Donnerstag, 14 Juni 2018 12:31

HERBERS, L. (2013)

Ernährung der Zweifingerfaultiere (Choloepus didactylus) ex- situ Fallstudie der Ernährung von Zweifingerfaultieren im Tierpark Nordhorn.

Nutrition of two-toed sloth (Choloepus didactylus) ex- stitu Case study of the nutrtition of two-toed sloths in Tierpark Nordhorn.

Bachelorarbeit

89 Seite

Abteilung Tiermanagement und Küsten- und Meeresmanagement
Direktor Dozent Tjalling Huisman
Auftraggeber: Tierpark Nordhorn gGmbH
Hogeschool VHL, van-Hall-Larenstein
Tierpark Nordhorn

Zusammenfassung:

Faultiere (Choloepus didactylus) ernähren sich in der Natur überwiegend von pflanzlicher Kost. Diese pflanzliche Kost besteht aus Blättern, welche nährstoff- und energiearm sind. Durch die hohe Fermentations-Aktivität im Verdauungssystem der Faultiere und durch die hohe Nahrungsaufnahme von solchen Blättern, werden dem Faultier dennoch die Energie und die Nährstoffe geliefert, die es benötigt. Faultiere haben sich im Laufe der Evolution auf diese Ernährung spezialisiert. Auch ihr Verdauungssystem, ihr gesamter Rhythmus und ihre Lebensweise haben sich dieser angepasst. Eine Zootierernährung sollte sich wiederum an die Gegebenheiten in der Natur anpassen und die Ernährung anhand dieser Kenntnisse bestmöglich nachahmen. Die Natur dient als Basis für Empfehlungen und damit auch als Norm für die hier durchgeführte Untersuchung.
Ziel der vorliegenden Studie ist es, die Ernährungssituation der Zweifingerfaultiere (Choloepus didactylus) im Tierpark Nordhorn zu prüfen und eine Basis für eine Optimierung der Ernährung, in form einer Fütterungsempfehlung, für die Tierpark Nordhorn gGmbH zu schaffen.
Zentraler Ausgangspunkt der Studie ist ein Vergleich zwischen der aktuellen Ernährung im Tierpark Nordhorn und der Ernährung in-situ (innerhalb des natürlichen Habitats) mittels Literaturangaben.
Durch die Ernährungsanalyse im Tierpark Nordhorn, können folgende Kernergebnisse festgestellt werden:
Im Tierpark Nordhorn sind die Inhaltsstoffe der Ernährung völlig anders als in der Natur. Die Ernährung besteht nicht aus Blättern sondern aus einheimischen Gemüsesorten (vorwiegend gekocht) und einheimischen bis exotischen Obstsorten. Blätter bekommen die Tiere nur selten, wenn sie dem Zoo zur Verfügung stehen. Die Obst- und Gemüsekost ist im Vergleich zur Blätterkost einfacher für den Körper verdaulich.
Anhand der Inhaltsstoffe kann im weiteren Vergleich zwischen der Nahrung ex-situ und der Nahrung in-situ ermittelt werden, dass der NDF- (Neutrale- Detergenz-Faser) und ADF- (Säure-Detergenz-Faser) Gehalt der aktuellen Ernährung deutlich geringer ist als in der freien Wildbahn. Die Blätter des Ameisenbaums (Cecropia), die als bevorzugte Nahrungsquelle der Tiere dienen, weisen viel höhere NDF- und ADF-Werte auf als die aktuelle Nahrung im Tierpark Nordhorn. Dieses Ergebnis wird durch Ernährungsempfehlungen für den Colobusaffen (Colobus) und dem Hoatzin (Opisthocomus hoazin) bestätigt. Auch bei diesen Spezies wird ein deutlich höherer NDF- bzw. ADF-Wert empfohlen. Anhand dieses Befundes, wird langfristig erwartet, dass die Tiere zu wenig NDF und ADF durch ihre Ernährung erhalten. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass der Eiweißgehalt der aktuellen Ernährung zurzeit im Minimumbereich liegt. Es muss hier jedoch auf die hohe biologische Wertigkeit von Ei hingewiesen werden. Die aktuelle Nahrung enthält zwar geringfügig weniger Eiweiß als empfohlen, ist jedoch für den Körper aufgrund der hohen biologischen Wertigkeit sehr gut verwertbar, da das Eiweiß aus dem Ei den körpereigenen Aminosäuren sehr ähnelt. Trotzdem entspricht die Versorgung mit Ei nicht der Ernährung in-situ. In-situ erhalten die Faultiere die Proteine von Blättern. In den Blättern die ein Faultier in der Natur aufnimmt, ist ein ausreichender Eiweißantei enthalten. Dieser muss auch für die aktuelle Ernährung angestrebt werden.
Der Zuckergehalt in der Nahrung, den die Tiere im Tierpark Nordhorn täglich über das Gemüse und Obst aufnehmen, wird vom Autor als zu hoch befunden. Vergleiche mit der natürlichen Ernährung zeigen, dass die Ernährung in-situ viel geringere Zuckerkonzentrationen aufweist. Die Blätter in-situ erhalten kaum Zucker und auch die Fräuchte weisen eine viel geringere Zuckerkonzentration auf, als die kommerziellen Obst, und Gemüsesorten, die im Tierpark auf dem Speiseplan stehen.
Die Erhebungen zur Mineralstoffversorgung zeigen, dass der Bedarf an Calcium und Phosphor nicht gedeckt werden kann. Es lässt sich bei der Auswertung eine erhebliche Unterversorgung feststellen.
Die Versorgung mit Fett hingegen ist bei der derzeitigen Ernährung im Vergleich mit der Fettaufnahme in-situ dreimal so hoch. Die Avocado ist mit rund 70% an der Fettversorgung beteiligt. Durch eine Reduzierung es Avocadoanteils im Futter, können niedrigere Fettwerte erreicht werden.
Die durchschnittliche tägliche Energieaufnahme der Faultiere im Tierpark Nordhorn beträgt aufgrund der gefütterten Durchschnittsmahlzeit aktuell rund 1001 kJ. Auf Basis des Kleibers-Gesetzes wird berechnet, dass ein Faultier mit einem durchschnittlichen Gewicht von 6kg rund 1011 kJ pro Tag benötigt. Literaturangaben zur Folge benötigen Faultiere rund 921 kJ pro Tag, Der tatsächliche Energiebedarf ist natürlich individuell und hängt von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Gewicht, Aktivität und Lebenssituation ab. Die ermittelten Werten liegen dennoch alle sehr dich beieinander. Das Gewicht von Faultier Gysy (10,40 kg) ist ein Indikator für eine Energie-Überversorgung. Die aktuelle Energiezufuhr sollte daher auf den ermittelten Empfehlungen basieren.
Trotz dieser Untersuchungsergebnisse ist der aktuelle Gesundheitszustand der Population positiv. Die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere deuten auf keine Ernährungsdefizite hin. Dies wird außerdem mit der Geburt des Jungtiers bestätigt. Die letzten Erkrankungen der Tiere liegen bereits drei und vier Jahre zurück (Milchmangel bei Muttertier, (2010) und Durchfall bei der Population, (2009)). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Tiere unter unbekannten Erkrankungen leiden, die sich sehr langsam bei den Tieren aufgrund von Ernährungsdefiziten entwickeln. viele Tiere zeigen Krankheitssymptome erst in einem späten Stadium der Erkrankung. Meist können sie dann bereits nicht mehr erfolgreich behandelt werden. Oftmals werden die Erkrankungen auch erst nach dem Tod der Tiere vollständig aufgeklärt. In vielen Zoos wird erst dann ein Fehlverhalten erkannt und es werden Änderungen vorgenommen. eine Ernährungsanalyse vorab, sowie sie hier zusammen mit dem Tierpark Nordhorn durchgeführt worden ist, ist daher sehr lohnenswert.

Abstract:

Sloths live in the nature predominantly of plant food. This herbal diet consists of leaves, which are relatively nutrient-poor and low in energy. Due to her fermentation activity in her digestive system and the high food intake of such leaves, the sloth obtains in the right amount of energy and nutrients. Sloths have specialized in the course of the evolution in this food and their digestive system, their complete rhythm and the way of life have adapted themselves. The nutrition of animals in zoos should adjust itself to these adaptations in the nature and mimic the food properties in the best way possible. The nature serves as a basic for requirements and as a norm for the research.
This bachelor thesis focuses on the comparison between ex-situ (outside the habitat) nutrition and in-situ (at the habitat) nutrition. The aim is to examine the nutrition situation in the Tierpark Nordhorn and to provide the basis for an optimization of the nutrition, together with a recommendation.
With the nutritional analysis in the Tierpark Nordhorn, the following main results are ascertained:
In Tierpark Nordhorn the diet offered differs completely from the food ingested in nature. The food does not consist of leaves, but of locally available vegetables (mainly cooked) and locally available to imported exotic fruits. Animals only get leaves, when they are available to the zoo. The fruits and vegetables are easier digestible for the body in comparison to the plant food they are adapted in-situ.
With the help of the ingredient intake, it can be examined in the following comparison that the NDF (Neutral detergent fibre) and ADF (Acid detergent fibre) content of the food offered in Tierpark Nordhorn are clearly lower than in the nature. The leaves of the cecropa (Creopia), which is the preferential food of the animals, show much higher NDF and ADF values than the current food composition in Tierpark Nordhorn. This result is confirmed by food recommendations for the colobus ape (Colobus) and the hoatzin (Opisthocomus hazing) which are animals with comparable dietary habitats and gastro intestinal system. Also for theses species a clearly higher NDF or ADF value is recommended. On long-term we can see that the sloths in Tierpark Nordhorn do not receive enough NDF and ADF by their food.
In addition of the nutrient components it can be detected that the current protein content of the food is not enough. On the other hand it must be pointed out, that the high biological value of the egg offered in the present diet is higher in comparison to leaves. Though the actual food contains less protein, it is nevertheless very well usable for the body, because the proteins from eggs resemble amino acids of the body very much. However, feeding eggs are not exactly mimic the in-situ diet. In-situ sloths get their proteins from leave. The leaves, which a sloth devours in nature, include a sufficient protein portion. This must be also an aim for the nutrition in Tierpark Nordhorn.
The content of sugar in the food that the animals in the Tierpark Nordhorn consume daily, through the vegetables and fruits, is considered as too high. Comparisons with the natural food show that they have much lower sugar concentrations. The leaves in-situ contain a low amount of sugar and also the fruits in-situ have a far lower sugar concentration than the commercial fruits and vegetables which are on the menu in the zoo.
Another result shows that the recommendation of minerals such as calcium and phosphorus cannot be covered. The nutritional analysis shows a clear undersupply of calcium and phosphorus.
However, the supply of fat through the current diet is in comparison to the fat admission in-situ three times as high. The avocado encompasses about 70% of the fat supply. By a reduction of the avocado in the nutrition, lower fat values can be reached.
The average everyday energy intake of sloths in the Tierpark Nordhorn amounts about 1001 kJ. On the basis of the Kleiber’s law it is calculated that a sloth with an average weight of 6 kg needs about 1011 kJ per day. Referring to other literature, sloths need about 921 kJ per day. The actual energy demand is of course individual and depends on factors like age, gender, weight and activity. The ascertained values still lie very close together. The weight of sloth Gypsy (10.40 kg) is an indication for oversupply of energy. The actual amount of offered energy should be based in the existing recommendations.
Despite these research results the actual state of health of the population is positive. The health and the well-being of the animals do not advert to food deficiencies. Moreover, this is confirmed with the birth of a young animal. The last illnesses of the animals date back three and four years (shortage of milk of a mother animal in 2010 and diarrhoea in the population in 2009). Nevertheless, it cannot be excluded, that the animals suffer from unknown diseases, which can be developed from food deficits very slowly. Many animals show illness symptoms only in a late stage of the illness. Mostly they cannot be successfully attended in that stage. The illnesses are also often cleared up completely after the death of the animals. In the most of the zoos the effects of a sub optimal diet will be analyzed afterwards. A diet evaluation in advance, as shown in this bachelor thesis in cooperation with the Tierpark Nordhorn, is therefore very worthwhile.

 

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx