Dienstag, 08 Januar 2013 12:41

RUHE, H. (1960)

Wilde Tiere frei Haus.

308 Seiten, mit s/w und farbigen Fotos sowie Strichzeichnungen. Copress Verlag München.

Inhalt:

"Wilde Tiere frei Haus" ist die Geschichte einer der ehemals bedeutendsten Tierhandelsfirmen weltweit, erzählt vom damaligen (1960) Seniorchef Hermann Ruhe, der als hervorragender Fachmann und dessen alte Firma als Lieferant bester Tiere galt. Die Firma L. Ruhe KG entstand im 19. Jhdt. aus einem Kanarienvogelhandel. Sie importierte, exportierte und transportierte zu ihrer Blütezeit nicht nur - oft in ihrem Auftrag gefangene - Tiere aller Art, sondern war auch im Völkerschau- und Circusgeschäft tätig und gründete, besaß oder pachtete Zoologische Gärten wie z.B. den Freizeit-Zoo Brunkensen, den Ruhr-Zoo Gelsenkirchen, den Städtischen Zoo Hannover oder die Auto-Safari auf Mallorca.

ruhe-biblio

[1368]

Freigegeben in R
Dienstag, 08 Januar 2013 12:28

Woher die Zootiere kommen

haltung 10-4-1-2 giraffe
Giraffenfang mit dem Lasso in Ostafrika. Fotos aus L. HECK (1952)

 

haltung 10 4 1 5 hatari giraffe
Nach dem Fang wird die Giraffe mit Brachialgewalt auf den Laster bugsiert. Stene aus dem Film "Hatari!" auf dem Jahr 1962

 

haltung 10 4 1 6 hatari plakat
Plakat zum Film "Hatari!" aus dem Jahr 1962

 

haltung 10-4-1-4 panda wien pli
Der Import von Großsäugern von außerhalb Europas ist enorm selten und mit enorm viel Bürokratie verbunden © Peter Linhart †, Wien

 

PM 2014 05 26 OpelZoo Giraffe
Es gibt heute keinen Grund mehr, Giraffen mühsam und mit hohen Kosten aus der Wildbahn zu beschaffen: Die Zoos produzieren ihre Giraffen selbst. Hier Giraffengeburt im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

HALTUNG woher Giraffen TPB PD1
Die Herausforderung ist heute, so wenig überzählige Tiere wie möglich zu produzieren. Hier produktive Giraffenherde mit vier Kälbern im Tierpark Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

haltung 10-4-1-3 giraffe interzoo pli
Die Regel ist der Austausch zwischen Zoos © Peter Linhart †, Wien

 

Haltung woher loroParque
In der Zuchtstation des Loro Parque auf Teneriffa werden jährlich über 1'000 Papageien aufgezogen © Loro Parque, aus Cyanopsitta Nr. 119 (2021)

 

HALTUNG Woher LD zuchtvolieren
Ein Teil der 2016 neu erstellten Zuchtvolieren im Zoo Landau © Peter Dollinger, Zoo Office Ben

 

TRANSPORT FISH (1)
Heute betrifft der internationale Wildtierhandel in erster Linie Fische. Bei den meisten Süßwasserfischen handelt es sich um Nachzuchttiere © Peter Dollinger, Zoo Office Ben

Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war die Lebenserwartung vieler Zootiere gering und galt die Zucht vieler Tierarten noch als schwierig. Andererseits war der Bezug von Tieren aus der Natur damals noch vergleichsweise problemlos. Es gab noch keine einschränkenden Artenschutz- und nur minimale Veterinärvorschriften für den Wildtierhandel, die Zootiere vieler Arten stammten daher ausschließlich oder hauptsächlich aus der Wildbahn und der internationale Handel mit Tieren aller Art blühte [4].

Dies trifft heute nicht mehr zu, aber noch immer wollen Tierschutz- und Tierrechtskreise die Leute glauben machen, Zootiere seien zur Hauptsache der Wildbahn entnommen worden, wie weiland im Film "Hatari!". Sie befänden sich jetzt in einem Gefängnis und sehnten sich zurück nach der goldenen Freiheit. Das trifft zumindest für Säugetiere, auf die sich solche Aussagen in der Regel beziehen, schon seit langer Zeit nicht mehr zu. Dass sich Lutz Heck, der damalige Direktor des Berliner Zoos, auf Tierfang nach Ostafrika begab, ist schon über 80 Jahre her [6] und auch die Reisen des Basler Zoodirektors Ernst M. LANG, um aus Tanganjika Giraffen und Elefanten in die Schweiz zu bringen, datieren aus den Jahren 1947 und 1952 [10].

Der hinsichtlich Tierfang relativ lebensechte Film "Hatari!" mit John Wayne und Hardy Krüger wurde 1962 gedreht, also vor mehr als einem halben Jahrhundert. Was damals üblich war, ist heute Geschichte: Die Entnahme von Wildtieren aus der Wildbahn ist selten geworden und steht zahlenmäßig hinter den Entnahmen für die Hobbytierhaltung und erst recht für die Gewinnung tierischer Produkte weit zurück [17]. Einfuhren von Huftieren aus Afrika und weiten Teilen Asiens sind aufgrund strenger Veterinärvorschriften der EU seit Jahrzehnten so gut wie ausgeschlossen. 

Der Tierhandel im heutigen Sinn begann im 19. Jahrhundert mit der sich entwickelnden Zirkusindustrie und intensivierte sich mit der in der Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzenden Gründungswelle bürgerlicher zoologischer Gärten. Zu den bedeutendsten Tierhändler jener Epoche gehörten die Firmen HAGENBECK, Hamburg, und RUHE, Alfeld. Mit dem Ende des Kolonialismus nach dem Zweiten Weltkrieg war die Blütezeit des Handels mit Großtieren vorbei. Ab den 1950er Jahren konzentrierte sich der Handel daher auf Kleinsäuger, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische, die ihre Abnehmer vorab bei privaten Liebhabern fanden [3].

Carl HAGENBECK begann seine Tierhandelstätigkeit als Sechzehnjähriger im Jahr 1848 als Mitarbeiter seines Vaters Gottfried Claes Carl HAGENBECK. 1866 übernahm er die Firma „C. Hagenbecks Handlungs-Menagerie St. Pauli“. 1874 kamen als Nebenprodukt des Tierhandels die Völkerschauen hinzu, deren letzte 1932 wegen mangelnden Interesses abgebrochen wurde. 1887 wurde der Circus Carl Hagenbeck gegründet und 1907 erfolgte die Eröffnung des Tierparks Hagenbeck in Stellingen. Dort wurde anfänglich auch noch Tierhandel betrieben, aber das Geschäft verlor zunehmend an Bedeutung [5; 8; 13].

Hermann RUHE I (1861-1923) übernahm 1883 den Kanarienvogelhandel seines Vaters und begann bald, in den Handel mit anderen Tieren einzusteigen, wozu er eigene Expeditionen nach Übersee ausgerüstete und Fanglager in Malaysia, Burma, Indonesien, Indien. Abessinien, Südwestafrika und Kamerun einrichtete. Die Tiere wurden an alle Zoos der Welt, Circusse und Privatliebhaber verkauft. Nach seinem Tod ging die Tierhandlung 1923 an seinen Sohn Hermann II über, der noch im selben Jahr, ähnlich wie  HAGENBECK, ins Zirkusgeschäft einstieg, dann Zoos in aller Welt konzipierte und sie mit Tieren beliefert. Von 1931-72 übernahm er den Zoo Hannover von der Stadt und 1948 errichtete er den den Ruhr-Zoo Gelsenkirchen als ersten einer Reihe eigener Zoos. Unter seinem Sohn und Nachfolger Hermann III wurden bis 1990 15 Safariparks erstellt und jeweils für einige Zeit selbst betrieben. Der Tierhandel ging aber ab den 1960er Jahren immer mehr zurück, weil die Zoos jetzt zunehmend selbst in der Lage waren, ihren gesamten Bedarf an Tieren durch Eigenzucht oder im Tausch mit anderen Parks zu erhalten. 1993 ging die Firma RUHE in Konkurs [1; 8; 12].

Anderen Tierhandelsfirmen ging es aus demselben Grund nicht besser: Die Firma Julius MOHR, die seit anfangs des 20. Jahrhunderts in Ulm einen auf europäische Arten spezialisierten Großtierhandel mit Tierpark betrieben hatte, stellte ihre Tätigkeit 1968 ein [9; 15]. Der pakistanische Großtierhändler George MUNROE, der sich 1961 mit dem Bremer Tierpark ein festes Standbein in Deutschland geschaffen hatte,  musste 1973  Konkurs anmelden [16]. Der Schweizer Tierfänger Charles CORDIER, der 1949 die ersten lebenden Kongopfauen in einen Zoo gebracht hatte, stellte seine Tätigkeit 1977 im Alter von 80 Jahren ein und starb wenige Jahre später völlig verarmt in Zürich [9; 11].

Durch die Umsetzung der Prinzipien der von Heini HEDIGER 1942 begründeten wissenschaftlichen Disziplin der Tiergartenbiologie wurde ab etwa 1950 die dauerhafte Haltung und Zucht vieler Tierarten, die früher als "nicht haltbar" gegolten hatten, plötzlich selbstverständlich. Die Zahl der Tierarten, die seitdem erstmals gezüchtet wurden, ist deshalb außerordentlich groß. Ab den 1960er-Jahren waren die Zoos in der Lage, Säugetiere der meisten Arten erfolgreich zu züchten und aufzuziehen [4].

Aufgrund von Einfuhrrestriktionen der EU hat auch die Einfuhr von Wildvögeln nach Europa drastisch abgenommen. Die Zoos haben deshalb und im Bestreben nach Nachhaltigkeit in den letzten Jahren ihre Zuchtbemühungen auch bei Vögeln deutlich erhöht. So werden z. B. in der Zuchtstation "La Vera" des Loro Parque auf Teneriffa jährlich über 1'000 Papageien der unterschiedlichsten Arten aufgezogen. Ein Teil davon ist für Wiederansiedlungszwecke bestimmt, andere gehen an Zoos oder qualifizierte Züchter. Auch andere Zoos, z.B. Landau, Basel oder Kerkrade, haben eigens Zuchtvolieren gebaut oder begonnen, mit privaten Züchtern zu kooperieren. Der Vogelpark Marlow betreibt eine Partnervermittlung für Beos, um die Nachzuchtrate bei diesen zunehmend gefährdeten Vögeln zu steigern...

Daher spielt der Tierhandel als Quelle für Zootiere heute praktisch nur noch bei Reptilien, Amphibien, Fischen und Wirbellosen eine Rolle. Dabei stammen die meisten Süßwasserfische und Schmetterlinge aus Zuchten oder Ranching-Programmen, und auch bei den Haien, Rochen und  Korallenfischen wird die Liste der Arten, die nachgezogen werden, immer länger [2; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. ALT-ALFELD
  2. CORAL MAGAZINE'S CAPTIVE-BRED MARINE FISH SPECIES LIST (2019)
  3. DITTRICH, L. (1977)
  4. DOLLINGER, P. (2014)
  5. HAGENBECK, C. (1908)
  6. HECK, L. (1952)
  7. JANSE, M., ZIMMERMAN, B., GEERLINGS, L., BROWN, C. & NAGELKERKE, L. A. J. (2017)
  8. KLÖS,H.-G. (2005a)
  9. KLÖS,H.-G. (2005b)
  10. LANG, E.M. (1994)
  11. LEPPERHOFF, L. (2009)
  12. RUHE, H. (1960)
  13. STAEHELIN, B. (1993)
  14. SCHÜRER, U. (1977)
  15. SÜDWEST-PRESSE vom 22.05.2010
  16. WESER-KURIER vom 11.04.2011
  17. WÜNNEMANN, K. & ORBAN, S. (2007)

Zurück zu Tierhaltung

Weiter zu Zucht

[5931]

Freigegeben in Tiere kommen und gehen
Donnerstag, 14 Juni 2018 09:55

HEDIGER, H. (1973)

Bedeutung und Aufgaben der Zoologischen Gärten.

Vierteljahresschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, 118: 319-328.

Auszug:

Es kann niemals Aufgabe der Zoologischen Gärten sein, vollständige «Sammlungen» bestimmter Tiergruppen zu zeigen. Das anzustreben, müssen wir eindeutig den Museen überlassen. Selbst diesen, die nicht mit den grossen Risiken lebender Tiere zu rechnen haben, kann das nur ausnahmsweise gelingen. Die Aufgabe der Zoologischen Gärten liegt vielmehr darin, aus der verwirrenden Fülle des Tierreiches Vertreter einiger repräsenta-tiver Gruppen auszuwählen und sie in genügender Individuen-zahl in möglichst naturnahen Territorien zu halten, und zwar so, dass diese Natur-Ausschnitte nicht nur dem Tier alles bie-ten, was es zur Lebensentfaltung braucht, sondern dass die Ge-samtheit dieser Biotope auch dem betrachtenden Menschen als Erholungsraum dient.

Im Zürcher Zoo stellt das Kleine Affenhaus ein bescheidenes Beispiel dieser Bemühungen dar. Anstelle der vielen Einzelkäfige in der Grösse von Telefonkabinen wurden wenige, dafür grössere Räume eingebaut. Einzelne Segmente wurden sogar für Pflanzen geopfert; doch ist das nur ein erster Schritt in der Richtung biologischer Tierhaltung - und es war kein leichter Schritt. Pflanzen sind im Zoo übrigens zuverlässige Kontrolleu-re des biologischen Mikroklimas.

In der Tat haben die Zoologischen Gärten, ich meine Institutionen, welche diese Bezeichnung für sich überhaupt in Anspruch nehmen dürfen (nicht jede Anhäufung von Tieren ist ein Zoo), in dieser Beziehung wesentliche Fortschritte gemacht. Aus kerkerartigen, eisenstangenstarrenden Käfigen für neuroti-sierte Einzeltiere sind künstliche, aber naturnahe Territorien für gesunde Tierfamilien oder -herden geworden, denen nichts Wesentliches fehlt, denen sogar noch etwas Zusätzliches geboten wird, nämlich Schutz vor Hunger und Durst, Schutz vor ihren Feinden, vor Parasiten und Krankheiten, Schutz auch vor den Elementen wie Überschwemmungen, extremer Trockenheit, Wald- und Steppenbränden usw. Der heutige Zoobesucher sieht nicht mehr bedauernswerte Tiere, welche der Museumsreife entgegenvegetieren, sondern - ich wage diese Bezeichnung - zufriedene, glückliche soziale Einheiten, die sich nicht mehr als Gefangene, sondern nachweisbar als Grundbesitzer, d. h. als Territoriumsbesitzer fühlen, wie ich das an anderer Stelle ausführlich dargetan habe.

Man kann als Zoodirektor - auch das wage ich heute zu behaupten - ein gutes Gewissen haben nicht nur gegenüber dem Tier, sondern auch gegenüber dem Menschen. Denn auch dieser, besonders der Grossstadt-Mensch, braucht heute den Zoo – er ist zu einem notwendigen Teil des Grossstadt-Biotopes geworden und steht im eigentlichen Sinne im Dienste der Psychohygiene des modernen Menschen.

Wenn ich heute versuchen soll, die Aufgaben der Zoologischen Gärten zu umschreiben, so bleibt es m. E. im wesentlichen bei dem, was ich schon oft ausgeführt habe:

  1. Ein Zoo muss der Bevölkerung als Erholungsraum dienen. Er bildet einen psychohygienisch höchst wichtigen Bestandteil des menschlichen Grossstadt-Biotopes.
  2. Er hat die volkstümliche Belehrung des breiten Publikums zu fördern. Der europäische Fischotter wird nur deswegen ausgerottet, weil Generationen von uns eingehämmert worden ist, der Fischotter sei der schlimmste Feind der Fischerei, was nachweislich falsch ist. Ebenso falsch war z. B. die sogar von angeblichen Experten verbreitete Meinung, der Fuchs spiele für die Dezimierung von Mäusen und Ratten keine Rolle oder die millionenweise Vernichtung von Obstbäumen sei für die insektenvertilgenden Singvögel belanglos.
  3. Ein Zoo hat seinen Tierbestand auch wissenschaftlich auszuwerten und sich an der Forschung aktiv zu beteiligen, und zwar nicht nur hinsichtlich der Rezepte für die optimale Haltung und Züchtung bestimmter bevorzugter Arten, sondern auch im Hinblick auf die weitreichenden Folgen der «Umkehr des Lebensraumes», d. h. der noch viel zu wenig beachteten Tatsache, dass die Wildtiere aus ihren ursprünglichen Biotopen durch die fortschreitende Technik immer mehr verdrängt werden, in immer grösse-rer Zahl aber in den Metropolen in Neo-Biotopen und Parkarealen gehalten werden.
  4. Der Zoo muss sich in den Dienst des Naturschutzes stellen, u. a. auch durch Asylgewährung an bedrohte Tierarten und deren Wiedereinbürgerung.

Mit anderen Worten, der Zoo - jeder Zoo - muss sich nach den Forderungen der Tiergarten-Biologie ausrichten. Diese liefert einerseits die wissenschaftlichen Grundlagen für die optimale und sinngemässe Haltung von Wildtieren in menschlicher Ob-hut und erforscht andererseits die besonderen biologischen Gesetzmässigkeiten, die sich aus dieser TierhaItung für Tier und Mensch ergeben.

Ich glaube, in der Erfüllung dieser grossen, doppelten Aufgabe liegt heute - und vielleicht auch morgen - die Bedeutung der Zoologischen Gärten.

 

hediger-biblio

Freigegeben in H
Donnerstag, 14 Juni 2018 09:36

HEDIGER, H. (1961)

Beobachtungen zur Tierpsychologie im Zoo und im Zirkus.

Verlag Friedrich Reinhardt AG, Basel. 432 Seiten, mit 114 Photos und 13 Zeichnung.

Buchbesprechung von H. Querner in: Psyche – Z. für Psychoanalyse, 16(4): 796.

An diesem Buch ist nur eines zu kritisieren, nämlich der Titel: Der Inhalt des Werkes geht weit über die Tierpsychologie im Zoo und im Zirkus hinaus! Der bekannte Zoologe, Direktor des Zoologischen Gartens in Zürich und Mitherausgeber der Illustrierten Zeitschrift “Das Tier”, bietet hier allen am “Verhalten” der Tiere Interessierten eine leicht zu lesende und wissenschaftlich fundierte Darstellung über tierpsychologische Fragen im weitesten Sinne. Er beschränkt sich dabei durchaus nicht auf die Tiere im Zoo und im Zirkus, sondern bietet eine große Anzahl bekannter und weitgehend unbekannter Fakten auch aus dem Leben von Tieren in der Freiheit. Eine Reihe von Expeditionen ermöglichen es dem Autor, auch über wildlebende Tiere viele eigene Beobachtungen mitzuteilen.

Im einzelnen werden zunächst in einer Einführung die verschiedenen Forschungsrichtungen und Denkweisen in der Tierpsychologie kurz geschildert, sodann wird das Verhalten der Tiere in allen wesentlichen Bezügen dargestellt: Der Wohnraum, der Alltag, der Artgenosse, der Feind, die Mutter- und Kind-Beziehungen. Die Frage nach einem Bewußtsein der Tiere wird behandelt und die Domestikation im Hinblick auf das Verhalten. Zwei besondere Kapitel sind dem Verhalten der Zirkustiere bzw. dem Spiel und der Dressur gewidmet. In einem abschließenden Kapitel “Vom tierlichen Ausdruck” kommt der Standpunkt des modernen Verhaltensforschers besonders deutlich zur Geltung. Aber man kann das ganze Werk als eine Materialsammlung für die moderne Interpretation tierischen Verhaltens ansehen und benutzen. — Ein Literaturverzeichnis von 16 Seiten und ein Sachregister vervollständigen das Werk.

 

hediger-biblio

Freigegeben in H
Dienstag, 08 Januar 2013 09:04

Was Tiere brauchen

Wer Tiere hält, muss sie entsprechend ihrer Art und ihren Bedürfnissen angemessen ernähren, pflegen und sie verhaltensgerecht unterbringen*. Um das zu tun, muss man wissen, was sie brauchen, was ihre elementaren Grundbedürfnisse sind. Diese Grundbedürfnisse ergeben sich aus der Notwendigkeit der Selbsterhaltung. Freiheit ist kein Bedürfnis von Tieren. Sie ist grundsätzlich auch in der Natur stark eingeschränkt. Gründe dafür sind der (im Vergleich zum Menschen geringere) Grad der Cerebralisation sowie viele endogene und exogene Faktoren. In Menschenobhut gehaltene Tiere brauchen aber in jedem Fall Gehege, die so eingerichtet und gestaltet sind, dass sie darin alle ihre Grundbedürfnisse befriedigen können, und die ihrem Verhalten angemessen Rechnung tragen.

haltung 10 2 1 11 vikunja chimborazo strasse zabka
Immer mehr Verkehrsträger zerschneiden die Landschaft und schränken die scheinbar grenzenlose Freiheit der Wildtiere ein. Hier Vikunjas beim Überqueren einer Fernverkehrsstraße im Chimborazo-Wildschutzgebiet © Helge Zabka, Neubrandenburg

 

1000px-World ecozones.svg
Ökozonen der Erde

 

haltung 10-2-1-3 verbreitung koala
Artareal des Koala

 

haltung 10-2-1-4 verbreitung burramys
Artareal Bergbilchbeutler

 

haltung 10-2-1-5 verbreitung wolf
Heutiges und früheres Artareal des Wolfs

 

HALTUNG Anspruch koala philip PD1
Koalas (Phascolarctos cinereus) kommen ausschließlich in Eukalyptuswäldern vor. Wo Wälder abgeholzt werden oder verbrennen, verschwinden sie. Phillip Island Wildlife Park © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

HALTUNG Anspruch steinbock karte
Die Verbreitung des Alpensteinbocks (Capra ibex) reicht von der subalpinen bis zur nivalen Stufe. In tieferen Lagen kommt er nicht vor, größere Täler und Ebenen durchquert er nicht. Die flächenhafte Wiederbesiedlung der Alpen und stellenweise des Juras war nur möglich, weil an vielen Orten Tiere ausgewildert oder umgesiedelt wurden. Karte: Centre Suisse de Cartographie de la Faune

 

haltung 10-2-1-6 territorium HH
Territorium mit Fixpunkten und Wechseln. Nach HEDIGER.

 

HALTUNG Anspruch präriehund schwerin PD1
Die Präriehunde im Zoo Schwerin sind "frei". Sie verlassen aber ihre Wiese nicht, weil diese von ungeeigneten Habitaten - Wald, Moor - umgeben ist, die auch in der Wildbahn Verbreitungsgrenzen sind © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

haltung 10-2-1-7 gepard koeln PD
Für ihre Routineaktivitäten laufen Geparden nicht regellos in ihrem Gehege herum, sondern benützen feste Wechsel. Kölner Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

haltung 10-2-1-8 badger
Dachs: Verlassen des Baus, Dämmerung und Sonnenuntergang im Jahresverlauf (NEAL, 1986)

 

haltung 10-2-1-9 addo armstrong fence
Der Addo-Nationalpark in Südafrika ist elefantensicher eingezäunt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

11 6 29 map feldhamster mannheim
So sieht die "Freiheit" der bei Mannheim wiederangesiedelten Feldhamster in Wirklichkeit aus: Das Wiederansiedlungsgebiet (gelb) ist durch Siedlungen, Bahngleise und den Neckar begrenzt und wird durch drei Autobahnen und mehrere stark frequentierte Verbindungsstrassen fraktioniert. Der Kartenausschnitt stellt eine Fläche von rund 16 km² dar

 

haltung 10-2-1-10 kruger by products
Elefantenschlachtung im Krüger-Nationalpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

Grundbedürfnisse

Um als Individuen und als Art zu überleben, müssen Tiere

  • Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen
  • Körperpflege betreiben (Komfortverhalten)
  • schlafen und ruhen
  • sich vor ungünstigen Klimaeinflüssen schützen
  • sich vor Fressfeinden schützen
  • sich gegen Konkurrenten durchsetzen
  • sich fortpflanzen (nicht unbedingt jedes Individuum)
  • eine zweckmässige soziale Organisation haben
  • sich Fortbewegen als Voraussetzung zur Erfüllung der anderen Notwendigkeiten
  • im Falle von höheren Wirbeltieren: spielen, um Verhaltensweisen zu erlernen oder zu perfektionieren

Es besteht in dieser Hinsicht kein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem Leben im natürlichen Lebensraum und dem Leben im Zoo, wenn man einmal davon absieht, dass die Tiere sehr rasch lernen, dass sie im Zoo sicher vor Fressfeinden sind.

Brauchen die Tiere Freiheit?

Tiere haben keine abstrakte Vorstellung davon, was "Freiheit" ist. Viele ihrer Handlungsweisen sind durch Reflexe diktiert, das Tier hat in diesen Fällen also gar keine Wahlfreiheit. Dies ist umso ausgeprägter, je geringer der Grad der Cerebralisation der betreffenden Art ist.

Wird in Zusammenhang mit Zootieren von "Freiheit" gesprochen, geht es in der Regel um die freie Wahl des Aufenthaltsorts, die im Zoo offensichtlich durch die Gehegebegrenzung beschränkt ist. Dem als Gefängnis verstandenen Zoogehege wird die "goldene Freiheit" gegenübergestellt, die das Tier in der Natur genießen soll. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung sind die Tiere aber auch im natürlichen Lebensraum nicht "frei", sondern ihre Bewegungsfreiheit ist, wie im Zoo, Einschränkungen unterworfen:

In der Natur sind Tiere Teile von Ökosystemen, d.h. es bestehen Wechselwirkungen zwischen dem Tier und seiner belebten und unbelebten Umwelt. Im Zuge der Evolution haben sich Arten herausgebildet, die unterschiedlichste Lebensräume nutzen können. Manche haben sich soweit spezialisiert, dass sie eine bestimmte ökologische Nische optimal besetzen können, in anderer Umgebung aber nicht überlebensfähig sind (stenöke Arten). Andere wiederum sind Generalisten (euryöke Arten), die unterschiedliche Biotope innerhalb einer Ökozone, oder sogar unterschiedliche Ökozonen besiedeln können.

Entsprechend der Anpassungsfähigkeit einer Art ist auch ihr Verbreitungsgebiet, das Areal unterschiedlich:

Ein Beispiel für eine stenöke Art ist der Koala, der nur in subtropischen Wäldern leben kann, wo bestimmte Eukalyptusarten vorkommen, die er als Nahrung braucht. Ein noch viel kleineres Areal von nur wenigen Quadratkilometern hat der Bergbilchbeutler (Burramys parvus) aus Südostaustralien, der nur in mit Büschen bestandenem Geröllfeldern in 1500 bis 1800 Metern Seehöhe lebt. Eine euryöke Art ist z.B. der Wolf, der sämtliche auf der Karte gezeigten Ökozonen mit Ausnahme der immerfeuchten Tropen besiedelt. Stenöke Arten stellen auch im Zoo spezifischere Ansprüche als euryöke Arten.

So muss ein Koala mit Eukalyptusblättern gefüttert werden und er braucht eine frostfreie Umgebung. Der Wolf dagegen frisst von frischtoten Tieren über Hundekuchen bis zu Gammelfleisch und Eiern so ziemlich alles, zur Abwechslung noch ein paar Früchte, und er toleriert Temperaturen von etwa -35ºC bis +35 ºC.

In ihrem Lebensraum bewegen sich Tiere nicht frei und regellos. Vielmehr haben sie ein Aufenthalts- oder Streifgebiet (Home Range), in dem sie alles vorfinden müssen, was sie zum Leben und für die Fortpflanzung brauchen und das sie ihne Not nicht verlassen.

Die Größe von Streifgebieten kann durch physische Barrieren oder als Folge einer hohen Populationsdichte stark eingeschränkt sein [7]. Im Westen des Kantons Genf, wo eine große Wildschweinpopulation lebt und zahlreiche Verkehrsträger die Landschaft durchschneiden, haben die einzelnen Rotten Streifgebiete von nur 1.4 bis 2.5 km², in Frankreich dagegen sind es gebietsweise bis 60 km². Nahrungs- oder Wassermangel kann die Tiere zwingen, saisonal einen anderen Einstand aufzusuchen oder großräumige Wanderungen zu unternehmen, wobei sie festen Routen folgen. Bekannt sind z.B. die jahreszeitliche Wanderung der Gnus und Zebras im Serengeti/Masai-Mara-Gebiet oder die Wanderrouten der Zugvögel.

Aufenthaltsgebiete, die dauernd oder während einer bestimmten Jahreszeit von Tieren gegen Artgenossen verteidigt werden, nennt man Territorien. Territorien können gebildet werden von einem Einzeltier, einem Paar oder einer Gruppe. Territorien können dazu dienen, die Nahrungsgrundlage sicherzustellen, in diesem Fall sind sie in der Regel permanent, oder aber sie dienen saisonal der Fortpflanzung (z.B. Brutterritorien von Vögeln) und werden anschließend aufgegeben. Im Folgejahr wird meistens versucht, wieder dasselbe Territorium zu besetzen. Innerhalb des Territoriums werden keine fremden Artgenossen geduldet, wenn man davon absieht, dass sich Territorien von Männchen- und Weibchen überlappen können (z.B. beim Luchs).

Der Mangel an freien Territorien führt bei permanent territorialen Arten zu einer hohen Sterblichkeit bei den unabhängig werdenden Jungtieren, die von ihrer Mutter nicht mehr geduldet werden, denn es können nur so viele Tiere überleben, wie Territorien vorhanden sind. Die Jungtiere müssen unter Umständen weit wandern, bis sie ein freies Territorium finden. Dabei laufen sie Gefahr von Territoriumsbesitzern getötet zu werden, zu verunfallen oder zu verhungern. Dienen Territorien nur der Fortpflanzung, so limitieren sie die Zahl der Individuen, die sich fortpflanzen können.

Innerhalb ihres Territoriums sind die Tiere einem "Raum-Zeit"-System unterworfen, d.h. sie suchen bestimmte Örtlichkeiten (Fixpunkte) zu bestimmten Zeiten auf. Fixpunkte können sein z.B. Bau oder Schlafnest, Tränke, Bad, Sandbad, Suhle, Aussichtspunkte, Markierpunkte etc. Die Fixpunkte sind durch feste Wege, sogenannte  Wechsel verbunden, die regelmäßig benützt werden. Auch ein Zoogehege enthält solche Fixpunkte, die von den Tieren durch Wechsel erschlossen werden [1]. In sehr kleinen Gehegen kann das Wechselsystem auf eine Ellipse oder eine Acht reduziert sein, auf der die Tiere ihr Laufpensum absolvieren. Das sieht in jedem Fall unschön aus und kann sich zu einer zwanghaften Stereotypie auswachsen, der durch Beschäftigung zu begegnen ist [5].

Das Raum-Zeitsystem kann sehr starr sein und die Wahlfreiheit des Tieres, was es wann tun will, stark einschränken. So sind z.B. die Aktivitätsphasen des Dachses mit dem Sonnenauf- und -untergang korreliert. Man kann auf 15 Minuten genau sagen, wann ein Dachs seinen Bau verlässt und wann er wieder einfährt [4; 6]. Bei Vögeln ist das Zugverhalten angeboren: ob ein Vogel zieht, in welche Richtung er zieht und wann bei ihm die Zugunruhe einsetzt, ist genetisch festgelegt [2].

Schließlich darf man auch nicht vergessen, dass menschliche Aktivitäten den Lebensraum der wild lebenden Tiere immer mehr einengen. Ihre "Freiheit" wir durch den Bau immer neuer Verkehrsträger, durch den durch Siedlungsbau bedingten Lanschaftsschwund und landwirtschaftliche Monokulturen immer mehr eingeschränkt. Viele Großtiere sind mit Forstwirtschaft, Landbau oder der Haltung von Nutztieren nicht kompatibel. Aus diesem Grund ist das Vorkommen des Rothirschs in den meisten deutschen Bundesländern auf behördlich festgelegte Rotwildbezirke beschränkt. Gebiete außerhalb dieser Bezirke - in Bayern z.B. 86 % der Landesfläche - sind per Gesetz "rotwildfrei zu machen und zu halten" [3].

In Südafrika sind aus dem selben Grund die allermeisten Nationalparks, Provinzparks  und anderen Schutzgebiete eingezäunt worden. Frei lebende Löwen gibt es im ganzen Land keine mehr und auch Elefanten nur ganz wenige. In den eingezäunten Reservaten müssen die Tierbestände intensiv gemanagt werden: es werden Tiere zwecks Wiedereinbürgerung oder Bestandesstützung eingesetzt, überzählige Tiere werden entweder eingefangen und an andere Reservate oder in den Tierhandel abgegeben oder aber abgeschossen und verwertet, oder es wird, etwa bei Löwen, Empfängnisverhütung praktiziert. Die Abgrenzung zwischen Freiland und Zoo verwischt sich so immer mehr.

Wann ist eine Haltung tiergerecht?

Eine Haltung ist dann tiergerecht, wenn sie die Anpassungsfähigkeit der Individuen nicht überfordert; überforderte Anpassungsfähigkeit äußert sich in Störungen des Verhaltens, in chronischem Stress, in morphologischen Schäden  und in chronischen somatischen Dysfunktionen [8].

Literatur und Internetquellen

  1. ALTHAUS, T. (1994)
  2. BERTHOLD, P., GWINNER E. & SONNENSCHEIN, E. (Eds., 2003)
  3. DEUTSCHE WILDTIER-STIFTUNG
  4. HEDIGER, H. (1961)
  5. HEDIGER, H. (1965)
  6. NEAL, E. (1986)
  7. RUMER, B. (2016)  
  8. STAUFFACHER, M. (1993)

* Die hier verwendete Terminologie entspricht jener der Tierschutzgesetze der deutschsprachigen Länder, Ethologen sprechen in diesem Zusammenhang eher von "Ansprüchen" oder "Bedarf"

Zurück zu Tierhaltung

Weiter zu Was Menschen wollen

(4231)

Freigegeben in Haltungsansprüche
Dienstag, 08 Januar 2013 08:02

SHERIDAN, A. (2011)

Das A und O im Zoo - Europas führende Zoologische Gärten 2010 bis 2020.

Schüling-Verlag, Münster. Brosch.,  388 Seiten. ISBN 978-3-86523-183-3.

sheridan-biblio

Freigegeben in S
Sonntag, 06 Januar 2013 09:10

LEYHAUSEN, P. (1962)

Smaller cats in the zoo.

Int. Zoo Yearb. 3: 11-21.

Inhalt:

Es wird festgestelt, dass Kleinkatzen vielfach völlig inadäquat gehalten werden. Weil sie klein sind, werden sie in kleine Käfige gesteckt, die an die Menagerien früherer Zeiten erinnern. Dabei benötigen sie relativ mehr Platz als Großkatzen. Ausreichend Deckung ist erforderlich, Außengehege sollten bepflanzt sein. Innengehege sollten idealerweise von den Besuchern durch Glasscheiben abgeschirmt sein. Es sollte wenig schieres Fleisch, aber möglichst oft Kleinsäuger oder Vögel in ganzen Tierkörpern verfüttert werden. Der Verfasser postuliert, dass außerhalb Besuchersicht lebende Tiere verfüttert werden sollten.

leyhausen-biblio

Freigegeben in L
Donnerstag, 14 Juni 2018 09:01

HEDIGER, H. (1949)

Exotische Freunde im Zoo.

159 Seiten, 21 s/w-Bildtafeln.
Verlag Friedrich Reinhardt AG, Basel.

Nachdruck 1968 als Taschenbuch, 140 Seiten, 41 s/w-Abbildungen.
Herder-Bücherei 303.

Inhalt:

Kapitel über Bären, Indische Elefanten, Afrikanische Elefanten, Giraffen, Nashörner, Menschenaffen, Flusspferde, Seelöwen und Okapi. Das Buch ist die z.T. erweiterte Wiedergabe einer lockeren Folge von 9 Vorträgen, die über den schweizerischen Mittelwellen-Landessender Beromünster ausgestrahlt worden waren.

hediger-biblio

Freigegeben in H
Sonntag, 06 Januar 2013 08:59

HEDIGER, H. (1931)

Zoologische Gärten und Naturschutz.

Schweiz. Blätter für Naturschutz 6: 97-105.

Auszug:

Tiergärten und Naturschutzbestrebungen sind in Wirklichkeit keine Gegensätze, vielmehr gehören die Tiergärten mit zu den wertvollsten Helfern und Hilfsmitteln des neuzeitlichen Naturschutzes. Sie sind nicht nur letzte Asyle für manche im Freien schon ausgestorbene Tierart und Erholungsstätten für stark gefährdete Arten, sondern mancher Tiergartenleiter ist als Naturschützer bahnbrechend hervorgetreten. – und vor allem sind die Tiergärten Anschauungs- und Bildungszentren, in denen das Verständnis für das Tier, das Interesse am Tier und die echte gesunde Liebe zum Tier gemehrt wer-den. Diese vom Tiergarten ausgehende Breiten- und Tiefenwirkung stellt eine ebenso unentbehrliche wie fruchtbare Voraussetzung für alle Naturschutzbestrebungen dar. Tierschutz im Sinne von Schutz des freilebenden Tieres  ist nur denkbar bei gleichzeitigem Schutz des tierlichen Wohnraumes, also auch der Pflanzenwelt, des Geländes . Der Schutz des freilebenden Tieres ist daher gewissermassen Naturschutz in höchster Potenz.

...

Von allen Hilfsmitteln, die für das Verständnis und den Schutz des Tieres, und damit der Natur, zu werben vermögen, ist wohl das Tier selber, das lebendige Tier, das wirksamste. Es kann dem breiten Publikum nur im Tiergarten aus nächster Nähe vertraut gemacht werden. Und es muss aus der Nähe wirken, damit es zu jenem Kontakt zwischen Tier und Mensch kommt, der die Grundlage für die er-strebten positiven Beziehungen schafft. Keine noch so meisterhafte Schilderung, kein  noch so vor-treffliches Bild vermag dabei so viel zu leisten, wie die lebendige Tierpersönlichkeit, das Geschöpf aus Fleisch und Blut.

hediger-biblio

Freigegeben in H
Donnerstag, 14 Juni 2018 08:58

HEDIGER, H. (1938)

Über Erstimporte.

CIBA-Zeitschrift Nr. 54: 1871-1874.

 

hediger-biblio

Freigegeben in H
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx