Dienstag, 05 November 2019 10:24

GEIGER, C. (2007)

Die „Hellabrunner Mischung“ im Vergleich mit MS 222 als Tauchbadnarkose bei verschiedenen Fischen.

Vet. med. Dissertation

v + 112 Seiten

Tierpark Hellabrunn, München
Betreuer: Prof. Dr. H. Wiesner
Klinik für Fische und Reptilien der Tierärztlichen Fakultät der LMU München
Vorstand: Prof. Dr. R. Hoffmann

Voller Text

Zusammenfassung:

In der vorliegenden Studie wurde eine Kombination aus Ketamin- und Xylazinhydrochlorid („Hellabrunner Mischung“ - HM; 1ml enthält etwa 100mg Ketamin und 125mg Xylazin) auf ihre Eignung zur Anwendung als Tauchbadnarkose bei Fischen untersucht. Beide Grundsubstanzen sind in Deutschland zur Anwendung bei Lebensmittel liefernden Tieren zugelassen. Die Wirksamkeit der HM wurde bei Koikarpfen (Cyprinus carpio), Regenbogenforellen (Oncorhynchus mykiss) und Kaiserbuntbarschen (Aulonocara stuartgrantii) überprüft und anschließend mit dem bei Fischen üblicherweise verwendeten Narkosemittel MS 222 (Tricain) verglichen.

Zur Ermittlung einer geeigneten Dosierung der HM wurden in Vorversuchen bei allen drei Fischarten die Parameter Anflutungszeit, Aufwachzeit, erreichte Narkosetiefe und die Häufigkeit von Exzitationen in der Anflutungs- und Aufwachphase bei verschiedenen Konzentrationen der HM im Narkosebad herangezogen. Die so für die Fischarten getrennt als optimal erkannte Dosis wurde in den Hauptversuchen bei 26 - 28 Tieren pro Fischart im Vergleich mit einer Standarddosis von MS 222 eingesetzt. Dabei wurde die eine Hälfte der Fische zunächst mit HM betäubt, die andere mit MS 222. Nach einer zweiwöchigen Ruhepause wurden die Untergruppen mit dem jeweils anderen Narkosemittel behandelt, sodass alle Fische je einmal mit der HM und einmal mit MS 222 untersucht werden konnten. Die Temperatur des Narkosebads war dabei den jeweiligen Haltungsansprüchen der Fischarten angepasst und daher unterschiedlich für Koikarpfen (20°C), Regenbogenforellen (10°C) und Kaiserbuntbarsche (25°C). Als ideale Dosis der HM für Forellen wurden 0,6 ml/l Wasser beurteilt, bei den Koikarpfen und Kaiserbuntbarschen jeweils 0,8 ml/l.

In den Hauptversuchen ließ sich mit diesen Konzentrationen bei allen drei Fischarten eine Induktion in weniger als 10 Minuten erreichen (6-9 Minuten), die Aufwachzeit dauerte einheitlich etwa 20 bis 24 Minuten. Außer bei den Forellen konnten auch tiefe Narkosestadien provoziert werden. Während der Anflutungsphase traten bei Kaiserbuntbarschen und Koikarpfen selten Erregungszustände, meist nur in Form von spuckenden Maulbewegungen, auf. Bei diesen beiden Fischarten verlief die Aufwachphase überwiegend ruhig. Die Forellen waren in der Einleitungsphase zu 92,3% verhaltensauffällig und in der Aufwachphase zu 57,7%. Die Narkosen mit MS 222 verliefen bei den Fischarten verschieden. Mit der als mittlerer Standard geltenden Dosis von 70 mg/l Wasser war bei den Kaiserbuntbarschen keine eindeutige Wirkung zu erreichen. Bei ihnen wurde deshalb die Dosis auf 116mg MS 222 /l erhöht. Die Induktion verlief mit 70mg MS 222 /l bei den Koikarpfen etwa gleichlang, bei den Forellen signifikant kürzer und bei den Buntbarschen mit 116mg MS 222 /l wesentlich länger als mit der HM. Alle drei Fischarten waren nach MS 222 schneller wach als nach der HM, die Buntbarsche hatten jedoch zuvor trotz der erhöhten Dosis in keinem Fall eine OPToleranz erreicht. Die Häufigkeit von Exzitationen war unter MS 222 insgesamt deutlich höher mit Ausnahme der Aufwachphase der Forellen.

Bei den Forellen war der Einsatz der HM zwar möglich, mit MS 222 in der Dosis 70 mg/l ließ sich eine Narkose bei dieser Fischart allerdings besser einschätzen und verlief wesentlich schneller. Bei den Koikarpfen und Kaiserbuntbarschen hingegen erwies sich die HM als sicher anzuwendendes Anästhetikum. Bei diesen beiden Spezies fiel die Beurteilung des erreichten Narkosestadiums mit der HM sogar leichter als unter MS 222. Bei den Kaiserbuntbarschen war die Wirkung des MS 222 völlig unzulänglich. Mit der HM dagegen konnten tiefe Narkosen, aus denen alle Tiere komplikationslos erwachten, erzielt werden. Speziesabhängig stellt die „Hellabrunner Mischung“ eine effektive und sichere Alternative zu herkömmlichen Tauchbadanästhetika dar.

Summary:

Hellabrunn mixture in comparison with MS 222 as immersion bath anaesthesia in different fish In this study a combination of ketamine- and xylazinehydrochloride (Hellabrunn mixture - HM; 1ml contains approximately 100mg ketamine and 125mg xylazine) was examined to find out if it is suitable to be applied in immersion bath anaesthesia. Both substances are registered for use in food animals in Europe. The effectiveness of this combination was tested on koicarp (Cyprinus carpio), rainbow trout (Oncorhynchus mykiss) and flavescent peacock (Aulonocara stuartgrantii) and afterwards compared with the commonly applied anaesthetic MS 222 (active substance: tricaine methane sulphonate).

To establish a suitable dose of HM the parameters induction time, recovery time, the achieved stage of anaesthesia, and the frequency of exzitative behaviour were measured during previous trials. The dose that was found to be working best in a fish species was then used with 26 to 28 animals in the main trials and afterwards compared with a standard dose of MS 222. This was done by first anesthetizing half of the group of each species with HM and the other half with MS 222. After a recovery period of 14 days both parts of the group were vice versa treated with the corresponding anaesthetic agent. This meant that each fish of all the three species was finally treated with both anaesthetics, HM and MS 222 and that there was a total number of anaesthetic protocols of 26 to 28 for each anaesthetic agent. The temperature of the immersion bath was always adapted to the physiological habitat of the fish, so that the temperature was different with koicarp (20°C), rainbow trout (10°C) and flavescent peacock (25°C). For rainbow trout a dose of 0.6 ml HM per litre proved to be ideally suited for this species as well as a dose of 0.8 ml HM/l for both koicarp and flavescent peacock. With these doses it was possible during the main trials to induce anaesthesia in less than 10 minutes (6-9 minutes) while recovery took 20 to 24 minutes. Excluding rainbow trout even deeper stages of anaesthesia could be provoked. During the induction period exzitative behaviour was almost never seen in koicarp and flavescent peacock unless some subtle changes of respiratory movements and ventilation rate. In both species recovery took place uneventfully. 92,3% of the rainbow trout showed abnormal behaviour during induction and so did 57,7% of them during recovery.

Anaesthesia with MS 222 was different in the course with the three species. Flavescent peacock did not show any response to the standard dose of 70mg MS 222/l. For this reason the dose was increased with this species to 116mg MS 222/l. With 70mg MS 222/l in koicarp induction time was the same as with HM. It was significantly shorter in rainbow trout and with 116 mg/l much longer in flavescent peacock in comparison to HM. All the three species did awake more rapidly after anaesthesia with MS 222 than with HM with the flavescent peacock never having reached any anaesthetic stage. Exzitative behaviour was observed more frequently under MS 222 excluding the induction period of rainbow trout. Application of HM in rainbow trout is possible, but with 70mg MS 222/l anaesthesia in this species is easier to control and more rapidly in its course.

In koicarp and flavescent peacock HM proved to be an anaesthetic easy to apply and safe. In both species the monitoring of the achieved anaesthetic stages was even easier with HM than with MS 222. In the flavescent peacock MS 222 was completely ineffective. In contrast using HM it was possible to induce even deeper stages of anaesthesia from which they recovered without any complications. Depending on the species HM is an effective and safe alternative to conventional immersion bath anaesthetics.

 

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A potential method of stress reduction in cheetah (Acinonyx jubatus) translocations using perphenazine enanthate and zuclopenthixol acetate.

Verh.ber. Erkr. Zootiere 39: 369-374.

 

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Donnerstag, 14 Juni 2018 14:44

SCHÖNE, J. (2001)

Zur Distanzimmobilisation des Eurasischen Luchses (Lynx lynx) - Auswirkungen einer Medetomidin/Ketamin-Kombination auf Anästhesietiefe, Atem-, Kreislauf- und Stoffwechselfunktionen

Medetomidine-ketamine-remote anaesthesia of the Eurasian lynx (Lynx lynx) and its effects on anaesthetic depth, respiration, circulation and metabolism

Dissertation

99 Seiten mit 27 Abbildungen, 29 Tabellen, Anhang

Fachgebiet Tiergartenbiologie und Zootiermedizin der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Prof. M. Böer sowie Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Prof. W. Löscher, Tierärztliche Hochschule Hannover.
Probanden und Untersuchungen im Wildpark Lüneburger Heide, im Wildpark Schwarze Berge, im Heimatnaturgarten Weißenfels, im Tierpark Essehof und im Wisentgehege Springe

Voller Text

Zusammenfassung:

Für den Eurasischen Luchs (Lynx lynx) wurde erstmals ein modernes, tierart- und tierschutzgerechtes Anästhesie- und Immobilisationsverfahren erarbeitet. Erstmals werden statistisch gesicherte Daten einer nahezu vollständigen Anästhesieüberwachung bei dieser Felidenart vorgestellt. Zur Schonung der Probanden fand ein praxisnahes und unter Feldbedingungen einsetzbares nicht bzw. minimal invasives Monitoring Verwendung. Anhand der Überwachung von Reflexerregbarkeit, Schmerzempfinden, Muskelrelaxation, Atem-, Kreislauf- und Stoffwechselfunktionen wurden die klinische Eignung und die veterinärmedizinische Praktikabilität einer Medetomidin/Ketamin-Anästhesie beim Luchs überprüft. Die Untersuchungen wurden unter weitestgehend standardisierten Bedingungen und unter Berücksichtigung der Geschlechter sowie unterschiedlicher Alters- und Gewichtsklassen an 17 Versuchstieren durchgeführt. Das Alter der 10 männlichen (davon 1 Kastrat) und der 7 weiblichen Tiere reichte von etwa 3 Jahren bis 14 ½ Jahren, bei einem Körpergewicht von 16,8 kg bis 35 kg.

Es wurden nach geschätztem Körpergewicht 0,03 mg/kg Kgw Medetomidin und 3 mg/kg Kgw Ketamin auf Distanz injiziert (0,0319 ± 0,0031 mg/kg Kgw Medetomidin und 3,19 ± 0,31 mg/kg Kgw Ketamin absolut). Alle experimentell-anästhesiologischen Immobilisationen wurden mit diagnostischen und/oder therapeutischen Maßnahmen verbunden. In 5 min-Intervallen (15 min bis 45 min nach Injektion) wurden Daten der Reflexaktivität, des Schmerzempfindens, der Muskelrelaxation, der Atemfrequenz, des ausgeatmeten Kohlendioxids (Kapnometrie), der peripheren Sauerstoffsättigung (Pulsoximetrie), der Herzfrequenz, der indirekten Blutdruckmessung, der kapillären Rückfüllungszeit, der Schleimhautfarbe und der Thermoregulation in einem eigens für diese Studie entwickelten Anästhesieprotokoll dokumentiert. Die Aufzeichnungen der Elektrokardiogramme sowie die venösen Blutgasanalysen (inkl. Säure-Basen-Status) erfolgten in 10 min-Intervallen (15 min bzw. 20 min bis 45 min bzw. 50 min nach Injektion).

Die mittlere Einleitungsphase betrug 0:10:21 ± 0:03:26 [h:min:sek], die Toleranzphase 0:50:27 ± 0:08:42 [h:min:sek] und die Aufwachphase 0:13:56 ± 0:07:53 [h:min:sek]. Die Toleranzphase wies eine sehr gute Anästhesietiefe mit deutlicher peripherer Analgesie und vollständiger Muskelrelaxation auf.

Kapnometrie, Pulsoximetrie, indirekte Blutdruckmessung, Elektrokardiographie und mobile Blutgasanalyse erwiesen sich als zuverlässige nicht bzw. minimal invasive Methoden für eine Anästhesieüberwachung unter Feldbedingungen. Erregbarkeit des Pupillarreflexes (p=0,0031), endexspiratorischer Kohlendioxidgehalt (p=0,0002), periphere Sauerstoffsättigung (p=0,0098), venöser Sauerstoffpartialdruck (p=0,0026) und venöser Kohlendioxidpartialdruck (p=0,0030) erfuhren im Verlauf der Anästhesie von Minute 15 bis Minute 45 bzw. 50 einen signifikanten Anstieg. Erregbarkeit des Kornealreflexes (p=0,0063), Herzfrequenz (p<0,0001), diastolischer Blutdruck (p=0,0216) und Körperinnentemperatur (p<0,0001) verringerten sich im selben Zeitraum signifikant. Alle übrigen Parameter erfuhren im Verlauf der Anästhesie keine Veränderungen oder die Veränderungen waren statistisch nicht signifikant. Die i.m. Gabe von Atipamezol in der 5fachen Dosis des verabreichten Medetomidin erwies sich bei dieser Felidenart als geeignet, den Medetomidinanteil rasch und effektiv aufzuheben.

Die gewonnenen Daten belegen, daß systemische wie organspezifische Einflüsse der Medetomidin/Ketamin-Anästhesie in oben genannter Dosis durch endogene Regulationsmechanismen der Luchse kompensiert wurden und bei gesunden Tieren keine klinischen Komplikationen hervorriefen. Die Kombination aus dem α2-Agonisten Medetomidin und dem dissoziativen Anästhetikum Ketamin führt beim Eurasischen Luchs in der verwendeten Dosis zu einer sicheren, effektiven und antagonisierbaren Immobilisation, die für kleine chirurgische Eingriffe und Managementmaßnahmen geeignet ist.

Abstract:

A modern anesthesia and immobilisation procedure was developed for the Eurasian Lynx (Lynx lynx). Data supported by statistical analysis of a comprehensive anesthesia monitoring are presented for the first time for this feline species. In order to avoid undue harm to the subjects, none or minimally invasive monitoring techniques were used, which are suitable for use both in clinical environment and under field conditions. Based on observations of reflex activity, pain sensitivity, muscle relaxation, respiratory, circulatory and metabolic functions, the clinical suitability and veterinary practicability of the medetomidine/ketamine anesthesia were demonstrated. The experiment was carried out on 17 animals in predominantly standardized conditions. Gender, as well as age and weight classes were taken into consideration. Age of the 10 male (1 castrated male) and 7 female lynxes varied from 3 to almost 14 ½ years with body weights varying from 16,8 kg to 35 kg.

After estimating the body weight of the subject, 0,03 mg/kg medetomidine and 3 mg/kg ketamine were injected from a distance (actual dosages were found to be 0,0319 ± 0,0031 mg/kg medetomidine and 3,19 ± 0,31 mg/kg ketamine after weighing the subjects). All experimental remote immobilisations were carried out in conjunction with diagnostic and/or therapeutical measures. Reflex activity, pain sensitivity, muscle relaxation, respiratory rate, end-tidal carbon dioxide (capnography), peripheral oxygen saturation (pulse oximetry), heart rate, indirect blood pressure measurement, capillary refill time, mucous membrane colour and thermoregulation were documented every 5 minutes (15 min-45 min after injection) in a specially created anesthesia protocol. Data from the electrocardiograph and venous blood gas analysis (inclusive of acid-base-state) were recorded every 10 minutes (15/20 min-45/50 min after injection).

Mean induction phase lasted 0:10:21 ± 0:03:26 [h:min:sec], mean tolerance phase 0:50:27 ± 0:08:42 [h:min:sec] and mean recovery phase 0:13:56 ± 0:07:53 [h:min:sec]. The tolerance phase showed a very good anesthetic depth with pronounced peripheral analgesia and complete muscle relaxation.  Capnography, pulse oximetry, indirect blood pressure measurement, electrocardiography and mobile blood gas analysis proved to be reliable none or minimally invasive methods for anesthesia monitoring under field conditions. Excitability of the papillary light reflex (p=0,0031), end-tidal carbon dioxide levels (p=0,0002), peripheral oxygen saturation (p=0,0098), venous oxygen partial pressure (p=0,0026) and venous carbon dioxide partial pressure (p=0,0030) increased significantly in the course of anesthesia from minute 15 to minute 45. Excitability of the corneal reflex (p=0,0063), heart rate (p<0,0001), diastolic blood pressure (p=0,0216) and body temperature (p<0,0001) decreased significantly in the same period. All other parameters remained unchanged during anesthesia or the changes were statistically nonsignificant. The i.m. application of atipamezole at 5 times the dosage of the administered medetomidine proved to be a suitable method of antagonizing the medetomidine effect quickly and effectively.

The results show that systemic and organ-specific effects of the medetomidine/ketamine anesthesia were compensated by endogenous regulatory mechanisms of the lynxes and did not cause clinical complications in healthy animals. In the dosages described above, the combination of the α2-agonist medetomidine and the dissociative anesthetic ketamine leads to a secure, effective and antagonizable immobilisation, which is suitable for minor surgical and management procedures for the Eurasian Lynx.

 

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Donnerstag, 14 Juni 2018 09:54

HINGERLE, A. (2004)

Klinische Studien über die Immobilisation von Mantelpavianen (Papio hamadryas) unter Verwendung der "Hellabrunner Mischung" und über den postnarkotischen Einfluss von Atipamezol und Yohimbin im Vergleich zu Etilefrin als Aufwachbeschleuniger.


Vet. med. Diss., LMU München

145 Seiten, Tabellen, Grafiken

Tierpark Hellabrunn, München, Zoologischer Direktor: Prof. Dr. H. Wiesner, und Chirurgische und Gynäkologische Kleintierklinik im Zentrum für Klinische Tiermedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München, Vorstand: Prof. Dr. U. Matis

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Zusammenfassung:

In der vorliegenden Arbeit wurde die Wirksamkeit der "Hellabrunner Mischung" ("HM" = ca. 125 mg Xylazin/ml und 100 mg Ketamin/ml) sowie die Verkürzung der Aufwachphase durch verschiedene Medikamente unter Praxisbedingungen an Mantelpavianen (Papio hamadryas) untersucht. Zur Remobilisierung der Paviane wurden die alpha2-spezifischen Antagonisten Atipamezol und Yohimbin, sowie das kreislaufstimulierende Medikament Etilefrin eingesetzt und vergleichende Untersuchungen durchgeführt. Die "HM" erwies sich selbst in hoher Über- und Unterdosierung als eine äußerst sichere und wirksame Mischung zur Immobilisation von Mantelpavianen. Bei keinem der untersuchten Tiere kam es zu lebensbedrohlichen Zwischenfällen. Alle gemessenen physiologischen Parameter blieben während der Seitenlage stabil und bewegten sich im physiologischen Bereich. Die drei untersuchten "Aufwachbeschleuniger" (Atipamezol, Yohimbin, Etilefrin) zeigten erhebliche Unterschiede. Atipamezol führte zu einer signifikanten und sehr schnellen Wiedererlangung des Bewusstseins. Allerdings traten nach Verabreichung von Atipamezol bei einigen Tieren in der Aufwachphase Krämpfe oder eine motorische Starre der Muskulatur auf. Diese Nebenwirkungen erklären sich wahrscheinlich dadurch, dass Atipamezol nur die Xylazinkomponente der "HM" antagonisiert, wodurch es dann zu einem relativen Ketaminüberhang kommt. Yohimbin verursachte i.m. gegeben (im Gegensatz zu der üblichen i.v. Gabe) keine klar nachweisbare Aufwachbeschleunigung. Zusätzlich traten die gleichen Nebenwirkungen auf wie nach der Gabe von Atipamezol. Etilefrin führte wie Atipamezol zu einer Verkürzung der Aufwachphase. Diese war allerdings etwas geringer. Im Gegensatz zu Atipamezol und Yohimbin kam es nach Einsatz von Etilefrin zu keinen Nebenwirkungen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach Einsatz der "HM" an Mantelpavianen, sich Atipamezol und Etilefrin (i.m. gegeben) als geeignet erwiesen haben, die Aufwachphase zu verkürzen. Yohimbin ist hingegen nicht empfehlenswert. Es kam zu keiner signifikanten Beschleunigung des Erwachens und zudem zu erheblichen Nebenwirkungen.

Abstract

The objective of the present study was to examine the effectiveness of the anesthetic combination "Hellabrunne mixture" ("HM" = approximately 125mg xylazine/ml and 100mg ketamine/ml) on hamadryas baboons, as well as the influence of various drugs over the time it took the baboons to wake up (their "waking up phase") under practical conditions. In order to remobilize the baboons, comparative studies were conducted using: alpha2-specific antagonists atipamezole and yohimbine as well as the circulation stimulating drug etilefrine. The "HM" proved to be a very safe and effective anesthetic, even when given in doses that were too low or when overdosed. None of the examined animals had any life threatening incidents. All of the measured physiological parameters were normal and remained stabile during anesthesia. The three assayed accelerators used to remobilize the baboons (atipamezole, yohimbine, etilefrine) showed substantial differences in their effects. Atipamezole caused the baboons to regain consciousness significantly faster than the other drugs. However, some of the animals that were administered atipamezole had catalepsis cramps during their waking up phase. These side effects can be explained most likely, by the fact that atipamezole only antagonizes the xylazine component of the "HM" which causes a relative overdose of ketamine. Examining the effects of yohimbine administered i.m. (in contrast to the usual i.v. administration) yielded no substantial acceleration of remobilization. The same side effects were observed after administering atipamezole. Similar to atipamezole, etilefrine also shortened the waking up phase significantly, but to a lesser extent than atipamezole. In contrast to atipamezole and yohimbine, no side effects were observed after administering etilefrine. In summary, the i.m. administration of atipamezole and etilefrine proved to be suitable to shorten the waking up phase of hamadryas baboons after using "HM". In contrast, yohimbine cannot be recommended, as noticeable side effects were evident and no significant acceleration of remobilization was observed.

 

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Donnerstag, 14 Juni 2018 09:42

HEUBECK, J. (2010)

Die „Hellabrunner Mischung“ im Vergleich mit MS 222 als Tauchbadnarkoseverfahren bei verschiedenen Amphibien.

Hellabrunn mixture in comparison with MS 222 as immersion bath anaesthesia in different amphibians

Vet. med. Diss., LMU München

119 Seiten, 9 Tabellen, 48 Grafiken, 12 Fotos

Tierpark Hellabrunn, München, Zoologischer Direktor: Prof. Dr. H. Wiesner, und Chirurgische und Gynäkologische Kleintierklinik im Zentrum für Klinische Tiermedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München, Vorstand: Prof. Dr. U. Matis

Voller Text

Zusammenfassung

In der vorliegenden Studie wurde die sogenannte „Hellabrunner Mischung“ (HM) - eine Kombination aus Ketamin- und Xylazinhydrochlorid - auf ihre Eignung zur Anwendung als Tauchbadnarkose bei Amphibien untersucht (1ml dieser Lösung enthält etwa 100mg Ketamin und 125mg Xylazin).

Die Wirksamkeit der HM wurde bei Zwergkrallenfröschen (Hymenochirus böttgeri), Bananenfröschen (Afrixalus fornasini) und Grünlichen Wassermolchen (Notophthalmus viridescens) überprüft und anschließend mit dem seit langem zur Tauchbadnarkose bei Amphibien verwendeten Narkosemittel MS 222 (Tricain) verglichen.

Zur Ermittlung einer geeigneten Dosierung der HM wurden in Vorversuchen bei allen drei Amphibienarten die Parameter Wirkungseintritt, Erlöschen des Umkehr-/Schmerzreflexes, Anflutungszeit, Rückkehr des Schmerzempfindens, Aufwachzeit und die erreichte Narkosetiefe bei verschiedenen Konzentrationen der HM im Narkosebad bestimmt und bewertet. Die dadurch speziell für jede Versuchstierart als optimal erkannte Dosis wurde in den Hauptversuchen bei 20 Tieren pro Amphibienart mit einer Standarddosis von MS 222 verglichen. Dabei wurde die Hälfte der Amphibien zunächst mit der HM betäubt, die andere mit MS 222. Nach einer vierzehntägigen Ruhephase wurden diese Gruppen mit dem jeweils anderen Narkosemittel behandelt, sodass alle Tiere je einmal mit der HM und einmal mit MS 222 untersucht werden konnten. Die Temperatur des Narkosebades wurde dabei den jeweiligen Haltungsansprüchen der Amphibien angepasst und betrug für die Zwergkrallenfrösche (23°C ±1°C), die Bananenfrösche (26°C ±1°C) und die Grünlichen Wassermolche (20°C ±1°C).

Als ideale Dosierungen der HM für Zwergkrallenfrösche wurden 1,2ml HM/l Wasser und für Grünliche Wassermolche 2,0ml HM/l ermittelt. Bei den Bananenfröschen war eine vollständige Narkose mittels der HM auch bei sehr hohen Dosierungen nicht möglich. Bei diesen Tieren besteht lediglich die Möglichkeit einer Injektionsnarkose mit der HM. Bei den anderen beiden Amphibienarten ließ sich in den Hauptversuchen bei allen Tieren mit den jeweiligen Konzentrationen eine Anflutungszeit von maximal 15 Minuten erreichen (12-15 Minuten). Die Aufwachzeit dauerte zwischen 54 und 67 Minuten. Mit Ausnahme der Bananenfrösche konnte bei allen Tieren ein operationsfähiges Narkosestadium hervorgerufen werden. Die Analgesie hielt bei diesen Tieren mit 9 bis19 Minuten im Vergleich zur Narkose mit MS 222 deutlich länger an. Eine Tauchbadnarkose mit MS 222 war bei allen drei Arten erfolgreich. Mit einer MS 222 Dosierung von 0,25g/l Wasser bei den Zwergkrallenfröschen, 1,5g/l Wasser bei den Bananenfröschen und 0,5g/l Wasser bei den Grünlichen Wassermolchen verliefen Anflutungs- und Aufwachphase deutlich schneller. Im Vergleich zur HM blieb der Schmerzreflex wesentlich kürzere Zeit ausgeschaltet. Während sich diese Zeiten unter MS 222 bei den Zwergkrallenfröschen und den Grünlichen Wassermolchen mit einer Induktionszeit von 5 bis 6 Minuten, einer Schmerzausschaltung von 3 bis 8 Minuten und einer Aufwachdauer von 12 bis 19 Minuten einheitlich und ohne großen Abweichungen darstellten, zeigten die Bananenfrösche sehr große Schwankungen im Hinblick auf Analgesie und Wiedererwachen. So dauerte es hier bei einigen Tieren nur 11, bei anderen bis zu 47 Minuten bis zum Wiedererlangen des Schmerzempfindens und zwischen 25 und 58 Minuten bis zum vollständigen Erwachen. Mit MS 222 konnte bei allen Versuchstieren eine ausreichende OP-Toleranz erreicht werden.

Sowohl bei der HM als auch bei MS 222 traten während der Einschlaf- und Aufwachphase keinerlei Komplikationen auf. Ziel dieser Arbeit war es zu untersuchen, ob die HM eine mögliche Alternative zu den herkömmlichen Tauchbadanästhetika darstellt. Die Ergebnisse zeigen, dass speziesabhängig mit der „Hellabrunner Mischung“ eine effektive und dennoch besonders schonende Möglichkeit der Tauchbadnarkose bei Amphibien zur Verfügung steht. Bei den Arten, bei denen mit einem Bad keine ausreichende Wirkung erzielt werden kann, sollte der Versuch einer Injektionsnarkose mit HM in Betracht gezogen werden.

Summary

In this study the so called „Hellabrunner Mischung“ (Hellabrunn mixture) (HM) - a combination of ketamine- and xylazinehydrochloride - was examined to find out, whether it is suitable to be applied in immersion bath anesthesia for amphibians. 1ml of this solution contains approximately 100mg ketamine and 125mg xylazine.

The effectiveness of this combination was tested on african dwarf frogs (Hymenochirus böttgeri), Fornasini's spiny reed frogs (Afrixalus fornasini) and eastern newts (Notophthalmus viridescens) and compared with the long-serving anaesthetic MS 222 (tricaine) afterwards.

To establish a suitable dose of HM in the anaesthetic immersion bath the parameters onset of action, fading of the pain reflex, the ability of the animals to erect when being put on their backs, induction time, recurrence of pain perception, recovery time and the achieved depth of anaesthesia were measured and evaluated for all the three species. The best working dosage for each species was then used in the main trial on 20 animals per species and compared to a standard dose of MS 222. This was done by first anaesthetizing half of the group of each species with HM and the other half with MS 222. After a washout period of 14 days animals were treated with the second anaesthetic agent (crossover design) so that every animal was finally examined once under the influence of HM and once under the influence of MS 222. The temperature of the immersion bath was always adapted to the physiological habitat of the amphibians (23°C ±1°C for the African dwarf frogs, 26°C ±1°C for the fornasini’s spiny reed frogs, and 20°C ±1°C for the eastern newts).

For the African dwarf frogs a dosage of 1.2 mL HM per liter of water was found to be ideally suited for this species as well as a dosage of 2.0 mL HM per liter for the eastern newts. In the case of the fornasini’s spiny reed frogs a general anaesthesia with HM was not possible, even under a very high dosage. For these amphibians the only remaining possibility to induce anaesthesia with HM was by intramuscular injection. In the case of the other two amphibian species it was possible to attain an induction time of at most 15 minutes (12 – 15 minutes) with the particular dose.

The recovery time lay between 54 and 67 minutes. With all the African dwarf frogs and all the eastern newt s it was possible to obtain a suitable condition for surgery. The analgesia following HM went on for 9-19 minutes, which is perspicuously longer than with MS 222. An immersion bath anaesthesia was possible for all three species. With MS 222 dosages of 0.25 g/l of water for the African dwarf frogs, 1.5 g/l for the fornasini’s spiny reed frogs, and 0.5 g/l for the eastern newts the phases of induction and recovery as well as the duration of elimination of pain perception were notably shorter compared to HM. While these periods were uniform and without significant aberrances for the african dwarf frogsand the eastern newts with an induction time of 5-6 minutes, an analgesia time of 3-8 minutes and a recovery period of 2-19 minutes, the fornasini’s spiny reed frogs showed great discrepancies in terms of analgesia and recovery time. For some of the animals of this species it took 11 minutes to regain their pain perception, while it took others up to 47 minutes.
The differences in time until full recovery and awakening were between 25 and 58 minutes. With MS 222 it was possible to gain a sufficient tolerance for surgery for all test animals. With both HM and MS 222 there were no complications during induction or recovery. The intention of this thesis was to determine whether HM would be a possible alternative to conventional immersion bath anaesthetics.

The results show that depending on the species the “Hellabrunner Mischung” is a very effective as well as sensitive alternative to conventional immersion bath anaesthesia for amphibians. For those species in which it is impossible to evoke sufficient effect by an immersion bath with HM intramuscular injection of HM should be considered.

 

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx