, so natürlich zu leben und sich zu verhalten, wie es eben möglich ist. Tiere, die an physischen und/oder psychischen Einschränkung zu leiden scheinen, sind kontraproduktiv für die Pädagogik und konterkarieren die Naturschutzbotschaft. Darbietungen mit Tieren können hilfreich sein, es soll aber ihre pädagogische Wirksamkeit belegt und der Tierschutz in jedem Fall gewährleistet sein. Unnatürliches Verhalten der Tiere oder ihre Vermenschlichung sind zu vermeiden.

Um ihrer Tätigkeit nachzugehen wünschen sich die Zoopädagogen eine gute schulische Infrastruktur mit Klassenzimmern, Wetlabs, Sammlungsraum sowie Einrichtungen, um vor Tiergehegen ungestört vom übrigen Publikum zu unterrichten.


Besucher

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Begegnung mit Eisbär - Pressefoto ErlebnisZoo Hannover

 

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Wasserspiel im Natur- und Tierpark Goldau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Hauptmotiv für einen Zoobesuch ist in der Regel, seine Freizeit in angenehmer Umgebung zu verbringen und dabei etwas zu erleben, allein, mit Partner, im Kreis der Familie oder mit Freunden. Die Besucher wollen Tiere sehen, möglichst ohne störende Gitter und in einer naturnahen Umgebung. Große, hauptsächlich exotische Säugetiere, wie Menschenaffen, Bären, Löwen, Tiger, Elefanten, Nashörner, Flusspferde und Giraffen, sowie Meeressäugetiere und Pinguine stehen in der Beliebtheitsskala ganz oben. Es soll etwas los sein - die "Fütterung der Raubtiere" ist zum stehenden Ausdruck geworden, schlafende Tiere werden kaum beachtet. Man will Tieren nahe kommen, Streichelgehege oder Möglichkeiten Tiere zu füttern sind äusserst populär. Ob eine Haltung als tiergerecht beurteilt wird, hängt wesentlich davon ab, ob sie besuchergerecht ist, denn die meisten Menschen wissen wenig über die Bedürfnisse der Tiere sondern schließen von sich selbst auf das Tier.

Selbstverständlich wollen die Besucher nebst einem positiven Tiererlebnis auch eine ihren Bedürfnissen angepasste Infrastruktur, wie rollstuhl- und kinderwagengängige Wege, im Park verteilte Sitzbänke, eine gute Gastronomie, saubere Toiletten und attraktive Kinderspielplätze.


Literatur:

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PD - 31.12.2010; 07.01.2011; reaktiviert 25.08.2023

2110

Freigegeben in Haltungsansprüche
Dienstag, 08 Januar 2013 09:04

Was Tiere brauchen

Wer Tiere hält, muss sie entsprechend ihrer Art und ihren Bedürfnissen angemessen ernähren, pflegen und sie verhaltensgerecht unterbringen*. Um das zu tun, muss man wissen, was sie brauchen, was ihre elementaren Grundbedürfnisse sind. Diese Grundbedürfnisse ergeben sich aus der Notwendigkeit der Selbsterhaltung. Freiheit ist kein Bedürfnis von Tieren. Sie ist grundsätzlich auch in der Natur stark eingeschränkt. Gründe dafür sind der (im Vergleich zum Menschen geringere) Grad der Cerebralisation sowie viele endogene und exogene Faktoren. In Menschenobhut gehaltene Tiere brauchen aber in jedem Fall Gehege, die so eingerichtet und gestaltet sind, dass sie darin alle ihre Grundbedürfnisse befriedigen können, und die ihrem Verhalten angemessen Rechnung tragen.

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Immer mehr Verkehrsträger zerschneiden die Landschaft und schränken die scheinbar grenzenlose Freiheit der Wildtiere ein. Hier Vikunjas beim Überqueren einer Fernverkehrsstraße im Chimborazo-Wildschutzgebiet © Helge Zabka, Neubrandenburg

 

1000px-World ecozones.svg
Ökozonen der Erde

 

haltung 10-2-1-3 verbreitung koala
Artareal des Koala

 

haltung 10-2-1-4 verbreitung burramys
Artareal Bergbilchbeutler

 

haltung 10-2-1-5 verbreitung wolf
Heutiges und früheres Artareal des Wolfs

 

HALTUNG Anspruch koala philip PD1
Koalas (Phascolarctos cinereus) kommen ausschließlich in Eukalyptuswäldern vor. Wo Wälder abgeholzt werden oder verbrennen, verschwinden sie. Phillip Island Wildlife Park © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

HALTUNG Anspruch steinbock karte
Die Verbreitung des Alpensteinbocks (Capra ibex) reicht von der subalpinen bis zur nivalen Stufe. In tieferen Lagen kommt er nicht vor, größere Täler und Ebenen durchquert er nicht. Die flächenhafte Wiederbesiedlung der Alpen und stellenweise des Juras war nur möglich, weil an vielen Orten Tiere ausgewildert oder umgesiedelt wurden. Karte: Centre Suisse de Cartographie de la Faune

 

haltung 10-2-1-6 territorium HH
Territorium mit Fixpunkten und Wechseln. Nach HEDIGER.

