Donnerstag, 14 Juni 2018 08:35

BESSELMANN, D. (2005)

Untersuchungen zur Anatomie und Verdauungsphysiologie des Flachland-Viscachas (Lagostomus maximus).

Investigation on the Anatomy and Digestive Physiology of the Plains Viscacha (Lagostomus maximus)

Dissertation

129 Seite

Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere, Department für Kleintiere, Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich
Leitung: Prof. Dr. Marcus Clauss
Zoo Zürich

Zusammenfassung:

Bei den seit 1964 im Zoo Zürich gezüchteten Flachland-Viscachas zeigte sich die Tendenz, in Gefangenschaft bilaterale Katarakte zu bilden. Anhand ausgedehnter Untersuchungen im Vorfeld dieser Arbeit wurde ein Typ-2-Diabetes mellitus diagnostiziert. Als Hauptursache wurde eine nichtadäquate Fütterung vermutet.

Das Ziel dieser Arbeit war es, Grundlagen zur Anatomie und Verdauungsstrategie des Viscachas im Hinblick einer Diabetesauslösung darzustellen.

Es wurden zwei zweiwöchige Fütterungsversuche mit rohfaserreichem, energiearmem (Versuch A, nur Grasheu) bzw. rohfaserarmem, energiereichem Futter (Versuch B, pelletiertes Mischfutter) durchgeführt. Zwischen den beiden Rationen wurden die Retentionszeit, Futteraufnahme, Verdaulichkeit der Rohnährstoffe und Mineralien und die Körpermasseentwicklung verglichen. Zusätzlich wurden Blut- und Urinproben untersucht, um mögliche Einflüsse der Fütterung auf diese Parameter aufzuzeigen und die anatomische Lage, sowie Längen und Gewichte der Darmabschnitte bei vier Sektionen erfasst und skizziert.

Die Transitzeit betrug beim Viscacha durchschnittlich 9.6 Stunden, die mittlere Verweilzeit 27.3 Stunden. Die scheinbaren Verdaulichkeiten der Mineral- und Rohnährstoffe waren bei Versuch B signifikant höher als bei Versuch A. So besass die Trockensubstanz in Versuch A durchschnittlich eine scheinbare Verdaulichkeit von 33% und in Versuch B von 61%. Eine Ausnahme bildeten die Rohfaserverdaulichkeiten, bei denen kein signifikanter Unterschied festgestellt werden konnte (durchschnittlich 35% in Versuch A und 34% in Versuch B).

Das Viscacha ist an die Aufnahme von karger Nahrung (Gräser, krautige Pflanzen und Sträucher) angepasst. Daher ist es überraschend, dass eine reine Heufütterung (Versuch A) bei fast allen Tieren zur Gewichtsabnahme führte. Andererseits liessen sich durch eine kohlenhydratreiche Fütterung innerhalb von zwei Wochen Einflüsse auf einige Blut- und Urinwerte erkennen. So nahmen der Fructosamin- und Insulinspiegel signifikant zu und es kam zu höheren Glukosewerten in fünf Urinproben, was darauf hindeutet, dass es bei so einer Fütterung über längeren Zeitraum mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Manifestation eines Diabetes mellitus kommt.

Insgesamt fällt auf, dass das Flachland-Viscacha grosse Ähnlichkeiten mit nahe verwandten Nagerarten im Hinblick auf den anatomischen Aufbau und die Funktion des Magen-Darm-Traktes besitzt.

Abstract:

Plains viscachas have been bred at Zurich Zoo since 1964 and have shown the tendency to develop bilateral cataracts. Due to extensive research in the past, a type II diabetes mellitus could be diagnosed, which was supposedly caused by inadequate feeding.

The aim of this study was to examine the basic principles of the anatomy and digestion in viscachas with respect to a clinical manifestation of diabetes mellitus.

To this end, two different feeding trials (trial A with a high-fibre, low-energy feed, only gras hay and trial B with a low-fibre, high-energy feed, pelleted mixed feed) were carried out. Retention time, food intake, digestibilities and bodyweight were compared between the trials. In addition, blood and urine values were examined to demonstrate dietary effects.

Based on four post-mortem examinations the anatomy of the alimentary tract and the length and weight of the individual segments were investigated and graphically displayed.

The transit time averaged 9.6 hours and the mean retention time 27.3 hours. The apparent digestibility of the nutrients and minerals increased significantly in trial B, e.g., the apparent digestibility of dry matter increased from 33% in trial A to 61% in trial B. An exception were the apparent digestibilities of crude fibre with no significant difference (35% in trial A and 34% in trial B).

Although the plains viscacha is considered to subsist on poor quality food in the wild (grass, forbs and bushes), it was shown that a feeding regime of exclusively gras hay (trial A) led to a decrease in body weight in most animals. On the other hand, feeding with a diet rich in carbohydrates showed an influence on some blood and urine parameters within two weeks. Fructosamine and insulin levels increased significantly and five animals showed elevated urine glucose values in trial B. This indicates that the feeding of trial B over a long period would probably bear a risk of developing diabetes mellitus.

Overall the plains viscacha features marked similarities of anatomy and function of the alimentary tract to related rodent species.

 

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx