Sonntag, 28 November 2021 16:30

AUNG, S. H. (1967)

Observations on the Red goral Nemorhaedus cranbrooki and the Burmese takin Budorcas t. taxicolor at Rangoon Zoo.

International Zoo Yearbook 7: 225-226.

Inhalt:

Es werden Angaben zum ex situ-Bestand gemacht und Informationen über biometrische Daten gegeben.

aung-biblio

Freigegeben in A

Ancient DNA Analysis Affirms the Canid from Altai as a Primitive Dog.

PLoS ONE 8(3): e57754. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0057754

Abstract:

The origin of domestic dogs remains controversial, with genetic data indicating a separation between modern dogs and wolves in the Late Pleistocene. However, only a few dog-like fossils are found prior to the Last Glacial Maximum, and it is widely accepted that the dog domestication predates the beginning of agriculture about 10,000 years ago. In order to evaluate the genetic relationship of one of the oldest dogs, we have isolated ancient DNA from the recently described putative 33,000-year old Pleistocene dog from Altai and analysed 413 nucleotides of the mitochondrial control region. Our analyses reveal that the unique haplotype of the Altai dog is more closely related to modern dogs and prehistoric New World canids than it is to contemporary wolves. Further genetic analyses of ancient canids may reveal a more exact date and centre of domestication.

druzhkova-biblio

Freigegeben in D
Sonntag, 16 April 2017 13:27

Buschbock

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Echte Rinder (Bovinae)
Tribus: Afrikanische Waldböcke (Tragelaphini)

D LC 650

Buschbock oder Schirrantilope

Tragelaphus scriptus • The Bushbuck • Le guib harnaché

119 009 008 005 tragelaphus scriptus UWEC PD3
Weiblicher Buschbock (Tragelaphus scriptus sylvaticus) im Uganda Wildlife Education Cente, Entebbe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Buschbocks (Tragelaphus scriptus)

 

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Männlicher Kap-Buschbock (Tragelaphus scriptus sylvaticus) im Zoo Johannesburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weiblicher Buschbock (Tragelaphus scriptus sylvaticus) im Uganda Wildlife Education Cente, Entebbe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Männliche Senegal-Schirrantilope (Tragelaphus s. scriptus) im Gladys Porter Zoo, Brownsville, Texas © Johannes Pfleiderer, Zoo Duisburg

 

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Weiblicher Buschbock (Tragelaphus scriptus) im Zoo Dvůr Králové © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Buschböcke (Tragelaphus scriptus sylvaticus) im Uganda Wildlife Education Cente, Entebbe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Männlicher Chobe-Buschbock (Tragelaphus scriptus ornatus) im Victoria-Falls-Nationalpark, Simbabwe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 009 008 005 tragelaphus scriptus chobe PD1
Weiblicher Chobe-Buschbock (Tragelaphus scriptus ornatus) im Chobe-Nationalpark, Botswana © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weiblicher Buschbock (Tragelaphus scriptus sylvaticus, früher T. s. massaicus) im Aruscha-Nationalpark, Zansania © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Männlicher Kap-Buschbock (Tragelaphus scriptus sylvaticus) im Mapungubwe-Nationapark, Limpopo-Provinz, Südafrika © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kap-Buschbock-Paar (Tragelaphus scriptus sylvaticus) im Dierenpark Planckendael, Mechelen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Männlicher Kap-Buschbock (Tragelaphus scriptus sylvaticus) im Tygerberg-Zoo, Kraaifontein © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Der Buschbock ist eine kleinere, äußerst attraktive Antilope mit deutlichem Sexualdimorphismus, die sowohl für das allgemeine Publikum als auch für die Zoopädagogik interessant wäre, die aber als weit verbreitete, nicht gefährdete Art vom Europäischen Zoo- und Aquarienverband als nicht prioritör eingestuft wurde und daher in den Zoos mittlerweile ausgestorben ist.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Buschbock ist der kleinste der afrikanischen Waldböcke. Er zeigt einen stark ausgeprägten Sexualdimorphismus. Die Böcke erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 114-150 cm, eine Schulterhöhe von 80 (65-100) cm und ein Gewicht von 40-80 kg. Die Ricken werden bis 132 cm lang, 70 (61-85) cm hoch und 24-60 kg schwer. Der Schwanz wird etwa 19-24 cm lang. Wie bei den anderen afrikanischen Waldböcken haben die Böcke schraubenartig gedrehte Hörner, die 40-55 cm lang werden können. Das Fell zeigt bei beiden Geschlechtern ein auffallendes Muster weißer Punkte und Streifen, wobei es erhebliche regionale Unterschiede gibt. An der Halsunterseite verlaufen 1-2 weiße Querbänder, die Schwanzunterseite ist weiß, die Schwanzspitze kann schwarz sein. Die Beine können je nach Unterart einfarbig sein oder eine weiß oder schwarzweiße Zeichnung aufweisen. Die Grundfarbe ist regional variabel, bei den Ricken meist rotbraun, bei den Böcken etwas dunkler, kastanienbraun oder schwarzgrau [2; 5; 8].

Verbreitung

Afrika südlich der Sahara: Angola, Äquatorialguinea, Äthiopien, Benin, Botswana, Burkina Faso, Burundi, Elfenbeinküste, Gabun, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun, Kenia, Kongo, Kongo Dem., Liberia, Malawi, Mali, Mauretanien, Mosambik, Namibia, Niger, Nigeria, Ruanda, Sambia, Senegal, Sierra Leone, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Südsudan, Sudan, Swasiland, Tansania, Togo, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik [4].

Lebensraum und Lebensweise

Buschböcke benötigen Lebensraum mit viel Deckung. Sie kommen in Tropischen Regen- und Feuchtwäldern, Subtropischen Feuchtwäldern, und Gemäßigten immergrünen Feuchtwäldern, jeweils vorzugsweise an Waldrändern, GaleriewäldernTrockenwäldern, Dornsavannen, Dickichten und Zuckerrohrpflanzungen vor. Die Nahrung dieser Selektiväser besteht überwiegend aus Blättern und Zweigen, aber auch zarte Gräser werden genommen. Buschböcke leben solitär, sind aber nicht territorial, sondern haben überlappende Streifgebiete [5; 8].

Es gibt keine definierte Fortpflanzungsperiode, allenfalls saisonale Spitzen der Brunftaktivitäten und der Geburten. Nach einer Tragzeit von rund 180 Tagen wird in der Regel ein einzelnes Kitz mit einem Gewicht von 3.1-4.5 kg geboren. Angaben über das Erreichen der Geschlechtsreife sind widersprüchlich. Bei Ricken dürfte dies mit etwa 1 Jahr der Fall sein, bei Böcken mit 1.5 Jahren, wobei sie effektiv meist erst mit 3 Jahren zur Forspflanzung kommen [5; 6; 8].

Gefährdung und Schutz

Der Buschbock hat eine sehr weite Verbreitung und einen geschätzten Bestand von 1 bis 1.5 Millionen Adulttieren, der als stabil angesehen wird, außer in vom Menschen dicht besiedelten Regionen. Möglicherweise ist  diese Schätzung wegen der heimlichen Lebensweise des Buschbocks zu tief. Er gilt daher seit 1996 als nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) , was im Rahmen einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 bestätigt wurde. Der Klimawandel macht der Art in den trockeneren Teilen ihres Areals zu schaffen, andererseits kann sie ihre Verbreitung im Gebiet der Regenwälder ausdehnen [4].

Der internationale Handel ist nicht unter CITES geregelt. Die Einfuhr lebender Exemplare aus den Ursprungsländern ist wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU so gut wie ausgeschlossen.

Bedeutung für den Menschen

Der Buschbock wird zur Gewinnung von Fleisch und als Sport gejagt. In Ruanda ist sein Fleisch deutlich billiger als jenes von Nutztieren und dementsprechend ist der Buschbock die häufigste Wildtierart, die auf Fleischmärkten angeboten wird. Im Rahmen der Sportjagd werden in Südafrika "Trophy Fees" von etwa 1'200-1'500 USD fällig, in anderen afrikanischen Ländern 400-1'100 USD.

Haltung

In den 1950er Jahren wurde im Zoo Basel ein Buschbock kurze Zeit  gemeinsam mit Sitatungas und Vierhornantilopen gehalten, um 1990 in Hannover gemeinsam mit Kirk-Dikdiks. Eine Gemeinschaftshaltung mit Sitatungas sollte sollte wegen der Gefahr der Bastardierung tunlichts vernieden werden

Als Höchstalter gibt WEIGL über 15 Jahre und 3 Monate für ein im Ruhr-Zoo Gelsenkirchen geborenes und später in Hannover gehaltenes gehaltenes weibliches Tier an [7].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art ist dem Collection Planning der EAZA zum Opfer gefallen und wird heute nicht mehr gehalten. Die britische (europäische?) Erstzucht gelang  1841 in der Menagerie des Earl of Derby in Knowsley (heute Safaripark). Der letzte Hinweis auf eine Nachzucht in Europa im International Zoo Yearbook bezieht sich auf das Jahr 1991 (Zoo Hannover).  Bei den in Europa gehaltenen Tiere handelte es sich hauptsächlich um Senegal-Buschböcke, die z.B. in Hannover 31 Jahre lang gehalten und regelmäßig gezüchtet wurden, seltener um Kap-Buschböcke. Andere Unterarten waren Ausnahmeerscheinungen. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 200 m² zur Verfügung stehen. Für jedes weitere Tier kommen 20 m² zur Basisfläche dazu. Zudem wird ein Stall von etwa 3 m²/Tier vorgegeben.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für theoretisch bis zu 10 Tieren ein Gehege mit Trenn- oder Absperrmöglichkeit vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 40 m² zur Basisfläche dazu. Ferner ist ein Stall mit einer Fläche von 4 m²/Tier erforderlich.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für 1-5 Tiere ein Außengehege von 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr. Zudem ist ein beheizter Stall mit einem Mindestausmaß von 4 m² pro Tier mit einer Mindesttemperatur von 10°C vorgeschrieben. Die Haltung hat in Gruppen mit einem erwachsenen Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachwuchs zu erfolgen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Buschbock wurde 1766 vom Berliner Naturforscher Peter Simon PALLAS, den Katharina die Große als Professor nach Petersburg berufen hatte, als "Antilope scripta" anhand eines Exemplars aus dem Senegal erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1816 stellte ihn der französische Zoologe Henri Marie Ducrotay de BLAINVILLE als Typusart in die neue Gattung Tragelaphus. Traditionell wurde die Art in über 20 (bis etwa 40) Unterarten aufgeteilt. 2005 waren es noch 9. GROVES & GRUBB splitteten in ihrer umstrittenen Huftier-Taxonomie den Buschbock in 8 Arten auf, was Eingang in das Handbuch der Säugetiere fand, aber von der IUCN im Rahmen der Roten Liste nicht mitgemacht wurde [1; 3; 4, 8; 9].

  • Senegal-Buschbock (Tragelaphus s. scriptus): Gambia, Guinea, Guinea-Bissau, Liberia, Mali, Mauretanien, Senegal, Sierra Leone
  • Kongo-Buschbock (Tragelaphus s. phaleratus): Schließt östlich an scriptus an, Südgrenze vermutlich Ubangi und Kongofluss
  • Sudan-Buschbock (Tragelaphus s. bor): Schließt östlich an phaleratus an, wobei die Abgrenzung unklar ist, geht im Osten über den Nil hinaus
  • Äthiopien-Buschbock (Tragelaphus s. decula): Tiefere Lagen von Äthiopien, ferner Eritrea, Dschibuti und Südsudan
  • Hochland-Buschbock (Tragelaphus s. meneliki): Nur im Hochland von Äthiopien
  • Ostküsten-Buschbock (Tragelaphus s. fasciatus): Von Süd-Äthiopien und Somalia bis Nordost-Tansania
  • Sambia-Buschbock (Tragelaphus s. ornatus): Vom Kongofluss an südwärts bis ins nördliche Botswana und Namibia, im Osten bis Tanganyika und Njassasee
  • Südlicher Buschbock (Tragelaphus s. sylvaticus): Im Osten des Kontinents vom Südsudan bis ins Kapland

Literatur und Internetquellen

  1. GROVES, C.P. & GRUBB, P. (2011)
  2. GRZIMEK, B. (ed., 1970)
  3. HALTENORTH, T. & TRENSE, W. (1956)
  4. IUCN SSC Antelope Specialist Group 2016. Tragelaphus scriptus (errata version published in 2017). The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T22051A115165242. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-3.RLTS.T22051A50196111.en. Downloaded on 24 March 2019.
  5. MILLS, G & HES, L. (1999)
  6. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)

SAF 04 04 pilanesberg tragelaphus scriptus kwamaritane
Weiblicher Buschbock Tragelaphus scriptus sylvaticus) in seinem natürlichen Lebensraum im Pilanesberg-Nationalpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Freigegeben in Rinder und Waldböcke
Donnerstag, 14 Juni 2018 23:34

Beuteltiere - Allgemeines

Klasse: Säugetiere (Mammalia)
Unterklasse: Beutelsäuger (Metatheria)
oder:

Beuteltiere

Marsupialia • The Marsupials • Les marsupiaux

102 011 000 000 geripp wombat
„Geripp des Wombat“ aus BREHMs Thierleben (1882-1887)

102 012 011 000 macropus joey PD1
Neugeborenes Riesenkänguru (Macropus sp.) @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern
 

102 002 008 001 myrmecobius fasciatus clelandWP PD1
Der Ameisenbeutler (Myrmecobius fasciatus) übernimmt in Australien die ökologische Funktion der altweltlichen Schuppentiere. Cleland Conservation Park, Südaustralien @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

102 012 011 000 macropus joey Quora
Noch wenig entwickeltes Känguru-Jungtier im Beutel seiner Mutter. Bild: Kaiyi Liu, Singapur auf https://www.quora.com

102 012 011 006 macropus fuliginosus urimbirra PD5
Suchen weit entwickelte junge Riesenkängurus Zuflucht, steigen sie Kopf voran in den Beutel ihrer Mutter; Urimbirra Wildlife Park, Südaustralien @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

102 011 002 001 vombatus ursinus Wonderland PD1
In vielen australischen Tierparks wird ein sehr enger Kontakt mit Kängurus aller Art, Wombats und Koalas ermöglicht, einschließlich Streicheln, Herumtragen und Füttern der Tiere. In Europa gibt es bestenfalls mit Wallabies besetzte „Walk-thru“-Gehege mit Fütterungsverboten @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

102 010 001 001 phascolarctos cinereus beutel taronga PD2
Auch bei der Handaufzucht werden junge Beuteltiere in einem Beutel versorgt, hier ein Koala (Phascolarctos cinereus) im Taronga Zoo, Sydney © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

102 012 011 007 macropus giganteus f krefeld PD2
Östliches Graues Riesenkänguru (Macropus giganteus) im Krefelder Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

102 012 003 001 caloprymnus campestris Gould
Das Nacktbrust-Rattenkänguru (Caloprymnus campestris) wurde 1843 beschrieben und 1935 letztmals mit Sicherheit nachgewiesen. Unbestätigte Sichtungen gab es noch in den 1950er- und 70er-Jahren.Bild aus John GOULD (1863) The Mammals of Australia (Public domain)

102 012 012 001 megaleia rufa cabrera
Schädel eines Roten Riesenkängurus (Macropus (O),) rufus. Illustration aus CABRERA, A. (1919) Genera Mammalium - Monotremata - Marsupialia. Madrid. Gemeinfrei.

Die Beuteltiere gebären Junge, die sich noch in einem embryonalen Zustand befinden und nach der Geburt in einem Bauchbeutel fertig ausgetragen werden. Ihre Wege und die der Höheren Säugetiere haben sich zu Ende der Jurazeit – vor rund 150 Millionen Jahren - getrennt. In der nachfolgenden Evolution kam es zu zahlreichen konvergenten Entwicklungen bei den beiden Tiergruppen, z.B: Mäuse / Beutelmäuse, Goldmulle / Beutelmulle, Marder / Beutelmarder, Dachse / Beuteldachse, Wölfe / Beutelwölfe, Gleithörnchen / Gleitbeutler.

Artenspektrum und innere Systematik

Heute werden die 349 gegenwärtig anerkannten rezenten Arten wie folgt auf sieben Ordnungen verteilt [2; 4]:

  • Ordnung Beutelratten (Didelphimorphia): 1 Familie mit 18 Gattungen mit 98 Arten
  • Ordnung Mausopossums (Paucituberculata): 1 Familie mit 3 Gattungen mit 7 Arten
  • Ordnung Chiloé-Beutelratten (Microbiotheria) 1 Art
  • Ordnung Beutelmulle (Notoryctemorphia): 1 Familie mit 1 Gattung mit 2 Arten
  • Ordnung Raubbeutlerartige (Dasyuromorphia): 2 Familien mit 18 Gattungen mit 72 Arten
  • Ordnung Nasenbeutler (Peramelemorphia): 2 Familien mit 7 Gattungen mit 22 Arten
  • Ordnung Känguru-Verwandte (Diprotodontia): 11 Familien mit 40 Gattungen mit 147 Arten

13 Arten sind seit der Besiedlung Australiens durch die Europäer ausgestorben, 12 davon im Lauf des 20. Jahrhunderts. Eine davon, der Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus), repräsentierte eine eigene Familie. Bei den übrigen handelt es sich um 8 Kängurus, 3 Nasenbeutler sowie ein Opossum aus Argentinien [2].

Nach Roter Liste der IUCN gelten 17 der noch lebenden Arten als vom Aussterben bedroht (CRITICALLY ENDANGERED), 22 als stark gefährdet (ENDANGERED), 43 als gefährdet (VULNERABLE) und 41 als potenziell gefährdet (NEAR THREATENED). 194 sind nicht gefährdet (LEAST CONCERN) und 19 können mangels Daten nicht eingestuft werden [2].

Körperbau und Körperfunktionen

Das Skelett der Beuteltiere ist säugetiertypisch. Das Rabenbein (Coracoid) ist zwar embryonal angelegt, verschmilzt dann aber mit dem Schulterblatt. In der Regel sind Schlüsselbeine vorhanden. Als Besonderheit ist bei beiden Geschlechtern in der Gegend des Schambeins ein Paar Beutelknochen (Ossa marsupialia) ausgebildet. Die Körpertemperatur ist mit 34-36°C höher als die der Kloakentiere, aber liegt unter jener der Höheren Säugetiere. Ihr Gehirn ist klein und einfach gebaut, die Großhirnhemisphären sind praktisch ungefurcht und überlappen das Kleinhirn nicht. Gut ausgebildet ist das Riechhirn. Das Gebiss kann eine sehr hohe Zahnzahl enthalten (bis 56). Außer beim 4. Prämolaren bricht nur eine Zahngeneration durch. Enddarm und Vaginalöffnungen münden in eine von einem Ringmuskel umgebene Kloakentasche, ebenso die Harnröhre, sofern sie nicht bei männlichen Tieren an der Basis des Penis mündet. Der ausschließlich samenführende Penis liegt in einer Penistasche und zwar, anders als bei den Höheren Säugetieren, nicht vor, sondern hinter dem Scrotum. Der weibliche Geschlechtsapparat ist mit unterschiedlichem Verwachsungsgrad paarig ausgebildet. Außer bei den Beuteldachsen wird keine Plazenta ausgebildet, die bis zu 11 Embryos werden von Ausscheidungen der Gebärmutterschleimhaut ernährt. Die Brutbeutel der Weibchen sind je nach Art sehr unterschiedlich. Die Zitzen sind sehr lang, damit sich die Neubegorenen an ihnen festsaugen können, vielfach kommt es zu einer sekundären Verwachsung von Jungem und Zitze. Die Jungen verlassen nach einer kurzen Tragzeit von 8-42 Tagen die Gebärmutter und werden danach im Brutbeutel untergebracht, den sie erst nach einer längeren Beuteltragzeit von bis zu 250 Tagen verlassen [1; 5].

Verbreitung

Südamerika und von dort Ausbreitung einiger Arten nach Mittel- und Nordamerika; Australien, Neuguinea, Indonesien östlich der Wallace-Linie, Salomonen.

Haltung im Zoo

In europäischen Zoos sind die Beuteltiere mit rund 25 Arten schwach vertreten. Das hängt damit zusammen, dass einerseits die Ausfuhr aus Australien sehr restriktiv geregelt ist, andererseits viele Arten klein und nachtaktiv sind und somit dem Publikum in Zoos nur präsentiert werden können, wenn diese über ein Nachttierhaus verfügen. Etwa die Hälfte der gezeigten Arten sind Kängurus (Macropodidae), die andere Hälfte verteilt sich auf 9 Familien.

Die in Europa mit Abstand häufigste Art ist das Bennettkänguru (Macropus rufogriseus), das in rund 540 Zoos gezeigt wird, mit Abstand gefolgt vom Roten Riesenkänguru (Macropus rufus)  und dem Parmakänguru (Macropus parma) mit jeweils gegen 90 Haltungen [6].

Taxonomie und Nomenklatur

Beuteltiere waren im Erdmittelalter und in der frühen Erdneuzeit in Nordamerika, Eurasien, Mittel- und Südamerika, der Antarktis und Afrika weit verbreitet, wurden aber bis auf die Beutelratten und Beutelmäuse in Nord- Mittel und Südamerika überall von den Höheen Säugetieren verdrängt oder wurden Opfer des Klimawandels. Nach Australien, wo wir heute die größte Artenvielfalt haben, gelangten sie, von Südamerika her,  erst im Eozän, d. h. vor rund 50 Millionen Jahren [1].

Die Beutelsäuger werden als Unterklasse den Ursäugern und Höheren Säugetieren gegenüber gestellt. Früher wurden alle Beuteltiere in einer einzigen Ordnung zusammengefasst [1; 3]. HALTENORTH unterteilte 1969 die Unterklasse in mehrere Ordnungen, was in Analogie zu den Verhältnissen bei den Höheren Säugetieren durchaus gerechtfertigt ist und bis heute Bestand hat [4; 5].

Literatur und Internetquellen

  1. GRZIMEK, B. (1970). In GRZIMEKs TIERLEBEN
  2. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2022-2. Downloaded on 6 January 2023.
  3. SIMPSON, G. G. (1945)
  4. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  5. ZISWILER, V. (1976)
  6. ZOOTIERLISTE

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Donnerstag, 14 Juni 2018 07:02

JEZYSCHEK, M. (2012)

Der Einfluss psychoneuroimmunologischer Faktoren auf die Parasitierung von Zootieren mit intestinalen Protozoen

Diplomarbeit

97 Seiten

Ganzer Text

Fakultät für Biologie, Ruhr-Universität Bochum
Betreuer: Prof. Dr. Günther A. Schaub
Zoo Wuppertal

Zusammenfassung:

Parasit-Wirt-Systeme werden von verschiedenen psychoneuroimmunologischen Faktoren beeinflusst. Diese Faktoren können das Gleichgewicht zu Gunsten oder Ungunsten des Wirtes bzw. Parasiten verschieben. Solche Faktoren sind Alter, Geschlecht, Rangordnung und Fortpflanzung. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Auswirkungen der entsprechenden Faktoren auf die Parasitierungen mit intestinalen Protozoen bei einer Erdmännchen- und Weißlippenhirschgruppe sowie den Diamanttäubchen des Zoologischen Gartens Wuppertal untersucht.

  • Ein Einfluss des Alters auf das Immunsystem lag bei den Erdmännchen vor, bei denen das Jungtier eine deutlich höhere Parasitierung aufwies als die Adulten. Bei den Weißlippenhirschen waren es aber die jüngeren Tiere, die einen geringeren Befall mit intestinalen Protozoen aufwiesen, als die Adulten.
  • Auswirkungen des Geschlechts auf die Parasitierung lagen bei den Erdmännchen nicht vor. Bei den Weißlippenhirschen war der Platzhirsch zu Beginn der Beobachtung verstorben. Bei den Diamanttäubchen enthielt der Kot des Männchens weniger Parasiten.
  • Die Rangordnung als psychoneuroimmunologischer Faktor spiegelt sich besonders gut bei den Erdmännchen wider, bei denen eine zunehmende Prasitierung intestinaler Protozoen mit dem abnehmendem Rang der Tiere korrelierte. Ein ähnlicher Trend war ebenfalls bei den adulten Weißlippenhirschkühen zu beobachten.
  • Die Diamanttäubchen besaßen in der Brutzeit eine stärkere Parasitierung mit Isospora sp. als außerhalb dieser Phase und als nicht brütende Tiere.
  • Bei den Erdmännchen wirkten sich besonders deutlich spontan auftretende stressreiche Ereignisse aus und verstärkten die Parasitierung.

 

jezyschek-biblio

Freigegeben in J
Dienstag, 28 November 2017 07:40

Gaur

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Unterfamilie: Echte Rinder (Bovinae)
Tribus: Rinder i. e. S. (Bovini)

Red list status vulnerable

EEPGaur

Bos (Bibos) gaurus • The Gaur • Le gaur ou seladang

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Hinterindischer Gaur (Bos gaurus laosiensis) im Zoo Negara, Kuala Lumpur © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 009 002 001 bos gaurus map
Approximative Verbreitung des Gaur (Bos gaurus)

 

119 009 002 001  bos gaurus berlin zoo
Gaur-Kalb (Bos g. gaurus) im Zoo Berlin © Zoo Berlin (Pressefoto)

 

119 009 002 001 bos gaurus KKOZ PD1
Hinterindischer Gaurbulle (Bos g. laosiensis) im Khao Kheow Open Zoo, Chonburi, Thailand © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 009 002 001 bos gaurus KKOZ PD2
Hinterindischer Gaurbulle (Bos g. laosiensis) im Khao Kheow Open Zoo, Chonburi, Thailand © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 009 002 001 bos gaurus berlin KR
Vorderindischer Gaurbulle (Bos gaurus gaurus) flehmend im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

119 009 002 001 bos gaurus BER wDreier1
Vorderindischer Gaurbulle (Bos gaurus gaurus) im Zoo Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

119 009 002 001 bos gaurus MUC KR1
Vorderindische Gaurkuh (Bos g. gaurus) im Tierpark Hellabrunn. Man beachte das Winterfell! © Klaus Rudloff, Berlin

 

119 009 002 001 bos gaurus SanDiego KR1
Vorderindische Gaurkuh (Bos g. gaurus) im San Diego Zoo Safari Park © Klaus Rudloff, Berlin

 

119 009 002 001 bos gaurus taiping PD1
Hinterindisches Gaur-Paar (Bos gaurus laosiensis) im Taiping Zoo, Malaysia © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 009 002 001 bos gaurus taiping PD2
Hinterindischer Gaur-Bulle (Bos gaurus laosiensis) im Taiping Zoo, Malaysia © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 009 002 001 bos gaurus taiping PD3
Hintgerindisches Gaur-Kuh (Bos gaurus laosiensis) im Taiping Zoo, Malaysia © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 009 002 001 bos gaurus whipsnade KR1
Vorderindischer Gaur-Bulle (Bos g. gaurus) im Whipsnade Wild Animal Park © Klaus Rudloff, Berlin

 

119 009 002 001 bos gaurus Hann72 PD1
Vorderindisches Gaur-Trio (Bos g. gaurus) im Zoo Hannover im Jahr 1972 © Peter Dollinger, Zoo Office Berlin

 

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Der in seiner Heimat gefährdete und in vielen Gebieten bereits ausgerottete Gaur ist nebst dem Wildyak das größte Wildrind und somit ein imposanter Botschafter für Natur- und Artenschutzanliegen in Süd- und Südostasien. Als Stammform einer Haustierart ist er auch zoopädagogisch interessant. Obwohl seine Haltung durch ein internationales Zuchtbuch und ein europäisches Zuchtprogramm gefördert wird, ist er in unseren Zoos nur selten zu sehen.

Körperbau und Körperfunktionen

Mit einer Kopf-Rumpflänge bis zu 330 cm, einer Schwanzlänge von 80 (70-105) cm, einer Schulterhöhe von 165-213, gelegentlich bis zu 220 cm und einem Gewicht von bis zu einer Tonne ist der Gaurbulle eine imposante Erscheinung und vermutlich das größte Wildrind, wobei die Bullen des Wildyaks in etwa in der gleichen Kategorie spielen. Es besteht ein deutlicher Geschlechtsdimorphismus. Die Bullen haben eine zweiteilige Wamme an Kinn und Hals, einen hohen, durch verlängerte Dornfortsätze der Brustwirbel gestützten Buckel über dem Widerrist und mächtige Muskeln im Schulterbereich. Ihre an der Basis durch einen hohen, wulstartigen Stirnkamm verbundenen Hörner sind bis 115 cm lang und der Abstand zwischen den Hornspitzen kann bis 120 cm betragen. Die Kühe sind deutlich kleiner. Sie haben kleinere Hörner, die Grundfarbe ihres Fells ist dunkelbraun, jene der Bullen schwarzglänzend. Beide Geschlechter haben weiße Stiefel. Ein Spiegel wie beim Banteng ist nicht vorhanden [1; 3; 6].

Verbreitung

Süd- und Südostasien: Bangladesch, Bhutan, Kambodscha, China, Indien, Laos, Malaysia, Myanmar, Nepal, Thailand, Vietnam [2].

Lebensraum und Lebensweise

Der Gaur besiedelt immergrüne, teilweise laubabwerfende und feuchte laubabwerfende Wälder mit offenem Wasser und möglichst geringer Störung durch den Menschen. Die Höhenverbreitung reicht vom Meeresspiegel bis auf 2’800 m, wobei die tieferen Lagen bevorzugt werden. Zum Äsen gehen die Tiere auch auf Kaffeeplantagen, Agrarland und in Forste. Gaure sind sowohl Gras- als auch Laubäser. Junges Gras wird am meisten gefressen, daneben werden Bambus-Schoße, Blätter, Früchte, Zweige, Baumrinde und Getreide genommen. Die Tiere gehen täglich zur Tränke [2].

Das Aktivitätsmuster des Gaurs ist polyphasisch. Die Tiere ruhen tagsüber viel und haben abends bis spät in die Nacht eine ausgedehnte Fressperiode. Sie bilden nicht sehr stabile Gruppen aus mehreren Kühen mit ihren Kälbern, denen sich oft ein oder mehrere subadulte oder adulte Bullen anschließen. Den größeren Teil des Jahres leben die Bullen aber getrennt in Junggesellen-Verbänden oder einzeln. Für kurze Zeit können sich mehrere Gruppen zu größeren Herden zusammenschließen [3; 6].

Es gibt keine fixe oder dann regional unterschiedliche Fortpflanzungszeiten. Nach einer Tragzeit von 270-280 Tagen kommt in der Regel ein einzelnes, hellbraun gefärbtes Kalb zur Welt. Die Kälber schließen sich in der Herde zu Kindergärten zusammen, die stets von verteidungsbereiten Kühen umgeben sind. Sie werden bis zum 8. oder 9. Monat gesäugt und werden im 2. bis 3. Lebensjahr geschlechtsreif [3; 4; 5].

Gefährdung und Schutz

Die Bestände des Gaur sind in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Gründe dafür sind eine Übernutzung durch die Jagd, Lebensraumzerstörung, Konkurrenz um Futter und Übertragung von Krankheiten von domestizierten Rindern. Die Art wurde deshalb aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 als gefährdet eingestuft (Rote Liste: VULNERABLE) [2].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt. Die Einfuhr lebender Exemplare aus den Ursprungsländern ist zudem wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU so gut wie ausgeschlossen.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Die französische Association Anoulak engagiert sich im Schutz des 3'500 km² großen Nakai-Nam Theun-Nationalparks in Laos. Seit 2016 setzt sie in Zusammenarbeit mit den lokalen Behördee Patrouillen aus ausgebildeten lokalen Dorfbewohnern zur Bekämpfung der Wilderei ein, bietet Umweltbildung in den Dorfschulen und ein entsprechendes Ausbildungsprogramm für die Lehrkräfte an, und führte ein dreijähriges Programm zur nachhaltigen Entwicklung der Dorfgemeinschaften im Nakai-Distrikt durch. Von diesen Maßnahmen profitiert u.a. der Gaur, der dort in den 1990er Jahren noch in einem namhaften Bestand vorkam, heute aber fast verschwunden ist [2]. Anoulak wird von rund 15, hauptsächlich europäischen Zoos, vom französischen Zooverband und von der ZGAP unterstützt. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Der Gaur wird - oft illegal und auch in Schutzgebieten - zur Gewinnung von Fleisch sowie von Körperteilen zur Verwendung in der traditionellen orientalischen Medizin oder zur Herstellung von kunstgewerblichen Erzeugnissen gejagt. Gaure wurden vor längerer Zeit als Jagdwild in der Ostkap-Provinz Südafrikas angesiedelt. Die domestizierte Form, der Gayal, wird wegen seiner Trophäen auf texanischen Jagdfarmen gehalten, wo eine Abschussgebühr von ca. 10'000 USD berechnet wird [2; Online Inserate 2019].

Haltung

Im Zoo Dortmund werden die Gaure gemeinsam mit Malaienhühnern gehalten.

Seit 1966 besteht ein Internationales Zuchtbuch, das am Zoo Berlin geführt wird. Dieses umfasste im Dezember 2016 insgesamt 335 lebende Individuen in 47 Einrichtungen [IZY 52].

Das von WEIGL angegebenen Höchstalter im Zoo liegt bei 26 Jahren und 2 Monaten, erreicht von einem im Zoo Berlin geborenen und später in Amsterdam gehaltenen weiblichen Tier [5].

Haltung in europäischen Zoos: Die Nominatform der Art wird in rund einem Dutzend Zoos gehalten, von denen sich ein paar im deutschsprachigen Raum befinden. Der Hinterindische Gaur ist seit mehr als einem halben Jahrhundert in Europa nicht mehr anzutreffen. Für Details siehe Zootierliste.

Die europäische Erstzucht gelang im Jahr 1909 dem Zoo Berlin. Es gibt ein Europäisches Zuchtprogramm (EEP), das von der Ménagerie im Jardin des Plantes, Paris, koordiniert wird. Seit 2019 besteht jedoch eine Empfehlung, nicht mehr zu züchten und die Tiere mittelfristig durch Bantengs zu ersetzen, weil der Banteng stärker gefährdet sei und die gegenwärtige europäische Gaurpopulation auf nur 4 B. g. gaurus-Gründertiere zurückgehe, und einzelne Tiere noch Blut vom Hinterindischer Gaur führten [7]. Im Gegensatz dazu steht die Tatsache, dass ebenfalls 2019 der Zoo Zlín vier (2.2) einjährige, nicht verwandte Gaurkälber aus Indien importieren konnte. die erste Einfuhr nach Europa seit 60 Jahren.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 400 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 30 m² zusätzlich. Stallfläche 6 m²/Tier.

Das Säugetiergutachten gibt vor, dass für tropische Rinderarten die Stalltemperatur mindestens 18°C betragen muss. Dies wäre auf den Gaur anwendbar. Rinderställe werden aber in der Regel ohne Schaden für die Tiere nicht beheizt, es sei denn es würden darin auch kleinere Tiere, wie Antilopen, gehalten. Die vom Gutachten für Einzelboxen vorgegebenen 6 m² sind für Gaure zu knapp bemessen, für Kühe mit Kalb sollte man nicht unter 8 m², für Bullen nicht unter 10 m² gehen.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisflächen dazu. In der Stallung ist für jedes Tier 8 m² anzubieten.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für 1-5 Tiere 800 m² erforderlich, für jedes weitere 80 m² mehr, ferner eine Stallfläche von 10 m²/Tier. Die Stalltemperatur muss mindestens 18ºC betragen. Die Tiere sind paarweise, in Familiengruppen oder Herden zu halten.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Gaur wurde 1827 von dem englischen Oberstleutnant Charles Hamilton SMITH, einem wissenschaftlichen Illustrator und autodidaktischen Naturforscher, unter seinem heute noch gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben. Es werden zwei Unterarten unterschieden: der Vorderindische (Bos g. gaurus) und der Hinterindische Gaur (Bos g. laosiensis = hubbacki = readei). Der Gaur gilt als Stammform des Gayals. Er wird bisweilen zusammen mit dem Banteng in der Untergattung Bibos zusammengefasst [2; 3; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. CASTELLÓ, J. R. (2016)
  2. DUCKWORTH, J.W. et al. (2016). Bos gaurus. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T2891A46363646. http://www.iucnredlist.org/details/2891/0. Downloaded on 11 June 2018.
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  5. WEIGL, R. (2005)
  6. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  7. BOURGEOIS, B. (2019). Gaur (Bos gaurus) EEP Phase out strategy. Regional Collection Plandecision statement, PPT.

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Freigegeben in Rinder und Waldböcke
Donnerstag, 24 Mai 2018 08:42

Bison

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Unterfamilie: Echte Rinder (Bovinae)
Tribus: Rinder i. e. S. (Bovini)

D NT 650

Bison

Bison bison • The American Bison or Buffalo • Le bison d'Amérique

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Waldbisonkuh (Bison b. athabascae) im Tierpark Nordhorn © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Bisons (Bison bison); dunkelblau: B. b. bison - aktuelle Verbreitung ohne landwirtschaftliche Nutztiere; rot: B. b. athabascae - aktuelle Verbreitung; gepunktete gelbe Linie: approximative historische Verbreitung

 

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Waldbison-Kuh (Bison b. athabascae) mit Kalb im ErlebnisZoo Hannover © Zoo Hannover (Pressefoto)

 

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Waldbison-Bulle (Bison b. athabascae) im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier

 

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Waldbisons (Bison b. athabascae) im Fellwechsel im Tierpark Hellabrunn München © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Prärie-Bisonkalb (Bison b. bison)in Landwirtschaftliche Bisonhaltung in Avenches VD © Peter Dollinger, Zoo Office Bern Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Prärie-Bison (Bison b. bison), Kälber im JuraParc Mont'Orzeires bei Vallorbe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Präriebison-Bulle in La Planète Sauvage, Port-Saint-Père © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Präriebison-Bulle im Safari de Peaugres © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Präriebison-Bulle (Bison b. bison) im Safari de Peaugres © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Einjähriger Waldbison-Bulle (Bison b. athabascae) im Zoo Osnabrück © PLisa Josef, Zoo Osnabrück (Pressefoto)

 

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Gemeinschaftshaltung von Baribal (Ursus americanus) und Steppenbison (Bison b. bison) im Safari de Peaugres. Die Bären versuchen nicht einmal, die Kälber zu behelligen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Präriebison-Kalb (Bison b. bison) im Tierpark Hagenbeck © TP Hagenbeck / Lutz Schnier (Pressefoto)

 

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Präriebison-Bulle (Bison b. bison) im JuraParc Mont d'Orzeires, Vallorbe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Präriebison-Herde (Bison b. bison) in landwirtschaftlicher Haltung in Rubigen bei Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kämpfende Waldbisons (Bison b. athabascae) im Tierpark Nordhorn © Franz Frieling, Nordhorn

 

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Prärie-Bisonkalb (Bison b. bison) im ZooPark Erfurt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Illustration aus W. T. HORNADAY: The Extermination of the American Bison. Washington, 1889.

 

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Halde von Bisonschädeln, die zu Dünger zermahlen werden sollen. Aufnahme aus den 1870er Jahren. Wikimedia Commons.

 

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Landwirtschaftliche Bisonhaltung in Avenches VD © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

Weitere Bilder auf BioLib.cz

Der immer noch als potenziell gefährdet eingestufte Amerikanische Bison ist als "Indianerbüffel" ein äußerst populäres Tier und ist eines der Musterbeispiele dafür, wie Tierarten durch nicht-nachhaltige Nutzung beinahe ausgerottet wurden und in letzter Minute durch Mitwirkung der Zoos gerettet werden konnten. Er ist eine der wenigen nordamerikanischen Säugetierarten, die in europäischen Tierarten häufig gehalten werden.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Bison ist das größte noch lebende Wildtier Nordamerikas. Bullen erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 304-380 cm, eine Schulterhöhe von 167-195 cm, eine Hornlänge bis 56 cm und ein Gewicht von 460-988(-1'100) kg. Der Geschlechtsdimorphismus ist sehr deutlich. Kühe werden nur 210-350 cm lang, 150-180 cm hoch und 360-554 kg schwer. Der Kopf der Bisons ist schwer und wird namentlich bei Präriebison tief getragen. Hinterhaupt und Halswirbel werden durch ungewöhnlich starke Nackenbänder mit den stark verlängerten Dornfortsätzen der Brustwirbel verbunden. Bedingt durch die Dornfortsätze ist der Widerrist insbesondere der Bullen hoch und die Rückenlinie fällt nach hinten ab. Die Hufe sind schmaler als beim europäischen Wisent und der Schwanz ist kürzer. Die Behaarung von Bison und Wisent ist auffallend verschieden. Der Kopf und Vorderhälfte des Körpers sind beim Bison bedeutend stärker behaart und die Vorderläufe sind zu jeder Jahreszeit stark behost. Die hintere Körperhälfte ist dagegen während des Sommers fast nackt. Es sind ein Stirnschopf, dessen Haare beim Präriebison-Bullen über 50 cm lang werden können, ein langer Kinnbart und eine Halsmähne vorhanden. Der 43-60 cm lange Schwanz ist bis auf eine Endquaste kurz behaart. Das Fell ist rotbraun, an Kopf, Mähne und Schulter ins Schwarze übergehend. Die Ohren sind schwarz. Die Bullen haben an der Penisvorhaut ein auffälliges Haarbüschel, die Kühe 2 Paar Zitzen [7; 8; 15].

Der bei uns weniger gut bekannte Waldbison unterscheidet sich vom Präriebison dadurch, dass er etwas größer ist, sein Kopf kleiner scheint, weil Scheitelmähne und Bart weniger entwickelt sind, der Unterschied zwischen der Felllänge des Vorderkörpers und jener des Hinterkörpers weniger ausgeprägt ist, die Unterarm-Manschetten schwächer ausgeprägt sind, der höchste Punkt des Rücken sich vor und nicht über den Vorderläufen befindet und die Hörner in der Regel das Scheitelhaar deutlich überragen [7; 8].

Verbreitung

Die beiden Unterarten sind verbreitet in:
Waldbison (Bison b, athabascae): Alaska, Kanada (Northwest Territories)
Präriebison (Bison b. bison) Kanada (Alberta, British Columbia, Manitoba, Ontario, Saskatchewan, Yukon), USA (ohne Alaska), in Mexiko ausgerottet und wieder abgesiedelt [2].

Lebensraum und Lebensweise

Der Präriebison ist ein Charaktertier der nordamerikanischen Grasländer, der Waldbison lebt in lockeren borealen Nadelwäldern. Früher gingen die Bisons im Felsengebirge bis auf eine Höhe von 3'200-3'900 m. ü. M., heute findet man sie noch bis auf 2'750 m. Präriebisons fressen im Sommer Gräser, Seggen und Kräuter, Waldbisons nehmen auch Blätter von Bäumen und Sträuchern, Zweige, Triebe und Baumrinde. Im Winter wird auf vertrocknetes Gras, Flechten und Moose ausgewichen. Die Tiere gehen einmal täglich zur Tränke [2; 15].

Bisons sind hauptsächlich tagaktiv. Sie bilden (im Yellowstone-Nationalpark) nach Geschlechtern getrennte Gruppen von 10-63 oder, vor allem während der Brunft, gemischte Herden bis zu 480 Tieren. Zur Erschließung neuer Nahrungsgründe unternehmen (bzw. unternahmen) sie Wanderungen, wobei sie sich zu größeren Herden - bis ins 18. Jahrhundert bis zu 4 Millionen Tiere - zusammenfanden. Vom Juli an zogen sie südwärts, mit Beginn des Frühjahrs kehrten sie  in kleineren Trupps oder Herden wieder nach Norden zurück. Auf ihren Wanderungen traten sie sich »Büffelpfade« genannte Wege aus, von denen jeweils Hunderte nebeneinander über große Strecken geradeaus führten. Einzelne Individuen, namentlich ältere Stiere, schlossen sich jeweils dem Strom nicht an, sondern blieben ganzjährig in derselben Gegend. [7; 8; 9; 15; 20].

Die Brunft fällt auf Ende Juni-September. BREHM [20] berichtet dazu Folgendes: "Die Brunst währt ungefähr einen Monat lang; Stiere aber, welche ihren Trieb nicht befriedigen können, bleiben noch wochenlang nach der eigentlichen Brunstzeit wüthend und bösartig. Ein unausstehlicher Moschusgeruch erfüllt die Luft, macht sie auch dem Jäger schon von weitem kenntlich und durchdringt das Wildpret in einem Grade, daß es, für Europäer wenigstens, vollkommen ungenießbar wird. Die heftige Erregung bringt das Thier außerdem sehr vom Leibe; es vergißt, sich zu äsen, magert ab, entkräftet schließlich und bleibt hinter den eigentlichen Herden zurück." Abgekalbt wird Mitte April-Mai, beim Waldbison etwas später. Nach einer Tragzeit von 274 (254-295) Tagen kommt in der Regel ein einzelnes, ocker- bis rotbraun gefärbtes Kalb mit einem Gewicht von ca. 25-30 kg zur Welt. Die Kälber stehen bereits nach 10 Minuten und gehen nach einer halben Stunde ans Euter. Sie werden bis zum 7-8. Monat gesäugt, bisweilen länger. Innerhalb der Herden bilden sie Kindergärten. Die Färsen werden mit 2 Jahren geschlechtsreif [8; 12; 15].

Gefährdung und Schutz

Die Art wird aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 als potenziell gefährdet eingestuft, weil sie nach wie vor von Schutzprogrammen abhängig ist und es nur einige wenige freilebende und langfristig lebensfähige Populationen gibt (Rote Liste: NEAR THREATENED) [2].

Der internationale Handel wird durch CITES nicht geregelt, nachdem der Waldbison mit Wirkung auf den 3. Januar 2017 aus Anhang II gestrichen wurde.

Historische Entwicklung: Vor der Landnahme durch die Europäer war der Bison von Nordmexiko bis nach Alaska verbreitet und hatte einen geschätzten Gesamtbestand von 60 Millionen Tieren. Durch den Bau der transkontinentalen Eisenbahnlinie wurde die Population in eine nördliche und eine südliche Herde gespalten. Durch nicht nachhaltige Jagd brachen die Bestände ein. Um 1895 waren schätzungsweise nur noch 800 Bisons übrig. 1905 konstituierte sich im Löwenhaus des New Yorker Bronx Zoos unter Leitung von William T. HORNADAY, dem damaligen Zoodirektor, die „American Bison Society“ mit dem Ziel, die Art zu retten. Es wurden Tiere zusammengekauft und gezüchtet, und Nachzuchttiere wurden in Schutzgebieten in Oklahoma und Süddakota ausgewildert [9].

Für die nördliche Unterart, den Waldbison, erließen die kanadischen Behörden 1893 ein Jagdverbot und errichteten 1922 den Wood Buffalo Park in Alberta und Mackenzie, mit einer Fläche, die leicht über jener der Schweiz liegt (44'800 qkm). Allerdings wurden in den Jahren 1925-28 insgesamt 6'673 Präriebisons aus dem aufgelösten Buffalo Park in Wainwright (Alberta) in den Wood Buffalo Park umgesiedelt, wo sie sich mit den Waldbisons vermischten, sodass man die Unterart bereits ausgestorben glaubte. Glücklicherweise wurde 1957 noch eine reinblütige, von den übrigen Tieren durch Sümpfe getrennte Herde entdeckt, womit letztlich beide Unterarten erhalten werden konnten [3; 10].

Heute leben wieder rund 19'000 Präriebisons in 54 „conservation herds“, also Herden die von Behörden oder Nichtregierungsorganisationen im Interesse der Arterhaltung bewirtschaftet werden, und 11'000 Waldbisons in 11 „conservation herds“. Etwa die Hälfte dieser Tiere lebt in nicht-eingezäunten Flächen innerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets der jeweiligen Unterart. Nur fünf Herden des Präriebisons und drei Herden des Waldbisons umfassen mehr als 1'000 Individuen [2].

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Wie oben ausgeführt wurde die "American Bison Society" 1905 auf Initiative des Brox Zoos gegründet. 1913 stellte der Brox Zoo  14 Tiere für die erste Auswilderung bereit. Diese fand im Wind Cave-Nationalpark (WCN) in Süd-Dakota statt. Ab 1987 konnten aus der dortigen stark gewachsenen Herde 1'500 Tiere an andere Schutzgebiete oder Halter abgegeben werden, 2009 gingen 23 Stück nach Mexiko. Die Herde im WCN wird bei einem bestand von etwa 450 Individuen stabil gehalten [17].

  • In den USA sind zahlreiche Bisons mit Hausrindern gekreuzt worden. Der Zoo von Minnesota arbeitet seit 2011 mit den staatlichen Naturschutzbehörden zusammen, um reinblütige Bisons mittels DNS-Analyse zu ientifizieren. Im Blue Mounds State Park und im Minnesota Zoo wird seitdem ein reinblütiger Zuchtbestand gemeinsam gemanagt. Seit 2015 werden Jährlinge aus dieser geneinsamen Herde in staatliche Schutzgebiete umgesiedelt [18].

  • Der Denver Zoo förderte eine dreijährige Studie über die ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Wiederansiedlung von Präriebisons in einem eingezäunten Reservat in Nord-Colorado [19].

Bedeutung für den Menschen

Der Bison hatte für die Prärieindianer Nordamerikas eine herausragende kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung. Im Zuge der Erschließung des amerikanischen Westens wurde ab etwa 1820 damit begonnen, die Bisons planmäßig auszurotten, um den Indianern die Lebensgrundlage zu entziehen. Genutzt wurden namentlich die Häute und Zungen [7; 9].

Heute gibt es rund eine halbe Million Tiere in landwirtschaftlichen Haltungen, die hauptsächlich zur Fleischgewinnung gehalten werden. In diesem Zusammenhang wurden Bisons auch mit Hausrindern gekreuzt, wodurch sogenannte "Cattalos" entstanden. Die erste Hybridgeneration (F1) zeichnet sich allerdings durch reduzierte Fruchtbarkeit und Lebenskraft aus, insbesondere sind die Bullen steril [5].

Haltung

Eine Gemeinschaftshaltung mit anderen Arten ist möglich und wird gelegentlich praktiziert, so z.B. mit Präriehund, Schwarzbär, Weißrüsselbär, Halsbandpekari, Lama, Wapiti, Elch, Kanadagans oder Wildtrute.

Das von WEIGL angegebenen Höchstalter im Zoo liegt bei über 33 Jahren und 6 Monaten, erreicht von einem in amerikanischen Zoos gehaltenen Bullen [14].

Haltung in europäischen Zoos: Der Präriebüffel ist in Europa weit verbreitet. Er wird in über 100 Zoos, Tier- und Wildparks sowie in zahlreichen Landwirtschaftsbetrieben - in der Schweiz rund ein, in Deutschland zwei Dutzend - gehalten. Vom Waldbison gibt es dagegen nur rund 15  öffentliche Haltungen Etwa 30 Prärie- und 9 Waldbisonhaltungen befinden sich im deutschsprachigen Raum. Für Details siehe Zootierliste.

Wie Bisons gehalten werden (Beispiel):

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tiere ein Gehege von 400 m², für jedes weitere Tier 30 m² mehr, sowie eine einfache Schutzhütte vorhanden sein.

Das Gutachten gibt ferner vor, dass bei Extensivhaltung die jedem erwachsenen Bison zur Verfügung stehende Fläche auf 5’000 m² auszulegen ist. Demgegenüber halten CYPZIRSCH et al. [6] fest, dass Bisons sehr gute Futterverwerter sind und 4'000 m² Weidefläche ausreichend sein können, um die Tiere während des Sommers zu ernähren und zusätzlich Winterfutter zu werben. Steht kein natürlicher Witterungsschutz, wie Einzelbäume, Hecken, Wald, zur Verfügung, müssen die Flächen in Stall oder Unterstand größer sein als bei anderen Rindern. Empfohlen werden 15 m²/Tier.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege mit natürlichen oder künstlichen Unterständen, die allen Tieren gleichzeitig Platz bieten vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisflächen dazu.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für 1-5 Tiere 800 m² erforderlich, für jedes weitere 80 m² mehr, ferner ein geeigneter Unterstand zum Schutz gegen Witterungsverhältnisse, wie Regen, Schnee, Wind, Sonneneinstrahlung und Hitze. Die Tiere sind paarweise, in Familiengruppen oder Herden zu halten.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Bison wurde 1758 von Carl von LINNÉ als Bos bison erstmals wissenschaftlich beschrieben. Der englische Oberstleutnant Charles Hamilton SMITH, ein wissenschaftlicher Illustrator und autodidaktischer Naturforscher, führte 1827 die Gattungsbezeichnung Bison ein. Diese wird heute noch allgemein verwendet (z. B. in der Roten Liste der IUCN), obwohl in der jüngsten Taxonomie die Bisons wieder in die Gattung Bos eingegliedert wurde, womit Bison noch den Status einer Untergattung hätte. Es werden meistens zwei Unterarten differenziert: die Nominatform B. b. bison im Süden und B. b. athabascae im Norden des Artareals [2; 7; 8; 15].

Literatur und Internetquellen

  1. ABDEL-GAWAD, E. (2007)
  2. AUNE, K. et al. (2017). Bison bison. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T2815A45156541. http://www.iucnredlist.org/details/2815/0. Downloaded on 26 May 2018.
  3. BRIDGES, W. (1968)
  4. BUNDESVERBAND FÜR LANDWIRTSCHAFTLICHE WILDHALTUNG
  5. CORMACK GATES,C., FREESE, C. H., GOGAN,P. J. P. & KOTZMAN, M. (eds., 2010)
  6. CYPZIRSCH, K. & SCHNEIDER, C, (2010)
  7. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  8. HECK, H. (1968)
  9. HORNADAY, W. T. (1889)
  10. KIRK, G. K. (1968)
  11. KULISCH, M. (2013)
  12. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  13. SAMBRAUS, H. H. & SPANNL-FLOR, M.(2004)
  14. WEIGL, R. (2005)
  15. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  16. WOLF, H. (1995)
  17. WILDLIFE CONSERVATION SOCIETY (2013): American Bison Society News
  18. MINNESOTA ZOO (2022): Restoring Bison
  19. WILKINS, K., PEJCHAR, L. & GARVOILLE, R. (2019)
  20. BREHM, A. E. (1882-1887)

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Präriebisons (Bison b. bison) im natürlichen Lebensraum, "Parkland Belt". Elk Island-Nationalpark, Alberta, Kanada © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Donnerstag, 24 Mai 2018 08:41

Wisent

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Unterfamilie: Echte Rinder (Bovinae)
Tribus: Rinder i. e. S. (Bovini)

D NT 650

EEPWisent

Bison bonasus • The European Bison • Le bison d'Europe

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Wisentbulle (Bison bonasus) im Fellwechsel im Pardque de la Naturaleza, Cabarceno © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 009 001 002 bison bonasus distribution
Verbreitung des Wisents (Bison bonasus) 2004

 

119 009 001 002 bison bonasus villiers PD1
Wisentkuh (Bison bonasus) im Zoorama européen, Villiers-en-Bois © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 009 001 002 bison bonasus TPBerlin KR
Wisentbulle (Bison bonasus) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

119 009 001 002 bison bonasus badOrb PD1
Wisentbulle (Bison bonasus) im Wildpark Bad Orb © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 009 001 002 bison bonasus bern PD(2)
Wisentkuh (Bison bonasus) im Tierpark Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 009 001 002 bison bonasus bern PD(3)
Wisente (Bison bonasus) im Tierpark Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 009 001 002 bison bonasus erlen PD1
Wisentkuh (Bison bonasus) mit Kalb im Tierpark Lange Erlen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Flachlandwisente (Bison bonasus) im Wildpark Springe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Wisente der Kaukasus-Linie (Bison bonasus) im Wildpark Springe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Wisente (Bison bonasus) im Tierpark Bayerwald © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Wisentkuh (Bison bonasus) im Tierpark Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Wisentkalb (Bison bonasus) im Tierpark Chemnitz © TP Chemnitz (Pressefoto)

 

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Wisente (Bison bonasus) im Zoo Montpellier © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Junger Wisent (Bison bonasus) im Ree Park – Ebeltoft Safari, Jütland © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Wisentbulle (Bison bonasus) "Wumbro" im Natur- und Tierpark Goldau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Unterstand für Wisente (Bison bonasus) im Wildpark Bruderhaus, Winterthur © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gehege für Wisente (Bison bonasus) und Damwild (Dama dama) im Tiergarten Straubing © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Wisente (Bison bonasus) im Highland Wildlife Park, Kingussie, Schottland © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Wisente (Bison bonasus) im Highland Wildlife Park, Kingussie, Schottland © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Jungpaläolithische Wisentdarstellung in der Höhle von Altamira, Kantabrien. Bild Public Domain

 

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Wisent aus Conrad Gesners Thierbuch, 1553

 

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Briefmarke mit Wisentmotiv., 25 Pf., DDR

 

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Der Wisent ist das größte noch lebende Wildtier Europas. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stand er kurz vor der Ausrottung, konnte aber durch gemeinsame Anstrengungen der Zoos und weniger Privathalter gerettet und später in verschiedenen Ländern wiederangesiedelt werden. Heute gibt es wieder über 8'000 Tiere, die zu einem Viertel in Zoos und Wildparks leben.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Wisent ist das größte noch lebende Wildtier Europas. Voll ausgewachsene Bullen des Flachlandwisents erreichen eine Kopf-Rumpflänge bis 350 cm, eine Schulterhöhe von 188 (-200) cm, eine Schwanzlänge bis 80 cm, eine Hornlänge bis 50 cm und ein Gewicht von 436-920(-1'000) kg. Bullen des Kaukasuswisents sind mit einer Schulterhöhe von rund 160 cm und einem Gewicht bis 700 kg deutlich kleiner. Der breite und kurze Kopf der Wisente ist im Vergleich zum Körper eher klein, die Augen sind klein, die Ohren kurz. Der Hals ist kurz. Bedingt durch stark verlängerte Dornfortsätze der Brustwirbel ist der Widerrist hoch und die Rückenlinie fällt nach hinten ab. Ihre Hufe sind breiter als beim Amerikanischen Bison. Das braun gefärbte Fell ist wollig und braun. Es sind ein Stirnschopf, ein Kinnbart und eine Halsmähne vorhanden, die beiden Bullen stärker entwickelt sind aber längst nicht die Dimensionen aufweisen wie beim Bison. Auch an den Vorarmen auf der ganzen Länge des Schwanzes sind die Haare verlängert. Es besteht ein deutlicher Geschlechtsdimorphismus. Kühe werden nur 320-640 kg schwer, ihr Buckel ist nicht so ausgeprägt und ihre Hörner sind kürzer, dünner und stärker gekrümmt. Die Bullen haben an der Penisvorhaut ein auffälliges Haarbüschel, die Kühe 2 Paar Zitzen [1; 2; 5; 6; 11].

Verbreitung

Wiederangesiedelte Populationen in Deutschland, Litauen, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei, Ukraine, Weißrussland, außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets in Kirgistan [1; 7].

Lebensraum und Lebensweise

Der Wisent besiedelt Misch- und Laubwälder mit feuchten Lichtungen und gut ausgebildetem Unterholz, Wald-Wiesen-Mosaike und Waldsteppen. Die Höhenverbreitung reicht vom Meeresspiegel bis auf 2'100 m. Die Tiere sind tag- und nachtaktiv. Sie bilden Rudel von 5-40 Köpfen, die nebst Kühen mit ihrem Nachwuchs auch Bullen umfassen können. Ältere Bullen leben aber außerhalb der Brunftzeit oft allein oder in kleinen Gruppen von 3-4 Individuen. Im Winter können sich die Wisente zu größeren Herden zusammenschließen. Die Gruppen haben Streifgebiete von einigen wenigen bis zu 200 km² [1; 5; 11].

Wisente ernähren sich zu etwa zwei Dritteln von Gräsern, Seggen und Kräutern und zu einem Drittel von Knospen, Laub und Zweigen von Sträuchern und Bäumen, namentlich Birken, Eschen, Hagebuchen und Weiden. Auch Flechten und Moose werden gefressen. Saisonal kann Eichen- oder Buchenmast eine große Rolle spielen [1; 5; 11].

Die Brunft fällt in der Regel auf August-Oktober, die Abkalbezeit auf Mai-Juli. Nach einer Tragzeit von 276 (254-285) Tagen kommt in der Regel ein einzelnes Kalb mit einem Gewicht von ca. 20 (15-35) kg zur Welt, das während der ersten 3-4 Monate ein rotbraunes Jungendkleid trägt. Die Kälber werden bis zum 6., gelegentlich 9. Monat gesäugt. Kühe werden mit (2-)3 Jahren geschlechtsreif, Bullen zeigen ab dem 4. Lebensjahr eine voll entfaltete Spermatogenes, kommen aber meist erst mit 6 Jahren erstmals zur Fortpflanzung [1; 5; 8; 11].

Gefährdung und Schutz

Ab 1988 galt der Wisent als gefährdete Tierart (Rote Liste: VULNERABLE). 1996 wurde er als stark gefährdet eingestuft (ENDANGERED) und seit 2020 gilt er nur noch als potenziell gefährdet, weil sich die wiederangesiedelten Bestände in freier Wildbahn gut vermehrt haben. Es sind allerdings nach wie vor spezielle Schutzmaßnahmen erforderlich, weil nur wenige Wildbestände mehr als 150 Individuen umfassen und weil die genetische Banbreite gering ist [7].

Die Art fällt nicht unter CITES. Sie ist geschützt nach Anhang III des Berner Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume, den Anhängen II und IV der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie).

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

In verschiedenen europäischen Ländern leben Wisente in halbwilden, großflächig eingezäunten Herden, zum Teil mit der Absicht, sie ganz freizulassen. Bei diesen Projekten geht es zum Teil umd die Erhaltung des Wisents als Art, zum Teil aber auch um Landschaftspflege oder Tourismusförderung [12].

  • In Deutschland gibt es mittlerweile einige Großgehege, in denen Wisente quasi unter Freilandbedingungen leben. So lieferte z.B. im Dezember 2005 der Tierpark Berlin zwei Wisente für ein 1000 ha großes Gatter im Arenberger Leonorenwald (Niedersachsen). Auch im Naturschutzgebiet Cuxhavener Küstenheiden werden aus Zoo und Tierpark Berlin stammende Wisente in einem Großgatter gehalten. Der Zoo Berlin und der Wildpark Springe haben Wisente für die 2'000 ha große Naturlandschaft Döberitzer Heide in Brandenburg zur Verfügung gestellt. Ein umfangreiches Projekt ist im Rothaargebirge auf einer Fläche von 4'326 ha am Anlaufen, das unter Mitwirkung von Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg realisiert wird. Ab Frühjahr 2010 wurden ein Dutzend Wisente aus verschiedenen Haltungen - darunter der Zoo Rostock - in ein 90 ha grosses Auswilderungsgehege eingesetzt. Seit 2013 laufen die Tiere frei, wobei sie ihr Streifgebiet kontinuierlich ausweiten [Pressemitteilungen von Zoos und andere Quellen].
  • Im Juni 2022 wurden zwei Wisentkühe aus dem irischen Fota Wildlife Park und eine weitere aus dem schottischen Highland Wildlife Park im West Blean Woods Nature Reserve, einem der größten alten Waldgebiete im Vereinigten Königreich in der Grafschaft Kent ausgewildert. Bereits im September 2022 wurde das erste Kalb geboren [Pressemitteilung des Fota Wildlife Parks und https://wildwoodtrust.org/wilder-blean].

  • Wiederansiedlungen mit Zoobeteiligung in Osteuropa (Ergänzungsblatt)

Ausrottung und Wiederansiedlung

Bis in die Völkerwanderungszeit war die Art in Europa weit verbreitet. Mit der intensivierten Rodungstätigkeit ab dem Frühmittelalter wurde das Areal des Wisents rasch auf die vom Menschen dünner besiedelten Gebiete Osteuropas eingeengt. Um 400 n.Chr. wird der Wisent noch in den Pyrenäen erwähnt. Im 6. Jahrhundert war er in Frankreich schon so selten, dass die Jagd den Frankenkönigen vorbehalten blieb. Im 11. Jahrhundert starb er in England aus [3].

Im Süden des deutschen Sprachgebiets kam die Art bis ins 11. Jahrhundert vor, wie die "Benedictiones ad Mensas" des Klosters Sankt Gallen und der Ortsname "Wiesendangen" (Kanton Zürich), ursprünglich "Wisuntwang" - Wisent-Aue - bezeugen [4]. Bis 1200 finden wir den Wisent noch in Bayern und Österreich, aber zu Beginn der Neuzeit gab es ihn nur noch in Polen, Siebenbürgen und im Herzogtum Preußen, wo zwischen 1729 und 1742 noch 42 Wisente erlegt oder für Hetztheater eingefangen wurden. Die letzten preußischen Wisente lebten in den Wäldern bei Labiau und Tilsit. Hier fiel das letzte Tier 1755 einem Wilderer zum Opfer. In Sachsen, wohin einige Wisente als Staatsgeschenke gelangt waren, gab es dann den letzten Bestand auf deutschem Boden, der 1793 erlosch [3]. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts existierten in Europa noch zwei freilebende Wisentpopulationen: Der Flachlandwisent im Urwald von Bialowieza an der polnisch-weißrussischen Grenze und der Kaukasuswisent. Vom Flachlandwisent gab es bei Ausbruch des 1. Weltkriegs 737 Tiere. Der Bestand litt stark während der Kriegswirren, und als die Deutschen 1916 die Verwaltung des Bialowieza-Waldes übernahmen, waren nur 150 Tiere übrig. Dank strengem Schutz wuchs der Bestand bis 1918 wieder auf 200 Tiere an. Währen der letzten Kriegstage erschossen jedoch die auf dem Rückzug befindlichen deutschen Truppen alle Wisente bis auf 20 Stück, die anschließend polnischen Wilderern zum Opfer fielen. Am 9. Februar 1921 wurde der letzte freilebende Flachlandwisent getötet [2; 5; 6].

Im Kaukasus wurde der Wisent von bolschewistischen Revolutionären verfolgt, weil er als ein Symbol der Aristokratie galt. 1926 oder 1927 wurde der letzte Kaukasuswisent getötet und damit war die Art in der Wildbahn ausgestorben. Zum Glück hatten einige Wisente in menschlicher Obhut überlebt. Der damalige Direktor des Frankfurter Zoos, Dr. Kurt Priemel, erstellte ein Inventar der Überlebenden und hatte mit Stichtag 15. Oktober 1922 56 Tiere (27 Bullen und 29 Kühe) registriert, die auf 12 Gründertiere zurückgingen. Vom 25.-26. August 1923 fand dann in Berlin eine Tagung aller Wisenthalter statt, an der die “Internationale Gesellschaft zur Erhaltung des Wisents” gegründet wurde. Kurt Priemel wurde zum ersten Präsidenten gewählt und der Direktor des Tierparks Hellabrunn, Heinz Heck, übernahm die Funktion des Zuchtbuchführers [2; 5, 6].

Das erste Internationale Zuchtbuch wurde 1932 veröffentlicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg, der dem Wisentbestand arg zugesetzt hatte, nahmen Dr. Jan Zabinski vom Warschauer Zoo und Dr. Erna Mohr vom Zoologischen Museum Hamburg die Arbeit am Zuchtbuch wieder auf, das dann der Schirmherrschaft des Internationalen Zoodirektorenverbandes (heute WAZA) unterstellt wurde. 1951 gab es wieder 135 Wisente, davon 65 in Polen, 22 in der Sowjetunion, 24 in drei Haltungen in Schweden und 24 in sechs anderen europäischen Institutionen. 1956 erfolgte die erste Wiederansiedlung im Bialowieski Nationalpark. Ein Jahr später wurde die halbwilde Herde auf dem Damerower Werder in Mecklenburg begründet. 1974 überschritt der Wisentbestand die Marke von 1500 Tieren. 25 % der Wisente lebten in Zoos, 30 % in Wildgattern 45 % in freier Wildbahn [5; 6; 7].

Für 2007 wies das Internationale Zuchtbuch 1817 reine Flachlandwisente und 1993 Tiere der Kaukasus-Flachland-Linie aus. Davon lebten 1443 Tiere in Gehegen und 2367 in 31 freilebenden und 4 halbfreien Herden. Bis 2019 war die Zahl der Gehegetiere auf 1'738 gestiegen, dijenige der halbwilden auf 479 und die der wildlebenden auf 6'244. Heute gibt es also insgesamt wieder weit über 8'000 Tiere. Die größten wilden Bestände leben in Polen und Weißrussland [7].

Haltung

Wisent und Bison lassen sich problemlos kreuzen. In den ersten Jahren des Erhaltungzuchtprogramms wurde versucht, den Wisentbestand durch den Einsatz von Bisonkühen in einer Verdrängungszucht zu erhöhen. Glücklicherweise wurden diese Bestrebungen aufgegeben, sobald ausreichend reinblütige Tiere verfügbar waren. Heute gibt es nur noch zwei freilebende Hybridpopulationen im Zentralteil des Kaukasusmassivs, die auf 1.4 Mischlinge aus Askania Nova zurückgehen, deren Wisent-Blutanteil durch Zuführung von Wisentbullen der Kaukasuslinie erhöht wurde.

Erste Kreuzungsversuche von Wisent und Hausrind wurden von 1847 bis 1859 im damaligen Ostpolen (heute Weißrussland) mit dem Ziel unternommen, starke Zugrinder zu züchten. Von 1958-1976 wurde in Bialowieza eine Hybridzucht Wisent-Hausrind betrieben, um verschiedene wissenschaftliche Fragen zu klären. Die Hybriden erwiesen sich als größer als die Ausgangstiere, der schwerste Bulle erreichte ein Gewicht von 1'030 kg, die schwerste Kuh von 880 kg. Es zeigte sich auch, dass männliche Tiere der F1-Generation unfruchtbar waren. Weibliche Tiere mussten also für weitere Generationen mit einer der Ausgangsarten verpaart werden. Je nach eingesetzter Hausrindrasse war das Aussehen der Hybriden sehr unterschiedlich [5].

Eine Gemeinschaftshaltung mit anderen Arten wie Wildpferden, Wildschweinen, Dam- oder Rothirschen ist in größeren Gehegen möglich und wird gelegentlich praktiziert.

Die von WEIGL angegebenen Höchstalter im Zoo liegen für Kühe bei über 26 Jahren [10]. Im Dezember 2021 musste der zu jenem Zeitpunkt älteste Wisentbulle Europas mit 22 Jahren von seinen Altersbeschwerden erlöst werden. Er hatte im Natur- und Tierpark Goldau gelebt und sieben seiner Nachkommen gingen an Wiederansiedlungsprojekte in Polen, Rumänien und der Slowakei [9].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 190 Zoos gehalten, von denen sich über 40 % im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Seit 1995 gibt es ein Europäisches Zuchtprogramm (EEP), das seit 2023 vom Jersey Zoo koordiniert wird. 2019 umfasste das Programm 539 Tiere, rund 8% der europäischen Population.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tiere ein Gehege von 400 m², für jedes weitere Tier 30 m² mehr, sowie eine einfache Schutzhütte vorhanden sein.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege mit natürlichen oder künstlichen Unterständen, die allen Tieren gleichzeitig Platz bieten vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisflächen dazu.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2022) sind für 1-5 Tiere 800 m² erforderlich, für jedes weitere 80 m² mehr, ferner ein geeigneter Unterstand zum Schutz gegen Witterungsverhältnisse, wie Regen, Schnee, Wind, Sonneneinstrahlung und Hitze. Die Tiere sind paarweise, in Familiengruppen oder Herden zu halten.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Wisent wurde 1758 von Carl von LINNÉ als Bos bonasus erstmals wissenschaftlich beschrieben. Der englische Oberstleutnant Charles Hamilton SMITH, ein wissenschaftlicher Illustrator und autodidaktischer Naturforscher, führte 1827 die Gattungsbezeichnung Bison ein. Diese wird heute noch sehr oft verwendet (z. B. in der Roten Liste der IUCN), obwohl in der jüngsten Taxonomie die Bisons wieder in die Gattung Bos eingegliedert wurde, womit Bison noch den Status einer Untergattung hätte. Es werden zwei Unterarten differenziert: der Flachlandwisent (B. b. bonasus) und der in reiner Form ausgestorbene Kaukasuswisent (B. b. caucasicus) [1; 2; 6; 7; 11].

Literatur und Internetquellen

  1. GRIMMBERGER & RUDLOFF (2009)
  2. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  3. HAUSMANN, R. & ZENTNER, F. (2008)
  4. KLEINLOGEL, Y. (2009)
  5. KRASINSKA, M. & KRASINSKI, Z. A. (2008)
  6. MOHR, E. (1952)
  7. PLUMB, G., KOWALCZYK, R. & HERNANDEZ-BLANCO, J.A. (2020). Bison bonasus. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T2814A45156279. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-3.RLTS.T2814A45156279.en . Downloaded on 17 December 2020.
  8. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  9. NATUR- UND TIERPARK GOLDAU - PM vom 14.12.2021
  10. WEIGL, R. (2005)
  11. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  12. KLEINLOGEL, Y. (2008)

EUR-03 bialowieza wisent BS
Wisente (Bison bonasus) im natürlichen Lebensraum. Bialowieza-Nationalpark © Bernd Schildger, Tierpark Bern

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Freigegeben in Rinder und Waldböcke
Montag, 23 Oktober 2017 12:27

Rotes Riesenkänguru

Unterklasse: Beuteltiere (MARSUPIALIA)
Ordnung: Känguruverwandtschaft (DIPROTODONTIA)
Unterordnung: Känguruartige (Macropodiformes)
Familie: Kängurus (Macropodidae)
Unterfamilie: Eigentliche Kängurus (Macropodinae)

D LC 650

Rotes Riesenkänguru

Macropus (Osphranter) rufus • The Red Kangaroo • Le kangourou roux

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Weibliches Rotes Riesenkänguru (Macropus (Osphranter) rufus) mit Beuteljungem im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Aproximative Verbreitung des Roten Riesenkängurus (Macropus (Osphranter) rufus)

 

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Männliches Rotes Riesenkänguru (Macropus (Osphranter) rufus) auf dem Rücken ruhend im Cleland Wildlife Park, Südaustralien © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Begegnung mit männlichem Roten Riesenkänguru (Macropus (Osphranter) rufus) im Cleland Wildlife Park, Südaustralien © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Männliches Rotes Riesenkänguru (Macropus (Osphranter) rufus) lässt sich im Cleland Wildlife Park aus der Hand füttern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weibliches Rotes Riesenkänguru (Macropus (Osphranter) rufus) mit Beuteljungem und Jungem bei Fuß im ErlebnisZoo Hannover © Zoo Hannover

 

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Weibliches Rotes Riesenkänguru (Macropus (Osphranter) rufus) im Zoo Melbourne © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weibliches Rotes Riesenkänguru (Macropus (Osphranter) rufus) im ehemaligen Wildlife Wonderland, Bass © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weibliches Rotes Riesenkänguru (Macropus (Osphranter) rufus) mit Beuteljungem in der Wilhelma Stuttgart © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Pfote eines Roten Riesenkängurus (Macropus (Osphranter) rufus) im Zoo Heidelberg © Zoo Heidelberg

 

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Gruppe von Roten Riesenkängurus (Macropus (Osphranter) rufus) im Zoo Melbourne © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Das begehbare Gehege für Rote Riesenkängurus (Macropus (Osphranter) rufus) im Zoo Melbourne © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Das Rote Riesenkänguru ist nicht gefährdet, es ist jedoch von zoopädagogischem Interesse als Prototyp der Beuteltiere, wegen seinem ausgesprochenen Geschlechtsdimorphismus und als gute Botschafterart für Naturschutz in Australien. Es ist das in Europa am häufigsten gehaltene Riesenkänguru.

Körperbau und Körperfunktionen

Das Rote Riesenkänguru ist der größte Vertreter der Familie. Böcke können von 22 bis 85(-92) kg schwer werden und sind mannshoch, wenn sie sich auf den Hinterbeinen aufrichten. Ihre Kopf-Rumpflänge liegt zwischen 93 und 140 cm, die Schwanzlänge zwischen 71-100 cm. Die Weibchen bleiben mit 74-110 cm Kopf-Rumpf- und 64-90 cm Schwanzlänge deutlich kleiner und mit 17-39 kg entsprechend leichter. Ein weiterer Sexualdimorphismus besteht hinsichtlich der Färbung: Die Böcke haben ein rötlichbraunes Fell, bei den Weibchen ist es meistens blaugrau [6; 11].

Verbreitung

Australien. Fehlt in den tropisch- oder gemässigt feuchten Regionen Nordaustraliens und der Ost- / Südostküste sowie im Südwesten des Kontinents [4].

Lebensraum und Lebensweise

Lebensraum des Roten Riesenkängurus sind trockene und halbtrockene Gebiete, mit hoher mittlerer Jahrestemperatur und geringen, sporadischen Niederschlägen, die über eine Grasnarbe verfügen. Die Tiere sind hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiv. Sie leben in kleinen Gruppen mit häufig wechselnder Zusammensetzung. Hauptnahrung sind Gräser, es werden aber auch Kräuter und Blätter von Büschen genommen. Weibchen werden mit 15, Böcke mit 24 Monaten geschlechtsreif. Paarungen können während des ganzen Jahres vorkommen. Nach einer Trächtigkeit von 33 Tagen wird ein einzelnes Junges geboren, das 7.5-8 Monate im Beutel bleibt und mit etwa einem Jahr entwöhnt wird. Die Weibchen können unmittelbar nach der Geburt wieder gedeckt werden, worauf es zu einer Keimruhe kommt, bis das ältere Geschwister den Beutel verlassen hat [6; 12].

Gefährdung und Schutz

Das Rote Riesenkänguru ist in den trockeneren Gebieten Australien weitverbreitet und ist häufig. Seine Bestände haben überall dort zugenommen, wo der Busch gerodet wurde, um Grasland für die Viehhaltung zu gewinnen. Daher gilt es aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [4; 12]. Es dürfte sich um die häufigste Känguru-Art handeln. Für 2011 wird der Gesamtbestand in den "commercial harvest areas" von Südaustralien, Westaustralien, New South Wales und Queensland mit 11.5 Millionen Individuen angegeben. In dieser Region war das Östliche Graue Riesenkänguru mit 16 Millionen Individuen noch häufiger, aber im Gegensatz zu jenem ist das Rote auch im Northern Territory weit verbreitet. Der Gesamtbestand kann in Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen von Jahr zu Jahr stark schwanken, im Zeitraum 2001-2011 fluktuierte er zwischen 7.6 und 17.5 Millionen, wird aber längerfristig als stabil angesehen [1].

Der internationale Handel ist nicht durch CITES geregelt. Für lebende Tiere gelten Ausfuhrbeschränkungen Australiens.

Bedeutung für den Menschen

Rote Riesenkängurus gehören zu den Arten, die in Australien kommerziell genutzt werden und für die jährlich eine Abschussquote festgelegt wird. Im Jahr 2008 z.B. wurden in den Bundesstaaten Queensland, Neu-Südwales, Südaustralien und Westaustralien insgesamt 804'278 Tiere erlegt womit die festgelegte Quote längstens nicht ausgeschöpft wurde, 2011 waren es 1'517'243 und 2012 gar 2'118'867 Stück [1; 4].

Haltung

Rote Riesenkängurus werden oft mit Emus, Schwarzen Schwänen, Hühnergänsen und Bennettkängurus vergesellschaftet. In Australien werden Rote Riesenkängurus häufig in begehbaren Anlagen gehalten, wo sie sich den Besuchern gegenüber vertraut zeigen [6] und, wo Füttern erlaubt ist, bisweilen aufsässig werden. In Europa sind die Zoos zurückhaltender und setzen für Kontaktgehege eher die kleineren Wallabies ein.

Wie Untersuchungen von SCHÜRER an Schädeln von Kängurus aus europäischen und australischen Zoos und aus dem Freiland ergeben haben, sind Rote Riesenkängurus häufiger von "Lumpy Jaw Disease", einer bakteriellen Infektion der Kieferknochen, betroffen als andere Macropus-Arten [9].

Rote Riesenkängurus können im Zoo ein Alter von 25 Jahren erreichen [10].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in über 80 Zoos gehalten, von denen sich etwa ein 10 im deutschsprachigen Raum befinden. In EAZA Zoos bezifferte sich die Zahl der 2021 gehaltenen Tiere auf 319. Für Details siehe Zootierliste.

Wie Riesenkängurus gehalten werden (Beispiele):

Forschung im Zoo: Rote Riesenkängurus sind gelegentlich Studienobjekte für Doktor-, Diplom- und Examensarbeiten, die häufig das Verhalten, insbesondere auch in Zusammenhang mit den Haltungsbedingungen zum Thema haben [5; 7; 8].

Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL gibt für große Kängurus ein Außengehege vor, das für 5 Tiere eine Fläche von 300 m² und für jedes weitere Tier 30 m² mehr aufweisen soll. Als Basisfläche für das Innengehege werden 30 m² angegeben und zusätzlich 4 m² für jedes weitere Tier. Praxiserfahrung mehrerer Rote Riesenkängurus haltender Zoos zeigt, dass eine Stallfläche von 4 m² pro Tier, wie sie z.B. die schweizerische Tierschutzverordnung vorschreibt, ausreichend ist. Darüber hinaus sind in klimatisch günstigen Regionen Deutschlands große Kängurus weitgehend winterhart (die gemittelte Monats-Nachttemperatur liegt in Teilen des natürlichen Areals im Winter bei 0°C) und suchen die Stallungen nur kurzzeitig auf, was gegebenenfalls eine weitere Reduktion der Stallflächen ohne Nachteil für die Tiere erlaubt.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tiere ein Außengehege von 300 und ein Innengehege von 20 m² vor, für jedes weitere Tier kommen 30 bzw. 4 m² zur Basisflächen dazu. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für bis zu 5 Tiere ein Außengehege von 500 und ein Innengehege von 25 erforderlich. Für jedes weitere Tier sind die Flächen um 50 bzw. 2.5 m² zu erweitern.

Nach JACKSON soll für 5 Tiere eine Gehegefläche von 340 m² nicht unterschritten werden [6].

Taxonomie und Nomenklatur

1822 wurde das Rote Riesenkänguru vom französischen Zoologen Anselme Gaëtan DESMAREST als "Kangurus rufa" beschrieben. Später wurde es in die von George SHAW vom Britischen Museum bereits 1790 aufgestellte Gattung Macropus eingeordnet. 1997 wurde die Art von McKENNA & BELL als einzige Art in eine Gattung Megaleia gestellt, die bereits 1848 von dem Münchener Zoologen Johannes Nepomuk Franz Xaver GISTEL als Untergattung aufgestellt worden war, aber DAWSON & FLANNERY hatten schon 1985 gezeigt, dass sie in die Gattung Macropus, Untergattung Osphranter gehört. Seit 2015 wird Osphranter auch als eigene Gattung gehandelt, aber nicht alle Referenzwerke /-datenbanken haben diesen Schritt mitgemacht. Die Art ist monotypisch [3; 11; 12; 13].

Literatur und Internetquellen

  1. AUSTRALIAN GOVERNMENT - Commercial kangaroo harvest in 2008 und Population estimates
  2. CURTIS, L. K. (2006)
  3. DAWSON, L. & FLANNERY, T. (1985)
  4. ELLIS, M. et al. (2016). Macropus rufus. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T40567A21953534. http://www.iucnredlist.org/details/40567/0. Downloaded on 30 June 2018.
  5. HOPPNER, S. (2011)
  6. JACKSON, S. M. (2003)
  7. NEUGEBAUER, M. (2009)
  8. SCHÜRER, U. (1978)
  9. SCHÜRER, U. (1980a)
  10. WEIGL, R. (2005)
  11. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  12. WILSON, D.E. & REEDER, D. M.  (2005)
  13. GLOBAL BIODIVERSITY INFORMATION FACILITY (GBIF)

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