 

HALTUNG Anspruch präriehund schwerin PD1
Die Präriehunde im Zoo Schwerin sind "frei". Sie verlassen aber ihre Wiese nicht, weil diese von ungeeigneten Habitaten - Wald, Moor - umgeben ist, die auch in der Wildbahn Verbreitungsgrenzen sind © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

haltung 10-2-1-7 gepard koeln PD
Für ihre Routineaktivitäten laufen Geparden nicht regellos in ihrem Gehege herum, sondern benützen feste Wechsel. Kölner Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

haltung 10-2-1-8 badger
Dachs: Verlassen des Baus, Dämmerung und Sonnenuntergang im Jahresverlauf (NEAL, 1986)

 

haltung 10-2-1-9 addo armstrong fence
Der Addo-Nationalpark in Südafrika ist elefantensicher eingezäunt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

11 6 29 map feldhamster mannheim
So sieht die "Freiheit" der bei Mannheim wiederangesiedelten Feldhamster in Wirklichkeit aus: Das Wiederansiedlungsgebiet (gelb) ist durch Siedlungen, Bahngleise und den Neckar begrenzt und wird durch drei Autobahnen und mehrere stark frequentierte Verbindungsstrassen fraktioniert. Der Kartenausschnitt stellt eine Fläche von rund 16 km² dar

 

haltung 10-2-1-10 kruger by products
Elefantenschlachtung im Krüger-Nationalpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

Grundbedürfnisse

Um als Individuen und als Art zu überleben, müssen Tiere

  • Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen
  • Körperpflege betreiben (Komfortverhalten)
  • schlafen und ruhen
  • sich vor ungünstigen Klimaeinflüssen schützen
  • sich vor Fressfeinden schützen
  • sich gegen Konkurrenten durchsetzen
  • sich fortpflanzen (nicht unbedingt jedes Individuum)
  • eine zweckmässige soziale Organisation haben
  • sich Fortbewegen als Voraussetzung zur Erfüllung der anderen Notwendigkeiten
  • im Falle von höheren Wirbeltieren: spielen, um Verhaltensweisen zu erlernen oder zu perfektionieren

Es besteht in dieser Hinsicht kein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem Leben im natürlichen Lebensraum und dem Leben im Zoo, wenn man einmal davon absieht, dass die Tiere sehr rasch lernen, dass sie im Zoo sicher vor Fressfeinden sind.

Brauchen die Tiere Freiheit?

Tiere haben keine abstrakte Vorstellung davon, was "Freiheit" ist. Viele ihrer Handlungsweisen sind durch Reflexe diktiert, das Tier hat in diesen Fällen also gar keine Wahlfreiheit. Dies ist umso ausgeprägter, je geringer der Grad der Cerebralisation der betreffenden Art ist.

Wird in Zusammenhang mit Zootieren von "Freiheit" gesprochen, geht es in der Regel um die freie Wahl des Aufenthaltsorts, die im Zoo offensichtlich durch die Gehegebegrenzung beschränkt ist. Dem als Gefängnis verstandenen Zoogehege wird die "goldene Freiheit" gegenübergestellt, die das Tier in der Natur genießen soll. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung sind die Tiere aber auch im natürlichen Lebensraum nicht "frei", sondern ihre Bewegungsfreiheit ist, wie im Zoo, Einschränkungen unterworfen:

In der Natur sind Tiere Teile von Ökosystemen, d.h. es bestehen Wechselwirkungen zwischen dem Tier und seiner belebten und unbelebten Umwelt. Im Zuge der Evolution haben sich Arten herausgebildet, die unterschiedlichste Lebensräume nutzen können. Manche haben sich soweit spezialisiert, dass sie eine bestimmte ökologische Nische optimal besetzen können, in anderer Umgebung aber nicht überlebensfähig sind (stenöke Arten). Andere wiederum sind Generalisten (euryöke Arten), die unterschiedliche Biotope innerhalb einer Ökozone, oder sogar unterschiedliche Ökozonen besiedeln können.

Entsprechend der Anpassungsfähigkeit einer Art ist auch ihr Verbreitungsgebiet, das Areal unterschiedlich:

Ein Beispiel für eine stenöke Art ist der Koala, der nur in subtropischen Wäldern leben kann, wo bestimmte Eukalyptusarten vorkommen, die er als Nahrung braucht. Ein noch viel kleineres Areal von nur wenigen Quadratkilometern hat der Bergbilchbeutler (Burramys parvus) aus Südostaustralien, der nur in mit Büschen bestandenem Geröllfeldern in 1500 bis 1800 Metern Seehöhe lebt. Eine euryöke Art ist z.B. der Wolf, der sämtliche auf der Karte gezeigten Ökozonen mit Ausnahme der immerfeuchten Tropen besiedelt. Stenöke Arten stellen auch im Zoo spezifischere Ansprüche als euryöke Arten.

So muss ein Koala mit Eukalyptusblättern gefüttert werden und er braucht eine frostfreie Umgebung. Der Wolf dagegen frisst von frischtoten Tieren über Hundekuchen bis zu Gammelfleisch und Eiern so ziemlich alles, zur Abwechslung noch ein paar Früchte, und er toleriert Temperaturen von etwa -35ºC bis +35 ºC.

In ihrem Lebensraum bewegen sich Tiere nicht frei und regellos. Vielmehr haben sie ein Aufenthalts- oder Streifgebiet (Home Range), in dem sie alles vorfinden müssen, was sie zum Leben und für die Fortpflanzung brauchen und das sie ihne Not nicht verlassen.

Die Größe von Streifgebieten kann durch physische Barrieren oder als Folge einer hohen Populationsdichte stark eingeschränkt sein [7]. Im Westen des Kantons Genf, wo eine große Wildschweinpopulation lebt und zahlreiche Verkehrsträger die Landschaft durchschneiden, haben die einzelnen Rotten Streifgebiete von nur 1.4 bis 2.5 km², im benachbarten Frankreich dagegen sind es gebietsweise bis 60 km². Nahrungs- oder Wassermangel kann die Tiere zwingen, saisonal einen anderen Einstand aufzusuchen oder großräumige Wanderungen zu unternehmen, wobei sie festen Routen folgen. Bekannt sind z.B. die jahreszeitliche Wanderung der Gnus und Zebras im Serengeti/Masai-Mara-Gebiet oder die Wanderrouten der Zugvögel.

Aufenthaltsgebiete, die dauernd oder während einer bestimmten Jahreszeit von Tieren gegen Artgenossen verteidigt werden, nennt man Territorien. Territorien können gebildet werden von einem Einzeltier, einem Paar oder einer Gruppe. Territorien können dazu dienen, die Nahrungsgrundlage sicherzustellen, in diesem Fall sind sie in der Regel permanent, oder aber sie dienen saisonal der Fortpflanzung (z.B. Brutterritorien von Vögeln) und werden anschließend aufgegeben. Im Folgejahr wird meistens versucht, wieder dasselbe Territorium zu besetzen. Innerhalb des Territoriums werden keine fremden Artgenossen geduldet, wenn man davon absieht, dass sich Territorien von Männchen- und Weibchen überlappen können (z.B. beim Luchs). Dadurch wird das theortisch bewohnbare Areal stark parzelliert, das einzene Tier wird zum Gefangenen seiner Nachbarn.

Der Mangel an freien Territorien führt bei permanent territorialen Arten zu einer hohen Sterblichkeit bei den unabhängig werdenden Jungtieren, die von ihrer Mutter nicht mehr geduldet werden, denn es können nur so viele Tiere überleben, wie Territorien vorhanden sind. Die Jungtiere müssen unter Umständen weit wandern, bis sie ein freies Territorium finden. Dabei laufen sie Gefahr von Territoriumsbesitzern getötet zu werden, zu verunfallen oder zu verhungern. Dienen Territorien nur der Fortpflanzung, so limitieren sie die Zahl der Individuen, die sich fortpflanzen können.

Innerhalb ihres Territoriums sind die Tiere einem "Raum-Zeit"-System unterworfen, d.h. sie suchen bestimmte Örtlichkeiten (Fixpunkte) zu bestimmten Zeiten auf. Fixpunkte können sein z.B. Bau oder Schlafnest, Tränke, Bad, Sandbad, Suhle, Aussichtspunkte, Markierpunkte etc. Die Fixpunkte sind durch feste Wege, sogenannte  Wechsel verbunden, die regelmäßig benützt werden. Auch ein Zoogehege enthält solche Fixpunkte, die von den Tieren durch Wechsel erschlossen werden [1]. In sehr kleinen Gehegen kann das Wechselsystem auf eine Ellipse oder eine Acht reduziert sein, auf der die Tiere ihr Laufpensum absolvieren. Das sieht in jedem Fall unschön aus und kann sich zu einer zwanghaften Stereotypie auswachsen, der durch Beschäftigung zu begegnen ist [5].

Das Raum-Zeitsystem kann sehr starr sein und die Wahlfreiheit des Tieres, was es wann tun will, stark einschränken. So sind z.B. die Aktivitätsphasen des Dachses mit dem Sonnenauf- und -untergang korreliert. Man kann auf 15 Minuten genau sagen, wann ein Dachs seinen Bau verlässt und wann er wieder einfährt [4; 6]. Bei Vögeln ist das Zugverhalten angeboren: ob ein Vogel zieht, wann bei ihm die Zugunruhe einsetzt und meistens auch in welche Richtung er zieht, ist genetisch festgelegt [2].

Schließlich darf man auch nicht vergessen, dass menschliche Aktivitäten den Lebensraum der wild lebenden Tiere immer mehr einengen. Ihre "Freiheit" wir durch den Bau immer neuer Verkehrsträger, durch den durch Siedlungsbau bedingten Lanschaftsschwund und landwirtschaftliche Monokulturen immer mehr eingeschränkt. Viele Großtiere sind mit Forstwirtschaft, Landbau oder der Haltung von Nutztieren nicht kompatibel. Aus diesem Grund ist das Vorkommen des Rothirschs in den meisten deutschen Bundesländern auf behördlich festgelegte Rotwildbezirke beschränkt. Gebiete außerhalb dieser Bezirke - in Bayern z.B. 86 % der Landesfläche - sind per Gesetz "rotwildfrei zu machen und zu halten" [3].

In Südafrika sind aus dem selben Grund die allermeisten Nationalparks, Provinzparks  und anderen Schutzgebiete eingezäunt worden. Frei lebende Löwen gibt es im ganzen Land keine mehr und auch Elefanten nur ganz wenige. In den eingezäunten Reservaten müssen die Tierbestände intensiv gemanagt werden: es werden Tiere zwecks Wiedereinbürgerung oder Bestandesstützung eingesetzt, überzählige Tiere werden entweder eingefangen und an andere Reservate oder in den Tierhandel abgegeben oder aber abgeschossen und verwertet, oder es wird, etwa bei Löwen, Empfängnisverhütung praktiziert. Die Abgrenzung zwischen Freiland und Zoo verwischt sich so immer mehr.

Wann ist eine Haltung tiergerecht?

Eine Haltung ist dann tiergerecht, wenn sie die Anpassungsfähigkeit der Individuen nicht überfordert; überforderte Anpassungsfähigkeit äußert sich in Störungen des Verhaltens, in chronischem Stress, in morphologischen Schäden  und in chronischen somatischen Dysfunktionen [8].

Literatur und Internetquellen

  1. ALTHAUS, T. (1994)
  2. BERTHOLD, P., GWINNER E. & SONNENSCHEIN, E. (Eds., 2003)
  3. DEUTSCHE WILDTIER-STIFTUNG
  4. HEDIGER, H. (1961)
  5. HEDIGER, H. (1965)
  6. NEAL, E. (1986)
  7. RUMER, B. (2016)  
  8. STAUFFACHER, M. (1993)

* Die hier verwendete Terminologie entspricht jener der Tierschutzgesetze der deutschsprachigen Länder, Ethologen sprechen in diesem Zusammenhang eher von "Ansprüchen" oder "Bedarf"

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Freigegeben in Haltungsansprüche
Sonntag, 06 Januar 2013 14:54

WACKERNAGEL, H. (1960)

Breeding flamingos at Basle Zoo, Switzerland.

International Zoo Yearbook 1: 45-46.

Flamingos wurden in Basel ab 1932 gehalten, ohne dass es zu Nachzuchten kam. 1956 wurde die Diät umgestellt und ein Teil des Rasens geflutet. Im selben Jahr nisteten mehrere Paare, 1957 wurden erstmals Eier gelegt, die aber nicht befruchtet waren. Bis 1960 wurden 3 Chile- und 3 Rosaflamingos aufgezogen.

wackernagel-biblio

06.01.2013 - 1'789

Freigegeben in W
Sonntag, 06 Januar 2013 10:44

STUDER-THIERSCH, A. (2005)

Behavioural considerations in flamingo enclosure design. EAZA Bird TAGs Meeting, Heidelberg 19.-21.5. 2005. CD EAZA European Association of Zoos and Aquaria.

Freigegeben in S
Sonntag, 06 Januar 2013 10:41

STUDER-THIERSCH, A. (2000a)

Behavioural demands on a new exhibit for Greater Flamingos at the Basel Zoo, Switzerland. Waterbirds 23, spec. publ. (1): 185 - 192.

Freigegeben in S
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx