HELLER, S. (2011)
Malaria-Erreger in Zoo-Vögeln.
Bachelorarbeit
45 Seiten
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
(Betreuer: Prof. Dr. Heinz Mehlhorn, Institut für Zellmorphologie, Zellbiologie und Parasitologie) und
Zoo Wuppertal
Zusammenfassung:
In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass Haussperlinge natürliche Wirte der Vogelmalaria sind und deshalb ein Grund für die Infizierung nicht einheimischer Vögel, wie zum Beispiel Brillenpinguinen sein können. So wurden in den Haussperlingen, Haushühnern und Brillenpinguinen Vogelmalariaerreger vermutlich gleicher Arten gefunden. Der am häufigsten vorgekommene Erreger war Plasmodium relictum. In allen befallenen Erythrozyten waren lediglich Merozoiten und Trophozoiten zu sehen. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass keines der untersuchten Tiere stark erkrankt war.
Der Parasitennachweis mittels von Raubwanzen gewonnener Blutproben ist in der Arbeit gelungen. Es ist davon auszugehen, dass der Nachweis von anderen im Blut vorkommenden Parasiten ebenfalls möglich ist, jedoch müssen erst umfassende Studien durchgeführt werden. Das neu entwickelte Verfahren der Blutabnahme bei den Brillenpinguinen hat sich bewährt, allerdings ist diese Vorgehensweise nicht weniger stressvoll als die Blutabnahme mit einer Spritze.
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HOHAGE, B. (2012)
Aktivitätsrhythmen und Stressverhalten von Kleinkatzen in Menschenobhut.
Dr. rer. nat. Dissertation
188 Seiten
Fakultät für Biologie an der Universität Duisburg-Essen
Betreuer: Prof. Dr. Hynek Burda
Zoologischen Garten Wuppertal und Parc Zoologique et Botanique Mulhouse
Zusammenfassung:
In dieser Arbeit wurden mit Hilfe der digitalen Videobeobachtung zum ersten Mal der Aktivitätsrhythmus und die Verteilung der Verhaltensweisen zweier Kleinkatzenarten, neun Sandkatzen (Felis margarita) und sechs Schwarzfußkatzen (Felis nigripes), in zwei verschiedenen Zoologischen Gärten, Zoo Wuppertal und Zoo Mulhouse, untersucht. Es handelt sich um zwei nachtaktive und daher aufgrund der geringen Besucherattraktivität in Zoologischen Gärten eher selten gehaltene Arten.
Beide Arten zeigten einen bimodalen Aktivitätsrhythmus mit Spitzen in den Morgen- und frühen Abendstunden beziehungsweise ein ausgeprägtes Minimum zur Mittagszeit. Bei regelmäßiger Fütterung bildeten sich zu diesen Zeiten zusätzliche Aktivitätsspitzen aus. Allerdings dominierte bei den meisten Tieren die Aktivität in der Nacht. Die Laufwege waren mit 8 bis 27 km pro Tag bei beiden Geschlechtern enorm und waren damit vergleichbar mit den nächtlichen Laufstrecken dieser Katzen in freier Wildbahn.
Die Schwarzfußkatzen waren im Schnitt aktiver als die Sandkatzen, die Verteilung der Verhaltensweisen war indes bei beiden Arten individuell sehr verschieden. Das wiederholte Ablaufen fester Wegstrecken zeigten alle Schwarzfußkatzen, wohingegen zwei von neun Sandkatzen nie bei dem sogenannten Pendeln beobachtet wurden. Auch hier pendelten die Männchen mehr als die weiblichen Tiere. Die beobachteten Paarungen verliefen bei den Schwarzfußkatzen vergleichbar wie im Freiland, bei der Aufzucht zeigte das Weibchen im Gegensatz zu ihren wilden Artgenossen indes enorme Veränderungen im Aktivitätsrhythmus. Auch der enge Kontakt zwischen Mutter und Jungtier blieb im Zooumfeld länger bestehen als bei Beobachtungen im Freiland.
Um zu überprüfen, ob die Tierhaltung Stress auslöst, wurden bei den Schwarzfußkatzen auch Stresshormonwerte aus dem Kot ermittelt. Es zeigte sich, dass unabhängig vom Alter oder Geschlecht die aktiven Tiere niedrigere Hormonwerte aufwiesen als weniger Aktive. Die Aktivität wurde durch den Belichtungswechsel, die Fütterung sowie auch durch die Tierpfleger und Artgenossen beeinflusst. Bei der Fütterung waren die meisten Tiere aktiv, wohingegen sie sich bei der Gehegereinigung zurückzogen. In der Paarhaltung waren die Männchen gegenüber der Einzelhaltung aktiver, einige Weibchen verringerten im Paar ihre Aktivität oder verschoben die Aktivitätsphasen gegenüber ihrem Partner. Aber auch bei gleichbleibender Aktivität schien es doch zu einer räumlichen Trennung zu kommen, da die Tiere nur ausnahmsweise an denselben Ruheplätzen beobachtet wurden. Management-Eingriffe, wie Transport innerhalb der Institution oder Impfung, hatten keine längerfristigen Auswirkungen auf das Verhalten und den Rhythmus der Tiere. Allerdings beeinflusste der Transport zwischen zwei Zoologi-schen Gärten das Verhalten eines Schwarzfußkaters für weitere neun Tage.
Als problematisch, mit Blick auf eine Haltung in Zoologischen Gärten beziehungsweise der damit verbundenen Besucherattraktivität, erweist sich die Tatsachen, dass der Großteil der Aktivität wie bei ihren wilden Artgenossen außerhalb der Besuchszeiten stattfindet.
Die Paar- bzw. Einzelhaltung brachte keine deutliche Veränderung an der Tagesaktivität beider Arten. Die Aufzucht von Jungtieren bietet jedoch eine natürliche Möglichkeit diese nachtaktiven Tiere auch tagsüber vermehrt aktiv zu zeigen. Auch einsehbare Ruheplätze, erweiterte Öffnungszeiten oder speziellen Abendführungen könnten dem Zoo die Möglichkeit einräumen diese faszinierenden Arten für den interessierten Zoobesucher attraktiver darzustellen.
Summary
This work presents the 24-hr activity rhythms and the distribution of different behaviour categories of two small felid species, nine sand cats (Felis margarita) and six blackfooted cats (Felis nigripes), in two different zoos, Wuppertal Zoo and Mulhouse Zoo. These species are both largely nocturnal and therefore less attractive for visitors and are thus rarely shown in zoos.
Both cat species revealed a bimodal activity pattern with peaks in the morning and early evening hours and accordingly a pronounced minimum during midday. Due to regular feeding the cats showed additional peaks around feeding time. But most animals were more active during the night. The travelled distances were enormous in both sexes and reached magnitudes (8 to 27 km per day) comparable to their wild counterparts.
On an average the black-footed cats were more active than the sandcats, the distribution of different behaviour categories however varied individually in both species. The repeated running of the same path (pacing) was shown by all of the observed blackfooted cats, whereas two of nine sandcats were never observed doing so. Also males paced more than females. The analysed copulations of black-footed cats were comparable to those in the field. In contrast, the female showed great changes in her activity rhythm during breeding, which is not observed in her wild conspecifics. Also the tight bond between mother and cub lasted longer in the zoo than in their natural surroundings.
To test whether the animal husbandry causes stress a faecal analysis of stress hormones was conducted for the black-footed cats. It was shown that apart of age or sex the more active animals had lower stress hormone levels than their less active conspecifics. The activity of the cats was influenced by the light-dark-cycle, feeding schedule, animal keeper as well as conspecifics. Most cats were active during feeding times whereas they hid during cleaning procedures. Males were more active when kept in opposite-sexpairs compared to single housing, in contrast, some females reduced their activity or switched their activity peaks slightly when kept in pairs compared to their partner. But even without modifications in their activity the cats seemed to separate spatially and were rarely seen in one common resting site. Manipulations like transfers within the institution or vaccination incidences had no long-term influence on the behaviour or the activity rhythm. However, the transport of one male black-footed cat between two zoos altered his behaviour for up to nine days.
The most striking problem in respect to the keeping in captivity and the related need for attractiveness of the animals poses the appearance of the better part of activity outside the visiting hours of the zoo.
The pair- or single-housing yielded no evident changes in the diurnal activity in both species. Breeding poses the most natural method for raising the day activity. Also visible resting sites, extended visiting hours or the offer of guided tours in the evening could help to present these fascinating animals more attractively to zoo visitors.
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DRESSEN, S. (2011)
Buenos Aires, Patagonien, Rio Uruguay - ein argentinischer Reisebericht.
MILU Berlin 13 (3): 457-475.
Inhalt:
Der Bericht umfast folgende Abschnitte: Einleitung, Bioparc Temaikén, Halbinsel Valdéés, Nationalpark El Palmar. Es wird u.a. aif das Problem invasiver Neozoen hingewiesen.
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WINDECKER, W. (1970)
Jahresbericht des Zoologischen Gartens Köln - 1969.
Z. Kölner Zoo 13 (1): 27-38.
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SOMMER, R. (2005)
Beitrag der wissenschaftlich geleiteten Zoos zur Arterhaltung.
Bundesamt für Veterinärwesen, Liebefeld-Bern.
TVT (2005)
Merkblätter zur Haltung von Zirkus- und Zootieren: Merkblatt TVT 2.1 Kameliden.
Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V., D- 49565 Bramsche.
Inhalt:
Neben zoologischen Basisinformationen enthält das Merkblatt Informationen zu Haltung und Transport, eine Checkliste sowie eine Gegenüberstellung der für die tierschutzrechtliche Beurteilung für Deutschland relevanten Angaben.
Volltext (PDF)
KERN, C. (2011)
Hohes Lebensalter beim Somaliwildesel (Equus africanus somalicus Sclater, 1884) und Beobachtungen zur Tragzeit bei dieser Art im Tierpark Berlin.
MILU, Berlin 13, Heft 2: 205-210.
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HEDIGER, H. (1977)
Zoologische Gärten. Gestern - Heute - Morgen.
Verlag Hallwag, Bern und Stuttgart. ISBN 3-444-10229-1. 110 Seiten mit zahlreichen Abbilungen.
Rezension (im Beutelwolf-Blog):
Heini Hediger war ein Schweizer Zoologe und Zoodirektorund der Begründer moderner Tiergartenbiologie. Hediger lieferte bedeutende Beiträge zur Tierpsychologie und zum Konzept eines Zoos, der nach Hediger kein rein kommerzieller Betrieb ist, sondern den Charakter einer kulturellen Institution tragen muss.
Zoologische Gärten: Gestern – Heute – Morgen aus dem Jahr 1977 enthält Beiträge aus Vorlesungen der URTI (Université radiophonique et télevisuelle internationale), die in mehreren Sprachen unter dem Titel „Aspekte der Tiergarten-Biologie“ ausgestrahlt wurden.
Das Buch bot zudem die Möglichkeit die Texte mit historischen Illustrationen und Fotografien (meist vom Autor selbst gemacht) zu bereichern. Dadurch ist ein interessantes Buch der Zoogeschichte entstanden, das auch aus heutiger Sicht nichts an Aktualität verloren hat, selbst was das Kapitel über die zukünftigen Zoos anbelangt.
- Neben einer kurzen Geschichte der Zoos, geht Hediger auch auf die vier Hauptaufgaben der zoologischen Gärten ein:
- Der Zoo ist ein Erholungsraum für die Stadtbevölkerung und stellt damit einen Notausgang zur Natur dar.
- Der Zoo ist eine Informationsquelle auf dem Gebiet der Natur, insbesondere der Tierkunde und dient somit allgemein der Bildung.
- Der Zoo betreibt Naturschutz und schützt gefährdete Arten und hat deshalb Bedeutung als Refugium und Zuchtstation.
- Der Zoo ist wichtig, weil er sich an der wissenschaftlichen Forschung beteiligt und vor allem das Verhalten der Tiere genauer untersucht.
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DOLLINGER, P. (Hrsg., 2010)
Die Rolle der Zoos für die Erhaltung der Biodiversität.
Verhandlungsbericht des IV. Rigi-Symposiums, gemeinsam organisiert von ZOOSchweiz, OZO und Zoos in Bayern, Goldau-Rigi, 28.-30. Januar 2010. Zoo Office Bern. 90 Seiten.
Editorial:
„Biodiversität“ oder auch „biologische Vielfalt“ umfasst sowohl die genetische Vielfalt, die Artenvielfalt als auch die Vielfalt der Ökosysteme (BAUR, B., 2010). Die gesamte Artenvielfalt der Schweiz wird auf 70’000 Arten geschätzt (BAUR, B. et al., 2008), jene Österreichs auf 67'000 Arten (SAUBERER, N. et al., 2008). Die gegenwärtigen Verlustraten an Biodiversität liegen um ein Vielfaches höher als im Durchschnitt der Erdgeschichte. Im Jahre 2002 haben daher die am Erdgipfel in Johannesburg versammelten Staaten beschlossen, den Rückgang an natürlicher Vielfalt bis ins Jahr 2010 signifikant zu verlangsamen. Die europäischen Länder gingen noch einen Schritt weiter. Sie verpflichteten sich an der 5. Ministerkonferenz «Umwelt für Europa» in Kiew (Mai 2003), den Verlust an biologischer Vielfalt bis zu dem von den Vereinten Nationen als „Jahr der Bio-diversität“ deklarierten Jahr 2010 zu stoppen (LACHAT, T. et al. 2010). Um den Forderungen an die Regierungen und Behörden Nachdruck zu verleihen, lancierten die Mitgliederorganisa-tionen der IUCN, darunter die Schweizer Zoos, der Verband Deutscher Zoodirektoren (VDZ) und der Weltverband der Zoos und Aquarien (WAZA) die paneuropäische Initiative „Countdown 2010“. Damit sollte europaweit politischer Druck auf die Entscheidungsträger ausgeübt und die Öffentlichkeit für den Wert der natürlichen Vielfalt sensibilisiert werden.
Das half aber alles nichts. Das „Jahr der Biodiversität“ wurde am 11. Januar 2010 in Berlin von der deutschen Bundeskanzlerin, Angela Merkel, und am Tag darauf in Bern durch Bundesrat Moritz Leutenberger eingeläutet - und man musste feststellen, dass die Ziele des Countdowns weit verfehlt worden waren. Und allen Lippenbekenntnissen der Politik zum Trotz ist eine Trendwende nicht in Sicht.
Dies bot Anlass für die Zoos in Bayern, Österreich und der Schweiz sich im Rahmen des vierten Rigi-Symposiums mit dem Problem des Biodiversitätsverlustes auseinander zu setzen und zu ergründen, was die Zoos bisher dazu beigetragen haben, den Biodiversitätsverlust zu bremsen, und wo noch zusätzliches Po-tenzial liegt.
Wie CLAUDE MARTIN ausführte, kann der Biodiversitätsverlust zwar nicht quantifiziert werden. Er ist aber zweifellos massiv, weil der ökologische Fussabdruck der anwachsenden Erdbevöl-kerung immer grösser wird. Der zunehmende Verschleiss von Energie und Materie droht durch seinen negativen Einfluss auf das Klima die Errungenschaften des Biodiversitätsschutzes zunichte zu machen. Dieses Problem wird die Staatengemein-schaft auch in Zukunft nicht in den Griff bekommen, wenn nicht die zunehmend globalisierte Konsumgesellschaft ihren Lebensstil massiv ändert.
Aus dem Referat VON BRUNO STADLER, das die Situation im Alpenraum darstellte, wurde auch deutlich, weshalb der Countdown 2010 scheitern musste: Die Staaten haben es schlichtweg versäumt, rechtzeitig griffige Instrumente zur Erhaltung der Biodiversität bereitzustellen. So begann die Schweiz erst im Jahr 2009 mit den technischen Vorarbeiten für eine nationale Bio-diversitätsstrategie. Deutschland hat zwar seit 2008 eine Strategie, diese wird aber von den Umweltverbänden als zu wenig ambitioniert beurteilt, um das Ziel zu erreichen, und in Öster-reich hapert es mit der Umsetzung der bereits seit 1998 beste-henden Strategie.
Wie JÖRG JUNHOLD feststellte, haben sich die Zoos zwar nur minimal an der Countdown-Initative beteiligt, in der Praxis können sich aber Ihre Beiträge durchaus sehen lassen: Mit der Welt-Zoo- und Aquarium-Naturschutzstrategie wurde 2005 ein deutliches Zeichen gesetzt, es wurden regelmässige Artenschutzkampagnen durchgeführt und mit der „Amphibien-Arche“ wurde ein langfristiges Programm in die Wege geleitet, das sich der Erhaltung dieser besonders gefährdeten Tierklasse widmet. Das Potenzial der Zoos ist aber bei weitem nicht ausgeschöpft. URS und CHRISTINE BREITENMOSER kommen aus Sicht der IUCN Cat Specialist Group zu in etwa denselben Schlüssen und benennen fünf Punkte, wo die Zoos vermehrt etwas für die Erhaltung der Katzen tun könnten.
Die Frage der Erhaltungszuchtprogramme wurde aus unter-schiedlichen Blickwinkeln diskutiert. Währenddem CHRISTIAN SCHMIDT die erzielten Erfolge betonte, dabei aber durchaus Optimierungsmöglichkeiten sah, und BENGT HOLST aus IUCN-Sicht feststellte, dass Zoos durch Erhaltungszuchten sehr viel zum Gelingen von Aktionsplänen der IUCN beitragen können, wenn sie sich an bestimmte Voraussetzungen halten, relativierte ALEX RÜBEL die Bedeutung der Zuchtprogramme für die Erhaltung der Biodiversität und stellte fest, dass, so wie die Programme jetzt betrieben würden, das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen nicht das beste sei. Er forderte deshalb eine klare Trennung wischen Programmen, die effektiv der Art-erhaltung, und solchen, die lediglich der Erhaltung von Zoo-populationen dienen. Letztere wären mit einem viel geringeren Verwaltungsaufwand zu betreiben.
MANFRED NIEKISCH und HEINER ENGEL, welche die Rolle der Zoos für den Schutz der Biodiversität in situ beleuchten, kom-men beide zum Schluss, dass dies eine der Kernaufgaben der Zoos ist, allerdings nicht unbedingt die wichtigste, die zudem, um wirkungsvoll zu sein, der Kooperation mit anderen Partnern bedarf.
Wenn LOTHAR PHILIPS Bildung als die wichtigtse Aufgabe der Zoos nennt, sieht er sich in Übereinstimmung mit vielen ande-ren Referenten, die andere Themen abgehandelt haben. Bildung im Zoo soll Bildung für Nachhaltige Entwicklung mit Fokus Biodiversität sein. In diesem Feld können zahlreiche Kompetenzen durch die Zoos gefördert werden, wie KARIN HINDENLANG ausführt.
Dass Forschung als wichtige Aufgabe der Zoos zur Ethaltung der Biodiversität am Schluss der Referate kommt, entspricht wohl auch der Situation im wirklichen Leben. Zwar gibt es, wie der Beitrag von THOMAS ZIEGLER zeigt, Zoos, deren Leistungen sich durchaus sehen lassen können, aber das sind wenige, und eine stärkere Partizipation ist gefordert nach dem Motto: Wenn Viele nur ein Weniges beitragen können sie gemeinsam Grosses leisten.
Mit einigen provokativen Aussagen und unkonventionellen Ideen versuchte PETER DOLLINGER die Diskussion anzuheizen. Es wurde dann auch viel diskutiert, aber im Grossen und Ganzen war man sich rasch einig und konnte, wie bei den Rigi-Symposien üblich, ein Konsensdokument verabschieden. Darin stellten die Teilnehmer übereinstimmend fest, dass die Kern-kompetenz der Zoos bei der Tierhaltung in Verbindung mit der Bildung und Kommunikation liegt, und dass sich aus der Tier-Mensch-Begegnung der grösste Beitrag ergibt, den die Zoos zur Erhaltung der Biodiversität leisten können. Dieser steht im Vordergrund gegenüber der „Arche Noah“-Funktion der Zoos. Ihre Aufgaben im in situ-Naturschutz, die gegenwärtig von WAZA (2005) und den Zoos im angelsächsischen Sprachraum in den Vordergrund gerückt werden, sollen die Zoos in Zusammenarbeit mit Partnern wahrnehmen, und dasselbe gilt für die Forschung.
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DOLLINGER, P. (2010a)
Ziele und Aufgaben der Zoos heute
In: Burhenne, V. ,ed.: Zoogeschichte(n) – wilde Tiere für Europa. 128-143. Münster.
Volltext:
Der Begründer der Tiergartenbiologie, der Schweizer Tierpsychologe und Zoodirektor Heini HEDIGER (1973) wies dem modernen Zoo vier Hauptaufgaben zu: Erholung, Belehrung, Forschung und Naturschutz. Er umschrieb diese wie folgt:
- Ein Zoo muss der Bevölkerung als Erholungsraum dienen. Er bildet einen psychohygienisch höchst wichtigen Bestandteil des menschlichen Großstadt-Biotopes.
- Er hat die volkstümliche Belehrung des breiten Publikums zu fördern. Der europäische Fischotter wird nur deswegen ausgerottet, weil Generationen von uns eingehämmert worden ist, der Fischotter sei der schlimmste Feind der Fischerei, was nachweislich falsch ist….
- Ein Zoo hat seinen Tierbestand auch wissenschaftlich auszuwerten und sich an der Forschung aktiv zu beteiligen, und zwar nicht nur hinsichtlich der Rezepte für die optimale Haltung und Züchtung bestimmter bevorzugter Arten, sondern auch im Hinblick auf die weit reichenden Folgen der «Umkehr des Lebensraumes», d. h. der noch viel zu wenig beachteten Tatsache, dass die Wildtiere aus ihren ursprünglichen Biotopen durch die fortschreitende Technik immer mehr verdrängt werden, in immer größerer Zahl aber in den Metropolen in Neo-Biotopen und Parkarealen gehalten werden.
- Der Zoo muss sich in den Dienst des Naturschutzes stellen, u. a. auch durch Asylgewährung an bedrohte Tierarten und deren Wiedereinbürgerung.
HEDIGERs Sichtweise prägt das Selbstverständnis der Zoos bis heute (RÜBEL, 2003; ALTHAUS, 2005; SCHRATTER, 2008). Allerdings hat eine gewisse Verschiebung der Gewichtung stattgefunden. Für die Gründung der bürgerlichen zoologischen Gärten im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Aspekt der Erholung ausschlaggebend. Heute legitimieren sich die Zoos hauptsächlich dadurch, dass sie den Naturschutzaspekt in den Vordergrund rücken. Den Boden für diese Entwicklung hat zweifellos Bernhard GRZIMEK gelegt , der nicht nur – wohl als erster Zoodirektor - einen erheblichen Teil seiner Zeit dem in situ-Naturschutz widmete, sondern seine Naturschutzaktivitäten durch Bücher, wie „Serengeti darf nicht Sterben“ (GRZIMEK, 1959) und seine Fernsehsendungen auch ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit brachte.
Die Welt-Zoo-Naturschutzstrategie 1993
Programm wurde die Priorität der Naturschutzaufgabe durch die Welt-Zoo-Naturschutzstrategie des Internationalen Zoodirektorenverbandes (IUDZG/CBSG, 1993). Diese altehrwürdige Organisation, die ihre Wurzeln im 19. Jahrhundert hatte, befand sich um 1990 in einer Krise. Vom früheren Leistungsausweis war wenig übrig geblieben und es erwuchs ihr ein Konkurrenzdruck durch neue, sehr aktive Zoo-Organisationen auf nationaler oder kontinentaler Ebene. Die IUDZG stand deshalb vor der Alternative „Change or become extinct“. Sie entschloss sich für das Weitermachen und leitete eine Reihe von Veränderungen ein, die innerhalb eines Jahrzehnts aus einem – oft als „Old Boys Club“ belächelten - Zoodirektorenverein den heutigen Welt-Zoo- und Aquarienverband (WAZA) mit institutioneller (statt persönlicher) Mitgliedschaft, professioneller Geschäftsstelle und umfangreichem Aufgabenkatalog machten und die regionalen Verbände in das System integrierten, so auch den Verband Deutscher Zoodirektoren e.V. (VDZ).
Die Daseinsberechtigung der Zoos wurde damals zunehmend von Tierschützern und Tierrechtlern infrage gestellt, was bald einmal auch die Haltung von Naturschutzverbänden, Politikern und der Verwaltung beeinflusste und sich in einer Gesetzgebung niederschlug, die von tiefem Misstrauen gegen die Zoos geprägt war (POLEY, 1993). Unter Führung des erneuerten Internationalen Zoodirektorenverbandes sollten sich die Zoologischen Gärten daher weg von der Tiersammlung hin zum Naturschutzzentrum entwickeln und dadurch neues Ansehen gewinnen. Die von der IUDZG auf der Grundlage der Welt-Naturschutzstrategie „Caring for the Earth“ (IUCN/UNEP/WWF, 1991) entwickelte Strategie sollte dafür als Leitlinie dienen.
Die Strategie von 1993 wandte sich auch an ein breiteres Publikum, indem sie die Geschichte der Zoos darstellte, statistische Informationen lieferte und die Aufgaben der modernen Zoos im Sinne HEDIGERs erläuterte, wobei sie dem Naturschutz oberste Priorität einräumte. Sie sah den durch die Zoos zu betreibenden Naturschutz vor allem als ex situ-Aktivitäten, nämlich Erhaltungszucht, Information, Motivation und Forschung. Die Zoos sollten eine Funktion als Arche Noah wahrnehmen und eine Zeitbrücke bauen. Tierarten sollten also im Zoo (ex situ) solange überleben können, bis sich die Lage in ihrem natürlichen Lebensraum (in situ) so weit gebessert hätte, dass eine Wiederansiedlung möglich wäre. Bestandesplanung, Methoden der nachhaltigen Zucht und künstliche Vermehrungstechniken nahmen daher einen breiten Raum ein.
Die Zoogemeinschaft nahm die Strategie, die bald einmal durch das Dokument “Zoo Future 2005” (IUDZG-WZO, 1995) ergänzt wurde, wohlwollend auf, und eine Entwicklung, die bereits in den 1980er Jahren eingesetzt hatte, wurde dadurch beschleunigt. Die Einrichtung zoopädagogischer Dienste wurde Standard in allen größeren Zoos. Das im Rahmen des Europäischen Zoo und Aquarienverbandes EAZA 1988 gegründete Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) nahm rasch an Umfang und Bedeutung zu und umfasste im Oktober 2008 koordinierte Zuchtprogramme für 172 Tierarten. Und schon bald einmal konnten Wiederansiedlungsprojekte in Angriff genommen werden, deren Erfolg all jene Zoogegner Lügen strafte, die behauptet hatten, in Gefangenschaft geborene Tiere seien für ein Leben in freier Wildbahn nicht geeignet.
Die Welt-Zoo- und Aquarium-Naturschutzstrategie 2005
Nachdem die Wirklichkeit die alte Welt-Zoo-Naturschutzstrategie in manchen Bereichen überholt und sich auch das politische Umfeld geändert hatte (Biodiversitätskonvention, Agenda 21), beschloss der Weltverband der Zoos und Aquarien 2001 eine neue Strategie zu entwickeln. Diese war geleitet von der Erkenntnis, dass Naturschutz nicht mehr im Elfenbeinturm stattfinden könne, sondern dass auch sozioökonomische Aspekte berücksichtigt und insbesondere die lokale Bevölkerung eingebunden werden müsste. Auch war der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Zeitbrücke vielfach funktioniert hatte und es mittlerweile Wiederansiedlungsprogramme für über 200 Arten gab, und dass sich Zoos und Aquarien nicht mehr darauf beschränkten, einfach Tiere zur Verfügung zu stellen oder Geld für Naturschutzorganisationen zu sammeln und diesen die Ausführung der Projekte zu überlassen, sondern dass sie mehr und mehr selbst im in situ-Naturschutz tätig wurden.
Für den Entwurf eines jeden Kapitels der neuen Strategie wurde eine eigene Arbeitsgruppe bestimmt, und insgesamt leisteten rund 300 Fachleute einen Beitrag zu dem Dokument. Dies verlängerte zwar den Prozess, erhöhte aber zweifellos die Akzeptanz des Endproduktes, das 2005 gleichzeitig auf Englisch und Deutsch veröffentlicht wurde (WAZA 2005).
Die neue Strategie erkennt an, dass es nach wie vor Interessengruppen gibt, die der Haltung von Wildtieren in Menschenhand feindlich gegenüberstehen, und stellt fest, dass Zoos und Aquarien ihre Naturschutzaufgaben nur wahrnehmen können, wenn sie sich dieser Opposition direkt stellen. Berechtigte Kritik müssen sie annehmen; sie müssen besser werden und ihre Aktivitäten so darstellen, dass die Öffentlichkeit sie unterstützt. Sie müssen deutlich machen, dass Zoos und Aquarien eine Naturschutzaufgabe wahrnehmen und gleichzeitig hohe Standards für das Wohlbefinden der Tiere einhalten. Die Strategie strebt an, dass Zoos und Aquarien durch konsequentes Wahrnehmen ihrer Möglichkeiten eine der stärksten Kräfte im weltweiten Naturschutz werden. Das Zauberwort dazu heißt „Integration“, was bedeutet, dass alle Tätigkeiten der Zoos und Aquarien stärker vernetzt und in Beziehung zu nachhaltigen Feldprojekten und in situ-Programmen gesetzt werden sollen.
Naturschutz wird so als durchgängiges Prinzip definiert. Ferner müssen die Werte Nachhaltigkeit sowie Sozial- und Umweltverantwortlichkeit Grundlage der Philosophie jeder Institution sein. Von den Zoos wird gefordert, dass sie ständig daran arbeiten, die Wahrnehmung ihrer vier Hauptaufgaben zu verbessern, und dass sie nachhaltige, energiesparende Verfahren im Betrieb und beim Bauen anwenden und diese „grünen“ Praktiken ihren Besuchern erklären, dass sie die Besucher über die Bedrohung von Arten und Lebensräumen sowie über Schutzmaßnahmen der Zoowelt und anderer Organisationen informieren und klar machen, was die Tierhaltung im Zoo mit Naturschutzprojekten vor Ort zu tun hat, dass sie durch Öffentlichkeitsarbeit zur Bewusstseinsbildung beitragen und die Besucher und die breite Öffentlichkeit in die Debatte über die vielseitigen Gründe der Bedrohung von Lebensräumen und Arten in freier Wildbahn einbeziehen, sie motivieren und versuchen, ihre Unterstützung zu gewinnen, dass sie versuchen, auch die Souvenirläden und die Gastronomie in Naturschutzprogramme einzubinden – zum Beispiel durch den Verkauf von Kunsthandwerk aus Naturschutzgebieten, um mit den Einnahmen die lokale Bevölkerung zu unterstützen.
Der Zoo als Tierhaltungsbetrieb
Währenddem es früher Ziel der Zoologischen Gärten war, möglichst artenreiche Kollektionen zu zeigen, ist in den letzten Jahrzehnten ein klarer Trend zur Reduktion der Tierbestände zu beobachten. Im Gegenzug wurden Gehege zusammengelegt, vergrößert und tiergerechter eingerichtet, Programme zur Verhaltensanreicherung entwickelt und das Leben vieler Zootiere durch die Gemeinschaftshaltung mehrerer Arten interessanter gestaltet. Maßgeblich hiefür sind die ethischen Richtlinien des Weltverbandes der Zoos und Aquarien (WAZA), die verlangen, dass alle Gehege so groß und so ausgestattet sein müssen, dass sie ein natürliches Verhalten zulassen und dass den Tieren Rückzugsmöglichkeiten und, wo erforderlich, Abtrenngehege zur Verfügung stehen. Für viele Tierarten gibt es zudem konkrete Haltungsrichtlinien, die vom Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) herausgegeben wurden und die zumeist erheblich über den gesetzlichen Mindestanforderungen liegen. Denn nur wenn die Zoos ihre Tiere optimal halten, können sie als Naturschutzeinrichtungen glaubhaft sein. Ebenfalls entsprechend den WAZA-Richtlinien bemühen sich die Zoos, wo immer möglich Neuanschaffungen auf in menschlicher Obhut zur Welt gekommene Tiere zu beschränken. Bei Arten, für die es Erhaltungszuchtprogramme gibt, ist der Rat des Zuchtkoordinators für die betreffende Art einzuholen.
Anders als früher sehen die Zoos heute davon ab, möglichst viele Tiere zu züchten, denn die Fortschritte in Tierhaltung und Zootiermedizin haben dazu geführt, dass die Lebenserwartung im Zoo meistens höher ist, als in freier Wildbahn. Es braucht somit weniger Nachzuchttiere, um den eigenen Bestand zu erhalten, und die Platzierung in anderen Haltungen ist oft schwierig, weil dafür nur Einrichtungen infrage kommen, die über geeignete Unterbringungsmöglichkeiten verfügen. Zoos sehen sich deshalb immer wieder dem Problem gegenüber, dass sie Jungtiere nicht an einen guten Platz vermitteln können und sie deswegen einschläfern oder schlachten müssen. Das Töten solch „überzähliger“ Tiere ist naturgemäß wenig populär und seine Notwendigkeit dem Publikum nur schwer zu vermitteln. Durch Haltungsmaßnahmen, wie das vorübergehende Trennen männlicher und weiblicher Tiere oder durch chirurgische oder pharmakologischen Empfängnisverhütung, versuchen die Zoos daher, die Zahl der nicht platzierbaren Tiere gering zu halten. Aber es muss dem Publikum auch klargemacht werden, dass eine zu starke Einschränkung der Geburtenrate nicht nur negative verhaltensbiologische Aspekte hat, sondern letztlich auch keine nachhaltige Zucht zulässt, und dass, ausgehend von einer Naturschutzvision der Zoos, die Nachhaltigkeit im Einsatz von Ressourcen und die Erhaltung der Biodiversität die höhere Priorität haben muss als die Erhaltung von einzelnen Individuen (RÜBEL, 2003). Die Leute müssen verstehen, dass auch in der Natur viel mehr Jungtiere geboren werden, als zur Fortpflanzung gelangen, und dass die nicht zur Erhaltung der eigenen Art nötigen Tiere im Nahrungskreislauf landen und damit zur Erhaltung anderer Arten beitragen.
Der Zoo als Freizeiteinrichtung
Jedes Jahr besuchen In Deutschland rund 60 Millionen Menschen einen Zoo, Tierpark, Wildpark, Vogelpark oder ein Schauaquarium. Damit gehören diese Wildtierhaltungen zu den bedeutendsten Freizeiteinrichtungen. Die Zoos brauchen diese Besucherzahlen, um wirtschaftlich zu arbeiten und weil sie ihren Aufgaben umso besser nachkommen können, je mehr Leute sie erreichen. Damit dies so bleibt, müssen sie sich ständig erneuern, ein gutes Angebot sichern und ein gutes Marketing betreiben.
Die lebenden Tiere in naturnaher Umgebung sind die Motivatoren der Besucher, mit denen der Zoo seine Ziele zu erreichen sucht. Eine moderne, naturnahe Tierhaltung, ist dabei entscheidend (RÜBEL, 2003). Diese muss nicht nur die Bedürfnisse der Tiere möglichst optimal befriedigen, sondern auch der Wahrnehmung des Publikums Rechnung tragen. Ein schwer vergitterter Affenkäfig mag den Tieren zwar sehr viel mehr Klettermöglichkeiten bieten als ein Gehege mit Glasabsperrung oder Wassergraben. Das Gitter vermittelt jedoch den Eindruck eines Gefängnisses und wird daher vom Publikum viel weniger akzeptiert.
Durch die Begegnung mit Tieren will der Zoo die Besucher für die Belange des Natur- und Artenschutzes motivieren, getreu dem VDZ-Motto „Wer Tiere kennt, wird Tiere schützen“. Begegnungen sind umso eindrücklicher, je unmittelbarer sie sind. Bei Tieren, die keine Gefahr für den Menschen darstellen, bietet es sich daher an, das Gehege für das Publikum begehbar zu machen. In großen Ökosystemhallen, in denen der Besucher den Eindruck hat, sich in einer exotischen Landschaft zu bewegen („habitat immersion“), wo die Tiere aber nicht leicht zu beobachten sind, hat sich der Einsatz von Zoo-Rangern bewährt, welche auf die Tiere aufmerksam machen und Erklärungen zu den einzelnen Arten abgeben können. Auch kontrollierte Fütterung durch die Besucher hat einen hohen Erlebniswert und ist bei manchen Tierarten durchaus vertretbar, gegebenenfalls unter unmittelbarer Überwachung durch das Zoopersonal.
Der Zoo als Lernort
Bildung ist eine zentrale Aufgabe der Zoos und wird als solche explizit in der Agenda 21 der Vereinten Nationen genannt. Zoos und Aquarien sind lebende Klassenzimmer, in denen Besucher emotional angesprochen und auf angenehme Art mit biologischen Phänomenen vertraut gemacht werden. Menschen aller Altersgruppen, die einen Zoo oder ein Aquarium besuchen, sollen den Tierbestand durch Entdecken und Staunen über die Vielfalt der Natur erfahren. Dabei soll ihnen ein allgemeines biologisches Wissen vermittelt werden, das sie die Zusammenhänge im Naturschutz verstehen lässt. Einen hohen Stellenwert hat die Arbeit mit Schülern. Größere Zoos betreuen daher Jahr für Jahr Hunderte von Schulklassen. In vielen Zoos finden auch Vorlesungen für Studenten und Volkshochschüler statt. Neben dem formalen Unterricht wird Wissen auch informell dem allgemeinen Publikum vermittelt. Die zoopädagogischen Dienste brauchen eine große methodische Kompetenz, um alle unterschiedlichen Besucher zu erreichen. Durch den Gebrauch des Internets können auch Menschen angesprochen werden, die nicht in den Zoo gehen.
Der Zoo als Forschungsstätte
Zoos haben die Möglichkeit, ihren Tierbestand für Forschung zu Gunsten des Naturschutzes einzusetzen und eine Plattform zu bilden, auf der sich Wissenschaftler und Besucher austauschen können. Diese Möglichkeiten werden allerdings noch nicht überall voll ausgeschöpft. Der VDZ fordert deshalb, dass alle seine Mitglieder Forschungsinitiativen im Naturschutz unterstützen und dass sie Mittel für Forschungsvorhaben sammeln, und die EAZA hat vor kurzem ein Strategiepapier herausgegeben, um die Situation zu verbessern (REID et al., 2009).
Hausinterne Forschung in Zoos kann auch zu neuen Erkenntnissen führen, die für die eigene Institution wichtig sind, wie etwa Untersuchungen in den Bereichen Tierhaltung, Besuchervorlieben oder zoopädagogische Methoden. Im Falle der Veterinärmedizin sind die Zoos in Deutschland, Österreich und der Schweiz insofern gut situiert, als die meisten von ihnen über fest angestellte Zootierärzte verfügen, die nicht nur kurativ tätig sind, sondern auch die Zeit und Gelegenheit haben, sich vertieft mit zootiermedizinischen Problemen zu befassen und entsprechende Arbeiten zu veröffentlichen.
Ebenso wichtig ist, dass die Zoos externen Forschungsgruppen Zugang zu Materialien und Tieren für Untersuchungen in verschiedenen Fachgebieten anbieten. Neben den Universitäten sind es im deutschsprachigen Raum vor allem Leibniz-Institute (namentlich das IZW Berlin), mit denen die Zoos zusammenarbeiten. Eine neue Dimension der Zusammenarbeit eröffnet das 2008 von der Fraunhofer-Gesellschaftins Leben gerufene Projekt „CRYO-BREHM“, in dessen Rahmen aus verschiedensten Geweben von Wildtieren Stammzellen isoliert und bei -145°C aufbewahrt werden - ein Schatz für den Artenschutz, die Forschung und eine spätere Nutzung zum Wohle der Menschheit.
Der Zoo als Naturschutzzentrum
Die Möglichkeiten der Zoos, sich als Naturschutzzentren zu betätigen, sind in ihrer Vielfalt einzigartig: Nur Zoos können Millionen von Menschen motivieren und informieren, Tiere züchten, sie für Auswilderungsprojekte zur Verfügung stellen, sowie ihr Gelände – die 47 VDZ-Zoos in Deutschland bedecken zusammen immerhin eine Fläche von etwa 1050 Hektar - ökologisch aufwerten und dadurch Lebensraum für einheimische Arten schaffen. Dazu können sie in Umweltbildung und -forschung tätig sein, Geld für den Naturschutz sammeln, ihre Einrichtung nach „grünen“ Grundsätzen betreiben, sowie Schutzprojekte finanziell, materiell und personell unterstützen oder selbst durchführen (DOLLINGER, 2005).
Als Beispiel mag das gemeinsame Amphibienschutzprogramm der Zoos und Privathaltern im deutschsprachigen Raum dienen, dessen Grundlage 2007 mit einem Amphibienkurs in Chemnitz gelegt wurde (DOLLINGER, 2008). An diesem Kurs wurden Vertreter von Zoos, Tier- und Wildparks und der Berufsverbände über das weltweite Amphibiensterben informiert und motiviert, sich der Problematik anzunehmen. In der Folge wurde das erworbene Wissen nach dem Schneeballsystem weitergegeben, indem Kurse für Kuratoren, Wildparkleiter, Zootierärzte, Zoopädagogen und Zootierpfleger organisiert wurden. Eine Reihe von Zoos erstellte neue Anlagen für Amphibien oder wertete bestehende auf. Für bislang elf Arten wurden langfristige Zuchtprogramme in die Wege geleitet. Zahlreiche Zoos, Tier- und Wildparks begannen mit lokalen Naturschutzorganisationen zusammenzuarbeiten, um gefährdete Amphibienlebensräume in ihrer Umgebung zu erhalten. In Einzelfällen ging dies mit Wiederansiedlungsprojekten einher. Einige Zoos beteiligten sich an Amphibienschutzprojekten in Ländern der Dritten Welt oder engagierten sich in Forschungsvorhaben. Amphibien wurden ein Thema für die Zooschulen. In einer Auflage von 20'000 Exemplaren wurde dazu ein Lehrmittel herausgegeben (BIRTSCH et al., 2008). Im Rahmen des von WAZA ausgerufenen Jahres des Frosches wurden Poster ausgestellt, Spenden und Unterschriften gesammelt, und über die Internetauftritte des VDZ und einzelner Zoos konnte ein weiteres Publikum erreicht werden.
Der Zoo als Wirtschaftsfaktor
Ein Aspekt des Zoos, der häufig übersehen wird, ist seine Rolle als Wirtschaftsfaktor. Zoos schaffen Arbeitsplätze. Allein die VDZ-Zoos geben rund 4000 Menschen Lohn und Brot. Hinzu kommen zahlreiche Arbeitsplätze in angeschlossenen Betrieben, wie den Zoogaststätten. Von der Wertschöpfung der Zoos profitieren aber auch Dritte, sei es als Zulieferer oder durch Ausgaben der Besucher auf der An- und Abreise. Der Natur- und Tierpark Goldau in der Schweiz hat errechnet, dass seine Wertschöpfung etwa das Drei- bis Vierfache seines Jahresbudgets beträgt und dass von den erzeugten Geldflüssen insbesondere die Standortregion profitiert (WEBER, 2008).
Anders als viele andere kulturelle Einrichtungen müssen die meisten Zoos ihre beträchtlichen Betriebskosten ganz oder zum größeren Teil selbst erwirtschaften. Weil sie dazu Eintrittsgelder erheben, wird ihnen häufig unterstellt, sie seien kommerzielle Einrichtungen. Dies trifft aber für die große Mehrheit der im VDZ organisierten Zoos nicht zu, denn diese werden vom Land oder von Kommunen betrieben, sind gemeinnützige Gesellschaften und als solche oft im Besitz der öffentlichen Hand oder sie gehören Stiftungen oder Vereinen. Relativ wenige könnten von ihrer Rechtsform her Profit machen. Diese fahren aber oft Defizite ein oder reinvestieren den Profit in vollem Umfang in das Unternehmen. Wenn Zoos im gleichen Ausmaß subventioniert würden, wie zum Beispiel städtische Theater, könnten sie getrost auf Eintrittsgebühren verzichten.
Was ist ein guter Zoo?
Die Zoos der Alpenregion haben sich zur Frage „Was ist ein guter Zoo?“ ihre Gedanken gemacht und diese wie folgt zusammengefasst:
Ein guter Zoo ist ein Zoo,
- in dem sich die Tiere, die Besucher und das Personal wohl fühlen,
- der wirtschaftlich und nachhaltig arbeitet, und
- der dem Tier-, Natur- und Artenschutz verpflichtet ist und die Empfehlungen der Welt-Zoo-Naturschutzstrategie bestmöglich umsetzt.
In diesem Sinne sollte es Ziel eines jeden Zoos sein, seine Aufgaben so wahrzunehmen, dass ihm das Prädikat „Guter Zoo“ gebührt!
Literatur:
Althaus, Thomas (2005). Naturschutzaktivitäten der Zoos aus externer Sicht – Aufwand und Nutzen. Verh.-Ber. 2. Rigi-Symposium – Die Bedeutung der Zoos für den Naturschutz. Goldau-Rigi, 17.-19.2.2005: 61-63.
Birtsch, Jürgen & Wolters, Jürgen (2008). Sei kein Frosch – Hilf uns! Materialien und Hintergründe zum weltweiten Amphibiensterben. Stiftung Artenschutz, Münster.
Dollinger, Peter (2005). Die WAZA – eine Naturschutzorganisation? Verh.-Ber. 2. Rigi-Symposium – Die Bedeutung der Zoos für den Naturschutz. Goldau-Rigi, 17. – 19.02.2005: 64-67.
Dollinger, Peter (Hrsg., 2008). Amphibien brauchen unsere Hilfe. Verhandlungsbericht des Amphibienkurses, Chemnitz, 27.-30. Juni 2007. WAZA-Geschäftsstelle, Bern.
Dollinger, Peter (2008). Editorial. Verh.-Ber. 3. Rigi-Symposium – Was ist ein guter Zoo?. Goldau-Rigi, 28.02. – 01.03.2008: 5-7.
Grzimek, Bernhard (1959) Serengeti darf nicht sterben – 367'000 Tiere suchen einen Staat. Verlag Ullstein. Berlin, Frankfurt, Wien.
Hediger, Heini (1973). Bedeutung und Aufgaben der Zoologischen Gärten. Vierteljahresschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, 118: 319-328.
IUCN/UNEP/WWF (1991). Caring for the Earth – A Strategy for Sustainable Living. Gland, Switzerland.
IUDZG/CBSG (1993). The World Zoo Conservation Strategy – The Role of the Zoos and Aquaria of the World in Global Conservation. IUDZG. ISBN 0-913934-20-8
IUDZG-WZO (1995). Zoo Future 2005 – Formulated at the 1995 Futures Search Workshop of the World Zoo Organization – IUDZG. IUDZG.
Poley, Dieter (1993). Das gesellschaftliche Umfeld der Zoos. In: Poley, D. (Hrsg.) Berichte aus der Arche. Georg Thieme Verlag. Stuttgart. ISBN 3-89373-217-9
Reid Gordon McGregor, Macdonald, A.A., Fidgett, A. L., Hiddinga, B. & Leus, K. (2009). Das Forschungspotential in Zoos und Aquarien – Die Forschungsstrategie der EAZA. Filander-Verlag, Erlangen. ISBN 978-3-930831-70-8
Rübel, Alex (2003). Aufgaben moderner Zoologischer Gärten und Aquarien. Verh.-Ber. 1. Rigi-Symposium – Die Bedeutung von Fortpflanzung und Aufzucht von Zootieren. Goldau-Rigi, 27.02. – 01.03.2003: 23-25.
Schratter, Dagmar (2008). Was ist ein guter Zoo: Innensicht. Verh.-Ber. 3. Rigi-Symposium – Was ist ein guter Zoo). Goldau-Rigi, 28.02. – 01.03.2008: 32-33.
WAZA (2005). Zoos und Aquarien für Naturschutz – Die Welt-Zoo und Aquarium-Naturschutzstrategie. WAZA Geschäftsstelle, Bern. ISBN 3-033-428-8.
Weber, Felix (2008). Value added by a Zoo – The economic relevance of Goldau Animal Park. Proc. 6th Int. Conference on Zoo Marketing and Public Relations, Kwalata 9-12 October 2007: 94-96. WAZA Geschäftsstelle, Bern.
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