Donnerstag, 14 Juni 2018 14:17

SUPERINA, M. (2010)

Biologie und Haltung von Gürteltieren (Dasypodidae).

Dr. med.vet. Dissertation

Universität Zürich, Klinik für Andrologie und Gynäkologie (Direktor ad Interim: Prof. Dr. Ueli Braun),
Leitung: Prof. Dr. Ewald Isenbügel, Abteilung für Zoo-, Heim- und Wildtiere und Zoo Zürich
Zusammenarbeit mit verschiedenen weiteren Zoos

247 Seiten, 37 Tabellen, Anhang (Fragebogen), umfangreiche Bibliographie.

Volltext (PDF)

Zusammenfassung:

Die   vorliegende Arbeit beurteilt die derzeitige Praxis der Haltung von Gürteltieren in Menschenobhut.

Der einführende Teil der Dissertation basiert auf der Literatur, Gesprächen mit Forschern  und  eigenen  Beobachtungen.  Er  gibt  Auskunft  über  die  Evolution,  die  Taxonomie  und  die  Biologie  der 21  heute  bekannten  Gürteltier-Arten sowie über verschiedene Aspekte der Haltung in Menschenobhut. Es werden Informationen  zur  adäquaten  Gehegegrösse und  -einrichtung, zur  Ernährung  und Reproduktion in Menschenobhut vermittelt. Besonderen Wert wird auf die veterinärmedizinischen  Aspekte der Gürteltier-Haltung  gelegt:  Tabellen  zur Hämatologie  und  Blutchemie,  Hinweise  zum  Handling  und  zu  geeigneten  Blutentnahmetechniken sowie eine Zusammenstellung  der häufigsten Erkrankungen   und   deren  Therapien sollen dem Zootierarzt bei   der Untersuchung und Behandlung von Gürteltieren behilflich sein.

Auf  die  Einführung  folgen  die  Resultate  einer  Umfrage,  mit  welcher  die  aktuellen  Haltungsbedingungen  von  Gürteltieren  in  Menschenobhut  erfasst wurden.  Mittels  eines  Fragebogens  wurden  Auskünfte  eingeholt  über  die gehaltenen  Arten,  Gehegegrössen,  Fütterung,  Reproduktion,  Ethologie  und  die   aufgetretenen   Erkrankungen  und  Todesursachen.  Die  Analyse   der Umfrage zeigt, dass grosse Defizite in der Haltung von Gürteltieren bestehen, welche  sich  negativ  auf  die Reproduktionsleistung und  die  Gesundheit  der  Tiere auswirken oder Fehlverhalten auslösen können. Aufgrund der geringen Datenmenge  ist jedoch keine gesicherte  Aussage  darüber möglich,  welche  Faktoren für die Auslösung der Stereotypien bzw. für die  mangelnden Zuchterfolge verantwortlich sind. 

In der Diskussion wird versucht, die Ursache der in der Hälfte der Haltungen festgestellten Fehlverhalten zu erörtern.  Vorschläge  zum  behavioral  enrichment,  zur  Verbesserung  der  Haltung  und  Fütterung  und  Ideen  zur  Präsentation  sollen  einen  Beitrag  zur  Steigerung  der  Publikumsattraktivität  von Gürteltieren in Zoologischen Gärten leisten. Ein  Vergleich  der  heute  üblichen  Haltungsformen  mit  den  Auflagen  der  Schweizer  Gesetzgebung  und  den  Richtlinien  des  Schweizer  Tierschutzes.

Summary:

This thesis analyses the current conditions of armadillos in captivity.

The  introduction  is  based  on  literature,  conversations  with  scientists  and  personal observations. It informs about evolution, taxonomy and biology of the 21  known  species  of  armadillos  and  the  different  aspects  of  the  care  and  maintenance   in   captivity   and   contains   information   about   the   adequate  enclosure  size  and  its  equipment,  the  nutrition  and  reproduction  of  captive  armadillos.  Comments  on  their  handling  and  on  suitable  blood  sampling  techniques, hematological parameters and a compilation of the most common diseases  and  their  therapies  should  help  the  zoo  veterinarian  when  taking care of armadillos.

This first part is followed by the results of a survey made in zoological gardens that  keep  armadillos. The  zoos  were   asked   for  information  about maintenance,  nutrition,  reproduction, ethology  as  well  as  the  diagnosed  pathologies  and  causes  of  death  of  their  armadillos. The  analysis  of  this survey   demonstrates  that   there  are  serious  deficits  in  the   care   and  maintenance   of   armadillos  which  have  a  negative   influence  on  their reproduction and health and cause stereotypes. Because of the poor data we can’t put a finger to the factors responsible for the stereotypes and the lack of reproductive success. The  possible  reasons  for  the  appearance  of stereotypes  in  50%  of  the  zoos are  discussed.  A  few  recommendations for  the  behavioral  enrichment,  the improvement of the maintenance and nutrition and ideas for their presentation to the visitor are meant to increase the attractiveness of armadillo exhibits.

A  comparison  of  the  usual  conditions  in which  armadillos are  kept  with  the  Swiss   legislation   and   the   guidelines   of  the   Swiss   Society   of   Animals’  Protection  shows  clearly  that  it  is  not  justifiable  to  keep  armadillos  under  the current  conditions.  The  animals  are  held  in  too  small  exhibits  with  poor  distraction,  fed  inappropriately  and  suffer  from  pathologies  related  to  their  maintenance in captivity. Only a few zoos have breeding programs, and those are rarely successful. The  maintenance  of  armadillos  can  only  be acceptable  if  efforts  are  made  to improve their living conditions and to elaborate diets according to the need of each  species.  To  reach  this  goal  it is recommended  to  intensify  the  field studies and the investigation on captive armadillos.  

 

superina-biblio

Freigegeben in S
Dienstag, 19 September 2017 07:37

Weissrüsselbär

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Kleinbären (Procyonidae)

D LC 650

Weißrüsselbär

Nasua narica • The Central American Coati • Le coati à nez blanc

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Weißrüsselbär (Nasua narica) wildlebend beim Lago Arenal, Costa Rica © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Weißrüsselbären (Nasua narica)

 

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Weißrüsselbär (Nasua narica) im Tierpark Nordhorn © Franz Frieling, TP Nordhorn

 

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Weißrüsselbär (Nasua narica) im Parque Zoológico Simón Bolívar in San José, Costa Rica © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weißrüsselbär (Nasua narica) im Zoo Magdeburg © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Weißrüsselbär (Nasua narica) im Tiergarten Schönbrunn © Daniel Zupanc / TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

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Weißrüsselbären (Nasua narica) im Tiergarten Schönbrunn © Daniel Zupanc / TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

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Weißrüsselbär (Nasua narica) im Zoo Magdeburg © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Weißrüsselbären (Nasua narica) sind extrem gute Kletterer, hier im Tierpark Nordhorn © Franz Frieling, TP Nordhorn

 

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Weißrüsselbären (Nasua narica) kommen auch relativ dicke Baumsämme hoch, wie hier im Carara-Nationalpark, Costa Rica © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weißrüsselbären (Nasua narica) sind Kulturfolger, hier strolcht einer mitten am Tag durch die Hotel-Anlage Punta Leona in Costa Rica © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weißrüsselbär (Nasua narica) im Manuel-Antonio-Nationalpark, Costa Rica © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weißrüsselbär (Nasua narica) im Manuel-Antonio-Nationalpark, Costa Rica © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Halbwüchsiger Weißrüsselbär (Nasua narica) im Tierpark Nordhorn © Franz Frieling, TP Nordhorn

 

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Schädel eines Weißrüssel-Nasenbären (Nasua narica) in der Sammlung des Museums Wiesbaden © Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden. Veröffentlicht unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported-Lizenz

 

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Der Weißrüsselbär ist selbst nicht bzw. nur regional gefährdet, ist aber als tagaktive, soziale und sehr geschäftige Tierart ein ein ausgezeichneter Botschafter für Naturschutz in Mittelamerika. Gegenwärtig ist er in europäischen Zoos noch viel seltener als der Rote Nasenbär. Dies könnte aber wegen der Invasiv-Verordnung der EU ändern.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Weißrüsselbär erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 43-68 cm und eine Schwanzlänge von 42-68 cm. Das Gewicht liegt zwischen 3.5 und 5.6 kg. Männchen sind rund 20% größer und schwerer als Weibchen. Der Körper ist gestreckt und schlank, fast marderähnlich, der Hals kurz, der Kopf lang mit spitzer Schnauze. Der dicht behaarte Schwanz wird oft aufrecht getragen. Die Beine sind kurz und  kräftig, mit breiten Tatzen und nackten Sohlen. Das auffälligste Merkmal ist die namengebende Nase. Sie verlängert sich rüsselartig weit über das Maul hinaus und hat scharfkantig aufgeworfene Ränder. Die Ohren sind kurz und abgerundet, die Augen mäßig groß, die fünf fast ganz verwachsenen Zehen mit langen und spitzigen, aber wenig gebogenen Krallen bewehrt. Das Gebiß ähnelt dem der Waschbären; die Zähne sind jedoch etwas schmaler und schmächtiger [2; 6; 9].

Vom Südamerikanischen Nasenbären unterscheidet sich der Weißrüsselbär hauptsächlich durch seine Fellfarbe. Diese ist graubraun, an Schnauze, Kehle und Bauch weißlich und an den Füßen fast schwarz. Der Schwanz ist nur undeutlich geringelt [6; 7].

Verbreitung

Nord- und Mittelamerika : Belize, Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nordwest-Kolumbien, Mexiko (ohne Niederkalifornien), Nikaragua, Panama, südwestliche USA (Arizona, New Mexico, Texas) [3; 9].

Lebensraum und Lebensweise

Der Weißrüsselnasenbär besiedelt Feucht- und Trockenwälder, Galeriewälder sowie Savannen (Chapparales) vom Tiefland bis gegen 2'900 m Höhe. In Grasland oder Wüste kommt er nur selten vor. Er ist überwiegend tagaktiv. Ältere Männchen leben solitär, ansonsten findet man Weißrüsselbären in Gruppen von bis zu 30 Tieren, wobei sich Weibchen auf die Geburt hin und während der ersten Phase der Jungenaufzucht absondern. Die Tiere kommunizieren innerhalb der Gruppe durch zirpende Laute. Auch olfaktorische Markierungen dienen der innerartlichen Kommunikation, namentlich während der Paarungszeit. Nasenbären sind gewandte Kletterer, die Baumstämme kopfvoran hinunterklettern können. Sie drehen dabei die Hinterfüße nach außen und rückwärts und klemmen sich mit ihnen fest an den Stamm an [1; 2; 3; 9].

Auf der Insel Barro Colorado in Panama, wo die Weißrüsselbären ausgiebig studiert wurden, stellte man bei einer Dichte von 51.5 Tieren/km² eine mittlere Gruppengröße von 15.3 (6-26) fest. Zur Nahrungssuche waren aber im Mittel nur 7.2 Tiere gemeinsam unterwegs. Die Gruppen hatten sich teilwese überlappende Streifgebiete von 33 ha. Junge Männchen, welche die Gruppe verließen, wanderten nicht gleich ab, sondern hielten sich zumindest zeitweilig immer noch im Streifgebiet der Gruppe auf [5].

Weißrüsselbären sind Allesfresser, die sich vorab von Insekten und Früchten ernähren, aber auch kleine Echsen, Nager und gelegentlich Vögel fangen, die sie durch Kopfbiss töten, und Aas oder Siedlungsabfälle zu sich nehmen. Etwa 90% ihrer Nahrung finden sie auf dem Boden, den sie mit ihren Nasen systematisch absuchen, was den größeren Teil des Tages in Anspruch nimmt. Zur Deckung ihre Nahrungsbedarfs benötigen die Gruppen  Streifgebiete von 33 ha im tropischen Regenwald Panamas bis 1'350 ha in den Trockengebieten Arizonas [5; 6; 9].

Weißrüsselbären haben eine kurze Paarungszeit, während der die solitären Männchen die Weibchenrudel aufsuchen. In den USA fällt die Paarungszeit auf April, in Panama auf Januar. Kurz vor der Geburt, die nach einer Tragzeit von 70-77 Tagen stattfindet, sondern sich die trächtigen Weibchen ab und bauen ein Baumnest, in dem sie ihre 3-4 (1-7) etwa 100-180 g schweren Jungen gebären. Diese werden etwa 4 Monate gesäugt. Mit 24 (21-28) Tagen sind sie bereits gut zufuß und verlassen das Nest, mit 4 Wochen können sie klettern. Weibchen paaren sich im Freiland erstmals mit 22 Monaten, Männchen mit 34 Monaten, kommen aber in diesem Alter selten zur Fortpflanzung, weil sie gegen ältere Geschlechtsgenossen keine Chance haben [6; 7; 8; 9].

Gefährdung und Schutz

Die Bestandstendenz ist abnehmend, und lokal ist der Weißrüsselbär wegen Bejagung und Habitatverlust gefährdet oder wurde gar ausgerottet. Andererseits kommt er auch in zahlreichen Nationalparks und sonstigen Schutzgebieten vor. Insgesamt wird er aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 noch nicht als gefährdet eingestuft (Rote Liste: LEAST CONCERN) [3].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt mit Ausnahme der honduranischen Population, die unter Anhang III fällt. Das unsinnige Verbot von Erwerb und Abgabe, Haltung, Zucht, Aufzucht, Transport und Freilassen von  Nasenbären nach Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 betreffend invasive Arten gilt nicht für den Weißrüsselbären.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Der Weißrüsselbär wird in fast seinem ganzen Verbreitungsgebiet zur Gewinnung von Fell und Fleisch gejagt [3]. Wie BREHM feststellte, wird das Fleisch "nicht allein von den Eingeborenen, sondern auch von den Europäern gern gegessen. Junge Nasenbären liefern, namentlich wenn sie fett sind, einen vortrefflichen Braten, und auch das Fleisch der Alten ist immer noch wohlschmeckend. Aus dem Fell verfertigen die Indianer kleine Beutel." [2]

Haltung im Zoo

Weißrüsselbären können im Zoo ein Alter von 26-27 Jahren erreichen [8]. Eine Vergesellschaftung mit größeren Säugetieren ist möglich, so wurden im z.B. Tierpark Nordhorn Weißrüsselbären zusammen mit Bisons und Halsbandpekaris gehalten.

Haltung in europäischen Zoos:
 Die Art wird in über 30 Zoos gehalten, von denen sich etwa ein Drittel im deutschsprachigen Raum befinden. Das durch die Invasiv-Verordnung der EU im Prinzip für den Roten Nasenbären geltende Haltungsverbot hat in jüngster Zeit in Deutschland und Österreich zu einer Zunahme der Weißrüsselbärhaltungen geführt: Von den gegenwärtig (2023) 10 Haltungen bestehen 2 seit 2014, 1 seit 2018, 2 seit 2019, 2 seit 2020, 2 seit 2021 und 1 seit 2022. Für Details siehe Zootierliste.

Wie Nasenbären gehalten werden (Beispiele):

Forschung im Zoo (Beispiel): Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde das Ruhe- und Schlafverhalten des Weißrüsselbären untersucht und mit dem verwandter Arten verglichen [3].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll ein Außengehege für ein Paar Weißrüsselbären mindestens eine Fläche von 30 m² aufweisen. Für jedes weitere Adulttier kommen 2 m² zur Basisfläche dazu. Falls oben geschlossen, soll die Höhe mindestens 3 m betragen. Das Innengehege, sofern erforderlich, soll bei einer Höhe von 2.5 m für ein Paar eine Fläche von 6 m² haben und für jedes weitere Adulttier 3 m² mehr.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tiere ein Außengehege mit einer Grundfläche von 30 m² vor mit einer Höhe von mindestens 3 m. Für das Innengehege ist eine Basisfläche von 20 m² und eine Höhe von 3 m vorgeschrieben. Für jedes weitere Tier kommen außen und innen je 3 m² zur Basisflächen dazu. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für 1-2 Tiere ein Außengehege von 40 m², für jedes weitere Adulttier sind 4 m² zusätzlich erforderlich. Ein Innengehege ist nicht notwendig, wenn ein entsprechender Wetterschutz geboten wird.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Weißrüsselbär wurde erstmals 1766 von Carl von LINNÉ unter der Bezeichnung "Viverra narica", also als Schleichkatze, wissenschaftlich beschrieben. Die Gattung Nasua wurde 1780 vom Tübinger Professor Gottlieb Conrad Christian STORR aufgestellt, und Étienne GEOFFROY SAINT-HILAIRE, der Begründer des ersten bürgerlichen Zoos, der Ménagerie im Jardin des Plantes von Paris, stellte narica 1803 in diese Gattung. Über die Verwandtschaftsverhältnisse der Nasenbärarten herrschte lange Unsicherheit. BREHM spricht vom Nasenbären  als Nasua narica und vom Weißrüßelbären als Nasua leucorhyncha und gibt als Verbreitung des Einen Ostbrasilien und des Anderen Nordbrasilien an. Heute gelten die südamerikanischen Formen als Nasua nasua und die in Nord- und Mittelamerika als Nasua narica [9].

Es werden vier Unterarten anerkannt:

  • Nasua n. narica vom südlichen Mexiko bis Kolumbien
  • Nasua n. molaris in den USA und im nördlichen Mexiko
  • Nasua n. nelsoni auf der vor Yucatan gelegenen Cozumel-Insel Mexikos und
  • Nasua n. yucatanensis auf der Halbinsel Yucatan selbst.

Der Cozumel-Weißrüsselbär wurde in der Vergangenheit oft als eigene Art angesehen [2; 6; 9].

Literatur und Internetquellen

  1. ALLEN, T. B. (1979)
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. CUARÓN, A.D. et al. (2016). Nasua narica. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T41683A45216060. http://www.iucnredlist.org/details/41683/0. Downloaded on 21 June 2018.
  4. DIETERMANN, A. (1996)
  5. GOMPPER, M. E. (2009)
  6. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  7. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  8. WEIGL, R. (2005)
  9. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Weissrüsselbär, Weissrüssel-Nasenbär

Donnerstag, 14 Juni 2018 13:40

Brillenblattnase

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Fledertiere (CHIROPTERA)
Unterordnung: Fledermäuse (Microchiroptera)
Überfamilie: Hasenmaulartige (Noctilionoidea)
Familie: Blattnasen (Phyllostomidae)
Unterfamilie: Kurzschwanzblattnasen (Carolliinae)

D LC 650

Brillenblattnase

Carollia perspicillata • The Seba's Short-tailed Bat • Le fer-de-lance à lunettes

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Brillenblattnasen (Carollia perspicillata) in der Wilhelma Stuttgart © Wilhelma (Pressefoto)

 

 

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Approximative Verbreitung der Brillenblattnase (Carollia perspicillata)

 

 

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Brillenblattnase (Carollia perspicillata) im Zoo Frankfurt © Michael Leibfritz / Zoo Frankfurt

 

 

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Brillenblattnasen (Carollia perspicillata), normal gefärbtes Tier und Albino im Zoo Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Brillenblattnasen (Carollia perspicillata), Albino im Zoo Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Brillenblattnasen (Carollia perspicillata) in der Wilhelma Stuttgart © Wilhelma (Pressefoto)

 

 

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Brillenblattnase (Carollia perspicillata) im Parque Estadual do Rio Doce, Brasilien © Prof. Dr. Marco A. R. Mello , übernommen aus Wikimedia Commons unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International-Lizenz

 

 

 

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Die neuweltlichen Blattnasen sind die einzige Fledermausfamilie von der mehrere Arten regelmäßig und in größerer Zahl in europäischen Zoos gezeigt werden. Geeignet sind insbesondere Arten, die sich auf den Verzehr von Nektar, Früchten oder Blut spezialisiert haben, wie die harmlose und daher für begehbare Anlagen geeignete, fruchtfressende Brillenblattnase.

Körperbau und Körperfunktionen

Ihren Namen verdanken die Blattnasen dem charakteristischen Nasenaufsatz, der wie ein Blatt aussieht. Die Kopf-Rumplänge beträgt etwa 5.5 cm, der Schwanz ist 1 cm lang, der Unterarm misst im Mittel 41 mm und das mittlere Gewicht beträgt 17 g für Männchen und 16 g für Weibchen [4].

Verbreitung

Mittel- und Südamerika : Belize, Bolivien, Brasilien, Costa Rica, Ekuador, El Salvador, Französisch Guiana, Guatemala, Guyana, Honduras, Kolumbien, Mexiko, Nikaragua, Panama, Paraguay, Peru, Saint Kitts und Nevis, Surinam, Trinidad und Tobago [1].

Lebensraum und Lebensweise

Brillenblattnasen schlafen in kleinen Gruppen oder in Kolonien von mehreren hundert Tieren in Fels- oder Baumhöhlen, Tunnels oder unter dem Dach von Häusern. Sie ernähren sich ausschließlich von Früchten, die sie mit Hilfe ihres ausgezeichneten Geruchssinns finden. Zu ihrer Lieblingsnahrung gehören Beeren und Steinfrüchte von Pfeffergewächsen, daneben nehmen sie Nektar und Pollen oder, wenn pflanzliche Nahrung knapp wird, Insekten. Sie wurden auch schon beim Fressen von Guaven, Bananen und wilden Feigen beobachtet. In einem großen Teil ihres Areals bringen die Weibchen nach einer Tragzeit von 115-120 Tagen im Abstand von 115-173 Tagen jeweils ein Junges zur Welt. Dieses ist schon weit entwickelt. Es hat ein Geburtsgewicht von 5 g und hat die Augen bereits geöffnet. Es bleibt während der ersten zwei Lebenswochen praktisch ständig auf der Mutter [1; 2; 3].

Gefährdung und Schutz

Die Brillenblattnase wird aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 nicht als gefährdet angesehen, da sie weit verbreitet ist, eine große Gesamtpopulation hat, auch in Schutzgebieten vorkommt und vom Menschen modifizierte oder geschaffene Lebensräume nutzen kann. (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Die Art wird witschaftlich weder genutzt noch richtet sie Schäden an [1].

Haltung

Fledermäuse können Wirte und potenzielle Überträger von auf den Menschen übertragbaren Viren und anderen Krankheitserregern sein. Bei Brillenblattnasen aus deutschen Haltungen wurden z. B. Chlamydien nachgewiesen. Übertragungen quf den Menschen sind aus Zoos allerdings keine bekannt. Auch sonst sind Brillenblattnasen vollkommen harmlos. Sie sind sehr wendig und können dank ihrem Echoortungssystem im dichten Blattwerk und auf engstem Raum manövrieren. Sie werden deshalb gerne freifliegend in für Besucher begehbaren Tropen-oder Nachttierhallen gehalten. Sie sind unter Zoobedingungen recht langlebig. Den Altersrekord hält ein im Henry Doorley Zoo, Omaha, gborenes Weibchen, das dort nach 17 Jahren immer noch am Leben war [4].

Die Art wird in rund 40 Zoos gehalten, von denen sich etwa ein Viertel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Die im Säugetiergutachten 2014 des BMEL vorgegebenen Zahlen entbehren einer wissenschaftlichen Grundlage und sind, zuminderst wenn es um große Kolonien geht, aus der Sicht der tierhalterischen Praxis überzogen. Wie die Tierschutzsachverständigen der Zoos festhielten, zeigt die Erfahrung, dass in einem Gehege von 20m³ problemlos 50 Brillenblattnasen gehalten werden können (laut Gutachten dürften es nur 20 sein), und dass ein Raumvolumen von 160m³ für 700 Brillenblattnasen absolut auseichend ist (das Gutachten gibt 292 m³ vor). Grundsätzlich sollte keine Mindestfläche, sondern nur ein Volumen vorgegeben werden. Das Gutachten’96 gab für kleine Fledermäuse keine Gehegedimensionen an. Es empfiehlt sich, die Beurteilung der Haltung von Kleinfledermäusen darauf abzustellen, ob bei der in einer Haltung gegebenen Besatzdichte Probleme auftreten oder nicht.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 20 Tiere eine Grundfläche von 10 m² bei einer Höhe von 2 m vor, für jedes weitere sind 0.2 m² zusätzliche Fläche erforderlich. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für bis zu 20 Tieren eine Grundfläche von 20 m² und eine Höhe von 2.5 m erforderlich, für jedes weitere Tier ist die Grundfläche um 2 m² zu erhöhen. Letzteres ist unsinnig, nachdem für die ersten 20 nur eine Fläche von 1  m² pro Tier verlangt wird.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Art wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Vespertilio perspicillata" beschrieben. John Edward GRAY, ein Mitglied der Londoner Zoologischen Gesellschaft stellte sie 1838 in die neue Gattung Carollia [5].

Literatur und Internetquellen

  1. BARQUEZ, R. et al. (2015). Carollia perspicillata. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T3905A22133716. http://www.iucnredlist.org/details/3905/0. Downloaded on 15 May 2018.
  2. EISENBERG, J. F. (1989)
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. WEIGL, R. (2005)
  5. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  6. FRITSCHI, J. S. (2020)

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Donnerstag, 14 Juni 2018 14:50

Matschie-Baumkänguru

Unterklasse: Beuteltiere (MARSUPIALIA)
Ordnung: Känguruverwandtschaft (DIPROTODONTIA)
Unterordnung: Känguruartige (Macropodiformes)
Familie: Kängurus (Macropodidae)
Unterfamilie: Eigentliche Kängurus (Macropodinae)

D EN 650

Matschie-Baumkänguru

Dendrolagus matschiei • The Matschie's Tree Kangaroo • Le dendrolague de Matschie

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Matschie-Baumkänguru (Dendrolagus matschiei) im Zoo von Singapur © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Verbreitung in Europa gehaltener Baumkängurus. Blau: D. goodfellowi, rot: matschiei

 

 

 

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Matschie-Baumkängurus (Dendrolagus matschiei) im Zoo Duisburg © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Matschie-Baumkänguru (Dendrolagus matschiei) im Kölner Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Matschie-Baumkänguru (Dendrolagus matschiei) im Kölner Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Junges Matschie-Baumkänguru (Dendrolagus matschei), ehemals im Zoo Zürich © Jürg Klages †, Zürich

 

 

 

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Junges Matschie-Baumkänguru (Dendrolagus matschei) im Toronto Zoo © Jonathan Nightingale / Toronto Zoo

 

 

 

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Matschie-Baumkänguru (Dendrolagus matschei). Illustration zur Originalbeschreibung von FÖRSTER, F. & ROTHSCHILD, L. W. (1907) in Novitates Zoologicae, Pl. IV. Gemeinfrei. Anmerkung: Die helle Gesichtszeichnung ist nicht dargestellt [siehe 6].

 

 

 

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Das Matschie-Baumkänguru ist eine auffällige Erscheinung und eignet sich daher gut als Botschafter für Natur- und Artenschutz in Neuguinea. In Europa wird die Haltung zugunsten des Goodfellow-Baumkängurus aufgegeben, währenddem in Nordamerika ein koordiniertes Zuchtprogramm weiterläuft.

Körperbau und Körperfunktionen

Dendrolagus matschiei ist eine kleinere Baumkänguru-Art ohne markanten Geschlechtsdimorphismus. Beide Geschlechter sind in etwa gleich groß. Die Kopf-Rumpflänge beträgt etwa 51-66 cm, die Schwanzlänge 45-68 cm, und das Gewicht liegt zwischen 7 und 10.5 kg. Das kontrastreiche Fell ist kurz und wollig. Mitten auf dem Rücken befindet sich ein Paar Haarwirbel. Die Färbung ist ähnlich wie beim Goodfellow-Baumkänguru, jedoch fehlen die hellen Längsstreifen auf dem Rücken [1; 10].

Verbreitung

Neuguinea: Papua-Neuguinea, höhere Lagen der Huon-Halbinsel. Ferner gibt es eine vermutlich eingeführte Population auf der Vulkaninsel Umboi. Das Artareal umfasst etwa 14'000 km² [10].

Lebensraum und Lebensweise

Das Matschie-Baumkänguru besiedelt Regenwälder in Höhenlagen von 1'000 bis 3'300 m. Über sein Sozialverhalten im Freiland ist wenig bekannt. Vermutlich lebt es einzeln bzw. als Mutter-Kind-Gruppe. Es nutzt Streifgebiete von rund 140 ha, was im Vergleich zu anderen Baumkängurus sehr viel ist. Es ernährt sich am Boden oder auf Bäumen von Blättern verschiedener Bäume und Büsche, Schlingpflanzen und Farnen und bisweilen auch von Blüten oder Früchten [8; 10].

Weibchen werden mit etwa 25 Monaten geschlechtsreif. Paarungen können während des ganzen Jahres stattfinden. Nach einer Tragzeit von rund 44-45 Tagen wird in der Regel ein einzelnes Junges geboren. Kurz vor der Geburt reinigt das Weibchen akribisch seinen Beutel. Das Junge beginnt mit rund 9 Monaten festes Futter zu sich zu nehmen. Es steigt erstmals mit 10 Monaten aus dem Beutel und verlässt ihn mit etwa 13 Monaten definitiv. Danach begleitet es die Mutter für weitere 2-3 Monate [2; 4; 8].

Gefährdung und Schutz

Das Matschie-Baumkänguru hat bereits natürlicherweise eine geringe Populationsdichte und ein kleines Verbreitungsgebiet (begrenzt auf höhere Lagen). Durch die Jagd und den Lebensraumverlust werden die Bestände noch weiter dezimiert. Ein weiteres Problem besteht darin, das alle Tiere nur einer einzigen Subpopulation angehören. Deshalb wird die Art (ohne Berücksichtigung der Umboi-Population) als stark gefährdet beurteilt (Rote Liste: ENDANGERED) [10].

Der internationale Handel wird durch CITES nicht geregelt.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Auf der Huon-Halbinsel betreibt der Woodland Park Zoo, Seattle, seit 1996 ein Schutzprojekt, das auf die Kooperation mit der indigenen Landbevölkerung setzt, von weiteren nordamerikanischen Zoos unterstützt wird und mittlerweile zur Schaffung eines 600 km² großen Schutzgebiets in der Morobe-Provinz geführt hat [9; 11].

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Das Matschie-Baumkänguru wird auf der Huon-Halbinsel Neuguineas traditionell zur Fleischgewinnung bejagt [10].

Haltung

Matschie-Baumkängurus sollten in Gehegen mit ausreichend Klettermöglichkeiten und erhöht angebrachten Futterstellen untergebracht werden. Idealerweise sollte die Umgebungstemperatur für diese Tiere tropischer Bergwälder bei 18-22ºC liegen, jedoch ertragen Matschie-Baumkängurus ohne Schaden zu nehmen erhebliche Temperaturschwankungen. Im Zoo von Adelaide, wo sie zusammen mit anderen Känguruarten ganzjährig in einem größeren Außengehege gehalten wurden, schwankten die Temperaturen zwischen 0°C im Winter und 47.6°C im Sommer. Bei hohen Temperaturen lecken sich die Baumkängurus die Unterarme, um abzukühlen [1]. Meist werden sie paarweise oder als Trios gehalten. Eine Vergesellschaftung mit Schnabeligeln, Klein- oder Rattenkängurus, Flughunden oder Vögeln ist möglich.

Das älteste, von WEIGL erfasste Matschie-Baumkänguru, ein Weibchen, starb in einer amerikanischen Institution im Alter von 26 Jahren und 11 Monaten [7].

Es gibt seit 1987 ein Internationales Zuchtbuch (ISB), das am Lincoln Children's Zoo, Nebraska, geführt wird. Dieses umfasste im Juni 2014 73 lebende Individuen in 27 Einrichtungen [IZY 52].

Haltung in europäischen Zoos: Die ersten Matschie-Baumkängurus gelangten in den 1930er-Jahren in den Londoner Zoo, wo es 1932 zur Erstzucht kam. 1936 gelangte das erste Tier in den Frankfurter Zoo und damit aufs europäische Festland [6]. Die Art wird gegenwärtig (2023) nur noch in einem einzigen Zoo gehalten. Für Details siehe Zootierliste. Das 1990 ins Leben gerufene, vom Krefelder Zoo koordinierte Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) wurde aufgegeben. Es wird versucht, in Europa einen Bestand an goodfellowi aufzubauen, währenddem sich die amerikanischen Zoos auf matschiei konzentrieren.

Früher wurde die Art relativ häufig in Europa gehalten. In den 1970er-Jahren war der Zoo Zürich der erste europäische Zoo, der wieder Matschie-Baumkängurus aus Papua-Neuguinea erhielt. Von 1971-1982 wurden dort 16 Jungtiere geboren und aufgezogen [JB und Tierbestandslisten Zoo Zürich]. Die deutsche Erstzucht gelang dem Zoo Berlin im Jahr 1976.

Forschung im Zoo: Unter Beteiligung zahlreicher Zoos wurde eine umfangreiche Arbeit über das Ruheverhalten verschiedener Känguru-Arten, darunter Dendrolagus matschiei, durchgeführt [5]. Die Kenntnisse über das Fortpflanzungsverhalten beruhen weitgehend auf einer Dissertation, die Lisa DABEK in Seattle durchgeführt hat [2; 8].

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL gibt ein fakultatives Außengehege mit einer Mindestfläche von 40 m² für ein Paar und 10 m² für jedes weitere Tier an. Das Innengehege soll 16 m² groß und 3 m hoch sein, und für jedes weitere Tier ist die Fläche um 8 m² zu erhöhen.

Die Tierschutzverordnung der Schweiz (Stand 01.06.2022) schreibt für 1- 2 Tiere je ein Innen- und ein Außengehege von 16 m²/40m³ vor. Für jedes weitere Tier sind die Grundflächen um jeweils 4 m² zu erhöhen. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für ein Paar ein Außen- und ein Innengehege von je 20 m²/60 m³. Für jedes weitere Tier ist die Fläche außen wie innen um 2 m² zu erhöhen.

Nach JACKSON soll für 2 Tiere eine Gehegefläche von 40 m² nicht unterschritten werden [3].

Taxonomie und Nomenklatur

Das Matschie-Baumkänguru wurde 1907 dem deutschen Naturforscher Friedrich Förster und dem englischen Bankier und Zoologen Lionel Walter Rothschild anhand eines Exemplars aus dem damaligen Deutsch-Neuguinea unter seinem heute noch gültigen Namen beschrieben. Zeitweilig wurden goodfellowi und spadix als Unterarten von matschiei angesehen, aber diese werden jetzt als selbständige Arten anerkannt [8]. Sie sind aber nahe mit dem Matschie-Baumkänguru verwandt. Die Artareale von goodfellowi und matschiei stoßen aneinander und in Menschenobhut hybridisieren die beiden Arten leicht. Eventuell gibt es auch im Freiland eine Übergangszone.

Literatur und Internetquellen

  1. CROOK, G. A. & SKIPPER, G. (1987)
  2. DABEK, L. (1994)
  3. JACKSON, S. M. (2003)
  4. OLDS, T. J. & COLLINS, L. R. (1973)
  5. SCHÜRER, U. (1978)
  6. SCHÜRER, U. (2019)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. WOODLAND PARK ZOO - YUS CONSERVATION AREA
  10. ZIEMBICKI, M. & POROLAK, G. (2016). Dendrolagus matschiei. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T6433A21956650. http://www.iucnredlist.org/details/6433/0. Downloaded on 15 June 2018.
  11. ROSS, T. & DABEK, L. (2006)

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Donnerstag, 14 Juni 2018 22:34

KRASINSKA, M. & KRASINSKI, Z. A. (2008)

Der Wisent.

Die Neue Brehm-Bücherei 74: 1-328.
344 Seiten. 223 SW-Abb., 35 Farb-Abb.,
Westarp-Wissenschaftsverlag, Hohenwarsleben. ISBN-10: 3-89432-931-9; ISBN-13: 978-3-86617-011-7

Inhalt:

Der Wisent, das größte und schwerste Landsäugetier Europas, entging im 20. Jahrhundert nur um Haaresbreite der Ausrottung und teilte damit beinahe das Schicksal des Auerochsen. Der letzte in freier Wildbahn lebende Flachlandwisent wurde 1919 in Polen erlegt, der Kaukasus- oder Bergwisent starb 1927 aus. Mit den wenigen, in menschlicher Obhut verbliebenen Tieren begannen europäische Zoos eine Wiederaufzucht, die sich trotz zahlreicher Rückschläge als erfolgreich erwies. Heute leben in fünf europäischen Ländern wieder Wisentpopulationen in Freiheit, die größte mit derzeit über 400 Tieren im Urwald von Bialowieza in Polen. Das Autorenpaar, selbst seit Jahrzehnten in der Wisentforschung in Bialowieza engagiert, zeichnet in der vorliegenden Monographie ein lebendiges Bild dieser faszinierenden und eindrucksvollen Wildrindart. Einen großen Teil nimmt dabei die Dokumentation der mühevollen Wiederaufzucht der Wisente im Bialowieza-Urwald und der Bestandsentwicklung in den letzten 50 Jahren ein. Ausführlich werden Geschichte, Körperbau, Lebensweise, Verhalten, Populationsbiologie und -management sowie Ernährungs- und Fortpflanzungsbiologie des nächsten Verwandten des nordamerikanischen Bisons beschrieben. Eine Analyse der Gefährdungssituation und des rechtlichen Schutzstatus des Wisents rundet das umfangreiche Werk ab.

Anlässlich des 50-jährigen Bestehens des 1958 von der Landesforstverwaltung Nordrhein-Westfalen gegründeten Wisentgeheges Hardehausen und passend zur Ausrufung des Wisents als Wildtier des Jahres 2008 durch die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald legt der Verlag Westarp Wissenschaften nun eine deutsche Übersetzung der polnischen Wisentmonographie vor - in der Hoffnung, damit einen Beitrag zum Schutz und Erhalt dieses imposanten Waldrindes zu leisten.

 

krasinska-biblio

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Donnerstag, 14 Juni 2018 12:05

Neuguinea-Filander

Unterklasse: Beuteltiere (MARSUPIALIA)
Ordnung: Känguruverwandtschaft (DIPROTODONTIA)
Unterordnung: Känguruartige (Macropodiformes)
Familie: Kängurus (Macropodidae)
Unterfamilie: Eigentliche Kängurus (Macropodinae)

D VU 650

Neuguinea-Filander

Thylogale brunii • The Dusky Pademelon • Le pademelon à queue courte

102 012 017 002 thylogale brunii Pilsen KR
Neuguinea-Filander (Thylogale brunii) im Zoologisch-Botanischen Garten Pilsen © Klaus Rudloff, Berlin

 

 102 012 017 002 thylogale brunii map
Approximative Verbreitung des Neuguinea-Filanders (Thylogale brunii)

 

 102 012 017 002 thylogale brunii md2
Neuguinea-Filander (Thylogale brunii) im Zoo Magdeburg © Zoo Magdeburg (Pressefoto)

 

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Neuguinea-Filander (Thylogale brunii) im Zoologisch-Botanischen Garten Pilsen © Klaus Rudloff, Berlin

 

 102 012 017 002 thylogale brunii TPB TPB
Neuguinea-Filander (Thylogale brunii) im Tierpark Berlin © Tierpark Berlin (Pressefoto)

 

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Neuguinea-Filander (Thylogale brunii) im Touroparc Romanèche-Thorins © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 102 012 017 002 thylogale brunii gould
Neuguinea-Filander (Thylogale brunii). Abbildung aus GOULD, J. (1863). The Mammals of Australia, Vol 2. Public Domain

 

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Als an das Waldleben angepasster Vertreter der Kängurufamilie ist der Neuguinea-Filander von einem gewissen zoopädagogischen Interesse. Als kleinere Art ist es auch für begehbare Gehege geeignet. Er war in den 1970-80er Jahren in europäischen Zoos relativ gut vertreten, war dann nur noch in wenigen Einrichtungen zu sehen, und in den letzten Jahren nimmt die Zahl der Haltungen wieder zu.

Körperbau und Körperfunktionen

Bei den Neuguinea-Filandern haben die Böcke eine Kopf-Rumpflänge von 58-60 cm und eine Schwanzlänge von 40-57 cm, die Weibchen von 46-53 bzw. 32-35 cm. Das Fell ist oberseits dunkel graubraun gefärbt, auf der Unterseite deutlich heller. An Gesicht und Hüften befinden sich weiße Streifen [4].

Verbreitung

Australasien: Südliches Neuguinea (Papua-Neuguinea und Indonesien) sowie die Aru- und Kai-Inseln Indonesiens [2].

Lebensraum und Lebensweise

Der Neuguinea-Filander besiedelt Tiefland-Regenwald, Monsunwald, Galeriewälder, Sekundärwälder und Savannen. Er ist vermutlich überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv, aber es ist sehr wenig über seine Lebensgewohnheiten im natürlichen Lebensraum bekannt. Er frisst Gräser, Laub und vermutlich Pilze [4].

Die im Vergleich zu Steppenkängurus deutlich geringeren Körperausmaße, der kurze Hals, der keilförmige Kopf und der runde Rücken sind Anpassungen an die Lebensweise im dichten Unterholz, die den Filandern dort ein schnelles Fortkommen ermöglichen. Sie besetzen so die ökologische Nische, die in „beuteltierfreien“ Gebieten beispielsweise von Muntjakhirschen oder Duckern eingenommen wird. Die ersten vier bis sechs Lebensmonate verbringt das Kängurujunge im Beutel. Neuguinea-Filander sind früh geschlechtsreif und können bereits nach einem guten Jahr mitunter schon selbst für Nachwuchs sorgen [PM Zoo Magdeburg].

Gefährdung und Schutz

Gefährdung und Schutz: Der Neuguinea-Filander wurde in einem Teil seines Verbreitungsgebiets bereits ausgerottet, und die verbleibenden Bestände nehmen ab. Er wird deshalb aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 1994, letztmals überprüft 2015, als gefährdet eingestuft (Rote Liste: VULNERABLE) [2].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Der Neuguinea-Filander wird zwecks Fleischgewinnung bejagt [2].

Haltung

Nach JACKSON soll für 5 Tiere eine Gehegefläche von 70 m² nicht unterschritten werden [1]. Als Höchstalter werden 9 Jahre und 5 Monate für ein in den USA gehaltenes Weibchen angegeben [3]. Im Zoo Magdeburg leben die  Filander zusammen mit Lachenden Hänsen (Dacelo gigas) in einer Voliere, im Tierpark Berlin zusammen mit einem Goodfellow-Baumkänguru.

Haltung in europäischen Zoos: Die Zahl der Haltungen hat in den letzten Jahren meklich zugenommen. Gegenwärtig (2023) wird die Art in etwa 20 Zoos gezeigt, darunter einzelnen im deutschsprachigen Raum. In praktisch allen Einrichtungen gelingt die Zucht. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL gibt für das Außengehege eine Mindestfläche von 150 m² für bis 5 Tiere und 15 m² für jedes weitere Tier an. Das Innengehege soll 10 m² groß sein und für jedes weitere Tier ist die Fläche um 2 m² zu erhöhen.

Die Tierschutzverordnung der Schweiz (Stand 01.06.2022) schreibt für bis 5 Tiere ein Außengehege von 250 m² und für jedes weitere Tier zusätzlich 15 m² vor. Das Innengehege muss 15 m² groß sein und für jedes weitere Tier ist die Fläche um 3 m² zu erhöhen.

Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für bis 5 Tiere ein Außengehege von 200 und ein Innengehege von 4 m². Für jedes weitere Tier ist die Fläche außen wie innen um 10% zu erhöhen.

 Taxonomie und Nomenklatur

Der Neuguinea-Filander wurde 1778 vom thüringischen Naturforscher Johann Christian Daniel von SCHREBER in Band III seines in Erlangen verlegten Werks "Histoire naturelle des quadrupèdes représentés d´après nature" unter dem Namen "Didelphis brunii" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die Gattungsbezeichnung Didelphis wird heute nur noch für amerikanische Opossums verwendet. Thylogale wurde 1837 von John Edward GRAY vom Britischen Museum in London für den Rothalsfilander (Thylogale thetis) eingeführt. Zu den Filandern gehören sieben Arten, die von Tasmanien über Ostaustralien bis Neuguinea verbreitet sind. Vier davon wurden bis vor wenigen Jahren zur Art Thylogale browni zusammengefasst, darunter auch Thylogale brunii. Heute gilt T. brunii als monotypische Art [2; 4].

Literatur und Internetquellen

  1. JACKSON, S. M. (2003)
  2. LEARY, T. et al. (2016). Thylogale brunii. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T21870A21958826. http://www.iucnredlist.org/details/21870/0. Downloaded on 15 June 2018.
  3. WEIGL, R. (2005)
  4. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Freigegeben in Kloaken- und Beuteltiere
Donnerstag, 14 Juni 2018 12:57

Tigerspatelwels

Überklasse: Knochenfische (OSTEICHTHYES)
Klasse: Strahlenflosser (ACTINOPTERYGII)
Unterklasse: Neuflosser (NEOPTERYGII)
Teilklasse: Echte Knochenfische (TELEOSTEI)
Ordnung: Welsartige (Siluriformes)
Familie: Antennenwelse (Pimelodidae)

D NB 650

Tigerspatelwels

Pseudoplatystoma fasciatum • The Barred Sorubim • Le surubi tigré

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Tigerspatelwels (Pseudoplatystoma fasciatum) im Tierpark Hellabrunn © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Approximative Verbreitung des Tigerspatelwelses (Pseudoplatystoma fasciatum)

 

 

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Tigerspatelwels (Pseudoplatystoma fasciatum) im Aquarium des Tropiques, Allex © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Tigerspatelwels (Pseudoplatystoma fasciatum) im Exotarium Oberhof © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Tigerspatelwels (Pseudoplatystoma fasciatum). Abbildung aus R. Schomburgk (1843) Fishes of British Guiana

 

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Der Tigerspatelwels erregt wegen seiner Größe und Gestalt die Aufmerksamkeit des Publikums und bietet sich so als Botschafterart für den Schutz der Gewässer und Tieflandregenwälder Südamerikas an. Er wird daher recht häufig in europäischen Zoos und Schauaquarien gezeigt.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Tigerspatelwels wird bis 104 cm lang und 70 kg schwer. Er hat einen langen, vorne abgeflachten Kopf, der an einen Entenschnabel erinnert, und drei lange Bartelpaare, die meist nach vorne gerichtet sind. Der Körper ist langgestreckt und schlank. Die Oberseite ist olivbraun, die Unterseite weißlich gefärbt, auf dem Rücken und den Seiten schwarz oder dunkelbraun getigert [1; 2].

Verbreitung

Südamerika: Einzugsgebiete der größeren Fluss-Systeme östlich der Anden: Argentinien, Bolivien, Brasilien, Ekuador, Französisch Guyana, Guyana, Kolumbien, Paraguay (?). Peru, Surinam, Uruguay, Venezuela [1; 3].

Lebensraum und Lebensweise

Der Tigerspatelwels ist ein nachtaktiver Räuber, der alles frisst, was er überwältigen kann. Tagsüber versteckt er sich gerne zwischen Wasserpflanzen, im Wasser liegenden Bäumen oder unter Uferüberhängen [2; 3].

Gefährdung und Schutz

Die Art wurde im Rahmen der Roten Liste der IUCN noch nicht beurteilt.

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Der Tigerspatelwels ist Gegenstand der gewerblichen und der Sportfischerei. Er befindet sich im internationalen Aquarienfischhandel [2]. Angebote liegen z.B. bei 15 € für 10 cm lange Jungtiere und 70-120 € für 40-50 cm lange Tiere (Online-Inserate 2018).

Haltung

Eine Gemeinschaftshaltung ist nur mit Fischen möglich, die sehr groß oder sehr klein sind. Alle anderen werden gefressen. Für die Haltung in Privathand ist die Art wegen ihrer Größe und Fresslust nur sehr bedingt geeignet [3].

Haltung in europäischen Zoos: Die Zahl der Haltungen hat in den letzten Jahren abgenommen. Gegenwärtig (2022) wird die Art noch in rund 45 europäischen Einrichtungen gezeigt, von denen sich etwa ein halbes Dutzend im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen: In Deutschland gibt es keine konkreten Mindestnormen für das Halten von Tigerspatelwelsen. In Österreich fordert die 2. Tierhaltungsverordnung (Stand 2022) für 2 Tiere ein Becken mit einer Mindestfläche von 4 m². In der Schweiz gibt Anhang 2, Tabelle 8 der Tierschutzverordnung an, wie viele Liter Wasser pro cm Gesamtkörperlänge (ohne Schwanzflosse) der gehaltenen Fische angeboten werden müssen.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Art wurde bereits von Carl von LINNÉ (1766) unter dem Namen "Silurus fasciatus" beschrieben. 1862 stellte sie der niederländischer Ichthyologen Pieter BLEEKER in die neue Gattung Pseudoplatystoma [1].

Literatur und Internetquellen

  1. FISH BASE
  2. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  3. RIEHL, R. & BAENSCH, H.A. (1985)

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Freigegeben in Welsartige
Donnerstag, 14 Juni 2018 15:33

Elefantenrüsselfisch

Überklasse: Knochenfische (Osteichthyes)
Klasse: Strahlenflosser (Actinopterygii)
Unterklasse: Neuflosser (Neopterygii)
Teilklasse: Echte Knochenfische (Teleostei)
Ordnung: Knochenzünglerartige (Osteoglossiformes)  
Familie: Nilhechte und Elefantenfische (Mormyridae)

D LC 650

Elefantenrüsselfisch

Gnathonemus petersii • The Peters' Elephantnose Fish • Le poisson-éléphant

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Elefantenrüsselfisch (Gnathonemus petersii) im Zoo Frankfurt © Joachim S. Müller, Lizenz https://creativecommons.org/.

 

 

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Approximative Verbreitung des Elefantenrüsselfischs (Gnathonemus petersii)

 

 

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Elefantenrüsselfisch (Gnathonemus petersii) im Aquarium tropical, Allex © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Elefantenrüsselfisch (Gnathonemus petersii) im Aquarium tropical, Allex © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Trotz seiner überwiegend nächtlichen Lebensweise ist der Elefantenrüsselfisch eine attraktive Art, die als schwach elektrischer Fisch auch zoopädagogisch etwas hergibt. Sie wird allerdings in europäischen Zoos und Schauaquarien nicht sehr oft gehalten.

Körperbau und Körperfunktionen

Elefantenrüsselfische erreichen eine Gesamtlänge von 20-23 cm. Am Unterkiefer des endständigen Mauls haben sie einen fleischigen Fortsatz, den "Rüssel". Sie sind sogenannt aktiv schwach-elektrische Fische. Sie produzieren mit einem speziellen Organ am Schwanzansatz elektrische Impulse, die ein dreidimensionales Feld um den Fischkörper herum aufbauen. Objekte, Artgenossen oder Beutetiere, die in die Nähe kommen, besitzen eine andere Leitfähigkeit als das Umgebungswasser und „verbiegen“ das elektrische Feld. Der Rüsselfisch kann diese sehr feinen Feldveränderungen mit Sinnesorganen wahrnehmen, die sich in grosser Menge – es sind mehr als 2000! – auf seiner ganzen Körperoberfläche befinden. Besonders sensibel ist das sogenannte Schnauzenorgan, eine rüsselförmige Verlängerung des Unterkiefers. Mit ihm untersucht der Fisch seine Umgebung nach Fressbarem, es vollführt dabei rhythmische seitliche Suchbewegungen [3; 4; 5].

Verbreitung

Zentral- und Westafrika: Von Nigeria bis zur Zentralafrikanischen Republik im Osten, und bis Angola und Sambia im Süden.

Lebensraum und Lebensweise

In Flüssen und Seen. Elefantenrüsselfische sind territorial, d.h. im Aquarium werden schwächere Tiere der eigenen Art bekämpft oder unterdrückt. Gegenüber Fischen anderer Arten sind sie dagegen verträglich [4].

Gefährdung und Schutz

Der Elefantenrüsselfisch ist weit verbreitet, und gilt seit 2010 aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2009 global wie regional als nicht-gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN). Dies wurde 2020 übereprüft und bestätigt. Allerdings sind weitere Untersuchungen zur Taxonomie nötig, da es sich auch um mehr als eine Art handeln könnte [1].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Die Art wird lokal zu Speisezwecken gefangen und befindet sich im Aquarienfischhandel [2]. Ihr elektrische Organ, bot Anlass, sie in Wasserwerken als Trinkwasserwächter einzusetzen. Normalerweise können 800 Stromschläge pro Minute gemessen werden [4].

Haltung

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird, wohl als einzige ihrer Gattung, in rund 40 europäischen Einrichtungen gezeigt, von denen sich etwa ein Drittel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste

Mindestanforderungen: In Deutschland empfiehlt das Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Zierfischen (Süßwasser) für die Haltung von Elefantenrüsselfischen als Gruppe oder vergesellschaftet mit anderen Arten ein Mindest-Wasservolumen von 150 l. Dasselbe Volumen wird in Österreich durch die 2. Tierhaltungsverordnung vorgeschrieben. Anhang 2, Tabelle 8 der Schweizerischen Tierschutzverordnung gibt an, wie viele Liter Wasser pro cm Gesamtkörperlänge (ohne Schwanzflosse) der gehaltenen Fische angeboten werden müssen.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Art wurde 1862 von dem aus Esslingen stammenden und am Londoner Naturhistorischen Museum tätigen Taxonomen Albert Karl Ludwig Gotthilf GÜNTHER als "Mormyrus petersii" beschrieben. Die Gattung Gnathonemus wurde ein Jahr später von dem amerikanischen Ichthyologen Theodore Nicholas GILL aufgestellt [2].

Literatur und Internetquellen

  1. OLAOSEBIKAN, B.D. et al. 2020. Gnathonemus petersii. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T181553A134970864. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T181553A134970864.en . Downloaded on 19 December 2020.
  2. FISH BASE
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. RIEHL, R. & BAENSCH, H.A. (1985)
  5. ZOO BASEL

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Donnerstag, 14 Juni 2018 06:54

Südafrikanisches Stachelschwein

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Taxon ohne Rang: Nagetiere und Hasen (GLIRES)
Ordnung: Nagetiere (RODENTIA)
Unterordnung: Stachelschweinverwandte (Hystricomorpha)
Familie: Stachelschweine (Hystricidae)

D LC 650

Südafrikanisches Stachelschwein

Hystrix africaeaustralis • The Cape Porcupine • Le porc-épic de l'Afrique du Sud

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Südafrikanische Stachelschweine (Hystrix africaeaustralis) im Zoo Basel © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Approximative Verbreitung des Südafrikanischen Stachelschweins (Hystrix africaeaustralis)

 

 

 

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Südafrikanische Stachelschweine (Hystrix africaeaustralis) im Zoo Amersfoort © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Schädel eines Südafrikanischen Stachelschweins (Hystrix africaeaustralis) in der Landessammlung für Naturkunde Rheinland-Pfalz © (Naturhistorisches Museum Mainz, N. T. Back. Übernommen unter der Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International-Lizenz

 

 

 

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Die Vertreter der Gattung Hystrix im engeren Sinne sind wegen der Umwandlung des Haarkleids in ein Stachelkleid und wegen ihres Verhaltens von besonderem zoopädagogischem Interesse und gehören zu den Standardtieren in Zoologischen Gärten, wobei die genaue Artbestimmung bisweilen Mühe macht.

Körperbau und Körperfunktionen

Zusammen mit dem Gewöhnlichen Stachelschwein (Hystrix cristata) ist das Südafrikanische Stachelschwein die größte Nagetierart auf dem Afrikanischen Kontinent. Die Tiere erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 63-81 cm, eine Schwanzlänge von 10-13 cm und ein Gewicht von 10-12(-24) kg. Die Weibchen werden bis zu einem Viertel schwerer als die Männchen, sie haben 2-3 Paar Zitzen, ansonsten unterscheiden sich die Geschlechter äußerlich nicht. Wie bei Hystrix cristata und im Gegensatz zu Hystrix indica sind beim Südafrikanischen Stachelschwein die Spitzen der Nackenmähne weiß [4].

Verbreitung

Ost- und Südliches Afrika: Botswana, Burundi, Kenia, Kongo, Kongo Dem., Lesotho, Malawi, Mosambik, Namibia, Ruanda, Sambia, Simbabwe, Südafrika, Swasiland, Tansania, Uganda [1].

Lebensraum und Lebensweise

Das Südafrikanische Stachelschwein besiedelt unterschiedlichste Lebensräume von Seehöhe bis 2000 Meter über Meer. Es meidet dichten Wald, kommt aber in lockerem Wald (Miombo) bis hin zur Namibwüste vor. Den Tag verbringen die Tiere in natürlichen, selbst gegrabenen oder von Erdferkeln (Orycteropus afer) übernommenen Erdhöhlen [2].

Ihr Stachelkleid macht Stachelschweine zu einer wenig einladenden Beute für Großkatzen oder große Greifvögel. Sie erscheinen dadurch wesentlich wuchtiger als sie in Wirklichkeit sind. Die Wirkung wird durch ein typisches Abwehrverhalten noch gesteigert: Bei Beunruhigung sträuben die Tiere die Stacheln und erscheinen dadurch plötzlich doppelt so groß. Hält die Bedrohung an, rasseln sie mit dem Schwanz. Nähert sich der Feind dennoch, kehrt das Stachelschwein ihm das Hinterteil zu und rammt ihm seine Stacheln in den Körper. Eingedrungene Stacheln gehen am Stachelschweinrücken leicht aus [2; 3].

Stachelschweine leben in Familiengruppen, innerhalb derer sich nur das monogame α-Paar fortpflanzt Nach einer Tragzeit von 93-105 Tagen gebärt die Weibchen meist nur einmal im Jahr 1-3 etwa 300-400 g schwere, weit entwickelte Junge, deren Körper mit noch weichen Stacheln bedeckt ist. Die Jungen werden 3-4 Monate gesäugt. Männchen werden mit 8-18 Monaten, Weibchen im 2. Lebensjahr geschlechtsreif [6].

Gefährdung und Schutz

Die Art ist weitverbreitet, kommt in zahlreichen Schutzgebieten vor und gilt daher aufgrund einer Beurteilung im Jahr 2016 als nicht-gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Internationaler Handel durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Das Südafrikanische Stachelschwein wird zur Fleischgewinnung bejagt [1].

Haltung

WEIGL gibt als Höchstalter über 23 Jahre und 6 Monate an, erreicht von einem im Leipziger Zoo gehaltenen männlichen Tier [5].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 70 Zoos gehalten, von denen sich ein paar wenige im deutschsprachigen Raum und beinahe die Hälfte in Großbritannien befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Nach Säugetiergutachten 2014 können Stachelschweine der Gattung Hystrix ganzjährig in Außengehegen gehalten werden, wenn sie im Winter Zugang zu einem frostfreien Schutzraum haben. Für 2 Stachelschweine soll eine Mindestfläche von 20 m² angeboten werden, für jedes weitere Tier 5 m² mehr.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 2 Stachelschweine ein Außengehege mit einer Mindestfläche von 40 m², Grabgelegenheit und Schlafboxen, eventuell heizbarem Innenraum vor.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für ein Paar oder eine Familiengruppe Stachelschweine ein Außengehege mit einer Mindestfläche von 40 m² mit einer Sand- oder Erdschicht als Bodengrund und Unterstand erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Das Südafrikanisches Stachelschwein wurde 1852 vom nachmaligen Direktor des Berliner Zoos, Wilhelm PETERS unter seinem heute noch gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben [6].

Literatur und Internetquellen

  1. CASSOLA, F. (2016). Hystrix africaeaustralis (errata version published in 2017). The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T10748A115099085. http://www.iucnredlist.org/details/10748/0. Downloaded on 22 May 2018.
  2. MILLS, G & HES, L. (1999)
  3. MOHR, E. (1965)
  4. RUDLOFF, K. (2011)
  5. WEIGL, R. (2005)
  6. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Donnerstag, 14 Juni 2018 09:36

Bürstenschwanz-Känguru

Unterklasse: Beuteltiere (MARSUPIALIA)
Ordnung: Känguruverwandtschaft (DIPROTODONTIA)
Unterordnung: Känguruartige (Macropodiformes)
Familie: Rattenkängurus (Potoroidae)

D CR 650

EEPBürstenschwanz-Känguru

Bettongia penicillata • The Brush-tailed Rat Kangaroo, or Woylie • La bettongie à queue touffue

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Bürstenschwanz-Känguru (Bettongia penicillata) im Zoo Duisburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Verbreitung des Bürstenschwanz-Kängurus (Bettongia penicillata). Grau schattiert: ursprüngliches Artareal, bis etwa 1970 verschwunden (Quelle: Parks & Wildlife W.A.), blau: überlebende autochthone Populationen, gelb einige der ca. 50 wiederangesiedelten Populationen

 

 

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Bürstenschwanz-Känguru (Bettongia penicillata) in Dundee's Wildlife Park, Murray Bridge SA © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Bürstenschwanz-Känguru (Bettongia penicillata) in Dundee's Wildlife Park, Murray Creek SA © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Bürstenschwanz-Känguru (Bettongia penicillata) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Bürstenschwanz-Känguru (Bettongia penicillata) im Zoo Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Schädel eines Bürstenschwanz-Kängurus (Bettongia penicillata) in der Sammlung der Museums Victoria, Melbourne © Museums Victoria. Übernommen unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International-Lizenz.

 

 

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Bürstenschwanz-Känguru (Bettongia penicillata). Abbildung aus GOULD, J. (1863). The Mammals of Australia, Vol. 2. Public Domain.

 

 

Weitere Bilder auf BioLib

Die Rattenkängurus wurden früher als Unterfamilie der eigentlichen Kängurus angesehen. Aufgrund anatomischer Besonderheiten des Schädels und Gebisses werden sie heute als eigene Familie eingestuft. Bürstenschwanzkängurus sind weitgehend nachtaktiv und werden daher vorzugsweise in Nachttierhäusern gezeigt, was die Zahl der möglichen Haltungen einschränkt.

Körperbau und Körperfunktionen

Bürstenschwanz-Kängurus erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 29-36 cm, eine Schwanzlänge von 25-36 cm und ein Körpergewicht von 1.1-1.6 (0.8-1.8) kg. Ihr Fell ist auf dem Rücken gräulich braun, am Kopf teilweise dunkler, am Bauch, den Extremitäten und der Schwanzunterseite heller. Der Schwanz wird gegen das Ende hin dunkler und weist auf der Oberseite eine dunkeln, bürstenartigen  Haarkamm auf [5]. Zur besseren Verdauung der Pilznahrung verfügen die Tiere über einen zweihöhligen Magen [2].

Verbreitung

Australien: Das Bürstenschwanz-Känguru war einst über große Teile Australiens südlich der tropischen Bereiche und in den zentralaustralischen Wüstengebiete verbreitet, Heute ist seine Verbreitung stark eingeschränkt und beschränkt sich auf den Süden des Kontinents, wo es noch in zersplitterten, teils wiederangesiedelten Beständen in Western Australia, New South Wales und South Australia vorkommt [6].

Lebensraum und Lebensweise

Bürstenschwanzkängurus besiedelten ursprünglich die unterschiedlichsten Lebensräume, von Spinifex-Grasland bis hin zu Monsun- und Trockenwäldern. Heute kommen sie nur noch in den geschlossenen und offenen Trockenwäldern Westaustraliens sowie weiter östlich im  Mallee-Busch vor. Sie sind nachtaktiv und verbringen den Tag einzeln in selbstgebauten Nestern aus Gras, Rinde und sonstigem Pflanzenmaterial. Das Baumaterial transportieren sie mit ihrem eingerollten Schwanz, was John GOULDs in seinem Werk "The Mammals of Australia" dargestellt hat [2]. Sie sind Einzelgänger und verhalten sich gegenüber Tieren des gleichen Geschlechts aggressiv. Männchen haben Streifgebiete von 28-43 ha, Weibchen von 15-28 ha. Davon werden etwa 2-4 ha als Territorium verteidigt [5; 6].

Die Nahrung besteht zu etwa einem Drittel aus trüffelartigen, also unterirdisch wachsenden Pilzen. Ansonsten werden diverse Pflanzenteile und Wirbellose gefressen [5].

Nach einer Tragzeit von drei Wochen wird meist ein Junges geboren, selten zwei. Der Nachwuchs bleibt 3.5 Monate im Beutel und wird mit 4-5 Monaten entwöhnt. Die Weibchen werden meist unmittelbar nach der Geburt wieder gedeckt, wobei der Embryo eine Keimruhe durchmacht, bis das ältere Geschwister den Beutel verlässt. Pro Jahr können so drei Aufzuchten stattfinden [5].

Gefährdung und Schutz

Das Bürstenschwanz-Känguru wird seit 2008, letztmals überprüft 2012, als vom Aussterben bedroht eingestuft (Rote Liste: CRITICALLY ENDANGERED), da seine Bestände seit 1996 dramatisch, um rund 90%, zurückgegangen sind. Eine Reihe von Faktoren waren verantwortlich für frühere Bestandesrückgänge: Prädation durch eingeführte Räuber (Fuchs und Katze), Lebensraumzerstörung und -veränderung, Konkurrenz durch eingeführte Haus- und Wildtiere und Krankheiten. Die Gründe für die weitverbreiteten Bestandsrückgänge in neuerer Zeit sind aber noch unklar und es laufen Forschungsarbeiten dazu [3; 6].

Die östliche Unterart (B. p. penicillata) ist ganz, die westliche (B. p. ogilbyi) beinahe ausgestorben [6].

Der internationale Handel ist nicht unter CITES geregelt. Für lebende Tiere gelten Ausfuhrbeschränkungen Australiens.

Bedeutung für den Menschen

Als sie noch in größerer Zahl auftraten, konnten Bürstenschwanzkängurus gebietsweise Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen anrichten. Die Aborigines pflegten das "Woylie" als Fleischlieferant zu jagen.

Haltung

Bürstenschwanzkängurus werden meist in verglasten Vitrinen in Nachttierhäusern gehalten. Eine Haltung in von einem Paar ausgehenden Kleingruppen ist möglich, wenn die heranwachsenden Männchen rechtzeitig entfernt werden [2].

Das älteste bekannte Bürstenschwanzkänguru wurde im Bronx Zoo geboren und starb im Zoo von Los Angeles im Alter von 18 Jahren und 10 Monaten [4].

Haltung in europäischen Zoos: Die westliche Unterart (B. p. ogilbyi) wird in rund 35 Zoos gehalten, von denen sich gegen ein Viertel im deutschsprachigen Raum befinden. Der Bestand in EAZA-Zoos wurde für 2021 mit 145 beziffert. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL ist ein Außengehege fakultativ. Das Innengehege soll eine Mindestfläche von 8 m² für 1 bis 2 Tiere und 2 m² für jedes weitere Tier messen.

Die Tierschutzverordnung der Schweiz (tand 01.06.2022) schreibt für 1 bis 2 Tiere ein Innengehege von 8 m² und für jedes weitere Tier zusätzlich 2 m² vor.

Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für bis 5 Tiere  ein Innengehege von 16 m². Für jedes weitere Tier ist die Fläche um 10% zu erhöhen.

Nach JACKSON soll für 1-2 Tiere eine Gehegefläche von 15 m² nicht unterschritten werden, für jedes weitere Tier sollen 5 m² zusätzlich angeboten werden [1].

Taxonomie und Nomenklatur

Das Bürstenschwanzkänguru wurde 1837 vom englischen Zoologen John Edward GRAY, der am Britischen Museum tätig war, unter seinem heute noch gültigen Namen beschrieben. Ob die in Nordost-Queensland lebende Form tropica eine eigene Art oder eine Unterart von penicillata ist, wird noch diskutiert [5].

Literatur und Internetquellen

  1. JACKSON, S. M. (2003)
  2. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  3. WAYNE, A.F., MAXWELL, M.A., WARDA, C.G., VELLIOSA, C.V., WILSON, I., WAYNE, J.C. & WILLIAMS, M.R.(2015)
  4. WEIGL, R. (2005)
  5. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  6. WOINARSKI, J. & BURBIDGE, A.A. (2016). Bettongia penicillata. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T2785A21961347. http://www.iucnredlist.org/details/2785/0. Downloaded on 15 June 2018.

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx