Dienstag, 24 Oktober 2017 12:39

Afrikanischer Weissbauchigel

Überordnung: Insektenfresser (INSECTIVORA / EULIPOTYPHLA)
Ordnung: Igelverwandte (ERINACEOMORPHA)
Familie: Igel (Erinaceidae)
Unterfamilie: Stacheligel (Erinaceinae)

D LC 650

Afrikanischer Weißbauchigel

Atelerix albiventris • The Four-toed Hedgehog • Le hérisson à ventre blanc

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Afrikanischer Weißbauchigel (Atelerix albiventris) im Zoologisch-Botanischen Garten Pilsen © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Approximative Verbreitung des Afrikanischen Weißbauchigels (Atelerix albiventris)

 

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Afrikanischer Weißbauchigel (Atelerix albiventris) im Zoo Jihlava© Klaus Rudloff, Berlin

 

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Afrikanischer Weißbauchigel (Atelerix albiventris) im Zoo Jihlava © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Afrikanischer Weißbauchigel (Atelerix albiventris), Albino in Privathaltung © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Afrikanischer Weißbauchigel (Atelerix albiventris), Zuchtform "dark grey" in Privathaltung © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Anderthalb Monate alter Afrikanischer Weißbauchigel (Atelerix albiventris) © Michał Klimont, Polen. Veröffentlicht unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.

 

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Schädel des Afrikanischen Weißbauchigels (Atelerix albiventris). Quelle: Untamed Science (ohne Autoren- und Copyrightangabe)

 

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Der Afrikanische Weißbauchigel wird häufig von Privatpersonen gehalten und in mehreren Farbvarianten gezüchtet. Er ist für eine nachtaktive Art auch relativ oft in Zoos zu sehen.

Körperbau und Körperfunktionen

Mit einer Kopf-Rumpflänge von 21 (15-25) cm und einem Gewicht von 250-600(-1000) g ist der Afrikanische Weißbauchigel kleiner als unser einheimischer Igel. Sein Schwanz ist 25 mm lang. Gesicht, Hals, Bauch und Beine sind mit weißen Haaren bedeckt, wobei das Gesicht eine schwarze Maske tragen kann. Die Stacheln sind schwarz mit weißen oder cremefarbenen Spitzen [2; 3].

Verbreitung

West-, Zentral- und Ostafrika: Von Senegal im Westen über den Sudan, Eritrea und Äthiopien südlich bis nach Malawi, Sambia und Mosambik [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Afrikanische Weißbauchigel ist solitär, dämmerungs- und nachtaktiv. Als Lebensraum bevorzugt er Grasland und lockeren Busch in Höhenlagen bis zu 2'000 m. Er besiedelt auch Agrarland, Parks und Gärten. Dichter Wald, Wüsten und Feuchtgebiete werden gemieden.  Gerne hält er sich in Gebieten mit einem hohem Bestand an Huftieren auf, da deren herumliegender Dung Insekten anzieht. Seine Hauptnahrung besteht aus Insekten und anderen Arthropoden wie Tausendfüßern, Schnecken und Krebstieren, ferner fängt er kleine Schlangen, Echse und Frösche, plündert Vogelnester und frisst herabgefallene Früchte, Erdnüsse, Wurzeln und Pilze. Selbst fällt er oft Kaffernadlern (Aquila verreauxi) oder Uhus (Bubo africanus, Bubo lacteus) zum Opfer. Tagsüber ruht er unter Steinen, Grasmatten, Laubhaufen oder Baumstämmen, in Erdlöchern, Felsspalten oder Termitenhügeln, wobei er seine Verstecke täglich zu wechseln scheint. Bei kühlem und trockenem Wetter kann er eine bis 6 Wochen dauernde Torporphase, eventuell mit Unterbrüchen durchmachen, dies ist jedoch nicht überall der Fall [3; 4; 6].

Weißbauchigel erreichen Geschlechtsreife mit etwa 8 Wochen. In Nord- und Ostafrika gibt es keine saisonale Einschränkung der Fortpflanzung, in südlichen Teil des Artareals dagegen schon. Nach einer Tragzeit von 35 (30-40) Tagen werden in der Regel 3-6 Junge geboren. Die Lebenserwartung liegt bei 4-6 Jahren [2; 6].

Gefährdung und Schutz

Der Afrikanische Weißbauchigel wird aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 nicht als gefährdet beurteilt, weil er ein großes Verbreitungsgebiet und einen großen Gesamtbestand hat, in Schutzgebieten vorkommt und auch veränderte Lebensräume toleriert (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Der Afrikanische Weißbauchigel wird häufig als Heimtier gehalten. Es wurden zahlreiche Farbschläge herausgezüchtet, von schwarz über grau, verschiedenen Brauntönen, zimt- und aprikosenfarben bis weißlich, leuzistisch und albinotisch. Die verschiedenen Farben gibt es auch als Schecken und mit unterschiedlicher Gesichtszeichnung [2].

Haltung

Das Höchstalter im Zoo wird mit 11 Jahren und 5 Monaten angegeben [5]. Es wurde von einem Weibchen erreicht, das in amerikanischen Zoos geboren und gehalten worden war.

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in über 80 Zoos gehalten, von denen sich ein paar wenige (kleinere) im deutschsprachigen Raum befinden. Schwerpunkte der Haltung sind Großbritannien und Russland. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für 1-2 Afrikanische Weißbauchigel ein Innengehege von 2 m² vorhanden sein und für jedes weitere Tier 1.5 m² mehr. Ein Außengehege für die Haltung während des Sommers wird als wünschenswert bezeichnet.

Die  Schweizerischen Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für ein Tier ein Innengehege mit einer Fläche von 2 m² vor, für jedes weitere 1 m² zusätzlich. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (stand 2022) fordert für ein Tier ein Gehege mit einer Fläche von 2 m² und für jedes weitere 0.2 m² zusätzlich, was bei einer solitär lebenden Tierart nicht viel Sinn macht.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Afrikanische Weißbauchigel wurde 1841 vom Konservator der Zoologischen Staatssammlung München, Johann Andreas WAGNER, als "Erinaceus albivetris" beschrieben und kam dann als Typusart in die vom in Nordafrika tätigen,  französischen Naturforscher Nicolas Auguste POMEL 1848 aufgestellte Gattung Atelerix. Später wurde er zeitweilig wieder Erinaceus zugeordnet. Die Art ist monotypisch, Die Gattung umfasst vier sich ziemlich ähnlich sehende Arten [1; 3; 6].

Literatur und Internetquellen:

  1. CASSOLA, F. 2016. Atelerix albiventris (errata version published in 2017). The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T40602A115174097. http://www.iucnredlist.org/details/40602/0. Downloaded on 15 May 2018.
  2. DEIN WEISSBAUCHIGEL
  3. HAPPOLD, D.C.D. (1987)
  4. UNTAMED SCIENCE
  5. WEIGL, R. (2005) 
  6. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Donnerstag, 14 Juni 2018 08:48

Japanischer Serau

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Ziegenartige: (Caprinae)
Tribus: Gemsenverwandte (Naemorhedini)

D LC 650

Japanischer Serau

Capricornis crispus • The Japanese Serow • Le saro du Japon

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Berlin © Carlos Frey, Berlin

 

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Approximative Verbreitung des Japanischen Seraus (Capricornis crispus)

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Kyoto Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Magdeburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispous) im Zoo Berlin © Zoo Berlin (Presseforo)

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Děčín © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Děčín © Zoo Děčín

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Magdeburg © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Japanischer Serau (Capricornis crispus) im Zoo Aussig / Usti © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Der Japanische Serau ist ein in seiner Heimat nicht gefährdeter Gemsenverwandter, der in Japan in vielen Zoos gezeigt wird, in Europa aber stets nur selten zu sehen war und gegenwärtig (2019) nicht mehr gehalten wird. Ein Grund für die geringe Beliebtheit der Art dürfte ihre einzelgängerische Lebensweise und ihre hohe innerartliche Aggression sein.

Körperbau und Körperfunktionen

Beim Japan-Serau gibt es praktisch keinen Geschlechtsdimorphismus. Die Tiere erreichen eine Kopf-Rumpflänge von etwa 130 cm, eine Schulterhöhe von 68-80 cm und ein Gewicht von 31-48 kg. Die leicht gekrümmten Hörner werden 12-16 cm lang. Der Schwanz ist mit 6-8 cm sehr kurz. Stark ausgeprägte Voraugendrüsen finden sich bei beiden Geschlechtern, ebenso Zwischenzehendrüsen. Das Fell ist lang und dicht. Seine Grundfärbung ist blaugrau oder graubraun mit weißen Haaren gesprenkelt, stellenweise schwarz. Die Beine, Ohren und der nackte Nasenspiegel und der kaum behaarte Nasenrücken sind schwarz, allenfalls dunkelbraun, die Kehle und Backenbärte weiß oder hellgrau [1; 6; 8; 13].

Verbreitung

Japan: Honshu, Shikoku, Kyushu. In den letzten 30 Jahren konnte der Serau sein Verbreitungsgebiet von rund 34'500 km² auf gegen 60'000 km² ausweiten [5].

Lebensraum und Lebensweise

Der Japan-Serau besiedelt alpine Rasen, subalpine Koniferenwälder und Laubwälder der kollinen Stufe [5].

Die Tiere sind hauptsächlich tagsüber aktiv, können aber auch nachts weiden.Sie sind gewöhnlich Einzelgänger, gelegentlich werden aber auch Gruppen bis zu 7 Tieren angetroffen. Die Einzeltiere haben Streifgebiete von wenigen Hektar, die sie als Territorium mit dem wachsartigen Sekret ihrer Voraugendrüsen und durch feste Kotplätze markieren und gegen Artgenossen verteidigen. Oft stehen sie reglos an einer exponierten Stelle, um Präsenz zu markieren. Familienterritorien können bis etwa 22 ha groß sein. Seraue nutzen ein weites Spektrum an Nahrungspflanzen einschließlich Koniferen. Bevorzugt fressen sie Laub von immergrünen und winterkahlen Bäumen und Sträuchern, ferner Farne sowie Gräser, Kräuter und Früchte [2; 5; 7].

Im Gegensatz zu den tropischen Serau-Arten haben die Japan-Seraue eine feste Paarungszeit, die von September bis November dauert. Nach einer Tragzeit von 195-210 Tagen wird im Mai-Juli meistens ein einzelnes Kitz gesetzt, seltener Zwillinge. Seraukitze wiegen bei der Geburt 2,9 bis 3,5 kg. Sie können 12 bis 20 (selten 30) Minuten nach der Geburt gehen und folgen ihrer Mutter. Sie nehmen ab dem 6.- 16. Lebenstag feste Nahrung auf und sind vor der nächsten Brunst der Geiß entwöhnt. Die Geschlechtsreife wird mit anderthalb Jahren erreicht [2; 3].

Gefährdung und Schutz

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts büßte der Japanische Serau große Teile seines Areals ein. Heute ist er weit verbreitet, hat eine große Gesamtpopulation (ca. 100'000 Tiere) und stabile bis zunehmende Bestände. Sein Areal ist mittlerweileetwa anderthalb mal so groß wie die Schweiz. Er wurde deshalb im Rahmen einer Beurteilung im Jahr 2008, bestätigt 2020, als nicht-gefährdet eingestuft (Rote Liste: LEAST CONCERN) [5].

Der internationale Handel ist nicht nach CITES geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Der Serau wurde in Japan traditionell zur Fleischgewinnung gejagt. Bis in die 195034-Jahre war dies nicht nachhaltig und meistens illegal. Nachdem die Wilderer-Syndikate eliminiert werden konnten, nahmen die Bestände zu, mit dem Ergebnis, dass es zu größeren forstwirtschaftlichen Schäden kam, was die Behörden veranlasste die Bestände zu reduzieren [5].

Haltung

Bei der Gehegegestaltung ist zu berücksichtigen, dass Seraue wenig sozial sind. Abtrenngehege und Einzelboxen sind daher Pflicht. Gehege für kleine Gruppen sollten größer sein, als in den Mindestanforderungen vorgegeben und sollten über Sichtblenden und Rückzugsmöglichkeiten verfügen.

WEIGL gibt als Höchstalter im Zoo 24 Jahre an, erreicht von einer zoogeborenen Geiß in einem japanischen Zoo, andernorts wird auf ein Rekordalter von 27 Jahren, 7 Monaten und 25 Tagen verwiesen [2; 6].

Die Welterstzucht gelang am 25. August 1965 im Kobe Oji-Zoo von einem Paar, das 1964 gefangen worden war [9].

Für den Japanischen Serau gibt es seit 1971 ein Internationales Zuchtbuch, das früher am Tiergarten Schönbrunn geführt wurde und heute am Toyama Familienpark-Zoo in Japan geführt wird. Dieses umfasste im Dezember 2016 796 lebende Individuen in 130 Einrichtungen [IZY 52].

Haltung in europäischen Zoos: Die Ersteinfuhr nach Europa erfolgte 1879 durch den Londoner Zoo. Währenddem die Art in japanischen Zoos häufig anzutreffen ist, war sie außerhalb ihres Ursprungslands  stets selten. 2007 wurde mit 45 Individuen in europäischen und nordamerikanischen Zoos der Höchststand erreicht, danach erfolgte ein dramatischer Rückgang bis 2014 auf noch 22 Tiere [1], und seitdem ist der europäische Bestand ganz ausgestorben. Bis 2018 lebte in Aussig an der Elbe noch ein einzelnes Tier. Dem nordamerikanischen Bestand, der 2019 noch 10 Tiere in 4 Haltungen umfasste, droht dasselbe [10]. Für Details siehe Zootierliste.

Im Tiergarten Schönbrunn war 1994 die europäische Erstzucht gelungen, dem Zoologischen Garten Berlin 1997 die deutsche Erstzucht.


Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 250 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 20 m² zusätzlich. Ein Stall ist nicht erforderlich.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 4 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 50 m² zur Basisflächen dazu. Es sind natürliche oder künstliche Unterstände anzubieten, in denen alle Tiere gleichzeitig Platz finden. Werden die Tiere aufgestallt, ist eine Grundfläche von mindestens 4 m²/Tier vorgeschrieben.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für bis zu 10 Tiere 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr. Es müssen Unterstände zum Schutz gegen Witterungsverhältnisse wie Regen, Wind, Sonneneinstrahlung und Hitze angeboten werden, so dass alle Tiere bei Bedarf darin gleichzeitig Unterschlupf finden können. Die Haltung hat in Herden zu erfolgen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Japanische Serau wurde 1844 von Coenraad Jacob TEMMINCK vom Naturhistorischen Museum in Leiden als "Antilope crispa" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die gegenwärtig gültige Gattung Capricornis wurde 1836 von dem aus Irland stammenden Naturforscher William OGILBY aufgestellt [7; 8].

Die Systematik der Seraue ist nicht ganz klar, Die Caprinae Spezialisten-Gruppe der IUCN geht von 3, WILSON & REEDER sowie die Rote Liste der IUCN gehen von sechs Arten aus. Das Handbook of the Mammals of the World von 7. Von den Goralen werden vier Arten unterschieden. Bisweilen werden Seraue und Gorale in einer Gattung (Naemorhedus) zusammengefasst [4; 5; 7; 8].

Literatur und Internetquellen

  1. HOLLAND, J. & PUTNAM, A. (2014)
  2. MATSCHEI, C. (2012)
  3. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  4. SHACKLETON, D.M. (1997)
  5. TOKIDA, K. (2020). Capricornis crispus. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T3811A22151909. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T3811A22151909.en. Accessed on 23 January 2023.
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. YAMAMOTO, S. (1967)
  10. DAMOIS, P., ROBOVSKÝ, J., MUELLER, D, PENELLO, M.,ZIMMERMANN,M., VAN DER MEER, R.AND VOORHAM, M. (eds., 2020).

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Freigegeben in Schaf- und Ziegenartige
Donnerstag, 14 Juni 2018 08:37

Giraffe

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Schwielensohler (Tylopoda)
Familie: Giraffenartige (Giraffidae)
Unterfamilie: Steppengiraffen (Giraffinae)

D VU 650

EEPGiraffe

Giraffa camelopardalis • The Giraffe • La girafe

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Junge Angolagiraffe (Giraffa c. angolensis) im Zoo Dortmund © Kettner / Zoo Dortmund

 

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Approximative Verbreitung der Giraffenunterarten, nach http://www.giraffeconservation.org modifiziert

 

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Angolagiraffen (Giraffa c. angolensis) im Zoo Dortmund © Zoo Dortmund

 

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Trinkende Angolagiraffe (Giraffa c. angolensis) im natürlichen Lebensraum bei Klein-Namutoni, Etoscha-Nationalpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kordofangiraffe (Giraffa c. antiquorum) im Zoo des Sables d'Olonne © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kordofangiraffen (Giraffa c. antiquorum) im Zoo de Vincennes, Paris © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kordofangiraffen (Giraffa c. antiquorum) im Zoo des Minières, Doué-la-Fontaine © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Vorderfüße einer Kordofangiraffe (Giraffa c. antiquorum) im Zoo des Sables d'Olonne © Peter Dollinger, Zoo Office¨Bern

 

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Trinkende Kordofangiraffe (Giraffa c. antiquorum) im Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kap-Giraffen (Giraffa c. giraffa) in La Planète Sauvage, Port-Saint-Père © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kap-Giraffe (Giraffa c. giraffa) im Mkuze Wildschutzgebiet, Kwatulu-Natal © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Ruhende Kapgiraffen (Giraffa c. giraffa) im Ndumo-Wildschutzgebiet, Kwazulu-Natal © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Giraffengeburt (G. c. rothschildi) im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Netzgiraffen-Paar (Giraffa v. reticulata) mit Kalb im Tiergarten Schönbrunn © TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

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Gemeinschaftshaltung von Netzgiraffen (Giraffa c. reticulata) und Afrikanischem Strauß (Struthio camelus) im Tiergarten Nürnberg © TG Nürnberg (Pressefoto)

 

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Netzgiraffen (Giraffa c. reticulata) tollen im Schnee im Tiergarten Nürnberg © TG Nürnberg (Pressefoto)

 

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Netzgiraffe (Giraffa c. retculata) im Zoo Schmiding © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Rothschildgiraffe (Giraffa c. rothschildi), Alter Bulle mit vielen Exostosen am Kopf im Zoo Leipzig © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Rothschildgiraffe (Giraffa c. rothschildi), Kuh im Monarto-Zoo, Südaustralien © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Junge Rothschildgiraffe (Giraffa c. rothschildi) im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Ruhende Rothschildgiraffe im Monarto-Zoo, Südaustralien © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kämpfende Rothschildgiraffen (Giraffa c. rothschildi) im Zoo Henri de Lunaret, Montpellier © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Massaigiraffenbulle (Giraffa c. tippelskirchi) im Nairobi-Nationalpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Massaigiraffe (Giraffa c. tippelskirchi) im Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Baringogiraffe (G. c. rothschildi) in Gemeinschaftshaltung mit Streifengnus und Spießböcken in Kolmårdens Djurpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Ruhende Netzgiraffen (G. c. reticulata) im Metro Miami Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kontrolliertes Giraffenfüttern (G. c. rothschildi) durch das Publikum in Hagenbecks Tierpark © Tierpark Hagenbeck (Pressefoto)

 

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Kontrolliertes Giraffenfüttern (G. c. rothschildi) durch das Publikum im Zoo de Pont-Scorff © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Die Camelopardalis aus Conrad GESSNERS "Historia animalium" (1551) hatte noch wenig Ähnlichkeit mit einer Giraffe.Gemeinfrei.

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"Eyn seltsam und Wunderbarlich Thier ... wie soliches ... Geconterfect ist worden durch Melchior Lurig (Lorch) zu Constantinopel". Bis auf die fehlende Fleckung und Übergröße realistischere Darstellung aus GESSNERs "Thierbuoch" (1563). Gemeinfrei.

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Tiertransport mit Kordofangiraffen (Giraffa c. antiquorum) aus dem Sudan am Alten Pferdemarkt, 1870 © Tierpark Hagenbeck

 

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Die Giraffe als am höchsten werdendes Landsäugetier ist unverkennbar und beim Publikum ausgesprochen populär. Sie ist daher ein idealer Botschafter für den Natur- und Artenschutz im Savannengürtel Afrikas und wird entsprechend häufig gehalten. Aufgrund ihrer anatomischen Besonderheiten hat sie auch zoopädagogisch viel zu bieten. Als Art ist sie gefährdet, zwei Unterarten gelten als vom Aussterben bedroht, eine als stark gefährdet, zwei als gefährdet und eine als potenziell gefährdet. Die europäischen Zoos haben deshalb ein Erhaltungszuchtprogramm eingerichtet.

Körperbau und Körperfunktionen

Giraffen erreichen eine Kopf-Rumpflänge von rund (300-)350-480 cm, eine Schwanzlänge von (76-)90-110 cm und eine Scheitelhöhe von 450-580(-600) cm. Es besteht ein Geschlechtsdimorphismus. Bullen werden größer als Kühe und erreichen Körpergewichte von 1'800-1'930 kg, die Kühe nur von 450-1'180 kg. Der Kopf ist schwer und kompakt. Um ihn zu halten, ist das Sehnenband im Genick besonders stark entwickelt. Auf dem Kopf befinden sich 2-5 knöcherne, von Haut bedeckte Hörnchen. Es handelt sich dabei um ein Paar Scheitelbeinhörner und allenfalls um ein unpaares Stirnhorn und ein Paar Hinterhauptshörner. Alte Bullen können viele weitere knöcherne Auswüchse am Kopf haben. Die mit Haaren bedeckten Lippen sind groß, weich und beweglich und dienen zusammen mit der langen blauen Zunge dazu, Blätter von den oft dornenbewehrten Zweigen der Bäume abzupflücken. Die Augen sind groß und mit langen Wimpern versehen. Der Hals weist wie bei fast allen Säugetieren trotz seiner Länge nur 7 Wirbel auf. Es ist eine Halsmähne vorhanden. Die Rückenlinie ist abschüssig. Bei den Extremitäten sind nur der 3. und 4. Strahl voll entwickelt, Afterklauen fehlen. Der Schwanz trägt eine lange Endquaste. Das Euter der Kühe hat 4 Zitzen. Das Muster des Haarkleids besteht aus gelbbraunen bis schwarzbraunen, der Tarnung und Thermoregulation dienenden Flecken auf hellem Grund, die je nach Unterart in Größe, Form und Farbe unterschiedlich sind. Der Bauch und teilweise die Beine sind ungefleckt [5; 8; 11].

Verbreitung

Savannengürtel Afrikas: Angola, Äthiopien, Botswana, Burkina Faso, Demokratische Republik Kongo (Zaire), Eritrea, Kamerun, Kenia, Namibia, Niger, Nigeria, Sambia, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Südsudan, Tansania, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik. Ab 1986 angesiedelt in Ruanda. Ausgestorben oder vermutlich ausgestorben in Guinea, Mali, Mauretanien, wieder angesiedelt in Mosambik, Senegal und Swasiland (ab 1965), wobei umstritten ist, ob die Giraffe ursprünglich in Swasiland vorkam oder erst um 1896 bei einem Rinderpest-Seuchenzug ausstarb [11; 13; 17].

Lebensraum und Lebensweise

Die tagaktiven Giraffen sind hauptsächlich Tiere der Savannen und Trockenwälder, finden sich aber auch in Trockensavannen und Hochländern, und erschließen sich den Rivieren folgend sogar Wüsten wie den Namib. Ihre Fortbewegung erfolgt im Passgang oder im Galopp. Sie sind "Browser", die Blätter, Zweige, Knospen, Rinde, Früchte und Samen von Bäumen und Büschen abweiden. Akazien und Buschweiden (Combretum) sind die wichtigsten Futterpflanzen. Auch Anabäume (Faidherbia), Witgat (Boscia), Sternbüsche (Grewia) und Leberwurstbäume (Kigelia) werden bevorzugt angenommen. Die Tiere kommen ohne tägliche Tränke aus [13; 17].

Giraffen leben in wenig stabilen Rudeln, die erwachsene Tiere beiderlei Geschlechts umfassen können. Sie haben Streifgebiete von 25-160 km² und sind nicht territorial. Es gibt keine feste Fortpflanzungsperiode. Nach einer Tragzeit von 450-488 Tagen wird ein einzelnes Kalb mit einer Scheitelhöhe von 165-175 cm geboren, das etwa 12 Monate gesäugt wird. Die Geburt erfolgt im Stehen. Bullen werden mit 2.5-4 Jahren, Kühe mit 4.5 Jahren geschlechtsreif [17].

Löwen sind die Beutegreifer, die am erfolgreichsten Giraffen jagen und zwar sowohl Junge wie Erwachsene. Letztere sind für den Löwen nicht ganz risikolos, da sie ihn mit Hufschlägen vorübergehend außer Gefecht setzen oder gar töten können. Mehr als die Hälfte aller im Freiland geborenen Giraffen stirbt noch im Jugendalter, dabei sind Löwenangriffe eine der wichtigsten Todesursachen [2]. Wenn also ein Zoo eine für die Zucht nicht verwendbare junge Giraffe rasch und schmerzlos tötet und an die Löwen im eigenen Bestand verfüttert, macht er sich damit zwar unbeliebt, aber er setzt etwas tierschutzkonform um, was in der Wildbahn regelmäßig stattfindet.

Gefährdung und Schutz

Obwohl einzelne Unterarten stark bedroht sind, galt die Giraffe als Art lange als nicht-gefährdet. Erst 2016 wurde sie in die Kategorie "gefährdet" hochgestuft (Rote Liste: VULNERABLE). Die Bestandsentwicklung ist jedoch regional sehr unterschiedlich: Bei drei Unterarten nehmen die Bestände zu (G. c. angolensis, G. c. giraffa, G. c. peralta), bei fünf nehmen sie ab (G. c. antiquorum, G. c. camelopardalis, G. c. reticulata, G. c. rothschildi, G. c. tippelskirchi) und bei einer ist der Bestand stabil (G. c. thornicrofti). Im Ganzen gibt es noch rund 70'000 erwachsene Tiere, die jedoch sehr ungleich auf die einzelnen Unterarten verteilt sind. Am seltensten sind peralta, thornicrofti und camelopardalis  amhäufigsten tippelskirchi und angolensis [4; 11; 12; 13].

Der internationale Handel seit September 2019 nach Anhang II CITES geregelt, die Einfuhr lebender Exemplare aus Afrika ist aber aus tierseuchenrechtlichen Gründen kaum noch möglich. Ferner fällt die Art unter Anhang I des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Schutz der Rothschildgiraffe im Kidepo-Nationalpark, Zoo Sta. Barbara, Zoo Berlin u.a. (Zusatzblatt)

  • Seit 2001 setzt sich die «Association pour la Sauvegarde des Girafes du Niger» (ASGN) Für den Schutz der Giraffen (G. c. peralta) in Niger ein, deren Bestand 1996 auf nur noch 49 Tiere gesunken war. Da die Tiere in einer dicht besiedelten und landwirtschaftlich genutzten Landschaft leben, waren Tier-Mensch-Konflikte unvermeidlich. Für die ASGN standen daher Konfliktbewältigung und Einbezug der Landbevölkerung im Vordergrund. Dank ihrem Einsatz ist die Zahl der Giraffen auf mittlerweile 600 gestiegen. Der Bioparc Doué-la-Fontaine begleitete die ASGN von anfang an und ist ihr wichtigster Gelgeber. Allein 2019 förderte er den Giraffenschutz in Niger mit 60'000 €. Weitere französische Zoos beteiligen sich an der Förderung, darunter Le Pal, Lyon, Maubeuge und Touroparc Romanèche-Thorins. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Traditionell wurden Giraffen gejagt um Fleisch für den Eigenbedarf oder den lokalen Markt, Häute und die gebietsweise als Brautgeschenke oder Fliegenwedel verwendeten Schwänze zu gewinnen. Die Tiere wurden zu Pferde oder auf dem Dromedar gehetzt, bis sie nicht mehr weiter konnten, und dann soll ihnen mit dem Schwert die Achillessehrne durchtrennt worden sein, um sie bewegungsunfähig zu machen [1; 13]. Im südlichen Afrika ist eine kontrollierte Jagd nach wie vor zulässig, wobei für Jagdtouristen nebst den übrigen Safari-Kosten eine Abschussgebühr von etwa 1'800-2'600 USD fällig wird (Online-Inserate 2019). Im übrigen Areal werden die Tiere vielfach illegal bejagt. Im Restaurant "The Carnivore" in Nairobi z.B. waren bis vor wenigen Jahren noch regelmäßig Giraffensteaks zu haben, obwohl die Art in Kenia vollständig geschützt ist. Giraffen sind gleichermaßen wichtig für den Jagd- wir für den Fototourismus. In Südafrika existiert daher ein beachtlicher nationaler Handel mit lebenden Tieren für private Naturschutzgebiete oder Jagdfarmen [3; 5].

Haltung

Die erste lebende Giraffe wurde im Jahr 46 v. Chr. von GAIUS JULIUS CAESAR nach Europa gebracht [6]. Gegen Ende des 2. Jahrhunderts tötete Kaiser Commodus eine Giraffe im Kolosseum. Weitere Giraffentransporte nach Rom sind aus dem 3. Jhdt. dokumentiert, als unter verschiedenen Kaisern mehrere Tiere in Schau"kämpfen" ihr Leben lassen mussten [8]. Auch Giraffenfleisch war schon damals ins Römische Reich importiert worden: US-Archäologen fanden in Abfallhalden der damals beliebten Einkaufsmeile am Stabiae-Tor in Pompeji Giraffenknochen. Dort ballten sich seit dem vierten Jahrhundert vor Christus eine Menge Geschäfte, Schnellimbisse und Restaurants, und dort entdeckten die Forscher von heute die Reste einer metzgerisch tadellos aufbereiteten Giraffenkeule Auch Giraffenfleisch war schon damals ins Römische Reich importiert worden: US-Archäologen fanden in Abfallhalden der damals beliebten Einkaufsmeile am Stabiae-Tor in Pompeji Giraffenknochen. Dort ballten sich seit dem vierten Jahrhundert vor Christus eine Menge Geschäfte, Schnellimbisse und Restaurants, und dort entdeckten die Forscher von heute die Reste einer metzgerisch tadellos aufbereiteten Giraffenkeule [20].

In nachrömischer Zeit wurde im 11. Jahrhundert eine Giraffe in Byzanz gezeigt. Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen erhielt aus Babylon, wo damals eine menagerieartige Haltung bestanden haben muss, eine Giraffe als Geschenk, die er in seiner Menagerie mitführte, als er 1235 nach Deutschland kam. 1487 bekam Lorenzo di Medici für seine Menagerie in Florenz vom ägyptischen Sultan al-Kamil aus Damaskus eine Giraffe, die allerdings nur kurze Zeit zur Schau gestellt wurde, weil sie sich ein Jahr nach Ihrer Ankunft das Genick brach. Ein Aquarell aus dem Jahr 1559 von Melchior LURIG (LORCH) zeigt eine Giraffe in der Menagerie des Sultans Süleyman I. in Konstantinopel.

In Mitteleuropa gab es damals keine Giraffen. Der Zürcher Stadtarzt Conrad GESSNER, war für seine "Historia animalium" auf Literaturquellen angewiesen. Währenddem die Abbildung in der ersten Ausgabe aus dem Jahr 1551 noch wenig Ähnlichkeit mit einer Giraffe hatte, konnte er bei späteren Ausgaben und namentlich dem deutschsprachigen Thierbuoch (1563) auf LURIGs realistischere Darstellung zurückgreifen [21].

Die im 18./19. Jahrhundert in Europa gezeigten Giraffen stammten vorab aus dem Sudan. Giraffen gelangten in die Menagerien von Wien (1742) und Paris (1794). Carl von LINNÉ hatte für seine Erstbeschreibung (1758) ein komplettes Exemplar vorliegen. 1824 sandte der Vizekönig der osmanischen Provinz Ägypten, Mehmed Ali Pascha, ein Exemplar nach Konstantinopel und ein weiteres als Geschenk an den englischen König George V. [8]. Die im Jahr 1828 vom Vizekönig der Wiener Menagerie geschenkte Giraffe war im Darfur gefangen worden, war also eine Kordofangiraffe (G. c. antiquorum). Das Tier war am 30. März 1828 in Alexandria verladen worden und traf am 27. April in Venedig ein, wo eine 40-tägige Quarantäne durchgeführt wurde. Dann ging es abermals per Schiff weiter nach Fiume (heute Rijeka), wo die Giraffe am 15. Juni eintraf und von dort zu Fuß - mit Schnürschuhen an den empfindlichen Hufen - bis Karlovac, wo sie auf einen eigens konstruierten Wagen verladen und über Zagreb, Varazdin, Szombathely, und Sopron nach Wien gekarrt wurde. Am 7. August 1828 kam das Tier wohlbehalten in Schönbrunn an. Der Tiergarten konnte die Menschenmassen kaum aufnehmen und alles musste plötzlich "à la Giraffe" sein: Mode, Frisuren, Aschenbecher, Trinkgefäße. Ein eigenes Gebäck, die "Giraffeln" wurden erfunden; man spielte das Giraffen-Klavier und tanzte den Giraffen-Galopp. Das dazu passende Theaterstück fiel bei den Wienern allerdings durch und wurde "ausgezischt" [9]. Ähnliches Aufsehen hatte ein Jahr zuvor eine Giraffe in Frankreich erregt, die von Ägypten bis Marseille mit dem Schiff transportiert wurde und danach den Landweg nach Paris zu Fuß zurücklegen musste. Das "Zarafa" geannte Tier lebte war während 18 Jahren die Hauptattraktion der Menagerie [6; 22].                                                                                                               

Der ersten Wiener Giraffe war übrigens kein langes Leben vergönnt. Sie starb 10 Monate nach ihrer Ankunft an Knochentuberkulose. Im Gegensatz dazu gediehen drei Bullen und eine Kuh, die der Londoner Zoo 1836 erhielt, gut und brachten 1839 das erste Giraffenkalb in einem Zoo zur Welt. Weitere Giraffen erhielten die Zoos von Antwerpen, Berlin, Frankfurt, Köln, Dresden, Hamburg, Hannover und Leipzig. 1873 kam die erste Giraffe in Nordamerika für den Bronx Zoo an [8; 23].

Später wurden hauptsächlich Nubische Giraffen (G. c. camelopardalis) aus dem Ostsudan und Äthiopien importiert, so durch die Firmen Hagenbeck und Ruhe. Danach folgten Kapgiraffen aus Südafrika. In der Mitte des 20. Jahrhunderts war die Massai-Giraffe (G.c. tippelskirchi) die im deutschsprachigen Raum dominierende Unterart. 1969 wurde sie in Basel, Berlin-Zoo, Dresden, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Leipzig und München gehalten [8]. Die Tiere stammten hauptsächlich aus dem heutigen Tansania, wo sie z.B. im Auftrag des Schweizer Tierhändlers August Künzler gefangen wurden [10]. 2011 wurde auch die letzte Gruppe von Massaigiraffen in Europa, nämlich jene im Zoo Basel aufgegeben, weil für die weitere Zucht keine blutfremden Tiere zur Verfügung standen. Dominierende Unterarten sind jetzt die Rothschild- und die Netzgiraffe.

In vielen Zoos werden Giraffen mit anderen Arten vergesellschaftet, so z.B. mit Zebras, Watussirindern, verschiedenen Antilopen, Afrikanischen Straußen, Marabus, Kranichen, Trappen, Perlhühnern oder Sporenschildkröten [14]. Vorsicht ist geboten beim Vergesellschaften von Giraffen und größeren Hornträgern (z.B. Elenantilopen) , da sich die Bullen eventuell Kämpfe liefern, die, auch wenn sie nicht unbedingt ernst gemeint sind, wegen der unterschiedlichen Kampftechniken zu Verletzungen führen können [5].

WEIGL gibt als Höchstalter 39 Jahre und 6 Monate für einen in amerikanischen Zoos gehaltenen weiblichen Wildfang an [16].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in gegen 240 Zoos gehalten, von denen sich etwa 30 im deutschsprachigen Raum befinden. Mit Abstand am häufigsten ist die Rothschildgiraffe. Ferner werden wenige Angola- und Kapgiraffen, zahlreiche Netzgiraffen sowie eine zunehmende Anzahl Kordofangiraffen gehalten, letztere hauptsächlich in Frankreich. Daneben gibt es noch eine abnehmende Anzahl Unterart-Hybriden. Die Haltung der in der Wildbahn noch häufigen Massaigiraffen haben die Zoos auslaufen lassen. Für Details siehe Zootierliste.

Seit 1991 besteht ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das 2023 in ein vom Opel-Zoo koordiniertes "New Style"-EEP umgewandelt wurde [7]. In diesem Rahmen wurden Haltungsempfehlungen herausgegeben [3].

Forschung im Zoo: Giraffen sind beliebte Studienobjekte für Doktor-, Diplom- und Examensarbeiten. Dabei kann es um Grundlagenforschung gehen, etwa zur Anatomie, Ontogenese, Physiologie oder Ethologie, aber auch um die Prüfung und gegebenenfalls Optimierung der Haltungsbedingungen und somit zur Erhöhung des Tierwohls, wie etwa zur Gruppenzusammensetzung, Umweltanreicherung, Neugestaltung von Anlagen, Fütterung oder Krankheitsgeschehen und tierärztliche Maßnahmen. Manche Arbeiten fokussieren auch darauf, die Tiere besser für die Zoopädagogik nutzbar zu machen. Liste siehe unten.

Wie Giraffen gehalten werden (Beispiele):

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL fordert für vier Giraffen Einzelboxen von 30 m² pro Tier und einen gemeinsamen Innenlaufbereich von 200 m². Können die Einzelboxen miteinander verbunden werden, kann deren Fläche auf den Innenlaufbereich angerechnet werden. Gegenwärtig ergibt sich aus der Kombination von Einzelboxen und Gemeinschaftsstall nur bei wenigen Giraffenhaltungen in Deutschland eine Innenlauffläche von 200 m². Es sind jedoch als Folge der aktuell angebotenen Flächen keine tierschutzrelevanten Sachverhalte bekannt. Die im vorliegenden Gutachten vorgegebenen Flächen entbehren somit nicht nur einer Grundlage, sondern liegen auch noch deutlich über den „Best Practice“-Leitlinien der EAZA [3], die für 4 Giraffen einen Gemeinschaftsstall von 64-100 m² sowie drei Absperrboxen von 16-25 m² empfehlen. Nicht berücksichtigt wurde ferner im ersten Absatz, dass nicht nur durch einen Innenlaufbereich, sondern auch durch eine gedeckte Außenveranda ein für die Tiere bei Schnee- oder Eisglätte nutzbarer Laufbereich geschaffen werden kann, was in verschiedenen Zoos der Fall ist und worauf im dritten Absatz hingewiesen wird. Die räumlichen Vorgaben des Gutachtens wurden deshalb von den Tierschutzsachverständigen der Zoos als unbegründet abgelehnt, dagegen hielten sie eine Angleichung der Gehegeabmessungen an jene der Schweizerischen Tierschutzverordnung für vertretbar.

Auch die Anforderung an das Außengehege wurde mehr als verdoppelt (von 500 m²/6 Tiere auf 1000 m²/4 Tiere, obwohl bereits aufgrund einer Arbeit aus dem Jahr 1998 hervorgeht, dass dies nicht erforderlich ist [20]. Auch eine chronoethologische Untersuchung bei sechs Giraffen in der ZOOM-Erlebniswelt Gelsenkirchen hat ergeben, dass sich die Tagesaktivität bei artgemäßer Fütterung (hoher Laubanteil) zu 48% aus Fressen, zu 24% aus Wiederkäuen, zu 9 % aus dem Beobachten der Umgebung und zu 6% aus sozialen Interaktionen zusammensetzt. Laufaktivitäten machten nur 10 % des Zeitbudgets aus. Laufstereotypien ("Pacing") wurden nur abends bei drei Tieren beobachtet, wenn die Giraffen darauf warteten, in den Stall gelassen zu werden [15].

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 4 Giraffen ein Gehege von 500 m² und für jedes weitere Adulttier 100 m² zusätzlich vor. Für den Bullen muss innerhalb dieser Fläche ein Bereich von 100 m² vorgesehen werden, der im Bedarfsfall abgetrennt werden kann. Pro Tier ist eine Stallfläche von 25 m² erforderlich, zusätzlich eine Veranda oder ein Innen-Laufbereich von 80 m². Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für 5 Giraffen eine Mindestgehegefläche von 1'000 m² und für jedes weitere 100 m² zusätzlich. Im Innenbereich sind pro Tier 30 m² anzubieten. Um wieviel diese Fläche zu erhöhen ist, wenn mehr als 5 Tiere gehalten werden, ist nicht klar.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Giraffe wurde 1758 von Carl von LINNÉ anhand eines Exemplars aus dem Sudan unter dem Namen "Cervus camelopardalis" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1772 wurde sie von dem französischen Zoologen Mathurin Jacques BRISSON in die neue und heute noch zutreffende Gattung Giraffa gestellt [17].

Gattung und Unterfamilie umfassen nur eine rezente Art. Nach einer 2016 veröffentlichten molekulargenetischen Untersuchung wird diese allerdings in vier Arten aufgesplittet, je eine davon mit 2 bzw. 3 Unterarten [4; 18], was aber in der Roten Liste der IUCN, im Giraffen-EEP und von CITES bislang nicht übernommen wurde. Diese basieren nach wie vor auf einer einzigen Art mit neun Unterarten:

Unterarten und Bestände (Verbreitung siehe Karte):

  • Westafrikanische oder Nigeria-Giraffe (G. c. peralta): ca. 600
  • Kordofangiraffe (G. c. antiquorum): ca. 2'000
  • Nubische Giraffe (G. c. camelopardalis): ca. 650
  • Netzgiraffe (G. c. reticulata): < 16'000
  • Rothschild- oder Baringogiraffe (G. c. rothschildi): ca 2'100
  • Massaigiraffe (G. c. tippelskirchi): < 37'000
  • Thornicroft-Giraffe (G. c. thornicrofti): ca 600
  • Angolagiraffe (G. c. angolensis): ca. 20'000
  • Kapgiraffe (G. c. giraffa): ca. 12'000

Nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2020, bei der historisches Material berücksichtigt wurde, soll es 3 Arten und 10 Unterarten geben [19]:

  • Nördliche Giraffen (G. camelopardalis)
    • Nubische Giraffe (G. c. camelopardalis)
    • Kordofangiraffe (G. c. antiquorum)
    • Nigeria-Giraffe (G. c. peralta)
    • Westafrikanische Giraffe (Giraffa c. senegalensis subsp. nov.), vermutlich ausgestorben
    • Netzgiraffe (G. c. reticulata)
    • Rothschild- oder Baringogiraffe (G. c. rothschildi)
  • Weinlaub-Giraffen (G. tippelkirchi)
    • Massaigiraffe (G. t. tippelskirchi)
    • Thornicroft-Giraffe (G. t. thornicrofti)
  • Südliche Giraffen (G. giraffa)
    • Südwestafrikanische Giraffe (G. c. giraffa), einschließlich angolensis und capensis, in Angola, Botswana, Namibia, Simbabwe
    • Südostafrikanische Giraffe (G. c. wardi), in Botswana, Mosambik, Sambia, Simbabwe, Südafrika

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. BROWN, D. (2014)
  3. EAZA Giraffe EEPs (2006)
  4. GIRAFFE CONSERVATION FOUNDATION
  5. GRZIMEK, B. (1956)
  6. HEDIGER, H. (1938)
  7. JEBRAM, J. (2012)
  8. KRUMBIEGEL, I. (1971)
  9. KUNZE, G. (2000)
  10. LANG, E. M. (1994) 
  11. MARAIS, A., FENNESSY, S. & FENNESSY, J. (2014)
  12. MARTIN, L. (2013)  
  13. MULLER, Z. et al. ( 2016). Giraffa camelopardalis. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T9194A51140239. Downloaded on 07 December 2016.
  14. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  15. SCHÜSSLER, D., GÜRTLER, W.-D. & GREVEN, A. (2015)
  16. WEIGL, R. (2005)
  17. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  18. FENNESSY, J., BIDON, T., REUSS, F., KUMAR, V., ELKAN, P., NILSSON, M.A., VAMBERGER, M., FRITZ, U. AND JANKE, A. (2016)
  19. PETZOLD, A., MAGNANT, A.-S., EDDERAI; D., CHARDONNET, B., RIGOULET, J., SAINT-JALME, M. & HASSANIN, A. (2020)
  20. DiePresse.com vom 08.01.2014
  21. BUQUET, T. (2019)
  22. MNHN - HISTORY OF THE MÉNAGERIE, THE ZOO OF THE JARDIN DES PLANTES
  23. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)

Doktor-, Diplom- und Examensarbeiten:

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Donnerstag, 14 Juni 2018 08:37

Vikunja

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Schwielensohler (Tylopoda)
Familie: Kamele(Camelidae)
Tribus: Neuweltkamele (Lamini)

Red list status least concern

EEPVikunja

Lama vicugna • The Vicuna • La vigogne

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Südliches Vikunja (Lama v. vicugna) im Tiergarten Schönbrunn © TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

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Approximative Verbreitung des Vikunjas (Lama vicugna)

 

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Nördliches Vikunja (Lama vicugna mensalis) im Zoo Las Leyendas, Lima © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nördliches Vikunja (Lama vicugna mensalis) im Zoo Las Leyendas, Lima © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nördliches Vikunja (Lama vicugna mensalis) im Privatzoo Michel Durand, La Dehesa / Santiago de Chile © Thomas Kauffels, Opel-Zoo Kronberg

 

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Nördliche Vikunjas (Lama vicugna mensalis) im Privatzoo Michel Durand, La Dehesa / Santiago de Chile © Thomas Kauffels, Opel-Zoo Kronberg

 

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Nördliche Vikunjas (Vicugna v. mensalis) im Privatzoo Michel Durand, La Dehesa / Santiago de Chile © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nördliche Vikunjas (Vicugna v. mensalis) im Privatzoo Michel Durand, La Dehesa / Santiago de Chile © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliche Vikunjastute (Lama v. vicugna) mit Fohlen im Tierpark Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliche Vikunjas (Lama v. vicugna) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliche Vikunjas (Lama v. vicugna) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliches Vikunja (Lama v. vicugna) im Walter-Zoo Gossau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliches Vikunja (Lama v. vicugna) im Zoo Dresden © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliche Vikunjas (Lama v. vicugna) im Zoo Zürich © Max Häberli / Zoo Zürich

 

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Südliche Vikunjas (Lama v. vicugna) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Südliche Vikunjastute (Lama v. vicugna) mit Fohlen im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Gemeinschaftshaltung von Vikunjas (Lama vicugna) und Nandus (Rhea americana) im Tiergarten Schönbrunn © TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

Weitere Bilder auf BioLib

Das Vikunja ist nicht nur eine höchst ansprechende Tierart, die sich mit anderen Arten vergesellschaften und somit attraktiv präsentieren lässt. Vielmehr ist es ein Beispiel dafür, wie sich die Nutzungskonzepte für Wildtierarten im Lauf der Zeit gewandelt haben, und daher aus zoopädagogischer Sicht sehr interessant. Dank einem internationalen Zuchtbucht und einem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm ist die Zoopopulation in stetem Wachstum begriffen.

Körperbau und Körperfunktionen

Vikunjas erreichen eine Kopf-Rumpflänge von rund 125 -190 cm, eine Schwanzlänge von 15-25 cm, eine Schulterhöhe von 85-90 (70-110) cm und ein Gewicht von 38-45(-50) kg. Tiere aus dem Süden des Artareals sind im Mittel 15% größer und schwerer als solche aus dem Norden. Wie alle Kamelartigen haben die Vikunjas eine gespaltene und sehr bewegliche Oberlippe, einen langen, dünnen Hals, lange schlanke Beine, an den Füßen jeweils nur zwei Zehen, die nicht in Hufen, sondern in gebogenen Nägeln enden, und bindegewebige Sohlenpolster. Der Kopf ist kürzer als beim Guanako. Die unteren Schneidezähne wachsen, wie bei den Nagetieren ständig nach. An Halsansatz und Vorderbrust haben die Tiere eine 20-35 cm lange Mähne. Das oberseits hellbraune, an Brust, Bauch und Innenseite der Beine weiße Fell ist sehr fein und dicht. Die Wollhaare haben einen Durchmesser von nur 11-14 μm [3; 8; 12].

Als Anpassung an das Leben in großer Höhe verfügt das Vikunja über ein sehr leistungsfähiges Herz-Kreislaufsystem. Das Herz ist, im Verhältnis zur Körpermasse sehr groß und sehr stark durchblutet. Zudem hat das Blut ein hohes Sauerstoff-Bindungsvermögen [12].

Verbreitung

Anden Südamerikas: Argentinien, Bolivien, Chile, Peru, wiedereingeführt in Ekuador [5].

Lebensraum und Lebensweise

Lebensraum des Vikunjas sind die Puna und der Altiplano in Höhenlagen von 3'200-5'000 m. Wichtige Nahrungsgründe sind die "Bofedales" oder "Vegas" genannten hochgelegenen Moorlandschaften. Je nach Region beweiden Vikunjas praktisch ausschließlich Wiesen mit Gräsern wie z.B. Panicum, Distichlis, Festuca oder Calamagrostis und Riedgräsern, oder sie verbeißen Sträucher. Sie benötigen Zugang zu offenem Wasser. Sie leben in Familiengruppen, meist bestehend aus einem Hengst und 3-4 Stuten mit ihrem Nachwuchs, in Junggesellenherden oder als Einzelhengste. Sie sind recht standorttreu. Eine Familie benötigt ein Streifgebiet von rund 18 (2-54) ha, das vom Hengst als Territorium überwacht und verteidigt wird [5; 12].

Nach einer Tragzeit von im Mittel 345 (310-365) Tagen wird in der Regel ein einzelnes Fohlen mit einem Geburtsgewicht von 6 (5-8) kg geworfen. Die meisten Geburten fallen im natürlichen Areal in die Monate Juli-Oktober. Die Fohlen werden etwa 6 Monate gesäugt. Die Geschlechtsreife tritt bei Stuten meist mit rund 2 Jahren ein, bei Hengsten mit 3-5 Jahren [8; 12].

Gefährdung und Schutz

Bis 1996 galt das Vikunja als gefährdete Tierart, seitdem wird es, letztmals überprüft 2018, als nicht gefährdet eingestuft. Heute umfasst sein Bestand über eine halbe Million Individuen in fünf Ländern und ist damit gesichert (Rote Liste: LEAST CONCERN) [5].

Die Art fällt unter CITES-Anhang I mit Ausnahmen für bestimmte Wollprodukte. Die Art ist nach Anhang II und mit Ausnahme der Peruanischen Population auch nach Anhang I des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten geschützt.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Die Inkas nutzten und schützen die Vikunjas. Dem einfachen Volk war die Jagd verboten. Zu bestimmten Zeiten wurden offizielle Treibjagden veranstaltet, bei denen die Tiere gefangen, geschoren und die meisten danach wieder freigelassen wurden. Geschlachtet wurden in der Regel nur überzählige Hengste. Nach der Landnahme durch die Konquistadoren wurden die Vikunjas stark verfolgt und die Bestände brachen während der 300 Jahre dauernden spanischen Herrschaft zusammen. Dies veranlasste Simon BOLIVAR 1825, d.h. schon bald nach ihrer Unabhängigkeit, für Peru und Bolivien ein Gesetz zum Schutz der Vikunjas zu erlassen, das allerdings nicht sehr wirksam war. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die traditionelle Methode der Inkas zur Wollgewinnung wiederbelebt, bei der die Tiere nicht getötet, sondern eingefangen und lebend geschoren wurden. Im Jahr 1969 unterzeichneten die Andenstaaten einen Staatsvertrag zum Schutz des Vikunjas, der 1979 durch die heute noch gültige Regelung (Convenio sobre la Conservación y Manejo de la Vicuña) ersetzt wurde. Heute werden in Peru etwa 60% der Vikunjas nachhaltig bewirtschaftet, was einen Wollertrag von rund 5 Tonnen und einen Verkaufserlös von etwa 2.3 Millionen USD pro Jahr bringt. Bolivien exportierte 2017 2.5 Tonnen Wolle nach Italien und nahm dadurch 900'000 USD ein. Die Erlöse kommen überwiegend der indigenen Bevölkerung zugute [3; 5].

Nebst Rohwolle exportierten die Ursprungsländer auch Stoffe, Kleider und andere verarbeitete Erzeugnisse sowie Wissenschaftsmaterial. Von 1977-2017 wurden zwecks Wiederansiedlung gegen 200 lebende Wildfänge innerhalb Südamerikas verschoben. Ein Verweis auf die Ausfuhr von 4 Tieren im Jahr 1980 nach Deutschland ist falsch, die letzte Ausfuhr nach Europa erfolgte 1971 [2].

Haltung

Seit 1969 gibt es ein Internationales Zuchtbuch (ISB), das am Zoo Zürich geführt wird und 274 lebende Tiere in 78 Institutionen außerhalb der Ursprungsländer umfasst [Daten bis 01.01.2018 nach Zuchtbuchführer].

Von 1946 bis 1971 wurden aus den Heimatländern in die Zoos der Welt 69 Vikunjas exportiert. Vor allem diese Importe steigerten den Bestand von 11 Vikunjas im Jahre 1945 auf 59 im Jahre 1985. Nur 4 Hengste und 8 Stuten (darunter ein besonders wichtiges Paar, das 1949 von Argentinien in den Zoo Zürich kam), die zwischen 1949 und 1971 aus Südamerika importiert wurden, begründeten die heutige gesunde Zoopopulation, die 88% der genetischen Vielfalt der Art repräsentiert und einen durchschnittlichen Inzuchtkoeffizient von 0,12 aufweist. Von 1946-2018 wurden 1'095 Vikunjas ausserhalb der vier (bzw. fünf) Heimatländer geboren. Das jährliche Populationswachstum durch Geburten betrug bis 1985 0,2%, steigerte sich seit Beginn des EEPs aber auf 5,9%!

In manchen Zoos werden Vikunjas mit anderen Arten vergesellschaftet, so z.B. mit Großem Ameisenbär, Viscacha, Capybara, Tapir, Nandus, Halsband-Wehrvogel, Seriema oder Waldstorch [8].

WEIGL gibt als Höchstalter ungefähr 21 Jahre für eine im Londoner Zoo gehaltene Wildfang-Stute an [10], effektiv sind es aber 31 Jahre und 7 Monate für einen in Antwerpen geborenen und in Paris gestorbenen Hengst.

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 80 Zoos gehalten, von denen sich über ein Viertel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Das seit 1985 bestehende Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) wird vom Zoo Zürich koordiniert. Dieser hat mit weit über 100 Jungtieren die weltweit erfolgreichste Vikunjazucht. Interessant ist, dass die hauptsächliche Geburtssaison in der Nordhemisphäre von August bis Oktober sich gegenüber derjenigen in der Südhemisphäre um genau sechs Monate verschoben hat. Sogar in der 6. Zoogeneration werden 79% aller Jungtiere vormittags geboren – genau wie im Freiland, wo diese Geburtszeit überlebenswichtig ist [9].

Wie Flachlandtapire gehalten werden (Beispiele):

Forschung im Zoo: Vikunjas sind gelegentlich Gegenstand von Forschung oder forschendem Lernen im Zoo, etwa von Arbeiten, die darauf abzielen, die Haltungsbedingungen zu optimieren [6; 7].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach dem Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für 6 Vikunjas ein Außengehege von 300 m² vorhanden sein und soll für jedes weitere Tier die Fläche um 25 m² erweitert werden. Sofern ein Stall angeboten wird, soll die Fläche mindestens 2 m² pro Tier betragen.>

Das Säugetiergutachten gibt vor, dass Kameliden in kleinen Gruppen zu halten sind. Um Aggressionen und Kämpfe zu vermeiden, dürfe nur 1 erwachsenes Männchen pro Gruppe (Einmännchen-Vielweibchen-Gruppe) gehalten werden. Tatsächlich gibt es aber beim Vikunja nebst Haremsgruppen die aus einem Hengst und meist 3-5 Stuten und deren Nachwuchs bestehen auch Junggesellenverbände von bis zu 155 Tieren sowie solitär lebende Hengste. Im Rahmen des EEP werden mehrere kleine Junggesellengruppen gehalten. Die Vorgabe des Gutachtens ist also falsch.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 6 Vikunjas ein Gehege von 300 m² und für jedes weitere je 50 m² zusätzlich, sowie pro Tier einen Unterstand oder einen Stallplatz von 2 m² vor. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für 5 Vikunjas eine Mindestgehegefläche von 800 m² und für jedes weitere 80 m² zusätzlich. Es ist ein Unterstand mit einer Fläche von 2 m² pro Tier anzubieten.

Taxonomie und Nomenklatur

Das Vikunja wurde 1782 von dem italienischen Jesuiten und Naturforscher Giovanni Ignazio MOLINA unter der Bezeichnung "Camelus vicugna" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Später kam es in die 1800 vom französischen Naturforscher und Direktor der Ménagerie von Paris, Georges CUVIER, aufgestellte Gattung Lama. 1842 stellte es der französische Arzt und Naturforscher René Primevère LESSON in die monotypischen Gattung Vicugna. Dies war jedoch nicht unumstritten, viele Autoren führten es in derselben Gattung wie das Guanako, also Lama und zeitweilig Auchenia, was in Anbetracht, dass die beiden Arten fruchtbare Hybriden hervorbringen, nachvollziehbar ist. Im Handbuch der Säugetiere läuft es wieder unter Vicugna [1; 3, 4; 12].

Aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen kamen Taxonomen 2006 zum Schluss, dass das Nördliche Vikunja (Vicugna vicugna mensalis) die Stammform des Alpakas sei. Allerdings waren im Genmaterial der untersuchten Alpakas häufig auch vom Guanako stammende Elemente zu finden, was auf eine bedeutende Hybridisierung von Alpaka und Lama hinweist. Diese war in jüngster Zeit besonders stark, hat sicher aber auch schon früher stattgefunden [11].

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. HONACKI, J.H., KINMAN, K.E. & KOEPPL, J.W. (1982)
  5. ACEBES, P., WHEELER, J., BALDO, J. et al. (2018). Vicugna vicugna (errata version published in 2019). The IUCN Red List of Threatened Species 2018: e.T22956A145360542. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2018-2.RLTS.T22956A145360542.en. Accessed on 23 January 2023.
  6. MÜNCHAU, B. (1980)
  7. PICHLER, C. (2009)
  8. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  9. SCHMIDT, C.R. (2008)
  10. WEIGL, R. (2005)
  11. WHEELER, J. C., CHIKHI, L. & BRUFORD, M. W. (2006)
  12. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

08-Lebensraum Puna vicugna vicugna san guillermo np Vogt
Vikunjas in ihrem natürlichen Lebensraum. San Guillermo-Nationalpark © P.Vogt

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Freigegeben in Kamele
Donnerstag, 14 Juni 2018 08:37

Trampeltier

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Schwielensohler (Tylopoda)
Familie: Kamele(Camelidae)

Tribus: Altweltkamele (Camelini)

D NB650

Trampeltier

Camelus bactrianus • The Bactrian Camel • Le chameau à deux bosses

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Trampeltier (Camelus ferus f. bactriana) im Neunkirchner Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Blau; Letzte Vorkommen des Wildkamels (Camelus ferus) und sehr Approximative frühe Verbreitung des Tramepeltiers (Camelus ferus f. bactriana). Dieses geht heute westlich weiter bis in die Türkei und ästlich bis nach Ostsibirien

 

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Trampeltiere (Camelus ferus f. bactriana) im Schnee im Tiergarten Falkenstein © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kamelstute mit Fohlen (Camelus ferus f. bactriana) im Plättli-Zoo Frauenfeld © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Trampeltiere (Camelus ferus f. bactriana) in Gehege mit symbolischer Absperrung im Naturzoo Rheine © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Trampeltier (Camelus ferus f. bactriana) in Gehege mit symbolischer Absperrung im Tiergarten Straubing © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Fellwechsel bei den Trampeltieren (Camelus ferus f. bactriana) des Parc animalier et botanique der Branféré, Le Guerno © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Trampeltiere (Camelus ferus f. bactriana) im Tiergehege Mundenhof, Freiburg i. Br. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weißes Trampeltier (Camelus ferus f. bactriana) im Zoo Zürich © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Trampeltiere (Camelus ferus f. bactriana) mit Fohlen im Zoo Zlín-Lešná © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Trampeltierfohlen (Camelus ferus f. bactriana) in der Wilhelma Stuttgart © Wilhelma (Pressefoto)

 

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Trampeltierfohlen (Camelus ferus f. bactriana) im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Gemeinschaftshaltung von Trampeltieren (Camelus ferus f. bactriana) und Przewalskipferden (Equus ferus) im Tierpark Hellabrunn © Marc Müller / TP Hellabrunn

 

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Gemeinschaftshaltung von Trampeltieren (Camelus ferus f. bactriana) und Kulanen (Equus hemionus lulan) im Prager Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kamelreiten in Knie's Kinderzoo, Rapperswil © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Wildkamel (Camelus ferus), 1994 im Zoo Peking © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Trampeltiere sind nicht nur äußerst populäre Zootiere, sondern wegen ihrer anatomischen und physiologischen Besonderheiten, ihrer Lebensweise und kulturellen Bedeutung auch von hohem zoopädagogischem Wert. Obwohl Haustiere, können sie als Botschafterarten für den Schutz von Grasländern und anderen ariden Lebensräumen dienen.

Körperbau und Körperfunktionen

Das zweihöckerige Trampeltier gehört mit einer Kopf-Rumpflänge von bis zu 345 cm, einer Höhe (mit Höcker) von bis zu 230 cm und einem Gewicht von bis zu 1000 kg zu den größten Huftieren. Neben den aus Fettgewebe bestehenden Höckern weisen sie noch eine Reihe weiterer anatomischer Besonderheiten auf: die Oberlippe ist gespalten und dient als Greiforgan, die Nasenlöcher sind verschliessbar, im Oberkiefer fehlen die mittleren Schneidezähne, die 2. und 3. Schneidezähne sind nach hinten verlagert, am Hinterkopf befinden sich bei Stuten und Hengsten ein Paar Brunstdrüsen, beim Hengst ist das Gaumensegel als "Brüllsack" ausgebildet, der Magen ist, anders als bei den "echten" Wiederkäuern, dreihöhlig (der Psalter fehlt), am Oberschenkel hat es keine Spannhaut (Kniefalte), die Zehenknochen verlaufen nicht in einer geraden, sondern einer gebrochenen Linie. Das Nagelendglied trägt einen kleinen Nagel mit gekrümmter Hornwand, der Fuss ist mit einem hochelastischen Sohlenpolster aus Binde- und Fettgewebe versehen und weist eine breite Auftrittsfläche auf. Das Euter der Stuten hat 4 Zitzen mit je 3 Strichkanälen [5; 6; 7; 10].

Zu den physiologischen Besonderheiten gehört der geringe Wasserbedarf, der u.a. darauf beruht, dass die Tiere ihre Körpertemperatur von 34 °C auf über 40 °C erhöhen können. So wird die extreme Hitze im Körper gespeichert und während der Nacht bei kühleren Temperaturen abgegeben, ohne dass die Tiere Wasser verlieren. Erst nach Erreichen der maximalen Körpertemperatur beginnt ein Kamel zu schwitzen. Auch wird er Harn in extrem konzentrierter Form ausgeschieden und der Kot ist relativ trocken, wodurch Wasser eingespart wird [5; 6; 7; 10].

Verbreitung

Das Trampeltier wird hauptsächlich in Iran, Afghanistan, Pakistan, Kasachstan, der Mongolei und China gehalten, kommt aber bis in die Türkei und Ostsibirien vor.

Lebensraum und Lebensweise

Historischer Lebensraum des Trampeltiers sind die Grasländer, Halbwüsten und winterkalten Wüsten Zentrasiens. Die Nahrung setzt sich aus Gräsern, Kräutern und Blättern und Zweigen von Sträuchern zusammen. Eine der wichtigsten Futterpflanzen ist der Saxaul (Haloxylon ammodendron), ein Strauch bzw. niedriger Baum aus der Familie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae). Trampeltiere können längere Durstphasen dadurch überstehen, dass sie körpereigenes Wasser abbauen, ohne dass das Blut eingedickt wird, und dadurch massiv an Gewicht verlieren. Sie können auch Brackwasser aufnehmen und, wenn Süßwasser verfügbar wird, durch die Aufnahme großer Mengen ihre Wasservorräte wieder auffüllen [5; 10].

Nach einer Tragzeit von im Mittel 406 (365-440) Tagen wird in der Regel ein einzelnes Fohlen mit einem Geburtsgewicht von 44 (30-60) kg geworfen. Zwillinge sind selten. Die meisten Geburten fallen in die Monate März und April. Die Fohlen werden etwa 11-12 Monate gesäugt, nehmen aber bereits mit 14 Tagen erstmals feste Nahrung auf [5; 7].

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Kamele sind für das Leben der Nomaden der asiatischen Wüsten und Trockensteppen lebenswichtig. Sie werden als Reit- und Lasttiere eingesetzt und liefern Fleisch, Milch, Wolle, Leder und Dung als Brennstoff. Die Milch hat nicht nur einen großen Nährwert, sondern auch einen Vitamin-C-Gehalt, der vier- bis sechsmal so hoch ist, wie der von Kuhmilch, weshalb sie oft die wichtigste Vitamin-C-Quelle für die Bevölkerung darstellt [5].

Vereinzelt gibt es auch bei uns Kamelhöfe, auf denen Wolle und Kamelmilch, zum Teil auch Fleisch, gewonnen und verarbeitet wird, die aber primär touristisch ausgerichtet sind, indem sie Kamelprodukte ab Hof verkaufen sowie Kamelreiten und -trekking anbieten.

BREHM schreibt über die Nutzung des Trampeltiers, von dessen geistigen Fähigkeiten er wenig hält, dessen Nützlichkeit er aber sehr rühmt: "Es leistet viel nach jeder Richtung hin und kann durch kein anderes Hausthier ersetzt werden. Man nutzt Haar und Milch, Fell und Fleisch, spannt es an den Wagen und verwendet es als Lastthier. Seinem Nacken bürdet man Lasten auf, welche man auf vier Pferde vertheilen müßte; mit ihm durchzieht man die wasserlosen wüstenhaften Steppen, in denen Pferde ihre Dienste versagen würden; auf ihm erklimmt man Gebirge bis zu zweitausend Meter unbedingter Höhe, in denen nur der Jack noch aushält."

"Im zweiten Jahre wird dem Füllen die Nase durchstochen und der Zaumpflock in die so gebildete Oeffnung gesteckt; denn von jetzt an beginnt seine Abrichtung. Im dritten Jahre seines Alters wird es kurzen Ritten, im vierten zum Tragen leichter Lasten benutzt; im fünften Jahre gilt es als erwachsen und arbeitsfähig. Bei guter Behandlung kann es bis zum fünfundzwanzigsten Jahre Dienste leisten." [2]

Kulturelle Bedeutung:
Das Kamel ist Gegenstand mehrerer Fabeln, wobei nicht klar ist, ob das Trampeltier oder das Dromedar gemeint sei. Vermutlich eher letzteres:

Haltung im Zoo

Kamele lassen sich mit anderen Huftierarten vergesellschaften, etwa mit Przewalskipferden, Kulanen, Yaks oder Kropfgazellen. Allerdings kann es bisweilen Probleme zwischen männlichen Tieren geben [7].

WEIGL gibt als Höchstalter 35 Jahre und 5 Monate für eine im Kopenhagener Zoo geborene Stute an [9].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 410 Zoos gehalten, von denen sich über ein Viertel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Wildkamele wurden noch nie nach Europa eingeführt. Domestizierte Trampeltiere werden nicht nur in Zoos, sondern auch von vielen kleineren Tierparks, Zirkussen und Privatpersonen gehalten.

Forschung im Zoo: Trampeltiere sind gelegentlich Gegenstand von Forschung oder forschendem Lernen im Zoo. Die Arbeiten dienen entweder dazu, unser Grundlagenwissen zu erweitern, wie z.B. Untersuchungen zur Hämatologie [3, 8] oder zielen darauf ab, die Zucht und Haltungsbedingungen zu optimieren [4; 6].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach dem Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für 3 Trampeltiere ein Außengehege von 300 m² vorhanden sein und soll für jedes weitere Tier die Fläche um 50 m² erweitert werden. Sofern ein Stall angeboten wird, soll die Fläche mindestens 8 m² pro Tier betragen.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 3 Kamele ein Gehege von 300 m² und für jedes weitere 50 m² mehr sowie pro Tier einen Stallplatz von 8 m² vor. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) fordert für 5 Kamele ein Gehege von 800 m², für jedes weitere 80 m².

Taxonomie und Nomenklatur

Das Trampeltier ist eine Haustierform, die vor etwa 4'500 Jahren domestiziert wurde. Als seine Wildform wird das Wildkamel (Camelus ferus), angesehen, was neuerdings aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen jedoch angezweifelt wird [13].

Das Wildkamel ist in Kasachstan bereits ausgestorben und mit einem kontinuierlich abnehmenden Totalbestand von gegenwärtig weniger als erwachsenen 1'000 Tieren in China und der Mongolei, wo es in den Wüsten  Gobi und Gashun Gobi vorkommt, vom Aussterben bedroht (Rote Liste: CRITICALLY ENDANGERED). Die Hauptgefahren sind Hybridisierung mit Hauskamelen und Konkurrenzierung durch die Haustierherden der Nomaden. Es ist nach Anhang I des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten geschützt. Die in Großbritannien registrierte Stiftung zum Schutz des Wildkamels (Wild Camel Protection Foundation, WCPF) wurde 1997 gegründet. Sie betreibt seit 2003 in der Mongolei ein Erhaltungszuchtprogramm für Wildkamele wozu 12 Kamele gefangen und in eine in Zakhyn Us, innerhalb der Pufferzone des Great Gobi Strictly Protected Area ‘A’, gelegene Zuchtstation verbracht wurden [7; 10; 11; 12].

Wissenschaftlich beschrieben wurden zuerst die Haustierformen der Altwelt-Kamele, nämlich 1758 durch Carl von LINNÉ, der dem Trampeltier den Namen Camelus bactrianus gab, obwohl in Baktrien, der Gegend um Buchara, nicht Trampeltiere sondern Dromedare gehalten wurden. Das Wildkamel wurde von Nikolaj Michajlowitsch PRZEWALSKI 1878 in der Lop-Nor-Wüste entdeckt und mit dem Namen Camelus ferus versehen [5; 10]. Da das Trampeltier vermutlich vom Wildkamel abstammt, müsste es nach BOHLKEN [1] Camelus ferus forma bactriana heissen. Die auch vom HANDBOOK [10] übernommene Praxis, Wild- und Haustierform als Unterarten anzusehen, ist abzulehnen

Trampeltier und Dromedar lassen sich kreuzen. Die Nachkommen werden Tulus genannt. Sie sind größer und stärker als ihre Eltern und haben nur einen eingedellten Höcker und sind fruchtbar. Tuluhengste der F1-Generation werden in Teilen Anatoliens zu den dort traditionellen Kamel-Ringkämpfen (Camel wrestling) eingesetzt. Diese Kämpfe gibt es seit rund 2'400 Jahren. Sie finden jeweils während der Brunftzeit der Kamele statt, hauptsächlich von Januar bis März. Die Tiere werden geschmückt und ähnlich wie bei den Eringer Kuhkämpfen im Wallis paarweise in eine Arena geführt. Der Verlierer wird beim Kampf nicht beschädigt, sondern lediglich verdrängt oder niedergerungen. In der seit 1923 bestehenden türkischen Republik wurden die Kamelkämpfe anfänglich diskreditiert, da sie nicht dem vom Staat angestrebten Image eines modernen Landes entsprachen, wurden aber ab 1983 als Attraktion für Touristen wiederbelebt. Seitdem ist die Zahl der Tulubesitzer von 200 auf über 2'000 gestiegen [14].

Literatur und Internetquellen

  1. BOHLKEN , H. (1958)
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. EICHNER, M. (1999)
  4. FRANCKE, R. (1989)
  5. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  6. MÜNCHAU, B. (1980)
  7. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  8. WEDDING, S. (1979)
  9. WEIGL, R. (2005)
  10. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  11. HARE, J. (2008). Camelus ferus. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T63543A12689285. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2008.RLTS.T63543A12689285.en . Downloaded on 10 February 2020.
  12. WILD CAMEL PROTEXTION FOUNDATION.
  13. YI L., MING, L., HAI, L., HE, J., GUO, F-.C., QIAO, X.-Y.; JI, R. (2017)
  14. CHRISTIE-MILLER, A. in EURASIANET vom 27.01.2011

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Freigegeben in Kamele
Donnerstag, 14 Juni 2018 08:33

Schabrackentapir

Überordnung: LAURASIATHERiA
Ordnung: Unpaarzeher (PERISSODACTYLA)
Familie: Tapire (Tapiridae)

Red list status endangered

EEPSchabrackentapir

Tapirus indicus • The Malayan Tapir • Le tapir de l'Inde, ou tapir chabraque

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Schabrackentapir (Tapirus indicus) im Gondwanaland des Zoo Leipzig © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Approximative Vorkommen des Schabrackentapirs (Tapirus indicus)

 

 

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Schabrackentapir-Paar (Tapirus indicus) im Tiergarten Nürnberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Schabrackentapir (Tapirus indicus) mit Jungtier im Gondwanaland des Zoo Leipzig © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Schabrackentapire (Tapirus indicus) im Tiergarten Nürnberg © Heike M. Meyer, Nürnberg

 

 

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Schabrackentapir (Tapirus indicus) im Gondwanaland des Zoo Leipzig © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Schabrackentapir (Tapirus indicus), Jungtier im Gondwanaland des Zoo Leipzig © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Schlafender Schabrackentapir (Tapirus indicus) in der Wilhelma Stuttgart © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Schabrackentapire (Tapirus indicus), ein Tier subadult, im Gondwanaland des Zoo Leipzig © Zoo Leipzig (Pressefoto)

 

 

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Schabrackentapir (Tapirus indicus), Jungtier im Gondwanaland des Zoo Leipzig © Zoo Leipzig (Pressefoto)

 

 

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Schabrackentapirweibchen (Tapirus indicus) mit Jungtier im Zoo Leipzig © Zoo Leipzig (Pressefoto)

 

 

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Britische Briefmarke für "Nordborneo"

 

Weitere Bilder auf BioLib

Der in seinem Ursprungsgebiet stark gefährdete Flachlandtapir ist die in europäischen Zoos mit Abstand am häufigsten gehaltene Tapirart und wurde so für viele Menschen zum Prototyp der Gattung. Seine Verwandtschaft mit den Pferdeartigen kann dazu dienen, im Zooschulunterricht Taxonomie und Evolution zu thematisieren, und als auffällige Großtierart ist er ein ausgezeichneter Botschafter für den Schutz der durch Holzeinschlag, Brandrodung und Umwandlung in Palmölplantagen gefährdeten Wälder Südostasiens Wälder.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Schabrackentapir ist deutlich größer als seine neotropischen Vettern und schon aufgrund seiner Zeichnung unverwechselbar. Er erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 250-300 cm, eine Schwanzlänge von unter 10 cm, eine Schulterhöhe von 100-130 cm und ein Gewicht von 280-400 kg. Er hat weder eine Mähne noch einen Nackenkamm. Die im Zoo auffällige, vom Kopf bis zu den Schultern schwarze, am Rumpf weiße und an den Hinterteil und Hinterbeinen wiederum schwarze Färbung hilft im natürlichen Waldlebensraum, die Körperkonturen zu verwischen. Wie bei allen Tapirarten tragen junge Schabrackentapire ein längsgestreiftes Jugendkleid. Die Schabrackenzeichnung beginnt sich erst im Alter von zehn Wochen abzuzeichnen und mit 22 Wochen sind die Streifen bis auf wenige Reste verschwunden [2; 7].

Verbreitung

Südostasien:  Indonesien (Sumatra), Malaysia, Myanmar, Thailand. Ausgestorben in Kambodscha, Laos und Vietnam [5].

Lebensraum und Lebensweise

Der Schabrackentapir lebt in tropischen, feuchten Primär- und Sekundärwäldern sowie in Sumpfgebieten vom Tiefland bis auf eine Höhe von 2'150 m. Er ist ein Einzelgänger, der hauptsächlich nachtaktiv ist. Als "Browser"  nimmt er Blätter (über 80%) , Zweige und Früchte von über 380 Pflanzenarten zu sich. Er bricht häufig 8-10 m dicke Stämme ab, um an seine Nahrung zu gelangen. In Sumatra sind heidekrautartige Pflanzen der Gattung Symplocos die wichtigsten Futterpflanzen. Ebenfalls von Bedeutung sind Streifenfarne (Asplenium spp.), Brotfrucht- (Artocarpus spp.) und Durianbäume (Durio spp.)  Der Schabrackentapirist ein schlechter Samenverbreiter, weil er Früchte und damit die Samen gründlich zerkaut. Nach einer Tragszeit von 11-13 Monaten wird in der Regel ein einzelnes Kalb geboren, das gegen zwei Jahre bei der Mutter bleibt. Die einzige bekannte Zwillingsgeburt ereignete sich im Sungai Dusun Tapirschutzzentrum in Malaysia, das gemeinsam vom Zoo Kopenhagen und dem Department of Wildlife and National Parks betrieben wird. Bei der ersten Geburt sind die Weibchen etwa 4 Jahre alt. Rund vier Monate nach einer Geburt sind sie wieder empfängnisbereit [2; 3; 8].

Gefährdung und Schutz

Der Schabrackentapir ist eine stark gefährdete Tierart (Rote Liste: ENDANGERED), da seine Lebensräume oft in Palmölplantagen und andere Landnutzungen umgewandelt werden und die Bestände dadurch um mehr als 50% in den letzten 3 Generationen (36 Jahre) zurückgegangen sind. Das verbleibende Areal ist zerstückelt und die Tiere werden zusätzlich durch die Jagd bedroht [5].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Der Zoo Zürich unterstützt die Wildhüter des 4'373 km² großen Kaeng Krachan Nationalparks in Thailand, der eine wichtige Heimstatt für den Schabrackentapir ist, im Kampf gegen die Wilderei, indem er Ausrüstung und Ausbildungskurse finanziert. mehr ...
  • Der Kopenhagener Zoo unterstützt Tapirschutzprojekte in Malaysia und Sumatra. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Gebietsweise wird das Fleisch des Schabrackentapirs gegessen. In Thailand wird es unter der Bezeichnung "Mu-nam" vermarktet, es ist aber nicht sonderlich populär. Sportjagd ist verboten, kommt aber vor [2; 5].

Kulturelle Bedeutung: Bei den Moslems gelten Schabrackentapire als Schweine und werden deshalb nicht bejagt. Die Bestände leiden natürlich aber trotzdem unter der fortschreitenden Waldzerstörung.

Der Schabrackentapir wird auf einer Reihe von Briefmarken dargestellt. Interessanterweise auch auf einer aus britischer Kolonialzeit stammenden Briefmarke für "Nordborneo" (heute: Sabah und Sarawak), obwohl die Art auf Borneo gar nicht vorkommt.

Haltung

Für den Schabrackentapir gibt es seit 1984 ein Internationales Zuchtbuch, das am Taman Safari Indonesia in Bogor geführt wird. Dieses umfasste im Juni 2916 271 lebende Tiere in 90 Einrichtungen [IZY 52]. Den veröffentlichten Altersrekord in Menschenobhut hält ein im Tiergarten Nürnberg geborener weibliche Schabrackentapir, der im Alter von 36 Jahren und 6 Monaten in der Wilhelma Stuttgart starb [6].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in über 20 Zoos gehalten, von denen sich ein paar wenige im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Seit 1992 gibt es ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das 2021 58 lebende Tiere umfasste und in ein "New Style"-EEP umgewandelt wurde. Das Programm wird vom Tiergarten Nürnberg koordiniert.

Forschung im Zoo: Von 1997-2000 wurde eine vergleichende Untersuchungen zu Verhalten und Schauwert von Tapiren in Zoologischen Gärten durchgeführt, die von den Zoos Berlin, Dortmund, Heidelberg, München, Nürnberg, Wuppertal und Zürich gefördert wurde und auch zwei amerikanische Zoos miteinschloss [5]. Eine andere Dissertation befasste sich mit der innerartlichen Kommunikation [9] und eine weitere mit der Gewinnung, Beurteilung und Konservierung von Sperma [1].

Mindestanforderungen an Gehege: Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird für die Haltung von Tapiren generell ein Innengehege von 15 m² pro Tier vorgegeben, ohne den Artunterschieden und den unterschiedlichen Haltungssystemen Rechnung zu tragen. Es besteht aber ein erheblicher Größenunterschied zwischen Süd- und Mittelamerikanischen Tapiren einerseits und Schabrackentapir andererseits. Die Tierschutz-Sachverständigen der Zoos hielten daher folgende Vorgabe für angemessen:  Da die Tiere im Winter nur beschränkt Zugang zum Außengehege haben, wird in der Regel auch innen ein Gemeinschaftsgehege angeboten. Die Möglichkeit der Einzelaufstallung ist aber zu gewährleisten. Für Mittelamerikanische Tapire müssen Boxen in Verbindung mit einem zusätzlichen, größeren Gemeinschaftsstall (ab ca. 30, besser 40 m²) eine Fläche von 12 m² haben. Nur wenn kein Gemeinschaftsstall angeboten wid, müssen Boxen mindestens 15 m² groß sein, wie im Gutachten und in der Schweizerischen Tierschutzverordnung sowie approximativ in den AZA-Haltungsstandards [5] vorgegeben.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu zwei Tapire ein Außengehege mit einer Mindestfläche von 200 m², für jedes weitere Tier 50 m² mehr vor. Pro Tier ist eine Innenbox von 15 m² erforderlich. Außen und innen muss ein Badebecken mit einer Fläche von 10 m² und einer mittleren Tiefe von 80 cm vorhanden sein. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023 fordert für ein Paar ein Außengehege von 200 m², für jedes weitere Tier 20 m² mehr. Pro Tier ist eine Stallfläche von 20 m² notwendig und es ist außen wie innen eine Bademöglichkeit einzurichten.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Schabrackentapir wurde 1819 vom französischen Zoologen Anselme Gaëtan DESMAREST unter seinem heite noch gültigen Namen beschrieben. Die Existenz einer rein schwarz gefärbten Unterart brevetianus aus Sumatra ist zweifelhaft. Manche Autoren wollen die Art in einer eigenen Gattung unterbringen, wozu der Name Acrocodia aus dem Jahr 1913 ausgegraben wurde [7; 8].

Literatur und Internetquellen

  1. FRANCKE, R. (1989)
  2. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  3. SHOEMAKER A. H., BARONGI R., FLANAGAN J. & JANSSEN D. (2004)
  4. SEITZ, S. (2001)
  5. TRAEHOLT, C. et al. (2016). Tapirus indicus. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T21472A45173636. http://www.iucnredlist.org/details/21472/0. Downloaded on 24 May 2018.
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. ZENZINGER, S. (2008)
  10. EAZA REGIONAL COLLECTION PLAN - Tapir and Suiform Taxon Advisory Group - July 2021

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Donnerstag, 14 Juni 2018 08:33

Mittelamerikanischer Tapir

Überordnung: LAURASIATHERiA
Ordnung: Unpaarzeher (PERISSODACTYLA)
Familie: Tapire (Tapiridae)

Red list status endangered

EEPMittelamerikanischer Tapir

Tapirus bairdii • The Baird’s Tapir • Le tapir de Baird

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Mittelamerikanischer Tapir (Tapirus bairdii) im Zoo Wuppertal © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Approximative (tatsächliche und mutmaßliche) Verbreitung des Mittelamerikanischen Tapirs (Tapirus bairdii)

 

 

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Mittelamerikanischer Tapir (Tapirus bairdii) im Zoo Wuppertal © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Junger Mittelamerikanischer Tapir (Tapirus bairdii) im Zoo Wuppertal © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Badender Mittelamerikanischer Tapir (Tapirus bairdii) im Tierpark Cottbus © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Mittelamerikanischer Tapir (Tapirus bairdii) im Tierpark Cottbus © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Mittelamerikanischer Tapir (Tapirus bairdii) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Junger Mittelamerikanischer Tapir (Tapirus bairdii) im Zoo Wuppertal © Barbara Scheer / Zoo Wuppertal

 

 

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Mittelamerikanischer Tapir (Tapirus bairdii) im Zoo Miami © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Mittelamerikanischer Tapir (Tapirus bairdii) im Zoo Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Mittelamerikanischer Tapir (Tapirus bairdii) im Zoo Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Mittelamerikanischer Tapir (Tapirus bairdii) im Zoo Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Der Mittelamerikanische Tapir ist in europäischen Zoos eine Seltenheit. Die meisten Zoos halten südamerikanische Flachlandtapire, die in zoopädagogischer Hinsicht und als Botschafterart denselben Zweck erfüllen, und die wenigsten haben die Möglichkeit oder die Motivation die beiden sehr ähnlichen Arten nebeneinander zu zeigen. In den USA ist die mittelamerikanische Art etwas häufiger anzutreffen.

Körperbau und Körperfunktionen

Mittelamerikanische Tapire sind die größten Landsäugetiere der neuweltlichen Tropen. Sie erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 200-230 cm, eine Schwanzlänge von unter 10 cm, eine Schulterhöhe von 120 cm und ein Gewicht von 250-350 kg. Im Gegensatz zum Flachlandtapir ist der Nackenkamm nicht stark ausgeprägt. Das Fell ist kurz, aber etwas länger als beim Flachlandtapir, dunkelbraun oder graubraun gefärbt, die untere Gesichtshälfte und Kehle sind heller. Auf den Wangen befindet sich ein kleiner dunkler Fleck, die Ohrränder sind weiß. Die Jungtiere tragen das für Tapire typische längsgestreifte Jugenkleid. Dieses ist im Alter von 18 Wochen weitgehend verschwunden [5; 6].

Verbreitung und Bestände

Mittel- und nördliches Südamerika: Belize, Costa Rica, Guatemala, Honduras, Kolumbien, Mexiko, Nikaragua, Panama und möglicherweise in Ekuador. In El Salvador ausgestorben [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Mittelamerikanische Tapir besiedelt Regenwälder, Trockenwälder und Nebelwälder mit offenen Gewässern, Galeriewälder, Palmensümpfe, Mangrovenwälder und Gebirgseichenwälder ab Meereshöhe bis auf über 3'600 m. Er ist mehr nacht- als tagaktiv und lebt als Einzelgänger oder in lockeren Familienverbänden. Die Streifgebiete umfassen im Mittel 125 ha im Regen- und 171 ha im Trockenwald. Sie können sich mit jenen benachbarter Tapire überlappen. Die Tiere sind Selektiväser, die ein breites Spektrum an Früchten, Blättern, Zweigen, Wasserpflanzen, Rinde und Blüten zu sich nehmen. Die tägliche Nahrungsmenge liegt, wie in Costa Rica ermittelt wurde, bei 15-63 kg. Nach einer Trächtigkeit von 13-14 Monaten kommt ein einzelnes, 5-8 kg schweres Junges zur Welt, selten Zwillinge. Dieses bleibt 12-18 Monate bei der Mutter und entfernt sich danach vorerst nicht vom angestammten Streifgebiet. Geschlechtsreife wird meist mit 3-5 Jahre erreicht. Die Geburtsintervalle betragen meist ca. 18 Monate [1; 5; 6].

Gefährdung und Schutz

Es gibt höchstens noch 4'500 Mittelamerikanische Tapire. Die Bestände nehmen laufend ab und werden durch Lebensraumverlust fragmentiert. Der "Danta" oder "Macho de monte" gilt daher seit 2002, letztmals überprüft 2014, als bedrohte Tierart (Rote Liste: ENDANGERED) [1].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Zoogestütztes Schutzprojekt (Beispiel):

  • Das Papiliorama Kerzers gründete 1989 gemeinsam mit dem Burgers Zoo in Emmen den Internationalen Fonds für den Schutz der Tropischen Natur ITCF und durch diesen in Belize das vorerst nur 31 km² große Shipstern-Naturschutzgebiet. Dieses konnte sukzessive auf 87 km² das erweitert werden, und durch die Sicherung weiterer Waldgebiete vergrößerte sich das von der Stiftung geschützte und bewirtschaftete Areal auf heute rund 400 km². Damit wird der Lebensraum für zahlreiche Mittelamerikanische Tapire erhalten und können diese weitgehend vor illegaler Bejagung geschützt werden. Der Einsatz des Papilioramas wird mittlerweile durch weitere Zoos (z.B. Walter Zoo in Gossau,  Kölner Zoo, Wilhelma Stuttgart) unterstützt. mehr ... 

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Der Mittelamerikanische Tapir wird gebietsweise als Fleischlieferant gejagt, in Costa Rica auch als Sport. Jungtiere werden für die private Haltung gefangen [1].

Haltung

Für den Mittelamerikanischen Tapir gibt es seit 1987 ein Internationales Zuchtbuch (ISB), das beim Africam Safari in Puebla, Mexiko, geführt wird. Dieses umfasste, Stand Dezember 2016, 104 lebende Tiere in 42 Institutionen [IZY 52]. Das Erhaltungszuchtprogramm der nordamerikanischen Zoos bestand 2018 aus 43 Tieren in 15 Institutionen. Dieser Bestand wächst langsam, angestrebt wird ein Bestand von 60 Tieren [8]. Seit 2023 gibt es auch ein Europäisches Erhaltngszuchtprogramm (EEP), das vom Zoo Olmütz koordiniert wird.

Haltung in europäischen Zoos: Die Art war in europäischen Zoos stets selten. wird gegenwärtig (2023) nur im Tierpark Cottbus und im Zoo Wuppertal gehalten, in letzterem ein Einzeltier zusammen mit Kleinen Maras und Südlichen Pudus. Für Details siehe Zootierliste.

Am 25. Mai 1998 kam im Zoo Wuppertal der erste in Europa geborene Mittelamerikanische Tapir zur Welt, ein Weibchen, das "Susanna" benannt wurde. Seine Eltern "Tanya" und "Tonka" stammen aus Zoologischen Gärten in den USA. Am 18.1.2006 gebar "Susanna" ihr erstes Jungtier "Chico". Damit lebten drei Tapirgenerationen In Wuppertal. 2007 wurde "Chico" nach Berlin abgegeben, wo er vorerst im Tierpark, ab 2009 bis 2020 im Zoologischen Garten untergebracht und dann nach Cottbus abgegeben wurde. Am 13.09.2009 brachte "Susanna" ihr zweites Junges zur Welt. Ein Weibchen, dem der Name „Bonita“ gegeben wurde. "Tanya" musste am 28. Juli 2011 wegen fortgeschrittener Senilität und damit verbundener Beschwerden eingeschläfert werden. Mit 31 Jahren und 3 Monaten war sie der älteste bekannte Mittelamerikanische Tapir. Die ältesten Vertreter dieser Art in den USA wurden 30 bzw. 29 Jahre und 1 Monat alt. Im Laufe ihres Lebens hatte "Tanya" zehn Junge geboren, das erste im Alter von knapp 32 Monaten, das letzte mit 26 Jahren und fünfeinhalb Monaten. Ihr Partner Jasper wurde am 20. November 2011 wegen eines chronischen Leidens eingeschläfert [2; 3; PM Zoo Wuppertal].

Forschung im Zoo: Von 1997-2000 wurde eine vergleichende Untersuchungen zu Verhalten und Schauwert von Tapiren in Zoologischen Gärten durchgeführt, die von den Zoos Berlin, Dortmund, Heidelberg, München, Nürnberg, Wuppertal und Zürich gefördert wurde und auch zwei amerikanische Zoos miteinschloss [4].

Mindestanforderungen an Gehege: Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird für die Haltung von Tapiren generell ein Innengehege von 15 m² pro Tier vorgegeben, ohne den Artunterschieden und den unterschiedlichen Haltungssystemen Rechnung zu tragen. Es besteht aber ein erheblicher Größenunterschied zwischen Süd- und Mittelamerikanischen Tapiren einerseits und Schabrackentapir andererseits. Die Tierschutz-Sachverständigen der Zoos hielten daher folgende Vorgabe für angemessen:  Da die Tiere im Winter nur beschränkt Zugang zum Außengehege haben, wird in der Regel auch innen ein Gemeinschaftsgehege angeboten. Die Möglichkeit der Einzelaufstallung ist aber zu gewährleisten. Für Mittelamerikanische Tapire müssen Boxen in Verbindung mit einem zusätzlichen, größeren Gemeinschaftsstall (ab ca. 30, besser 40 m²) eine Fläche von 8 m²  haben. Nur wenn kein Gemeinschaftsstall angeboten wid, müssen Boxen mindestens 15 m² groß sein, wie im Gutachten und in der Schweizerischen Tierschutzverordnung sowie approximativ in den AZA-Haltungsstandards [5] vorgegeben.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.062.2022) schreibt für bis zu zwei Tapire ein Außengehege mit einer Mindestfläche von 200 m², für jedes weitere Tier 50 m² mehr vor. Pro Tier ist eine Innenbox von 15 m² erforderlich. Außen und innen muss ein Badebecken mit einer Fläche von 10 m² und einer mittleren Tiefe von 80 cm vorhanden sein.

Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) fordert für ein Paar ein Außengehege von 200 m², für jedes weitere Tier 20 m² mehr. Pro Tier ist eine Stallfläche von 20 m² notwendig und es ist außen wie innen eine Bademöglichkeit einzurichten.

Taxonomie und Nomenklatur

Die monotypische Art wurde 1865 vom amerikanischen Zoologen Theodore Nicholas GILL als "Elasmognathus bairdii" beschrieben. Später kam er in die seit  1762 bestehende Gattung Tapirus. Neuerdings wurde vorgeschlagen, ihn in eine eigene Gattung zu stellen und dafür den von Theodore Sherman PALMER 1903 vergebenen Namen Tapirella zu reaktivieren [6; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. GARCÍA, M. et al. (2016). Tapirus bairdii. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T21471A45173340. http://www.iucnredlist.org/details/21471/0. Downloaded on 24 May 2018.
  2. SCHÜRER, U. & KAUFFELS, T. (1999)
  3. SCHÜRER, U. (2011)
  4. SEITZ, S. (2001)
  5. SHOEMAKER A. H., BARONGI R., FLANAGAN J. & JANSSEN D. (2004)
  6. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  7. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  8. EAZA REGIONAL COLLECTION PLAN - Tapir and Suiform Taxon Advisory Group - July 2021

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Flachlandtapir

Überordnung: LAURASIATHERiA
Ordnung: Unpaarzeher (PERISSODACTYLA)
Familie: Tapire (Tapiridae)

Red list status vulnerable

EEPFlachlandtapir

Tapirus terrestris • The Lowland Tapir • Le tapir du Brésil

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Flachlandtapir (Tapirus terrestris) mit Kalb im Jardín zoológico Buín, Chile © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Flachlandtapirs (Tapirus terrestris). Dunkelblau effektive, mittelblau wahrscheinliche Verbreitung. Rot: ehemalige Verbreitung, heute ausgestorben

 

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Junger Flachlandtapir (Tapirus terrestris) im Jugendkleid im Krefelder Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Halbwüchsiger Flachlandtapir (Tapirus terrestris) mit verblassendem Jugendkleid im Zoo Las Leyendas, Lima © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Flehmender Flachlandtapir (Tapirus terrestris) im Zoo Saarbrücken © Zoo Saarbrücken

 

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Flachlandtapir (Tapirus terrestris) auf der Südamerika-Anlage im Tiergarten Schönbrunn © Tiergarten Schönbrunn (Pressefoto)

 

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Flachlandtapir (Tapirus terrestris) im Innengehege im Tiergarten Schönbrunn © Tiergarten Schönbrunn (Pressefoto)

 

118 002 001 004 tapirus terrestris amne PD1
Flachlandtapir (Tapirus terrestris) interessiert sich für Nandu-Eier im Zoo von Amnéville © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gemeinschaftshaltung von Flachlandtapir (Tapirus terrestris) mit Capybaras (und Maras) in Le Pal, Dompierre-sur-Besbre © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Flachlandtapir (Tapirus terrestris) in großem Gehege im Zoo Dortmund © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

118 002 001 004 tapirus terrestris Wien DZ
Badende Flachlandtapire (Tapirus terrestris) im Tiergarten Schönbrunn © Daniel Zupanc, Tiergarten Schönbrunn

 

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Flachlandtapir (Tapirus terrestris) mit Jungtier im Zoo Osnabrück © Zoo Osnabrück (Pressefoto)

 

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Säugendes Flachlandtapirkalb (Tapirus terrestris) im Zoo Osnabrück © Lisa Josef, Zoo Osnabrück (Pressefoto)

 

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Flachlandtapir (Tapirus terrestris) im Zoo Zürich © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Der in seinem Ursprungsgebiet gefährdete Flachlandtapir ist die in europäischen Zoos mit Abstand am häufigsten gehaltene Tapirart und wurde so für viele Menschen zum Prototyp der Gattung. Seine Verwandtschaft mit den Pferdeartigen kann dazu dienen, im Zooschulunterricht Taxonomie und Evolution zu thematisieren und als auffällige Großtierart ist er ein ausgezeichneter Botschafter für den Schutz der südamerikanischen Wälder.

Körperbau und Körperfunktionen

Flachlandtapire erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 191-242 cm, eine Schwanzlänge von unter 10 cm, eine Schulterhöhe von 83-118 cm und ein Gewicht von 180-300 kg, wobei weibliche Tiere meist etwas größer sind als männliche. Sie sind also etwas kleiner als der Mittelamerikanische Tapir. Im Gegensatz zu jenem ist der Nackenkamm stark ausgeprägt und hat eine kurze Mähne. Wie bei den anderen Tapiren ist im Oberkiefer der dritte Schneidezahn vergrößert und der Eckzahn reduziert, im Unterkiefer der dritte Schneidezahn reduziert und der Eckzahn vergrößert. Dadurch wird ein wirksames Beißwerkzeug gebildet.  Das Fell ist kurz, dunkelbraun oder schwarzbraun gefärbt, die untere Gesichtshälfte und Kehle sind grau. Auf den Wangen befindet sich ein kleiner dunkler Fleck, die Ohrränder sind weiß. Die Jungtiere tragen das für Tapire typische längsgestreifte Jugendkleid. Die Umfärbung beginnt mit 1-2 Monaten und ist mit einem halben Jahr praktisch abgeschlossen [3; 8; 11].

Verbreitung

Südamerika: Argentinien, Bolivien, Brasilien, Ekuador, Französisch-Guyana, Guyana, Kolumbien, Paraguay, Peru, Surinam, Venezuela [2].

Lebensraum und Lebensweise

Wie sein Name sagt, lebt der überwiegend dämmerungs- und nachtaktive Flachlandtapir im Tiefland, wo er Feucht- und Sumpfwälder, trockenen und feuchten Busch, Savannen und Grasländer besiedelt, oft Gebiete, die saisonal überschwemmt sind. Außer auf Wasser ist er auf Salzlecken angewiesen. Wo es solche gibt, ist seine Bestandsdichte besonders hoch, vor allem wenn auch "Aguajales", Sümpfe mit Buriti-Palmen (Mauritia flexuosa) vorhanden sind. Die Tapire fressen mit Vorliebe die Früchte dieser Palme und sind ihr wichtigster Samenverbreiter. Ansonsten fressen sie auch andere Früchte, Blätter, Zweige Gras und Baumrinde. Flachlandtapire sind in der Regel Einzelgänger. Sie nutzen Streifgebiete von 1-19 km², die sich oft mit jenen ihrer Nachbarn überlappen. Nach einer Trächtigkeit von 385-412 Tagen kommt in der Regel ein einzelnes, im Mittel 5.6 kg schweres Jungtier zur Welt, selten Zwillinge. Zum Säugen legt sich die Mutter auf die Seite und hebt das obere Hinterbein an. Die Kälber sind die ersten 7-10 Tage Ablieger. Mit 4 Monaten werden sie entwöhnt, bleiben aber etwa ein Jahr bei ihren Müttern. Da diese bereits 9-27 Tage nach der Geburt wieder gedeckt werden können, liegen die Geburtsintervalle im Idealfall bei 14 Monaten, in saisonal trockenen Gebieten etwas länger. Mit 18 Monaten sind die Jungen ausgewachsen. Weibchen sind mit 19 Monaten geschlechtsreif [2; 3; 8; 11].

Gefährdung und Schutz

Die Bestände sind in den letzten 33 Jahren um mehr als 30 % zurückgegangen. Die Gründe für diesen Rückgang sind Lebensraumverlust, illegale Jagd und Konkurrenz durch die Viehwirtschaft. Deshalb wird der Flachlandtapir seit 2002, letztmals überprüft 2008 als gefährdet eingestuft (Rote Liste: VULNERABLE) [2].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

Europäische Zoos beteiligen sich an mehreren in situ-Artenschutzprojekten für den Flachlandtapir, darunter

  • das vom Zoo Osnabrück ab 2003 längerfristig und gelegentlich von anderen Zoos, z.B. Wuppertal,  unterstützte Tayja Saruta-Projekt in Ekuador (WAZA Conservation Project 07008).

  • 1996 gründete die brasilianische Biologin Patrícia Medici die "Lowland Tapir Conservation Initiative" (LTCI), die im Atlantischen und Amazonas-Regenwald, im Cerrado und im Pantanal ein langfristige Forschungs- und Schutzprogramm betreiubt. Dieses wird von zahlreichen Zoos unterstützt, in Europa von den Zoos in Amnéville, Beauval, Chester, Emmeln, Givskud, Lisieux, Odense sowie der Tiergarten Schönbrunn. In Brasilien stammen 80% der für den Tapirschutz verfügbaren Mittel von Zoos. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Der Flachlandtapir wird zur Fleischgewinnung gejagt und seine Häute gelangen zur Herstellung von Lederwaren in den internationalen Handel [2].

Haltung

Flachlandtapire können mit verschiedenen Südamerikanischen Säugetieren und Vögeln vergesellschaftet werden, wobei das zumeist einzige Problem darin besteht, dass Tiere aus unterschiedlichsten Lebensräumen auf derselben Anlage gezeigt werden, also nebst den Tapiren aus dem Tiefland z.B. Neuweltkameliden aus den Hochanden, was vom zoopädagogischen Standpunkt her etwa so sinnvoll ist, wie die Vergesellschaftung von Zypernmufflons mit Polarfüchsen oder von Flamingos mit Alpensteinböcken und Eiderenten ...

Den veröffentlichten Altersrekord in Menschenobhut hält ein im Twycross Zoo geborener weibliche Flachlandtapir, der im Alter von 37 Jahren und 5 Monaten im Howletts Wild Animal Park in Bekesbourne starb [7].

Haltung in europäischen Zoos: Der Flachlandtapir ist in Europa die am häufigsten gehaltene Tapirart: 2011 beteiligten sich 99 Zoos mit 169 Tieren am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm. Es wurden 37 Junge geboren, von denen 32 erfolgreich aufgezogen wurden. 2020 erfasste der  "Regional Collection Plan" der EAZA total 370 Tiere in 157 Institutionen [12]. 2023 weist die Zootierliste über 160 Haltungen aus, von denen sich etwa zwei Dutzend im deutschsprachigen Raum befinden. Es gibt ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, das seit 2020 vom CERZA-Zoo in Lisieux koordiniert wird.

Wie Flachlandtapire gehalten werden (Beispiele):

Forschung im Zoo: Auch Flachlandtapire sind Gegenstand von Forschung im Zoo. So führt der Zoo von Breslau ab 2010 eine Untersuchung über den Unterartstatus der Tapire in europäischen Zoos durch, der Zoo von Paignton untersuchte die Ernährung und in Chester interessierte man sich um das zwischenartliche Verhalten von im selben Gehege gehaltenen Flachlandtapiren und Vikunjas. Von 1997-2000 wurde eine vergleichende Untersuchungen zu Verhalten und Schauwert von Tapiren in Zoologischen Gärten durchgeführt, die von den Zoos Berlin, Dortmund, Heidelberg, München, Nürnberg, Wuppertal und Zürich gefördert wurde und auch zwei amerikanische Zoos miteinschloss [5]. Eher der Grundlagenforschungen zuzurechnen sind Arbeiten über das Verhalten und die Vokalisation bzw. innerartliche Kommunikation [1; 10].

Mindestanforderungen an Gehege: Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird für die Haltung von Tapiren generell ein Innengehege von 15 m² pro Tier vorgegeben, ohne den Artunterschieden und den unterschiedlichen Haltungssystemen Rechnung zu tragen. Es besteht aber ein erheblicher Größenunterschied zwischen Süd- und Mittelamerikanischen Tapiren einerseits und Schabrackentapir andererseits. Die Tierschutz-Sachverständigen der Zoos hielten daher folgende Vorgabe für angemessen:  Da die Tiere im Winter nur beschränkt Zugang zum Außengehege haben, wird in der Regel auch innen ein Gemeinschaftsgehege angeboten. Die Möglichkeit der Einzelaufstallung ist aber zu gewährleisten. Für Mittelamerikanische Tapire müssen Boxen in Verbindung mit einem zusätzlichen, größeren Gemeinschaftsstall (ab ca. 30, besser 40 m²) eine Fläche von 8 m² haben. Nur wenn kein Gemeinschaftsstall angeboten wird, müssen Boxen mindestens 15 m² groß sein, wie im Gutachten und in der Schweizerischen Tierschutzverordnung sowie approximativ in den AZA-Haltungsstandards [5] vorgegeben.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu zwei Tapire ein Außengehege mit einer Mindestfläche von 200 m², für jedes weitere Tier 50 m² mehr vor. Pro Tier ist eine Innenbox von 15 m² erforderlich. Außen und innen muss ein Badebecken mit einer Fläche von 10 m² und einer mittleren Tiefe von 80 cm vorhanden sein. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) fordert für ein Paar ein Außengehege von 200 m², für jedes weitere Tier 20 m² mehr. Pro Tier ist eine Stallfläche von 20 m² notwendig und es ist außen wie innen eine Bademöglichkeit einzurichten.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Flachlandtapir wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Hippopotamus terrestris" beschrieben. Der französische Zoologe Mathurin Jacques BRISSON stellte ihn 1762 als Typusart in die neue Gattung Tapirus. Es werden vier Unterarten anerkannt: Tapirus t. terrestris; T. t. aenigmaticus, T. t. colombianus und T. t. spegazzinii [9].

Literatur und Internetquellen

  1. BERGMANN, F. (2012)
  2. NAVEDA, A. et al. (2008). Tapirus terrestris. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T21474A9285933. http://www.iucnredlist.org/details/21474/0. Downloaded on 24 May 2018.
  3. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  4. SCHÜRER, U. (1976) (mit PDF zum Herunterladen)
  5. SEITZ, S. (2001)
  6. SHOEMAKER A. H., BARONGI R., FLANAGAN J. & JANSSEN D. (2004)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  10. ZENZINGER, S. (2008)
  11. ZOO ZÜRICH
  12. EAZA REGIONAL COLLECTION PLAN - Tapir and Suiform Taxon Advisory Group - July 2021

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Donnerstag, 14 Juni 2018 08:31

Karibische Seekuh

Überordnung: AFROTHERIA
Taxon ohne Rang: PAENUNGULATA
Ordnung: Seekühe (SIRENIA)
Familie: Manatis (Trichechidae)

Red list status Vulnerable

EEPNagelmanati, Karibische Seekuh

Trichechus manatus • The West Indian Manatee • Le lamantin des Caraïbes

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Karibische Seekuh (Trichechus manatus) im Tiergarten Nürnber @ TG Nürnberg (Pressefoto)

 

 

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Approximative Verbreitung der Karibischen Seekuh (Trichechus manatus)

 

 

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Karibische Seekuh (Trichechus manatus) im ZooParc de Beauval @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Schwanzpartie einer Karibischen Seekuh (Trichechus manatus) im Acquario die Genova @ Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Karibische Seekuh (Trichechus manatus) mit Jungtier im Odense Zoo @ Odense Zoo

 

 

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Karibische Seekuh (Trichechus manatus) im Tiergarten Nürnberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Nagelmanatis (Trichechus manatus) im Tiergarten Nürnberg @ Tiergarten Nürnberg (Pressefoto)

 

 

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Manati-Jungtier "Herbert" (Trichechus manatus) mit Tierpfleger im Tiergarten Nürnberg @ Tiergarten Nürnberg (Pressefoto)

 

 

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Karibische Seekuh (Trichechus manatus) im Tiergarten Nürnber @ TG Nürnberg (Péressefoto)

 

 

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Unterwasser-Einblick in die Manati-Lagune im ZooParc de Beauval @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Karibische Seekuh (Trichechus manatus) im Tiergarten Nürnberg @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Unterwassereinblick in die Manati-Lagune des Tiergartens Nürnberg @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Schädel einer Karibischen Seekuh (Trichechus manatus) © University of Wyoming, veröffentlicht unter der Creative Commons Attribution-NonCommercial-Lizenz

 

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Skelett einer Karibischen Seekuh (Trichechus manatus) im Zoo Breslau © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Das Nagelmanati ist der einzige Vertreter der Seekühe, der in Europa gehalten wird. Als stark ans Wasserleben angepasste Art, die sich im Gegensatz zu den Robben oder Delfinen nicht von Fischen, sondern ausschließlich von Pflanzenmaterial ernährt, ist es zoopädagogisch interessant und als gefährdete Art gibt es bei guter Präsentation einen ausgezeichneten Botschafter für den Meeres-, Natur und Artenschutz in seiner Heimatregion ab.

Körperbau und Körperfunktionen

Nagelmanatis oder Karibische Seekühe erreichen eine Gesamtlänge von 250-390(-450) cm und dementsprechend ein Gewicht von 300-800 (-1'620 ?) kg. Ihr Kopf ist klein und geht ohne erkennbaren Hals in den walzenförmigen Körper über. Die Augen sind kein, die verschließbaren Nasenlöcher endständig und sich nach oben öffnend, die Oberlippe ist breit und beweglich. Sie trägt Borsten und dient als Greiforgan. Ohrmuscheln sind nicht vorhanden. Die Vordergliedmaßen sind zu Flossen umgewandelt, die noch rudimentäre Fingernägel tragen (daher der Name "Nagelmanati"). Die Hintergliedmaßen sind wie bei den Walen bis auf geringe Reste des Beckens verschwunden. Der Schwanz ist als runde Floße ausgestaltet [4; 7].

Verbreitung

Karibik, Nord- Mittel- und Südamerika von Florida (und saisonal weiter nördlich bis auf die Breite von New York) bis Brasilien: Bahamas, Belize, Brasilien, Cayman Islands, Costa Rica, Dominikan. Republik, Fanzösisch Guiana, Guatemala, Guyana, Honduras, Jamaika, Jungferninseln (Britische und amerikanische), Kolumbien, Kuba, Mexiko, Niederländische Antillen (Bonaire, Curaçao), Nikaragua, Panama, Puerto Rico, Surinam, Trinidad und Tobago, Venezuela, Vereinigte Staaten.

Regional ausgestorben auf Anguilla, Antigua und Barbuda, Aruba, Barbados, Dominica, Grenada, Guadeloupe, Martinique, Montserrat, Saint Barthélemy, Saint Kitts und Nevis, Saint Lucia, Saint Martin, Saint Vincent und Grenadinen, sowie vermutlich Turks und Caicos [1].

Lebensraum und Lebensweise

Karibische Seekühe besiedeln flache Meeresküsten, Lagunen, Ästuare und stehende oder langsam fließende Süßgewässer, die eine ausreichende Nahrungsgrundlage bieten. Sie unternehmen saisonale Wanderungen. Gefressen werden Seegräser (Thalassia-, Halodule-, Halophila-, Syringodium-Arten), Süßwasserpflanzen, Mangrovenblätter und vom Wasser aus erreichbare Ufervegetation. Die Tiere werden mit (3-)4-5 Jahren geschlechtsreif. Nach einer Tragzeit von 11-14 Monaten wird ein einzelnes Junges geboren, sehr selten Zwillinge. Die Jungtiere haben ein Geburtsgewicht von 18-25 kg und eine Länge von etwa 120 cm. Sie werden nach 1-2 Jahren entwöhnt. Die Geburtsintervalle betragen 2.5 Jahre [1; 4; 7].

Gefährdung und Schutz

Die Karibische Seekuh gilt seit 1982, letztmals überprüft 2008, als gefährdete Tierart (Rote Liste: VULNERABLE), weil der Bestand an erwachsenen Tieren unter 10'000 Individuen liegt und abnimmt. Die beiden gegenwärtig anerkannten Unterarten werden jede für sich als stark gefährdet (ENDANGERED) taxiert. In Teilen ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets ist die Art bereits ausgestorben [1].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt. Ferner fallen die zwischen Honduras und Panama zirkulierenden Populationen unter die Anhänge I und II des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Die gegenwärtige Verbreitung der Manatis entlang der brasilianischen Küste ist lückenhaft, was bedeutet, dass nur noch kleine, isolierte Populationen existieren.In Zusammen mit der Universität von Rio Grande und dem Zoo Odense unterstützt YAQU PACHA, eine am Tiergarten Nürnberg angesiedelte und auch von verschiedenen anderen Zoos (Bremerhaven, Aquazoo Düsseldorf, Heidelberg, Planète sauvage) unterstützte Organisation, ein Forschungsprojekt, in dem mittels Isotopenanalysen einzelne Populationen sowie auch Habitat- und Nahrungspräferenzen definiert werden. Die Ergebnisse dieser Studien sollen dazu dienen, die relevanten Eigenschaften der Lebensräume dieser Tiere besser zu verstehen um sie gezielt schützen zu können.

Bedeutung für den Menschen

Manatis sind durch nationale Gesetzgebungen geschützt, werden aber im karibisch-südamerikanischen Raum immer noch - aber mit abnehmender Tendenz - zur Fleischgewinnung gejagt [25].

Haltung

Seekühe wurden früher als träge angesehen und in Becken gehalten, in denen sie kaum schwimmen konnten, was ihnen nicht unbedingt gut bekam. Die Welterstzucht, von bereits trächtig eingefangenen Tieren einmal abgesehen, gelang daher erst 1975 im Miami Seaquarium. Heute erfolgt die Haltung in der Regel in geräumigen Becken, oft vergesellschaftet mit Fischen und Wasserschildkröten, eventuell mit wasserlebenden Vögeln [5]. Karibische Seekühe sind sehr langlebig. Ein im Miami Seaquarium geborenes Tier starb im Alter von 56 Jahren im Parker Manatee Aquarium in Bradenton FL [6].

Haltung in europäischen Zoos: Das Nagelmanati ist seit über 40 Jahren die einzige in Europa gezeigte Seekuhart. Es wird in rund 10 Zoos gehalten, darunter der Tiergarten Nürnberg. Die europäische Erstzucht gelang 1977 im Artis-Zoo Amsterdam, die Erstzucht in Deutschland 1981 im Tiergarten Nürnberg. Für Details siehe Zootierliste.

Seit 2008 gibt es ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das vom Tiergarten Nürnberg koordiniert wird. Bis 2019 wurden 24 Kälber geboren, von denen 17 noch lebten, womit die EAZA-Population Stand November 2019 auf 36 anstieg. 2023 umfasste das Programm 59 (33.26) Exemplare in 12 Zoos (davon 2 außereuropäische). Der Bestand geht auf nur 6 Gründertiere zurück [9].

Wie Manatis gehalten werden - Beispiele:

Im Manatihaus des Tiergartens Nürnberg steht den Tieren eine Wasserfläche von ca. 350 m² und ein Wasservolumen von 700'000 l zur Verfügung. Die Wassertemperatur beträgt 26-28°C, die Lufttemperatur 24-32°C. Die Manatis sind vergesellschaftet mit Perlmutt-Buntbarschen (Geophagus brasiliensis), Schwarzen Pacus, Schwarzen Dornwelsen  und Waben-Schilderwelsen [3; 11].

Forschung im Zoo (Beispiele): Mit dem Ziel zu allgemeingültigen Richtlinien zur Haltung von Seekühen und zur Grundlagenforschung im Bereich der akustischen Kommunikation beizutragen, wurde im Tiergarten Nürnberg anhand von Verhaltensbeobachtungen und der Aufnahme von akustischer Kommunikation der Seekuh-Gruppe analysiert, ob die Tiere in der neuen Anlage angemessen gehalten werden und inwiefern Wechselwirkungen zwischen der akustischen Kommunikation, der Sozialstruktur und der circadianen Rhythmik der Tiere, auftraten [3]. Ebenfalls in Nürberg wurde ein Ethogramm der Karibischen Seekuh unter den Haltungsbedingungen der neuen Anlage erstellt [2].

Mindestanforderungen an Gehege: Für manche der Vorgaben im Säugetiergutachten 2014 des BMEL gibt es keine wissenschaftlichen Grundlagen. Seekühe sind in beliebiger sozialer Konstellation extrem verträglich und konkurrieren nicht um den Platz. Eine Abtrennung einzelner Tiere ist nur in medizinischen Notfällen nötig. Für diesen Zweck muss neben dem Hauptbecken ein abtrennbares Becken vorhanden sein. Aufgrund von Tierhaltererfahrung sind nach Ansicht der Tierschutzsachverständigen der Zoos folgende Dimensionen für das Hauptbecken ausreichend: Für bis zu 4 Tiere (anstat für 2) eine Wasserfläche von mindestens 150 m² und ein Volumen von 270 m³. Für jedes weitere erwachsene Tier sollen mindestens 25 m² mehr bereitgestellt werden. Die Wassertiefe muss im Mittel 1,8 m und zumindest teilweise bis zu 2,5 m betragen, und der tiefe Bereich muss den Tieren ausreichende Bewegungsmöglichkeiten bieten. Diese Dimensionen übertreffen jene der Vereinigten Staaten (Fläche pro Tier 14.47 m², Tiefe 1.52 m) und der Schweiz. Die Wasserqualität bedarf laufender Kontrolle, Luftqualitätsmessungen sind dagegen überflüssig. Die Möglichkeit einer getrennten Entleerung einzelner Beckenbereiche sowie eine flache Strandzone sind wünschenswert.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für die Haltung von 2 Seekühen ein Becken mit einer Fläche von 80 m² und einer mittleren Tiefe von 2 m vor. Für jedes weitere Tier ist die Beckenfläche um 20 m² zu erhöhen. Die Anforderungen der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) fordert für je 2 Paare mit je einem Jungtier drei abtrennbare, um eine Insel angeordnete Wasserareale mit zusammen einer Wasserfläche von mindestens 300 m² und Tiefen von 40 cm bis 4 m. Für jedes weitere erwachsene Tier sind 10% der Fläche zusätzlich vorzusehen.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Art wurde 1758 von Carl von LINNÉ unter ihrem heute noch gültigen Namen beschrieben, Es werden zwei Unterarten anerkannt: die Nominatform in Mittel- und Südamerika und der Karibik sowie T. m. latirostris an der Küste Nordamerikas und Binnengewässern Floridas [7; 8].

LINNÉ stellte in der 12. Auflage seines Systema Naturae die Gattung Trichechus, zu der er  neben dem Manati auch das Walross zählte, zusammen mit Elefant, Faultier, Ameisenbär, Schuppen- und Gürteltier in die Ordnung "Brutae" (brutus = schwer, aber auch blöde). Bei manatus verwies er darauf, dass die Oberlippe mit starren Borsten besetzt sei, was ja auch für das Walross zutrifft. Dies dürfte der Grund dafür gewesen sein, die Gattung "Trichechus" zu nennen. θρίξ ("thríx") bedeutet auf Altgriechisch Haar oder Borste, ἔχειv ("échein") haben, besitzen.

Literatur und Internetquellen

  1. DEUTSCH, C.J. et al. (2008). Trichechus manatus. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T22103A9356917. http://www.iucnredlist.org/details/22103/0. Downloaded on 23 May 2018
  2. HÜTTNER, T. (2012)
  3. KAPPEL, I. (2012)
  4. MOHR, E. (1957)
  5. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. ZOOQUARIA 106: 6-7 und 2022 EAZA Regional Collection Pland Marine Mammals
  10. LINNÉ, Carl von (1735-1768)
  11. TIERGARTEN NÜRNBERG

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Freigegeben in Afrotheria
Donnerstag, 14 Juni 2018 08:31

Buschschliefer

Überordnung: AFROTHERIA
Taxon ohne Rang: PAENUNGULATA
Ordnung: Schliefer (HYRACOIDEA)
Familie: Schliefer (Procaviidae)

D LC 650

EEPBuschschliefer

Heterohyrax brucei • The Bush Hyrax • Le daman gris ou daman des steppes

 

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Buschschliefer im Tiergarten Bernburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Buschschliefers (Heterohyrax brucei)

 

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Buschschliefer im Arche Noah Zoo Braunschweig © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Buschschliefer im Arche Noah Zoo Braunschweig © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Buschschliefer (Heterohyrax brucei)im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Buschschliefer (Heterohyrax brucei) im Tierpark Cotttbus © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Buschschlieferweibchen (Heterohyrax brucei) mit Nachwuchs im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Buschschlieferweibchen (Heterohyrax brucei) mit Jungtier im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Buschschlieferweibchen (Heterohyrax brucei) mit Nachwuchs im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Buschschliefer (Heterohyrax brucei) bei Seronera im Serengeti-Nationalpark, Tansania © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

116 001 002 001 heterohyrax brucei skull gray
aus GRAY, J. E. (1873): Hand-list of the edentate, thick-skinned and ruminant mammals in the British museum, pl. 13. Gemeinfrei.

 

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Buschschliefer sind wegen ihrer anatomischen Besonderheiten und ihrer Eigenschaft als kleine Verwandte der Elefanten von Interesse für die Zoopädagogik. Als tagaktive und soziale Art ziehen sie die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich und sind daher gute Botschafter für den Schutz der Biodiversität der afrikanischen Savannen.

Körperbau und Körperfunktionen

Buschschliefer haben eine Kopf-Rumpflänge von 32-56 cm und wiegen 1.3-3.6 kg. Es gibt kaum einen Unterschied zwischen den Geschlechtern, wobei die Weibchen bisweilen etwas größer sind als die Männchen. Die Ohren sind abgerundet, der Schwanz ist rudimentär, die von hellen bis schwarzen, vom übrigen Fell deutlich verschiedenen Haaren umgebene Rückendrüse ist nur klein. Der Penis der Männchen ist bis über 6 cm lang und hat einen Anhang. Das Fell ist rauchgrau bis hellbraun gefärbt, unterseits heller bis weiß, bei den auf Bäumen lebenden Formen ist es dunkler. Auffällig sind die hellen Überaugenflecken [2; 3; 7].

Verbreitung

Afrika südlich der Sahara: Angola, Äthiopien, Botswana, Burundi, Dschibuti, Eritrea, Kenia, Kongo Dem., Malawi, Mosambik, Somalia, Südafrika (Limpopo-Provinz, Mpumalanga), Sambia, Simbabwe, Südsudan, Sudan, Tansania, Uganda. Angaben zu Vorkommen in Ägypten und Algerien beruhen auf Verwechslungen mit Klippschliefern [1].

Lebensraum und Lebensweise

Buschschliefer sind Savannenbewohner. Sie leben teils überwiegend in Felsen, teils überwiegend auf Bäumen und besiedeln Regionen bis auf eine Höhe von 3'800 m. Kopjes werden oft gemeinsam mit Klippschliefern bewohnt. Dabei kommt es wegen der unterschiedlichen Ausbildung der Geschlechtsorgane nicht zu Hybridisierungen. Die Tiere sind tagaktiv. Nachts schlafen sie in Fels- oder Baumhöhlen. Sie leben in Gruppen von einem Männchen und mehreren Weibchen. Sie ernähren sich von Blättern, Zweigen, Früchten und Baumrinde. Nach einer Trächtigkeit von etwa 250 Tagen werden bis 3 voll behaarte und sehtüchtige Junge mit einem Geburtsgewicht von 220-230 g geboren, die sich ab dem ersten Lebenstag geschickt in der Gruppe bewegen. In Gebieten mit zwei Regenzeiten kann ein Weibchen zweimal im Jahr werfen. Buschschliefer teilen ihren Lebensraum mit Klippschliefern, mit denen sie in der Regel harmonisch zusammenleben. Es werden die Warnrufe der jeweils anderen Art beachtet und bisweilen werden sogar gemeinsame Kindergärten geführt [1; 2; 5; 7].

Gefährdung und Schutz

Der Buschschliefer hat eine weite Verbreitung, mutmaßlich eine große Gesamtpopulation und kommt in zahlreichen Schutzgebieten vor. Er gilt daher aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2014 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Die Art wird zur Gewinnung von Fleisch und Fellen bejagt. Aus den Fellen werden in Südafrika Bettüberwürfe gefertigt [1].

Haltung

Buschschliefer sind extrem gute Kletterer und vermögen eventuell auch glatte Flächen zu überwinden. Als Höchstalter werden 11 Jahre und 9 Monate angegeben, die von einem im Prager Zoo geborenen und gestorbenen Tier erreicht wurden [6]. Buschschliefer können gemeinsam mit diversen Vögeln und Kleinäugern, z.B. Kap-Borstenhörnchen oder Zwergmangusten, gehalten werden [9].

Haltung in europäischen Zoos: Es gibt gegen 20 europäische Haltungen. Etwa zwei Drittel davon befinden sich in Deutschland. Für Details siehe Zootierliste.

Seit 2008 gibt es ein Europäisches Zuchtbuch (ESB), das am Zoo Pilsen geführt wird.

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten’96 sah eine Grundfläche von 8 m² für eine Gruppe von fünf Busch- oder Klippschliefern vor. Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird als Mindestfläche für 5 Buschschliefer 10 m² vorgegeben, je weiteres Tier  zusätzlich 2 m², und als Gehegehöhe 2,5 m. Dafür gibt es keine wissenschaftliche Begründung.  Tierhaltererfahrung zeigt, dass Buschschliefer sich sogar in Gehegen, die kleiner sind als die Vorgaben des alten Gutachtens, nachhaltig halten und züchten lassen und keine Verhaltensabweichungen zeigen. Daher sind nach Ansicht der Tierschutzsachverständigen der Zoos folgende Gehegedimensionen nach wie vor als Mindestanforderung zu akzeptieren: Einer Gruppe von bis zu 5 Buschschliefern muss ganzjährig eine Fläche von 8 m² zur Verfügung stehen, für jedes zusätzliche erwachsene Tier ist die Fläche um 1,5 m² zu erhöhen. Die Gehegehöhe darf 2 m nicht unterschreiten. Ferner müssen Klettermöglichkeiten nicht, wie das Gutachten vorgibt, aus Fels, Verstecke nicht aus Felsnischen bestehen. Klettermöglichkeiten aus anderen Materialien und einfache Rückzugskisten erfüllen gleichermaßen den Zweck.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-5 Tier ein Außen- und Innengehege von je 16 m² / 40 m vor. Für jedes weitere Tier kommen jeweils 3 m² zur Basisflächen dazu. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) fordert für 5 Tiere ein Außengehege von 20 m² und ein Innengehege von 5 m². Für jedes weitere Adulttier sind die Flächen um 2 bzw. 0.5 m² zu erhöhen. Ein ganzjähriger Zugang zum Außengehege mit zwei Durchgängen ist zu gewährleisten.

 Taxonomie und Nomenklatur

Die Art wurde 1868 von John Edward GRAY vom British Museum in London als "Hyrax brucei" beschrieben. Im selben Jahr beschrieb GRAY die heute nicht mehr anerkannt ART Dendrohyrax blainvillii. Bis 1972 wurde die vom thüringischen Naturforscher Johann Christian Daniel von SCHREBER (1792) ausgegebene Artbezeichnung "syriacus" für den Buschschliefer verwendet, dann wurde "syriacus" als Unterart dem Klippschliefer zugeordnet und der Buschschliefer heißt seitdem durch eine Kombination der beiden von GRAY ausgegebenen Namen Heterohyrax brucei (GRAY, 1868) [7; 8].

Die Taxonomie des Buschschliefers ist noch nicht restlos geklärt. Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass die Gattung aus nur einer Art mit 24-25 Unterarten besteht. Vier dieser Unterarten, H. s. lademanni, H. s. mossambicus, H. s. princeps und H. s. thomasi sind ausgesprochene Baumtiere [4].

Literatur und Internetquellen

  1. BUTYNSKI, T. et al. (2015). Heterohyrax brucei. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T9997A21283287. http://www.iucnredlist.org/details/9997/0. Downloaded on 23 May 2018.
  2. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. HAHN, H. (1959)
  5. MILLS, G & HES, L. (1999)
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. SVÁBIK, K. (rev. 2020)

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