Schutz der Sumpfschildkröte
- Sumpfschildkröten im Donau-Auen-Nationalpark
- Wiederansiedlung in der Schweiz
- Wiederansiedlung in Hessen
Gelegepatenschaften für Europäische Sumpfschildkröten im Donau-Auen-Nationalpark
Tiergarten Schönbrunn
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Die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) ist die einzige in Mitteleuropa vorkommende Schildkrötenart. Alle anderen europäischen Schildkröten leben im für sie klimatisch günstigeren Mittelmeerraum. In Österreich ist der Bestand der Sumpfschildkröte stark bedroht. Es gibt nur einen einzigen Bestand von etwa 400 erwachsenen Tieren in den Donau-Auen. Bereits kurz nach der Gründung des Nationalparks Donau-Auen wurde ein Artenschutzprogramm "Europäische Sumpfschildkröte" ins Leben gerufen. Dieses beinhaltet die Erforschung und die (darauf basierende) Entwicklung von Maßnahmen zum Schutz der letzten heimischen Bestände der Europäischen Sumpfschildkröte. Die aufgefundenen Gelege werden mit Schutzgittern abgedeckt. Sobald sich ein Schlupfloch unter dem Schutzgitter zeigt, wird die verlassenen Gelegehöhle aufgegraben, um festzustellen, wie viele leere Eihüllen sich darin befinden bzw. ob nicht-geschlüpfte Eier verblieben sind. Der Tiergarten Schönbrunn hat dem Nationalpark eine Kooperation angeboten und dabei die Idee der Gelegepatenschaften aufgeworfen. Sämtliche Schutzmaßnahmen und auch deren Koordination bleiben dabei weiterhin in Händen des Nationalparks Donau-Auen. Der Tiergarten hat aufgrund seiner dahingehenden Erfahrung und Infrastruktur den organisatorischen Teil der Patenschaften übernommen. Er sammelt die Spenden und leitet das Geld an das Artenschutzprogramm im Nationalpark weiter. Ferner übernimmt er Gelege zum Ausbrüten, die beschädigt oder ungünstig platziert wurden und versorgt verletzt aufgefundene Tiere. Durch die Präsentation von Sumpfschildkröten schafft er Aufmerksamkeit für das Projekt. Die Einführung der Patenschaften hat dem Schildkröten-Schutz eine zuvor nie da gewesene Dimension ermöglicht. 2006 wurden nur sieben Gelege dokumentiert und mit Schutzgittern versehen, 2007 waren es bereits 42 Gelege, die von mindestens 30 Weibchen stammten. Es konnte festgestellt werden, dass aus den 18 zuerst geschlüpften Gelegen des Jahres 2007 insgesamt 164 junge Schildkröten die Gelegehöhle Richtung Wasserlebensraum verlassen haben. Die Zahlen stiegen weiter an. 2018 wurden 233 Gelege dokumentiert, 2019 waren es wetterbedingt nur 124 Gelege. Am Brutgeschenen waren mindestens 135 Weibchen beteiligt. |
Literatur und Internetquellen:
- AU-BLICK 2015 Nr. 39: 1-12
- SCHINDLER, M. (2020) JAHRESBERICHT 2019
- TIERGARTEN SCHÖNBRUNN: ARTENSCHUTZPROJEKT SUMPFSCHIDKRÖTE
Die Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte in der Schweiz
zooschweiz
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Die europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) war früher eine in Mitteleuropa weit verbreitete Art, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch in der Schweiz noch an zahlreichen Stellen vorkam [1]. Intensive Bejagung – die Schildkröte galt, wie der Biber als „Fisch“ und konnte so als Fastenspeise genutzt werden – und die Zerstörung ihrer Lebensräume - Weiher, Sümpfe, Langsame Fliessgewässer mit natürlicher Vegetation - haben zum Verschwinden der Sumpfschildkröte in vielen Regionen geführt. So auch bei uns, wobei hier der Rückgang durch extrem harte Winter in den 1880er- und 90er-Jahren beschleunigt wurde. Die Sumpfschildkröte ist das erste Reptil der Schweiz, welches aus diesem Land verschwunden ist [2]. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurden aber immer wieder Schildkröten unterschiedlichster Herkunft ausgesetzt. Ab den 1950er-Jahren konnte sich so im Reservat von Moulin-de-Vert (GE) ein permanenter Bestand entwickeln, ebenso im Tessin. Dies hat zu einer Änderung des Status auf der Roten Liste in der Schweiz geführt. Die Sumpfschildkröte gilt nun als "Vom Aussterben bedroht". Gemäss den Kriterien der IUCN sind nun umgehend Massnahmen zum Schutz dieser Art zu treffen, u.a. mittels Schutz bestehender Populationen und mit der Wiederansiedlungen von Tieren. 1999 wurde als Initiative der Schildkrötenschutz- und Auffangstation Chavornay das "Projekt Emys" ausgearbeitet. Damit sollen die Aktivitäten verschiedener Interessengruppen - Behörden, Naturschützer, Wissenschafter und Terrarianer - auf einen gemeinsamen Nenner gebracht und Synergien geschaffen werden. Ziel von "Projekt Emys" ist die Förderung von Feuchtgebieten, die Erhaltung bestehender und die Ansiedlung neuer, überlebensfähiger Sumpfschildkröten-Populationen in verschiedenen geeigneten Gebieten der Schweiz mittels in Menschenobhut gezüchteten Sumpfschildkröten der einheimische Unterart Emys orbicularis orbicularis, Haplotyp IIa. Das Projekt wird von der KARCH koordiniert. Es vereint verschiedene Partnerorganisationen, kantonale Dienststellen sowie Spezialisten, welche sich die Aufgaben von der Zucht über die Auswilderung bis zum anschliessenden Monitoring teilen. zooschweiz hat einen namhaften Beitrag (50'000 €) an die Testphase des Projekts geleistet und ein Faltblatt herausgegeben, um bei den Zoobesuchern für das Projekt zu werben. Beim Papiliorama Kerzers entstand eine Zuchtstation, und weitere Mitgliedzoos zeigten Sumpfschildkröten in Schauanlagen. Die ersten beiden Schauanlagen, beim Papiliorama Kerzers und dem Natur- und Tierpark Goldau, wurden im Frühsommer 2013 eröffnet. Seit 2016 werden auch im Tierpark Bern 10-20 Junge Schildkröten aufgezogen, und 2021 wurden die ersten Tiere in der Nähe von Genf ausgewildert. Nachdem im Rahmen des Projekts bereits 2010 und 2011 erste Wiederansiedlungen im zuvor renaturierten Marais de Pré-Bordon in der Gemeinde Jussy im Kanton Genf erfolgt waren, wurden am 21. Mai neun mit Sendern versehene Sumpfschildkröten im Naturschutzgebiet Vieille Thielle in der Gemeinde Cressier (Kanton Neuenburg) ausgesetzt. Weitere Auswilderungen sind im Seeland und im Kanton Tessin sind erfolgt oder geplant. So wurden 2021 18 im Vorjahr im Tierpark Bern geschlüpfte Sumpfschildkröten bei Genf ausgewildert. Dies ist nötig, weil die meisten geeigneten Lebensräume Platz für nur wenige Schildkröten bieten und die Tiere kaum größere Distanzen überwinden können. Bis 2020-2030 sollen daher mehrere Populationen begründet werden, die sich nachhaltig fortpflanzen und auch dem Genotyp entsprechen, der früher in der Schweiz vorhanden war. Die wissenschaftliche Betreuung der Auswilderung wird von der Universität Basel gewährleistet. |
Literatur und Internetquellen:
- FISCHER-SIGWART, H. (1893)
- HOTZ, H.-J. & BROGGI, M. (1982)
- PROJEKT - SIGS
- SWISSEMYS
- TIERPARK BERN: DIE SCHWEIZER SUMPFSCHILKRÖTE KEHRT ZURÜCK
Wiederansiedlung der Sumpfschildkröte in Hessen
Opel-Zoo Kronberg, Zoo Frankfurt, Tiergarten Nürnberg
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Die Europäische Sumpfschildkröte ist in Deutschland stark bedroht; in den Roten Listen einzelner Bundesländer wird sie sogar als „ausgestorben oder verschollen“ eingestuft. Früher wurde sie als Delikatesse bejagt und gehandelt. Selbst in der Fastenzeit war sie begehrt, da sie – wie auch der Biber – als im Wasser schwimmend nicht als Fleisch eingestuft wurde. Heutzutage fehlen ihr die passenden Lebensräume, da geeignete Gewässer trocken gelegt und notwendige Flächen durch den Ausbau des Straßennetzes zerschnitten wurden. Mit dem nicht heimischen Waschbär ist zudem ein neuer Fressfeind aufgetaucht und sie wird von ausgesetzten, nicht heimischen Wasserschildkröten verdrängt. Um die letzten Bestände der Sumpfschildkröte in Hessen zu retten und wieder überlebensfähige Bestände aufzubauen, hat eine AG Sumpfschildkröte 1999 ein umfangreiches hessenweites Hilfsprogramm ins Leben gerufen - gerade noch rechtzeitig. Sukzessive verbessert sich die Situation der Sumpfschildkröte in Hessen. Am 4. April 2014 wurde der erste Schlüpfling im Projektgebiet Reinheimer Teich gefunden. Mittlerweile werden Schildkröten auch in anderen gebieten angesiedelt, z.B. an der Fulda bei Schlitz im Vogelsbergkreis [4; 5]. Der Opel-Zoo beteiligt sich seit 2013 an diesen Wiederansiedlungsprojekten und hat dafür extra Anlagen umgebaut, in deren Schutz die jungen Schildkröten heranwachsen können, bis sie groß genug sind, in die Natur entlassen zu werden. Zusätzlich hält er auch Zuchtpaare, deren Nachwuchs in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Sumpfschildkröte ebenfalls in freier Wildbahn wieder angesiedelt wird, namentlich im Bereich des Naturschutzgebiets Kühkopf-Knoblochsaue am Rhein. Bis 2021 konnte der Opel-Zoo 39 Tiere beisteuern. Im Zoo Frankfurt nachgezogene Schildkröten wurden an der renaturierten Nidda ausgewildert. Seit 2020 ist auch der Tiergarten Nürnberg an dem Projekt beteiligt [1; 2; 3]. |
Literatur und Internetquellen:
- PM OPEL-ZOO vom 16.08.2016
- PM TIERGARTEN NÜRNBERG vom 04.09.2021
- GIESSENER ALLGEMEINE vom 10.08.2011
- ARTENSCHUTZPROJEKT SUMPFSCHILDKRÖTE
- REGIERUNGSPRÄSIDIUM GIESSEN: PM vom 23.05.2021 - Sumpfschildkröte erobert ihre Lebensräume Stück für Stück zurück
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Theater mit Wölfen
Theater mit Wölfen
zooschweiz
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zooschweiz - die Vereinigung der wissenschaftlich geleiteten Zoos der Schweiz - wollte ab 2009 mit dem breit angelegten Projekt "Theater mit Wölfen" das Verständnis für den Wolf in der Bevölkerung und den direkt betroffenen Regionen fördern und einen konkreten Beitrag zur friedlichen Koexistenz von Mensch und Wolf leisten. Das Projekt "Theater mit Wölfen" beinhaltete drei Teile:
Auf der politischen Bühne ging das Theater weiter. Die Anwesenheit des Wolfs in der Schweiz und sein wachsender Bestand waren Anlass für zahlreiche parlamentarische Vorstöße und eine geplante Revision des eidgenössischen Jagd- und Schutzgesetzes (JSG). Diese schoss aber weit über das ursprüngliche Ziel des pragmatischen Umgangs mit dem Wolf hinaus. Eine als moderate Teilrevision gestartete Gesetzesarbeit hätte nach der Bearbeitung im Parlament den Artenschutz als Ganzes gefährdet. Zusammen mit Pro Natura, WWF Schweiz, BirdLife Schweiz und Gruppe Wolf Schweiz hat zooschweiz/zoosuisse das Referendum ergriffen. In der Volksabstimmung vom 27. September 2020 wurde die Gesetzesvorlage mit einem Neinstimmenanteil von 52% abgelehnt. In der Folge wurden am 30. Juni 2021 unter Berücksichtigung der Volksabstimmung die Vorgaben für den Abschuss von Wölfen und den Herdenschutz auf Verordnungsstufe angepasst. Wolfsschutzorganisationen haben die Bedeutung der Zoos als Informationsplattformen erkannt. Der Schweizer Wolfsschutzverein CHWOLF z.B. stellt im Rahmen seines Internetauftritts Zoos vor, in denen Wölfe beobachtet werden können. |
Literatur und Internetquellen:
- Internetseite von zooschweiz (Artikel zum "Theater mit Wölden" nicht mehr verfügbar)
- Internetseite von zooschweiz (Artikel zur Revision von Jagdgesetz und - Verordnung)
- Streifzüge 2018/124
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MEYER, A., ZUMBACH, S., SCHMIDT, B. & MONNEY, J.-C. (2009)
Auf Schlangenspuren und Krötenpfaden - Amphibien und Reptilien der Schweiz.
2., korrigierte Auflage 2014. 336 Seiten, 300 Farbfotografien, über 100 Karten/Grafiken/Tabellen; gebunden, 15,5 x 22,5 cm, 818 g
Verlag Haupt. Bern, Stuttgart, Wien. ISBN: 978-3-258-07874-8
Verlagstext:
Dieser Band stellt alle heimischen Amphibien- und Reptilienarten vor und bietet die nötigen Informationen, um sie zuverlässig zu bestimmen. Die Kapitel zu den einzelnen Arten geben Einblick in ihr sonst meist verborgenes Leben: Wie und wo leben die Tiere, was tun sie im Winter, wo können sie beobachtet werden, worauf sind sie angewiesen, wodurch sind sie gefährdet und - eine zentrale Frage - was können wir tun, um die Arten zu erhalten?
Dabei skizzieren die Autoren Schutzmaßnahmen in der Landschaft, geben aber auch viele Tipps, wie im eigenen Garten die Lebensbedingungen für heimische Amphibien und Reptilien verbessert werden können.
TOBLER, U. (2011)
Differential responses on individual- and population-level to a fungal pathogen: Bd infection in the midwife toad Alytes obstetricans.
125 Seiten.
2011 PhD Thesis, University of Zurich, Faculty of Science.
Volltext
Zusammenfassung
Infektionskrankheiten werden zu einer immer stärkeren Bedrohung der Biodiversität, und die Anzahl bekannter Wildtierkrankheiten, die sich ausbreiten, nimmt dramatisch zu (Daszak et al. 2000, Smith et al. 2009). Die Problematik kommt daher, dass Krankheitserreger, die ein breites Wirtsspektrum haben, in naive Populationen eingeschleppt werden, zusammen mit ihren relativ resistenten ursprünglichen Wirten, die als Überträger dienen (Daszak et al. 2004).
Gemäss der IUCN sind Amphibien die am stärksten bedrohte Wirbeltiergruppe; rund ein Drittel der Arten ist bedroht (Gascon et al. 2007). Eine Pilzerkrankung, die Chytridiomykose, wurde als eine wichtige Ursache der Bestandesrückgänge identifiziert. Deren Erreger, der Pilz Batrachochytrium dendrobatidis (Bd) ist ein Chytridiomycet, der die keratinisierte Haut von Amphibien befällt und mit dem lokalen und globalen Aussterben von Amphibien auf mehreren Kontinenten in Verbindung gebracht wird (Fisher et al. 2009b, Kilpatrick et al. 2010). Bd wird hauptsächlich im Wasser übertragen und ein langes Kaulquappenstadium, wie es bei der Geburtshelferkröte vorkommt, erhöht somit das Ansteckungsrisiko. Infektionen bei Kaulquappen sind auf die Mundfelder beschränkt, was keine Krankheitssymptome bewirkt. Im Gegensatz dazu sind die Tiere kurz nach der Metamorphose am anfälligsten, wenn die gesamte Amphibienhaut von Keratin überzogen wird und das Immunsystem erst schwach ausgebildet ist (Rollins-Smith 1998). Nebst Unterschieden in der Krankheitsanfälligkeit verschiedener Lebensstadien beobachtet man auch Unterschiede aufgrund von Hautpeptiden, der Lebensweise und dem Verhalten; auch bakterielle Symbionten auf der Amphibienhaut und klimatische Bedingungen dürften eine Rolle spielen (Fisher et al. 2009b, Kilpatrick et al. 2010). So sind manche Arten relativ resistent und erkranken nicht, während bei anderen Arten Massensterben auftreten. Geburtshelferkröten-Populationen in einem Nationalpark in Spanien nahe Madrid nahmen beispielsweise drastisch ab, nachdem Bd dort erstmals nachgewiesen wurde (Bosch et al.2007, Bosch et al. 2001); daher ist die Annahme begründet, dass Bd auch in anderen Verbreitungsgebieten der Art zu Bestandesabnahmen führt.
In der Schweiz hat die Geburtshelferkröte in den letzten drei Jahrzehnten massive Bestandesrückgänge erlitten (Schmidt & Zumbach 2005). Vielen lokalen Aussterbeereignissen kann keine offensichtliche Ursache zugewiesen werden und daher ist eine eher kryptische Ursache wie eine Infektionskrankheit eine plausible alternative Erklärung.
Im ersten Kapitel meiner Dissertation bestimme ich den geographischen Massstab, in dem Geburtshelferkröten-Populationen organisiert sind. Die meisten Arten sind in Populationen organisiert, die ihrerseits Netzwerke aus Subpopulationen sind. Diese Netzwerke zeichnen sich durch einen unterschiedlichen Grad an Genfluss zwischen einzelnen Subpopulationen aus (Wright 1965). In meiner Arbeit untersuchte ich die genetische Struktur von Geburtshelferkröten in vier Regionen der Schweiz. Alle vier Regionen beherbergen Netzwerke von Subpopulationen, die sich in der Stärke der Bestandesabnahmen, im Grad ihrer Vernetzung und einer Reihe weiterer Ursachen, die die genetische Struktur beeinflussen können, unterscheiden. Anhand neutraler Mikrosatellitenmarker bestimmte ich die genetische Diversität und Differenzierung innerhalb der Regionen. Mittels Modellselektion suchte ich die Faktoren, die die Unterschiede in der genetischen Struktur zwischen den Regionen am besten erklären. Wir fanden keine Hinweise darauf, dass die Stärke der Bestandesabnahmen mit der genetischen Diversität korreliert. Ebenso wenig war die genetische Differenzierung mit der Isolation der Subpopulationen korreliert; alle Populationen waren genetisch isoliert, selbst über geringe Distanzen. Nur die Höhenlage hatte einen Einfluss auf die genetische Diversität: Sie nahm mit zunehmender Höhenlage zu. Fluktuierende Umweltbedingungen in grösseren Höhenlagen sind eine mögliche Erklärung für diese Beobachtung (Fisher 1930, Munwes et al. 2010). Das Fehlen eines Zusammenhangs zwischen Bestandesrückgängen und genetischer Zusammensetzung deutet darauf hin, dass Geburtshelferkröten-Subpopulationen als relative unabhängige Einheiten funktionieren und Genfluss zwischen Subpopulationen relativ unwichtig ist (Beebee 2005, Frankham et al. 2002). Daher sollten sich Auswirkungen der Infektionskrankheit anhand ihres Effekts auf einzelne Populationen zeigen lassen, unabhängig vom Infektionsstatus benachbarter Populationen.
In Kapitel 2 quantifiziere ich die Mortalität von mit Bd infizierten Geburtshelferkröten nach der Metamorphose. Dazu fing ich natürlicherweise infizierte Kaulquappen von drei verschiedenen Populationen und zog sie im Labor auf. Die Kaulquappen wurden in drei Behandlungsgruppen eingeteilt: 1) Die Bd-negative Kontrolle befreite ich durch die Behandlung mit dem fungiziden Medikament Itraconazol von der Infektion (Garner et al.2009a). 2) Die Stresskontroll-Gruppe behandelte ich nach dem gleichen Protokoll wie die Bd-negative Kontrolle, verzichtete aber auf das Itraconazol während der Behandlung. Diese Gruppe erfuhr also denselben Behandlungsstress wie die Itraconazol-behandelte Gruppe, blieb aber infiziert. 3) Die letzte Gruppe wurde nicht behandelt und nur die regulären Wasserwechsel und Fütterungen, die bei allen Versuchsgruppen stattfanden, wurden vorgenommen. Auch diese Gruppe blieb demnach infiziert. Die Resultate zeigen, dass die Mortalität durch Bd-Infektion hoch war (44.4% aller infizierten Tiere starben), aber dass es grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Populationen gab (die Sterblichkeit schwankte zwischen 27% und 90%). Die Unterschiede, die wir beobachteten, könnten auf unterschiedliche symbiotische Hautbakterien, unterschiedliche Erregerstämme oder Umwelteffekte vor dem Fang im natürlichen Lebensraum zurückzuführen sein. Umwelteffekte lassen jedoch über kurze Zeit nach (Van Buskirk 2002) und Hautbakterien und Erregerstämme wurden aufgrund unseres Laborprotokolls zwischen den Populationen vermutlich vermischt. Daher gehen wir davon aus, dass genetische Unterschiede zwischen den Populationen die Unterschiede in der Mortalität bewirkt haben.
Wie die hohe Sterblichkeit, die wir im 2. Kapitel beobachteten, zeigt, sind Auswirkungen von Bd auf die Überlebenswahrscheinlichkeit der Populationen anzunehmen. Daher versuche ich im 3. Kapitel einen Zusammenhang zwischen dem Vorkommen von Bd in einer Population und dem lokalen Aussterben der Geburtshelferkröte herzustellen. Dazu benützten wir Daten aus der Erhebung, die im Rahmen der Aktualisierung der Roten Liste in 2003 und 2004 durchgeführt wurde (Schmidt & Zumbach 2005). Anhand dieser Daten wählten wir 79 Teiche, verteilt über das gesamte Verbreitungsgebiet der Geburtshelferkröte in der Schweiz, von denen wir wussten, dass sie um ca. 1985 Geburtshelferkröten-Populationen beherbergt hatten. Wir besuchten diese Teiche in 2008 und testeten sie auf das Vorkommen von Bd, indem wir Hautabstriche von Amphibien sammelten, die wir an den Teichen fingen. Diese Abstriche wurden im Labor mittels real-time PCR auf Bd getestet (Boyle et al. 2004). Gleichzeitig führten wir eine erneute Erhebung über die Anwesenheit von Geburtshelferkröten an den Teichen durch. Die Anwesenheit von Bd und Geburtshelferkröten wurden dann in einem hierarchischen Modell analysiert, das die Vorkommenswahrscheinlichkeit mehrerer Arten während mehrerer Erhebungsperioden modelliert. Bei dieser Art von Modellen wird die Antreffwahrscheinlichkeit einer Art mitberücksichtigt. Ich modellierte also gleichzeitig die Vorkommenswahrscheinlichkeit von Bd in 2008 und die Vorkommenswahrscheinlichkeit der Geburtshelferkröte während den zwei Erhebungen in 2003/2004 und 2008 in einem einzigen Modell. Dieses Modell berechnete ich in mit dem Programm WinBUGS (Kéry 2010, Royle & Dorazio 2008), das auf dem Bayes’schen Theorem bedingter Wahrscheinlichkeiten beruht. Dadurch war es mir möglich, die Wahrscheinlichkeit, dass die Geburtshelferkröte vorkommt, ausgestorben ist oder überlebt hat an einem Teich, und die Wahrscheinlichkeit, dass Bd vorkommt, in Abhängigkeit von einander modellieren und dabei jeweils den Fehler der geschätzten Wahrscheinlichkeiten berücksichtigen (Waddle et al. 2010). Dabei zeigte sich, dass das Vorkommen bzw. die lokale Aussterbewahrscheinlichkeit der Geburtshelferkröte unabhängig vom Vorkommen von Bd ist. Dieses überraschende Ergebnis wird durch die Resultate aus meinem nächsten Kapitel gestützt.
Im 4. Kapitel untersuche ich die Wachstumsraten von Geburtshelferpopulationen in An- oder Abwesenheit von Bd. Adrian Borgula stellte grosszügigerweise die jährlichen Ruferzählungen von 26 Teichen im Kanton Luzern von 2002 bis 2009 zur Verfügung. Für jede Population modellierte ich den Populationstrend in Abhängigkeit des Vorkommens von Bd und der Häufigkeit nachgewiesener Fortpflanzung. Dieses Modell wurde wiederum im Programm WinBUGS beruhend auf dem Bayes’schen Wahrscheinlichkeitstheorem berechnet. Der Vorteil dieses Ansatzes gegenüber konventionellen Maximum-Likelihood Schätzung ist, dass bei der Analyse der Fehler im Populationstrend, der durch den Beobachtungsprozess und den Prozess der Analyse entsteht, berücksichtigt wird. Wiederum fanden wir keinen negativen Zusammenhang zwischen dem Vorkommen von Bd und den Wachstumsraten der Geburtshelferkröten-Populationen. Das Fehlen eines Zusammenhangs zwischen dem Vorkommen von Bd und lokalen Bestandesabnahmen (Kapitel 4) oder lokalem Aussterben (Kapitel 3) der Geburtshelferkröte kann durch mehrere Mechanismen zustande kommen, die einander nicht zwingend ausschliessen: 1) Möglicherweise begünstigen die herrschenden Umweltbedingungen keine Krankheitsausbrüche (Bosch et al.2007, Rohr et al. 2008, Walker et al. 2010). 2) Andererseits kann Bd sowohl als enzootische als auch als epizootische Infektion vorliegen (Briggs et al. 2010). Während epizootische Krankheitsdynamik meist additive, d.h. zusätzliche, Mortalität bewirkt, besteht bei enzootischer Dynamik die Möglichkeit, dass die Mortalität kompensiert wird. Bd in der Schweiz könnte mehrheitlich enzootische Krankheitsdynamik bewirken. 3) Bd verringert möglicherweise nicht die Überlebenswahrscheinlichkeit, sondern wirkt sich auf andere Fitnessparameter von Individuen aus. Ist das Leistungsvermögen in einem Fitnessbereich reduziert, kann möglicherweise eine gesteigerte Effizienz in anderen Fitnessbereichen für die Verluste kompensieren (Jolles et al. 2005). 4) Möglich ist auch, dass Bd zu Beginn nach dem ersten Auftreten eine Bestandesabnahme bewirkt hat und dass sich die Populationen jetzt auf einem geringeren Niveau stabilisiert haben (Briggs et al. 2005). Die Prävalenz und Abundanz von Bd variiert stark zwischen verschiedenen Populationen. Massensterben treten nur auf, wenn die Abundanz von Bd sehr hoch ist (Briggs et al. 2010, Vredenburg et al. 2010).
Daher versuche ich in Kapitel 5 diese Unterschiede durch die Umwelteigenschaften der Gewässer zu erklären. Dazu wählte ich 19 Teiche in den drei Gebieten, die ich in Kapitel 1 bereits beprobt hatte und in denen Bdvorkam, nämlich BE, BL und SG. An diesen 19 Teichen beprobte ich im Frühling und Sommer Kaulquappen der Geburtshelferkröte auf Bd und mass von April bis Oktober Umweltdaten. Anhand eines hierarchischen Bayes-Modells schätzte ich die Auswirkungen der Amphibiendichte, der Wassertemperatur, der genetischen Diversität der Wirtspopulation und der Zooplanktondichte auf die Entdeckungs- und Vorkommenswahrscheinlichkeit und Abundanz des Erregers ab. Da Abundanzmodelle eine grosse Anzahl an Iterationen benötigen, bis sie konvergieren, sind die Ergebnisse, die in diesem Kapitel präsentiert werden, erst vorläufig und ändern möglicherweise noch, bis ein Modell gefunden ist, das optimal konvergiert. Die Effekte der Kovariaten Amphibiendichte, Wassertemperatur und Zooplanktondichte sollten qualitativ robust sein, auch wenn die Schätzwerte noch ändern können. Bd war häufiger in wärmeren Teichen, vermutlich weil sogar warme Gewässer in unseren Breitengraden sich nie für längere Zeit über das Wachstumsoptimum von Bd hinaus erhitzen. Eine höhere Kaulquappendichte korrelierte mit einer höheren Abundanz von Bd. Die Ergebnisse belegen, dass Umwelteigenschaften einen Einfluss auf die Abundanz von Bdhaben. Dieses Wissen könnte wichtig werden, wenn es darum geht, Habitatmanagement zu betreiben, um die Auswirkungen von Bd zu reduzieren. Während meiner Dissertation gelang es mir zu zeigen, das Bd auf Individuenebene ein ernst zu nehmender Krankheitserreger sein kann und hohe Mortalität bewirkt. Auf Populationsebene jedoch beobachten wir keine negativen Auswirkungen von Bd. Entweder können die Verluste kompensiert werden oder die Mortalität ist gering, da die Umweltbedingungen keine Krankheitsausbrüche begünstigen. Da die Abundanz des Erregers von den Umweltbedingungen abhängt, kann die Manipulation des Lebensraums der Geburtshelferkröte eine sinnvolle Massnahme zur Verringerung der Auswirkungen von Bd in Zukunft darstellen.
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Blaise Mulhauser porträtiert sieben Vogelarten, deren Überleben beziehungsweise deren Wiederansiedlung in ihren unterschiedlichen Lebensräumen heute durch bedachtes und feinfühliges Vorgehen gesichert werden soll: den Mauersegler in unseren Städten, das Rebhuhn in der industrialisierten Agrarlandschaft, den aus den trockengelegten Feuchtgebieten erst verdrängten und nun wieder eingeführten Storch, die scheinbar unzähligen Möwen auf unseren Seen, deren Nistplätze dennoch bedroht sind, den auf seinem Ansitz lauernden Eisvogel in den meist begradigten Gewässern, das scheue Auerhuhn in seinen tiefen Wäldern und schließlich den Bartgeier, dessen Wiederansiedlung in den Alpen zu glücken scheint.
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