Donnerstag, 14 Juni 2018 13:58

Guanako

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Schwielensohler (Tylopoda)
Familie: Kamele(Camelidae)
Tribus: Neuweltkamele (Lamini)

Red list status Least concern

Guanako

Lama guanicoe • The Guanaco • Le guanaco

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Guanako (Lama guanicoe) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Approximative Verbreitung des Guanakos; dunkelblau gegenwärtig; rot: bis 1900 ausgestorben. Quellen ERLICH DE JOFFE (1983) und Rote Liste der IUCN

 

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Guanako (Lama guanicoe) im Zoo Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Guanakofohlen (Lama guanicoe) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Guanako (Lama guanicoe) im Zoo Montpellier © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Guanako (Lama guanicoe) im Zoo Quilpué, Chile © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Guanako (Lama guanicoe) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Guanakos (Lama guanicoe) im Paignton Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Guanakos (Lama guanicoe) auf Südamerika-Anlage im Krefelder Zoo. Mitbewohner sind Nandu, Capybara und Flachlandtapir © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Guanakos (Lama guanicoe) im Krefelder Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Guanakos (Lama guanicoe) im Krefelder Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Guanakostute (Lama guanicoe) mit Fohlen im Zoo Osnabrück © Zoo Osnabrück (Pressefoto)

 

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Zufüttern eines Guanakofohlens (Lama guanicoe) mit der Flasche im Zoo Osnabrück © Zoo Osnabrück (Pressefoto)

 

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Guanakostute (Lama guanicoe) mit schon großem, aber immer noch säugendem Jungtier im Whipsnade Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Guanako (Lama guanicoe) im Zoo Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Als Stammform des Lamas ist das Guanako von zoopädagigischem Interesse. Da es sich mit vielen Tierarten vergesellschaften lässt, gehört es zum Standardbesatz vieler "Südamerika-Anlagen", auf denen meist Tiere aus unterschiedlichen Lebensräumen vergesellschaftet werden. Es ist daher sehr häufig in europäischen Zoos zu sehen.

Körperbau und Körperfunktionen

Guanakos erreichen eine Kopf-Rumpflänge von rund (180-)190-215 cm, eine Schwanzlänge von (15-)23-27 cm, eine Schulterhöhe von 90-130 cm und ein Gewicht von (60-)90-140 kg. Wie alle Kamelartigen haben sie eine gespaltene und sehr bewegliche Oberlippe, einen langen, dünnen Hals, lange schlanke Beine, an den Füßen jeweils nur zwei Zehen, die nicht in Hufen, sondern in gebogenen Nägeln enden, und bindegewebige Sohlenpolster. Der Kopf ist langgestreckter als beim Vikunja. Das wollige und dichte Fell ist oberseits hell- bis rotbraun und unterseits weiß, der Kopf ist meistens schwarz gefärbt. An Halsansatz und Vorderbrust haben die Tiere im Gegensatz zum Vikunja keine Mähne. Die Wollhaare haben einen Durchmesser von nur 14-16 (12-17) μm [5; 11].

Verbreitung

Südamerika: Argentinien, Bolivien, Chile, Paraguay, Peru. Eingeführt auf den Falkland-Inseln [1]. Ansiedlungsversuche in Frankreich, 1860 in den Pyrenäen und Vogesen) und Deutschland (1911) sind fehlgeschlagen [12].

Lebensraum und Lebensweise

Die meisten Guanakos leben im Patagonischen Grasland und in der Monte-Strauchsteppe aber kleinere Populationen gibt es auch in anderen Lebensräumen vom Meeresspielgel bis auf 4'500 m Höhe in die Puna, wo sich das Vorkommen mit jenem des Vikunjas überlappt. Sie sind gute Schwimmer und können Meeresarme überqueren, um zu vorgelagerten Inseln zu gelangen [5].

Je nach Region beweiden Guanakos überwiegend Wiesen mit Gräsern, Riedgräsern und Kräutern, oder sie verbeißen Sträucher und Bäume, z.B. Südbuchen (Nothofagus). In höheren Lagen sind die "Vegas" genannten Moorlandschaften wichtige Nahrungsgründe. Die soziale Organisation ist sehr vielfältig: Im Torres del Paine-Nationalpark wurden z.B. Haremsgruppen die aus einem Hengst und im Mittel  7 Stuten und deren Nachwuchs bestehen, Junggesellenverbände von bis zu 135 Hengsten, reine Stutengruppen von bis zu 11 Individuen und im Winter und Frühjahr gemischtgeschlechtliche Gruppen, die im Mittel 22, im Extremfall bis 173 Tiere umfassten, festgestellt [7]. Andere Quellen geben für gemischte Rudel bis zu 500 Tiere an. Hengste leben unter Umständen solitär.

Guanakos sind an sich recht standorttreu, können aber klimabedingt ihre Streifgebiet verlassen.  Territorialität ist deshalb unter Umständen ein saisonales Phänomen [11].

Nach einer Tragzeit von im Mittel 354 (334-368) Tagen wird in der Regel ein einzelnes Fohlen mit einem Geburtsgewicht von 13 (7-15) kg geworfen, selten Zwillinge. Die meisten Geburten fallen im natürlichen Areal in die Monate Mai-Oktober. Die Fohlen werden etwa 6-8 Monate gesäugt. und werden mit 11-15 Monaten vom Hengst aus dem Familienverband vertrieben [8; 11].

Gefährdung und Schutz

Das Guanako gilt aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 wegen seiner weiten Verbreitung von rund 1 Million km² und mit einem Bestand von 1.5-2.2 Millionen Tieren als gesichert (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Guanakos sind in ihren Ursprungsländern ein traditionelles Jagdwild und werden oft im Rahmen der Subsistenzwirtschaft illegal getötet. BREHM [2] beschreibt die zu seiner Zeit üblichen Jagdmethoden wie folgt: "Man sucht die weidenden Thiere mit Hülfe guter Hunde in eine Schlucht zu treiben, jagt ihnen dort nach und wirft ihnen den Lasso mit Bolas oder Wurfkugeln um den Hals. Erfahrene Jäger machen sich mit bestem Erfolge die Neugierde der Guanacos zu Nutze, indem sie sich angesichts einer schwachen Herde derselben auf den Boden werfen und durch die oben erwähnten absonderlichen Bewegungen das sonst scheue Wild heranlocken. Nach Darwins Versicherung können sie dann in den meisten Fällen mehrere Schüsse abgeben, weil sich die Thiere dadurch nicht behelligen lassen, die Schüsse vielmehr als zu dem sie fesselnden Spiele gehörig anzusehen scheinen."

Felle von Guanakofohlen gelangen als "Guanaquitos" in den internationalen Pelzhandel und werden meist zu Decken, seltener zu Pelzkleidern verarbeitet. In jüngerer Zeit sind verschiedene Programme zur nachhaltigen Nutzung der Art angelaufen. So wurden von 2003-2015 im chilenischen Teil Feuerlands 23'000 Guanakos für den lokalen Fleischmarkt oder den Export geschlachtet, und in Argentinien werden Guanakos zur Wollgewinnung gefangen, geschoren und wieder laufen gelassen. Zunehmend spielt das Guanako auch eine Rolle als touristische Attraktion [3; 5].

Nebst diversen Produkten und Wissenschaftsmaterial exportierten die Ursprungsländer von 1977-2017 über 100'00 Felle, über 76'000 Pelz- Oder Wollkleider und 5'646 Pelztafeln (hauptsächlich Argentinien, 264 Tonnen Fleisch (Chile) und 25 lebende Wildfänge (Argentinien). Im selben Zeitraum wurden weltweit 527 Nachzuchttiere grenzüberschreitend verschoben. Wichtigste Ausfuhrländer waren Deutschland mit 81 und Großbritannien mit 70 Tieren [3].

Haltung

In manchen Zoos werden Guanakos mit anderen Arten vergesellschaftet, so z.B. mit Nandus, Halsband-Wehrvogel, Mara, Viscacha, Capybara oder Tapir [8].

WEIGL gibt als Höchstalter 33 Jahre und 8 Monate für eine im Bronx-Zoo gehaltene Nachzucht-Stute an [9].

Haltung in europäischen Zoos: Mit 140 Zoohaltungen ist das Guanako in Europa die häufiger anzutreffende Wildform der Neuweltkameliden. Etwa ein Viertel dieser Zoos befinden sich im deutschsprachigen Raum. Für Details siehe Zootierliste.

Forschung im Zoo: Guanakos sind gelegentlich Gegenstand von Forschung oder forschendem Lernen im Zoo, etwa von Arbeiten, die darauf abzielen, die Haltungsbedingungen zu optimieren [6].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach dem Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für 6 Guanakos ein Außengehege von 300 m² vorhanden sein und soll für jedes weitere Tier die Fläche um 25 m² erweitert werden. Sofern ein Stall angeboten wird, soll die Fläche mindestens 2 m² pro Tier betragen.

Das Säugetiergutachten gibt ferner vor, dass Kameliden  in kleinen Gruppen zu halten sind. Um Aggressionen und Kämpfe zu vermeiden, dürfe nur 1 erwachsenes Männchen pro Gruppe (Einmännchen-Vielweibchen-Gruppe) gehalten werden. Tatsächlich ist aber beim Guanako die soziale Organisation sehr vielfältig. Die Tiere leben in Haremsgruppen, reinen Hengst- oder Stutengruppen, einzeln  und saisonal in gemischtgeschlechtlichen Herden. Die im Gutachten gewählte Formulierung ist also zu apodiktisch, neben Einmännchen-Vielweibchen-Gruppen sind unter Zoobedingungen auch Junggesellengruppen möglich. 

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022)schreibt für 6 Guanakos ein Gehege von 300 m² und für jedes weitere je 50 m² zusätzlich, sowie pro Tier einen Unterstand oder einen Stallplatz von 2 m² vor. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für 5 Guanakos eine Mindestgehegefläche von 800 m² und für jedes weitere 80 m² zusätzlich. Es ist ein Unterstand mit einer Fläche von 2 m² pro Tier anzubieten.

Taxonomie und Nomenklatur

Das Guanako wurde 1776 vom deutschen Universalgelehrten Philipp Ludwig STATIUS MÜLLER als "Der Schafdromedar - Camelus Guanicoe" mit dem Vermerk "Vielleicht ist es vom Paca oder Glama nicht viel verschieden, oder wenigstens damit verwandt" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Später kam es in die 1800 vom französische Naturforscher und Direktor der Ménagerie von Paris, Georges CUVIER, aufgestellte Gattung Lama und zeitweilig in die heute nicht mehr existierende Gattung Auchenia. Es wurden mehrere Unterarten beschrieben. Heute werden zwei anerkannt [2; 11].

Das Guanako, gilt als eine Stammform der domestizierten Formen Lama und Alpaka, wobei das Lama primär als Lasttier, das Alpaka als Wolllieferant gezüchtet wurde. Ursprünglich wurde angenommen, das Guanako sei die einzige Stammform des Lamas, das Vikunja jene des Alpakas. Später galt das Guanako als alleiniger Ahne beider Haustierformen. Molekularbiologische Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass sich in den Haustierformen auch Vikunjablut befindet. In der Annahme, dass das Nördliche Vikunja (Vicugna vicugna mensalis) die hauptsächliche Stammform des Alpakas sei, wurde dieses neuerdings der Gattung Vicugna zugeordnet. Da sich alle vier Kleinkamele kreuzen lassen und die Nachkommen fruchtbar sind, lässt sich die Abstammung der Haustierformen nicht mit letzter Sicherheit nachvollziehen [5; 10; 11].

Literatur und Internetquellen

  1. BALDI, R.B. et al. (2016). Lama guanicoe. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T11186A18540211. http://www.iucnredlist.org/details/11186/0. Downloaded on 25 May 2018.
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. ERLICH DE JOFFE, A. et al. (1983)
  5. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  6. MÜNCHAU, B. (1980)
  7. ORTEGA, I. M. & FRANKLIN, W. L. (1995)
  8. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  9. WEIGL, R. (2005)
  10. WHEELER, J. C., CHIKHI, L. & BRUFORD, M. W. (2006)
  11. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  12. LONG, J. L. (2003)

SAM(2)
Guanako (Lama guanicoe) im natürlichen Lebensraum. Lauca-Nationalpark, Chile © Thomas Althaus

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Freigegeben in Kamele
Donnerstag, 14 Juni 2018 07:39

Tigeriltis

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Marderverwandte (Mustelidae)
Unterfamilie: Marder (Mustelinae)

D VU 650

EEPTigeriltis

Vormela peregusna • The Marbled Polecat • Le putois marbré

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Steppeniltis (Vormela peregusna syriaca) im Zoo Magdeburg © Elias Neideck

 

 

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Approximative Verbreitung des Steppeniltisses (Vormela peregusna)

 

 

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Steppeniltis (Vormela peregusna syriaca) im Zoo Magdeburg © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Tigeriltis (Vormela peregusna syriaca) im Zoo Magdeburg © Zoo Magdeburg

 

 

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Steppeniltis (Vormela peregusna syriaca) im Zoo Magdeburg © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Steppeniltis (Vormela peregusna syriaca) im Zoo Magdeburg © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Steppeniltis (Vormela peregusna syriaca) im Zoo Magdeburg © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Tigeriltisse (Vormela peregusna syriaca) im Zoo Magdeburg © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Briefmarke mit Tigeriltis-Motiv, Kasachstan

 

 

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Der im Freiland gefährdete Steppeniltis gehört wegen seiner auffälligen Färbung, und weil er überwiegend tagaktiv ist, zu den attraktivsten Musteliden. Er eignet sich daher gut als Botschafter für den Schutz der eurasischen Grasländer, einem zunehmend bedrohten Lebensraum. Er ist jedoch in Zoos nur ausnahmsweise zu sehen, obwohl es ein Europäisches Zuchtbuch gibt.

Körperbau und Körperfunktionen

In Größe und Gestalt ähnelt der Tigeriltis dem im selben Gebiet vorkommenden Steppeniltis (Mustela eversmanni), ist aber viel bunter als jener. Er erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 27-32(-48) cm, eine Schwanzlänge von 12-22 cm und ein Gewicht von 350-750 g.  Die Rüden sind im Mittel wenig größer als die Fähen. Der Körper ist langgestreckt und schlank, die Beine sind relativ kurz, und der buschige Schwanz ist ziemlich lang. Das Gesicht hat eine markante schwarz-weiße Maske. Kehle, Halsunterseite, Bauch, Beine und Schwanzspitze sind schwarzbraun. Die Körperoberseite zeigt schwarze und weiße Flecken auf gelb- bis rotbraunem Grund. Der Schwanz ist grau meliert. Die Fähen haben 4 Paar bauchständige und 1 Paar brustständige Zitzen [2; 4].

Verbreitung

Westliche Paläarktis: Von Südosteuropa, über Kleinasien, dem Mittleren Osten, Kaukasus und Zentralasien bis nach Nordchina und in die Mongolei: Afghanistan, Armenien, Aserbeidschan, Bulgarien, China, Georgien, Griechenland, Irak, Iran, Israel, Kasachstan, Libanon, Mongolei, Montenegro, Nord-Mazedonien, Pakistan, Palästina, Rumänien, Russland, Serbien, Syrien, Türkei, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Tigeriltis kommt in Steppen, Halbwüsten und Wüsten vor und geht im Gebirge bis auf eine Höhe von 3'000 m. Er ist ein einzeln oder paarweise lebender, an Trockengebiete mit großen Nagetierpopulationen angepasster Bodenbewohner. Er gräbt in der Regel keine eigenen Baue, sondern nutzt jene von Zieseln oder größeren Rennmausarten. Er ernährt sich vorab von Renn- und Springmäusen, Hamstern, Zieseln und anderen Nagetieren, nimmt aber auch Echsen und Insekten und frisst gelegentlich Früchte [2; 4].

Ranzzeit ist Ende Winter bis ins Frühjahr. Die Embryonalentwicklung dauert 56-63 Tage, die gesamte Trächtigkeit aber wegen verzögerter Einnistung der befruchteten Eizellen in die Gebärmutterwand bis zu 11 Monate. Ein Wurf umfasst 3-4(-8) Welpen. Diese sind bei der Geburt blind und öffnen ihre Augen erst mit 40 Tagen, beginnen aber schon mit 30 Tagen feste Nahrung zu sich zu nehmen [2; 4].

Gefährdung und Schutz

Der Tigeriltis wird seit 2008, letztmals überprüft 2015, als gefährdet eingestuft, weil die Bestände in den letzten 10 Jahren um mindestens 30% zurückgegangen sind (Rote Liste: VULNERABLE). Dies wahrscheinlich auf Grund des Verlusts von Lebensräumen, die vor allem in Europa und China in Kulturland umgewandelt werden [1].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt. Der Tigeriltis ist eine streng geschützte Tierart nach Anhang II des Berner Übereinkommens.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Im 6'600 km2 großen Naturschutzgebiet Ikh Nart in der Mongolei teilen die Wildtiere ihren Steppen-Lebensraum mit Hirtengemeinschaften und deren Vieh. Seit 2003 beteiligt sich der Denver Zoo an einem Forschungsprogramm über das Verhalten und die Ökologie der dort vorkommenden Raubtiere mit dem Ziel, ihren Schutz zu verbessern. Im Rahmen des Programms werden Anstregungen zur Verminderung der Wilderei unternommen. Davon profitieren verschiedene Arten, darunter der Tigeriltis. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Der Tigeriltis wird, aus welchen Gründen auch immer, in Israel bejagt, nicht aber in seinem übrigen Verbreitungsgebiet [1].

Haltung

Für eine attraktive Haltung sollten Tigeriltisse nicht in Gitterkäfigen, sondern in bepflanzten,  oben offenen, von ca. 1.5 m hohen, glatten Wänden, Glasscheiben oder elektrifizierten Zäunen begrenzten Freianlagen gehalten werden.

Tigeriltisse können im Zoo ein Alter von 8-9 Jahren erreichen [3].

Haltung in europäischen Zoos:
Außerhalb der Staaten der ehemaligen Sowjetunion sind Tigeriltisse in europäischen Zoos nur sehr selten anzutreffen, gegenwärtig (2023) in Mitteleuropa einzig im Zoo Magdeburg. Für Details siehe Zootierliste.

Es gab ein Europäisches Zuchtbuch für den Tigeriltis, das am Zoo Belfast geführt wurde. Dieses wurde 2022 eingestellt, weil die Art in nur noch einem Zoo nachgezogen wurde.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL sollen Tigeriltisse in verbindbaren Einzelgehegen von mindestens 8 m² Fläche und 2.5 m Höhe gehalten werden, wobei die Festlegung einer Höhe bei einem Graslandbewohner nicht viel Sinn macht.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tigeriltisse ein Außengehege mit einer Grundfläche von 12 m² vor. Für zusätzliche Tiere ist jeweils 1 m² mehr erforderlich, was wohl nicht praktikabel ist. In der der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist der Tigeriltis nicht aufgeführt. Als Orientierungshilfen können die Anforderungen für den Iltis herangezogen werden.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Tigeriltis wurde 1770 vom deutsch-baltischen Naturforscher Johann Anton von GÜLDENSTÄDT aus Riga, als "Mustela peregusna" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1884 stellte ihn der Direktor des Naturhistorischen Museums Braunschweig, der Geheime Hofrat Wilhelm August Heinrich BLASIUS in die monotypische Gattung Vormela. Gegenwärtig werden 6 Unterarten anerkannt [4].

Literatur und Internetquellen

  1. ABRAMOV, A.V. et al. (2016). Vormela peregusna. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T29680A45203971. http://www.iucnredlist.org/details/29680/0. Downloaded on 22 June 2018.
  2. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  3. WEIGL, R. (2005)
  4. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Freigegeben in Marder und Stinktiere
Donnerstag, 14 Juni 2018 15:00

Kaninchenkänguru

Unterklasse: Beuteltiere (MARSUPIALIA)
Ordnung: Känguruverwandtschaft (DIPROTODONTIA)
Unterordnung: Känguruartige (Macropodiformes)
Familie: Rattenkängurus (Potoroidae)

D VU 650

Kaninchenkänguru

Potorous tridactylus • The Long-nosed Potoroo • Le potoroo à long nez

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Kaninchenkänguru (Potorous tridactylus) im Cleland Wildlife Park SA © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Verbreitung des Kaninchenkängurus (Potorous tridactylus)

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Kaninchenkänguru (Potorous tridactylus) im Cleland Wildlife Park SA © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Kaninchenkängurus (Potorous tridactylus) im Cleland Wildlife Park SA © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Kaninchenkänguru (Potorous tridactylus) im Cleland Wildlife Park SA © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Kaninchenkänguru (Potorous tridactylus) im Cleland Wildlife Park SA © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Kaninchenkänguru (Potorous tridactylus) im Zoologisch-Botanischen Garten Wilhelma, Stuttgart © Wilhelma (Pressefoto)

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Kaninchenkänguru (Potorous tridactylus), Haltung in Innengehege in Dundee's Crocodile Wildlife Park, Murray Bridge SA © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Kaninchenkänguru (Potorous tridactylus), Haltung in Nachttiergehege im Zoo de CERZA, Lisieux © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Kaninchenkängurus (Potorous tridactylus). Abbildung aus GOULD, J. (1863). The Mammals of Australia, Vol 2. Public Domain

 

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Die Rattenkängurus werden heute aufgrund anatomischer Besonderheiten des Schädels und Gebisses als eigene Familie eingestuft. Kaninchenkängurus sind weniger nachtaktiv als andere Rattenkängurus und eignen sich daher für die Haltung in unterschiedlichen Gehegetypen. Das Interesse der Zoos an dieser Art ist aber nicht sehr groß.

Körperbau und Körperfunktionen

Kaninchenkängurus erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 26-41 cm, eine Schwanzlänge von 19-26 cm und ein Körpergewicht von 660 g bis -1.7 kg. Ihr Fell ist auf dem Rücken recht variabel, braun, grau oder rötlich gefärbt mit hellbraunen oder gelben Stippchen. Am Bauch grauer. Die Ohren sind klein und abgerundet. Der Kopf erscheint wegen seiner zugespitzten Schnauze rattenähnlich, desgleichen der nur spärlich behaarte Schwanz, dessen Spitze bei Tieren aus manchen Gebieten weiß ist [4]. Zur besseren Verdauung der Pilznahrung verfügen die Tiere über einen zweihöhligen Magen mit einem größeren Vor- und einem kleineren Nachmagen [2].

Verbreitung

Australien: Das Kaninchenkänguru ist lückenhaft entlang der Küste Ostaustraliens verbreitet (Queensland, New South Wales,Victoria, South Australia), ferner auf Tasmanien und zahlreichen klineren Inseln [4; 5].

Lebensraum und Lebensweise

Kaninchenkängurus sind überwiegend Einzelgänger. Sie bewohnen Gebiete mit Heidevegetation entlang der Küste sowie Buschland und feuchte oder trockene Hartlaubwälder mit sandigen Böden. Männchen nutzen Streifgebiete von etwa 2-19 ha, Weibchen von 1-5 ha. Sie sind auch tagsüber aktiv. Ihre Nahrung besteht zu etwa 90% aus trüffelartigen, also unterirdisch wachsenden Pilzen. Im Übrigen werden diverse Pflanzenteile und Wirbellose gefressen [4; 5].

Mit 38 Tagen hat das Kaninchenkänguru die längste bekannte Tragzeit von allen Beuteltieren. Im Frühjahr und im Spätsommer wird jeweils ein einzelnes Junges geboren, das etwa vier Monate lang im Beutel bleibt. Mit etwa einem Jahr werden die Tiere geschlechtsreif. Im Freiland können sie ein Alter von bis zu sieben Jahren erreichen [4].

Gefährdung und Schutz

Das Kaninchenkänguru ist weit verbreitet, gilt aber mittlerweile als selten, da wegen häufigerer Buschbrände die Bestände  deutlich abnehmen und die Populationen verinseln, und weil der Beutegreiferdruck namentlich durch den Rotfuhs hoch ist. 2016 wurde die Art daher als potenziell gefährdet eingestuft, 2020 als gefährdet (Rote Liste: VULNERABLE). Möglicherweise gibt es nur noch 3'000 erwachsene Individuen [5].

Der internationale Handel ist nicht unter CITES geregelt. Für lebende Tiere gelten Ausfuhrbeschränkungen Australiens.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Die vom Australian Reptile Park gegründete und u. a. vom Zoo Zürich, Zoo Leipzig und Pairi Daiza unterstützte "Aussie Ark" hat 2019 das etwa 400 ha große Barrington Wildlife Sanctuary in Betrieb genommen. Dieses ist raubtiersicher eingezäunt, um die eingesetzten Langnasen-Rattenkängurus uns Tüpfelbeutelmarder vor Rotfüchsen und Hauskatzen zu schützen. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

In der Vergangenheit wurde das Kaninchenkänguru intensiv verfolgt (Abschuss, Fallenfang, Vergiftung), teils, weil es als Schädling an landwirtschaftlichen Kulturen wahrgenommen wurde, teils, um an  sein Fleisch oder Fell zu gelangen [5].

Haltung

Kaninchenkängurus werden meist in verglasten Vitrinen in Tag- oder Nachttierhäusern gehalten, zumindest in Australien aber auch in (begehbaren) Freianlagen. Eine Haltung in von einem Paar ausgehenden Kleingruppen ist möglich, wenn die heranwachsenden Männchen rechtzeitig entfernt werden [2]. Das älteste bekannte Kaninchenkänguru  starb im Alter von 15 Jahren und 1 Monat im Taronga-Zoo von Sydney [3]. Gemeinschaftshaltungen gibt es z.B. mit Koalas und diversen australischen Vögeln.

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 25 Zoos gehalten, hauptsächlich in Großbritannien. Im deutschsprachigen Raum ist die Art einzig in Duisburg und Stuttgart zu sehen. Der Bestand in 17 EAZA-Zoos wurde für 2021 mit 68 beziffert. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL ist ein Außengehege fakultativ. Das Innengehege soll eine Mindestfläche von 8 m² für 1 bis 2 Tiere und 2 m² für jedes weitere Tier messen.

Die Tierschutzverordnung der Schweiz (Stand 01.06.2022) schreibt für 1 bis 2 Tiere ein Innengehege von 8 m² und für jedes weitere Tier zusätzlich 2 m² vor. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für bis 5 Tiere  ein Innengehege von 16 m². Für jedes weitere Tier ist die Fläche um 10% zu erhöhen.

Nach JACKSON soll für 1-2 Tiere eine Gehegefläche von 15 m² nicht unterschritten werden, für jedes weitere Tier sollen 5 m² zusätzlich angeboten werden [1].

Taxonomie und Nomenklatur

Das Kaninchenkänguru wurde 1792 vom schottischen Arzt und Wissenschaftsjournalisten Robert KERR im Rahmen einer Übersetzung ins Englische von LINNÉs Systema Naturae als "Didelphis tridactyla" beschrieben. Die Gattungsbezeichung Potorous wurde 1804 vom französischen Zoologen Anselme Gaëtan DESMAREST eingeführt. Zeitweilig wurde tridactylus als Unterart von P. gilberti geführt, gilt aber seit 1996 wieder als eigene Art. Es werden drei Unterarten anerkannt [4].

Literatur und Internetquellen

  1. JACKSON, S. M. (2003)
  2. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  3. WEIGL, R. (2005)
  4. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  5. WOINARSKI, J. & BURBIDGE, A.A. (2020). Potorous longipes (amended version of 2016 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T18102A166498043. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-1.RLTS.T18102A166498043.en . Downloaded on 10 April 2020.

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Freigegeben in Kloaken- und Beuteltiere
Sonntag, 05 November 2017 15:00

Zwergseidenäffchen

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Krallenaffen (Callitrichidae)

D VU 650

Zwergseidenäffchen

Callithrix (= Cebuella) pygmaea • The Pygmy Marmoset • L'ouistiti mignon

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Zwergseidenäffchen (Callithrix pygmaea) im Zoo Augsburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Zwergseidenäffchen (Cebuella pygmaea)

 

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Weißbauch-Zwergseidenäffchen (Cebuella pygmaea niveiventris) im Zoo Bojnice © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Zwergseidenäffchen (Cebuella pygmaea) im Tiergarten Schönbrunn © Daniel Zupanc / TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

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Zwergseidenäffchen (Cebuella pygmaea) mit Jungtier im Tiergarten Schönbrunn © Daniel Zupanc / TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

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Gelbbauch-Zwergseidenäffchen (Cebuella pygmaea pygmaea) im Zoologisch-Botanischen Garten Pilsen © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Zwergseidenäffchen (Callithrix pygmaea) im Zoologisch-Botanischen Garten Budapest © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Zwergseidenäffchen (Callithrix pygmaea) im Tierpark Dählhölzli Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Zwergseidenäffchen (Callithrix pygmaea) im Tiergarten Worms © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Zwergseidenäffchen (Callithrix pygmaea) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Zwergseidenäffchen (Callithrix pygmaea) im Zoo Augsburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weißbauch-Zwergseidenäffchen (Callithrix pygmaea niveiventris) im Zoo Leipzig © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Zwergseidenäffchen (Callithrix pygmaea) im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Zwergseidenäffchen (Callithrix pygmaea) im Tierpark Dessau © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Gehege für Zwergseidenäffchen (Callithrix pygmaea) im Zoo Iglau / Jihlava © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Zwergseidenäffchen sind die kleinsten Affen. Aus diesem Grund werden sie gerne im Kontext mit den größten Vertretern der Ordnung, den Menschenaffen präsentiert. Wegen ihrer Kleinheit sind sie nicht nur zoopädagogisch interessant, sondern sprechen auch das allgemeine Zoopublikum an und eignen sich deshalb, mittlerweile auch selbst als gefährdet eingestuft, gut als Botschafter für den immer mehr unter Druck geratenden Amazonas-Regenwald Brasiliens. In Zoos sind sie daher häufig zu sehen, spezifische zoogestützte in situ-Schutzprogramme gibt es aber vermutlich keine.

Körperbau und Körperfunktionen

Das Zwergseidenäffchen ist der kleinste Vertreter der Unterordnung Simiae und werden innerhalb der Primaten nur noch von den Mausmakis unterboten. Sie haben eine Kopf-Rumpflänge von 13-14.5 (12-16) cm und eine Schwanzlänge von etwa 19-21.5 (17-23) cm. Das Gewicht beträgt 85-140 g, wobei Weibchen im Mittel etwas schwerer sind als Männchen. Wie bei anderen Marmosetten sind die Eck- und Schneidezähne des Unterkiefers gleich lang und sind mit Ausnahme der Großzehe, die einen Plattnagel aufweist, alle Finger und Zehen bekrallt. Die Haare um den Kopf bilden eine nach hinten gerichtete Mähne, die die Ohren verdeckt. Da die einzelnen Haare helle und dunkle Querbänder haben, wirkt das Fell von Kopf und Körperoberseite bräunlich gestrichelt. Der Bauch ist je nach Unterart gelblich-braun oder weißlich, die Hände und Füße sind gelb-orange, der lange Schwanz ist schwarz-grau geringelt [5; 7].

Verbreitung

Tropisches Südamerika: Bolivien, Brasilien (Provinzen Acre, Amazonas, und Rondônia); Kolumbien, Ekuador, Peru [3].

Lebensraum und Lebensweise

Zwergseidenäffchen besiedeln vorzugsweise an oder in Flüssen gelegene Wälder, kommen aber auch im Regenwald der Terra firma, in Bambusdickichten, Lianenwäldern und gerne in Waldrändern an Weiden und Obstgärten vor. Die Verbreitung liegt hauptsächlich unterhalb einer Höhe von 400 m, in Ekuador gehen sie aber bis auf 940 m. Sie ernähren sich vor allem von kleinen Arthropoden und - mehr als andere Krallenaffen - von Baum- oder Lianenexsudaten. Um an diese zu kommen, werden die Eck- und Schneidezähne des Unterkiefers wie ein Schabeisen zum Entfernen von Rinde eingesetzt. Aus den entstehenden Wunden rinnt Baumsaft, der begierig aufgenommen wird. Im Zoo wird der Baumsaft durch Gummi arabicum ersetzt. Früchte, Knospen, Blüten, Nektar spielen bei der Ernährung eine untergeordnete Rolle. Gelegentlich werden Kleinvögel oder andere Wirbeltiere gefangen und verzehrt [1; 5].

Zwergseidenäffchen leben in von einem Weibchen angeführten Familiengruppen von meist 4-9 Tieren, worunter sich je 1-2 geschlechtsreife Männchen Weibchen befinden. Die Gruppen haben sehr kleine Streifgebiete von etwa 0.1-1.2 ha, die sie als Territorium gegenüber Artgenossen verteidigen. Die Tiere sind tagaktiv, ziehen am Morgen etwa um 6 h los und kehren um 18 h zu ihren Schlafplätzen zurück [4; 5; 7].

Meist pflanzt sich in einer Gruppe nur das α-Weibchen fort, bei den übrigen wird der Eisprung unterdrückt. Nach einer Tragzeit von etwa 133-142 Tagen bringt es in der Regel zweimal jährlich Zwillinge mit einem Geburtsgewicht von 13-15 g zur Welt. Der Vater und die anderen Gruppenmitglieder beteiligen sich intensiv an der Aufzucht der Jungen [5; 7].

Gefährdung und Schutz

Zwergseidenäffchen kommen in 18 Schutzgebieten vor. Ihre Bestände nehmen aber als Folge von Lebensraumverlust und Bejagung deutlich ab. Seit 2020 werden deshalb beide, von der IUCN als eigenständige Arten behandelten, Formen als gefährdet eingestuft (Rote Liste: VULNERABLE) [3].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt.

Bedeutung für den Menschen

In Teilen seines Verbreitungsgebiets (z.B. in Ekuador) wird das Zwergseidenäffchen bejagt. Es wird auch für den hauptsächlich lokalen Heimtierhandel gefangen und war früher in größerem Umfang im internationalen Handel [3]. Von 1977-2017 bewilligten die Ursprungsländer nebst etwas Wissenschaftsmaterial noch 307 lebende Wildfänge zur Ausfuhr, wovon 240 aus Peru kamen. Im selben Zeitraum wurden weltweit 1'508 Nachzuchttiere international abgegeben, wichtigstes Ausfuhrland war Tschechien, gefolgt von Peru und Schweden [2].

Haltung

Weltweit werden rund 200 in 5 Regionalverbänden organisierten Zoos rund 850 Zwergseidenäffchen gehalten, wobei es einen Überhang an männlichen Individuen gibt. Die Art des Managements variiert zwischen den einzelnen Zooverbänden, in Nordamerika z.B. wird nicht zwischen den Unterarten unterschieden [10]. Das nach WEIGL älteste bekannte Zwergseidenäffchen wurde im niederländischen Affenpark "De Apenheul" geboren und starb im Twycross Zoo im Alter von 18 Jahren und 7 Monaten [6].

Nach den "Best practice"-Leitlinien der EAZA können Gehege für Zwergseidenräffchen kleiner sein als solche für andere Krallenaffen, für welche tagsüber ein Gesamtvolumen (innen / außen) von 32.5 m³ (3+10 m² / 2.5 m hoch) empfohlen wird, wobei das Gehege unterteilbar sein soll. Als Absperrung verwendete Wassergräben sollten 4 m breit und 40 cm tief sein. Es ist zu beachten, dass es bei gitterlosen Außenanlagen zu Verlusten durch Greifvögel kommen kann. Dem sollte durch eine relativ dichte Bepflanzung entgegengewirkt werden [1].

Zwergseidenäffchen wurden in etlichen Zoos (z.B. Aschersleben, Eberswalde, Frankfurt, Gettorf, Heidelberg, Köln) überwiegend ohne Probleme mit anderen Primaten (Callimico goeldii, Callithrix jacchus, C. geoffroyi, Leontopithecus chrysomelas, L. rosalia, Saguinus fuscicollis, imperator, S. labiatus, S. midas, Callicebus moloch, Pithecia pithecia) oder sonstigen Tieren (Wildmeerschweinchen, Agutis, Acouchys) vergesellschaftet [4; 9].

Haltung in europäischen Zoos: Der Bestand in EAZA-Zoos lag 2018 laut ZIMS (Zoological Information Management System) bei 548 Tieren in 125 Einrichtungen. Insgesamt hat die Zahl der Haltungen in den letzten Jahren zugenommen und wird jetzt (2023) mit rund 180 Zoos angegeben, von denen ein erheblicher Teil nicht der EAZA angeschlossen ist und sich etwa 50 im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Gehalten werden Tiere beider Unterarten sowie solche mit unbekanntem Unterartstatus.

Es gibt ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das als "New Style"-EEP vom Newquay Zoo koordiniert wird. 2018 hielten 21 EEP-Teilnehmer 63 C. p. pygmaea, 18 hielten 82 P. c. niveiventris und 62 hielten 300 Tiere ohne Unterartangabe.

Wie Zwergseidenäffchen gehalten werden (Beispiel):

Mindestanforderungen an Gehege: Die auf dem Tierart-Datenblatt für das Weißbüscheläffchen gemachten Angaben zum Säugetiergutachtens 2014 des BMEL Säugetiergutachten 2014, zur Stellungnahme der Tierschutzsachverständigen der Zoos und zu den EAZA-Haltungsrichtlinien [1] gelten auch für diese Art.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Innengehege mit einer Fläche von 3 m² und 2 m Höhe vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 0.5 m² zu ergänzen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 10 m² und einer Höhe von 2.5 m erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Das Zwergseidenäffchen wurde 1823 von dem Naturwissenschaftler Johann Baptist Ritter von SPIX, der im Auftrag des Königs von Bayern Brasilien bereist hatte, bei Tabatinga, einem Ort am Dreiländereck von Brasilien, Kolumbien und Peru entdeckt und als "Iacchus pygmaeus" beschrieben. John Edward GRAY vom Britischen Museum in London stellte es 1866 in die neue Gattung Cebuella. Diese wurde in der Folge zeitweilig als Untergattung von Callithrix angesehen. Die Gattung Callithrix im weiteren Sinn umfasst aktuell 22 Arten, Cebuella, die näher mit den amazonischen Callithrix-Arten (= Mico) verwandt ist als diese mit jenen aus dem atlantischen Regenwald, enthält nur die eine Art, von der gegenwärtig zwei Unterarten anerkannt werden. Diese wurden von manchen Autoren zu vollen Arten aufgewertet [3; 5; 7; 8]:

  • Gelbbauch-Zwergseidenäffchen (Cebuella pygmaea pygmaea) - nördlich des Amazonas / Solimões
  • Weißbauch-Zwergseidenäffchen (Cebuella pygmaea niveiventris) - südlich des Amazonas / Solimões

Literatur und Internetquellen

  1. CARROLL, B. (ed., 2002) / BARRÃO RUIVO, E. (ed. 2010)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. DE LA TORRE, S. et al. (2020). Cebuella pygmaea. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T136926A17981161. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-3.RLTS.T136926A17981161.en und DE LA TORRE, S. et al. (2020). Cebuella niveiventris. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T136865A17981126. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-3.RLTS.T136865A17981126.en. Downloaded on 17 December 2020.
  4. ECKERN, S. (2011)
  5. SCHRÖPEL, M. (2010a)
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. ZIEGLER, T. (2002)
  10. EAZA REGIONAL COLLECTION PLAN FOR CALLITRICHIDAE - APRIL 2019

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Freigegeben in Krallenaffen
Donnerstag, 14 Juni 2018 14:56

Goldgelbes Löwenäffchen

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Krallenaffen (Callitrichidae)

D EN 650

EEPGoldgelbes Löwenäffchen

Leontopithecus rosalia • The Golden Lion Tamarin • Le singe-lion

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Basel © Jörg Hess, Basel

 

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Aproximative Verbreitung des Goldgelben Löwenäffchens (Leontopithecus rosalia)

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Landau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Frankfurt © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Dvůr Králové © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Magdeburg © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Eberswalde © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Heidelberg © Heidrun Knigge / Zoo Heidelberg

 

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Goldgelbe Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Basel © Jörg Hess, Basel

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Heidelberg © Heidelberg / Heidrun Knigge

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Iglau / Jihlava © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Goldgelbes Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Zoo Olmütz © Zoologická zahrada Olomouc

 

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Goldgelbe Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) im Kölner Zoo © olf Schlosser / Zoo Köln

 

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Das in seinem Ursprungsgebiet stark gefährdete Goldene Löwenäffchen steht im besonderen Interesse der Zoos. Einerseits ist es eine sehr attraktive Tierart, die sich gut als Botschafter für Natur- und Artenschutz in seiner brasilianischen Heimat eignet und daher als Flaggschiffart für die Mâta Atlantica-Kampagne der EAZA diente, andererseits haben verschiedene Zoos den Schutz der Art nicht nur finanziell unterstützt, sondern auch Nachzuchttiere für die Wiederauswilderung zur Verfügung gestellt.

Körperbau und Körperfunktionen

Goldene Löwenäffchen haben eine Kopf-Rumpflänge von 25-33 cm und eine Schwanzlänge von 32-40 cm. Im Mittel sind sie etwa 500 g schwer, einzelne Tiere bringen es auf gegen 800 g. Sie haben längere Hände und Finger als andere Krallenaffen, die es ihnen erlauben, tierische Beute leichter aus Ritzen und Bromelientrichtern herauszuklauben. Die Haut des praktisch nackten Gesichts ist graubraun. Ansonsten ist das ganze Tier mit einem goldgelben Fell bedeckt, das im Kopfbereich mähnenartig verlängert ist [3; 5; 7].

Verbreitung

Tropisches Südamerika: Brasilien (Bundesstaat Rio de Janeiro) [3].

Lebensraum und Lebensweise

Das Goldgelbe Löwenäffchen ist ein Bewohner des Atlantischen Regenwalds bis auf eine Höhe von ca. 500 m der einen Jahresniederschlag von etwa 1'500 mm aufweist. Die Tiere sind ziemlich anpassungsfähig und kommen auch mit Sekundär- und stark beeinträchtigtem Wald zurecht, vorausgesetzt es sind als Schlafplätze geeignete Baumhöhlen und eine ausreichende Nahrungsbasis vorhanden. Sie sind tagaktiv und sind während der warmen Regenzeit länger unterwegs als während der kühlen Trockenzeit. Sie ernähren sich von Früchten, Blüten und Nektar, auch von Baumexsudaten, obwohl ihr Gebiss nicht speziell dazu eingerichtet ist, Baum- und Lianenrinden anzunagen, sowie von Kleintieren, einschließlich Insekten, Spinnen, Schnecken, Baumfröschen und Echsen. Sie leben typischerweise in Gruppen von 3-11, im Mittel 5-6 Tieren, darunter meist nur ein adultes Paar. Die Größe der  Streifgebiete schwankt regional zwischen 21 und 229 ha [1; 5; 7].

In ihrem Ursprungsgebiet bringt das Zuchtweibchen der Gruppe nach einer Tragzeit von etwa 125-132 Tagen meist im September-November in der Regel Zwillinge mit einem Geburtsgewicht von etwa 50-65 g zur Welt. Gelegentlich kann es zwei Würfe in einem Jahr im Abstand von etwa 194 Tagen geben. Die Jungen werden mit etwa drei Monaten entwöhnt und sind mit ca. 15 Monaten geschlechtsreif [1; 5; 7].

Gefährdung und Schutz

Da grosse Teile des Atlantischen Regenwaldes abgeholzt wurden, hat das Goldgelbe Löwenäffchen nur noch ein kleines Verbreitungsgebiet, von dem 1974 ein kleines Stück als Schutzgebiet ausgewiesen wurde. Seit 1982 gilt es als stark gefährdete Tierart (Rote Liste: ENDANGERED). Von 1996 bis 2003 war es sogar als unmittelbar vom Aussterben bedroht eingestuft worden [1; 10].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Zum Schutz der Löwenäffchen und ihres Lebensraums, des Atlantischen Regenwaldes, haben die Zoos in Europa und in anderen Regionen Kampagnen durchgeführt. Über 200 in Zoos gezüchtete Löwenäffchen wurden in Brasilien wieder angesiedelt. Im Rahmen der Mâta Atlantica-Kampagne der EAZA, an der sich 97 Zoos aus 20 Ländern beteiligten, wurden in den Jahren 2001/02 insgesamt über € 287'471 für den Schutz der Löwenäffchen und ihres Lebensraums gesammelt. Als Folge der Aktivitäten der Zoos waren Landbesitzer bereit, Teile ihrer Grundstücke für die Löwenäffchen zu reservieren. Dies hat zu einer Vergrößerung des Artareals um 80% geführt. Die von den Zoos in Zusammenarbeit mit den brasilianischen Behörden getroffenen Massnahmen erlaubten auch, im Jahr 2003 die als hoch bedroht (CRITICALLY ENDANGERED) geltende Art auf "ENDANGERED" zurückzustufen. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Goldene Löwenäffchen wurden früher als Heimtiere oder für den Tierhandel gefangen [4]. Von 1977-2017 bewilligte Brasilien nebst Wissenschaftsmaterial nur 7 lebende Wildfänge zur Ausfuhr. Im selben Zeitraum (effektiv ab 1980) wurden weltweit 505 Nachzuchttiere international abgegeben, wichtigste Ausfuhrländer waren die USA und Großbritannien [2].

Haltung

Das nach WEIGL älteste bekannte Goldene Löwenäffchen wurde im Houston Zoo geboren und an den San Antonio Zoo abgegeben, wo er im Alter von 31 Jahren und 7 Monaten starb [6].

Nach den "Best practice"-Leitlinien der EAZA soll Löwenäffchen tagsüber ein Gesamtvolumen (innen / außen) von 32.5 m³ (3+10 m² / 2.5 m hoch) zur Verfügung stehen, wobei das Gehege unterteilbar sein soll [1].

In verschiedenen Zoos (z.B. Eberswalde, Frankfurt, Köln, Krefeld, Landau, Stuttgart) wurden Goldene Löwenäffchen erfolgreich mit anderen Primaten (Callithrix pygmaea, Callithrix jacchus, Saguinus fuscicollis, Saguinus midas, Pithecia pithecia) sowie Nagetieren (Cavia aperea, Dasyprocta sp., Myoprocta acouchy) und Schildkröten (Geochelone carbonaria) vergesellschaftet [9].

Seit 1970 existiert ein Internationales Zuchtbuch, das am Zoo Atlanta geführt wird. 2018 gab es weltweit 560 registrierte Tiere in 159 Einrichtungen I11].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in über 60 Zoos gehalten, von denen sich etwa ein Sechstel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Es gibt ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm seit 1993, das als "New Style-"EEP vom Bristol Zoo koordiniert wird.

Forschung im Zoo (Beispiel): Am Zoo Basel wurde an verschiedenen Primatenarten, darunter Leontopithecus rosalia, eine vergleichende Studie über altruistisches Verhalten durchgeführt [4].

Mindestanforderungen an Gehege: Die auf dem Tierart-Datenblatt für den Rotbauchtamarin gemachten Angaben zum Säugetiergutachten 2014 , zur Stellungnahme der Tierschutzsachverständigen der Zoos und zu den EAZA-Haltungsrichtlinien [1] gelten auch für diese Art.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Innengehege mit einer Fläche von 3 m² und 2 m Höhe vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 0.5 m² zu ergänzen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 10 m² und einer Höhe von 2.5 m erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Die erste Kunde über Goldgelbe Löwenäffchen stammt von Antonio PIGAFETTA, dem Chronisten Ferdinand MAGELLANs, der sie als "prachtvolle, affenähnliche Katzen, ähnlich einem kleinen Löwen" beschrieb [10]. 1766 wurde die Art von Carl von LINNÉ als "Simia rosalia" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Zum heute gültigen Gattungsnamen kam sie durch den französischen Arzt und Naturforscher René Primevère LESSON, der 1840 einen "Leontopithecus marikina" beschrieb, bei dem es sich herausstellte, dass dieser mit dem Goldenen Löwenäffchen identisch war. Als Gattungssynonym war sehr lange "Leontocebus" im Umlauf, ferner der auch in GRZIMEKs Tierleben verwendete Name "Leontideus". Bis 2000 wurden die verschiedenen Löwenäffchen-Formen als Unterarten, seitdem als Arten eingestuft. Sie haben kleine, voneinander deutlich getrennte Verbreitungsgebiete, sodass es im Freiland nicht zu Hybridisierungen kommen kann [1; 3; 7; 8].

Literatur und Internetquellen

  1. CARROLL, B. (ed., 2002) / BARRÃO RUIVO, E. (ed. 2010)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. KIERULFF, M.C.M. et al. (2008). Leontopithecus rosalia. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T11506A3287321.  http://www.iucnredlist.org/details/11506/0. Downloaded on 18 May 2018.
  4. RICHIGER, R. (2012)
  5. SCHRÖPEL, M. (2010)
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. ZIEGLER, T. (2002a)
  10. KLEIMAN, D. G. & RYLANDS, A. B. (eds., 2002) 
  11. BAIRRÃO RUIVO, E., STEVENSON, M. et al. (eds., 2019). EAZA Regional Collection Plan for Callitrichids: Final Report. EAZA Executive Office, Amsterdam.

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Freigegeben in Krallenaffen
Donnerstag, 14 Juni 2018 14:56

Schwarzes Löwenäffchen

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Krallenaffen (Callitrichidae)

D EN 650

EEPSchwarzes oder Goldsteiß-Löwenäffchen

Leontopithecus chrysopygus • The Golden-rumped Lion Tamarin • Le tamarin lion à croupe dorée

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Schwarzes Löwenäffchen (Leontopithecus chrysopygus) im Zoo Magdeburg © Zoo Magdeburg

 

 

 

 

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Approximative Verbreitung des Schwarzen Löwenäffchens (Leontopithecus chrysopygus)

 

 

 

 

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Das Artareal des Schwarzen Löwenäffchens (Leontopithecus chrysopygus)

 

 

 

 

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Schwarzes Löwenäffchen (Leontopithecus chrysopygus) im Zoo Magdeburg © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

 

 

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Schwarzes Löwenäffchen (Leontopithecus chrysopygus) im Zoo Magdeburg © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

 

 

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Schwarzes Löwenäffchen (Leontopithecus chrysopygus) im Zoo Magdeburg © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

 

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Schwarzes Löwenäffchen (Leontopithecus chrysopygus) im Bristol Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

 

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Schwarzes Löwenäffchen (Leontopithecus chrysopygus) im Bristol Zoo © Alan Hill. Übernommen aus Flickr / Wikimedia Commonsder unter Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic-Lizenz.

 

 

 

 

Weitere Bilder auf BioLib

Für das in seinem Ursprungsgebiet stark gefährdete Schwarze Löwenäffchen führen die Zoos ein internationales Zuchtbuch und betreiben ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, das wegen einer zu schmalen genetischen Basis allerdings in den letzten Zügen liegt. Der stark ingezüchtete Restbestand könnte nur erhalten werden, wenn aus den brasilianischen Zuchtstationen neues Blut zugeführt würde.

Körperbau und Körperfunktionen

Schwarze Löwenäffchen haben eine Kopf-Rumpflänge von 29 (25-30) cm und eine Schwanzlänge von 38 (36-41) cm. Erwachsene wiegen 540-690 g, wobei Männchen in Mittel etwas schwerer sein sollen als Weibchen. Sie haben längere Hände und Finger als andere Krallenaffen, die es ihnen erlauben, tierische Beute leichter aus Ritzen und Bromelientrichtern herauszuklauben. Die Haut des praktisch nackten Gesichts ist unterschiedlich stark graubraun pigmentiert. Das Gesicht ist von einer schwarzen aufrichtbaren Mähne umgeben. Auch das übrige Fell ist schwarz, ausgenommen die Stirn, der Steiß, die Oberschenkel und die Schwanzwurzel, die gold- bis rötlichbraun sind [5; 7].

Verbreitung

Tropisches Südamerika: Brasilien (Bundesstaat São Paulo) [3].

Lebensraum und Lebensweise

Das Schwarze Löwenäffchen ist die Löwenäffchen-Art, die am weitesten im Landesinneren vorkommt. Sie bewohnt Flussuferwälder, die in ihrer Ausprägung dem atlantischen Küstenwald entsprechen. Sie ist auf primären tropischen Regenwald angewiesen, kommt aber auch im teilweise laubabwerfenden Wald vor. Die Tiere halten sich dort etwa 3-15 m über dem Boden in von dichten Epiphyten und Unterwuchs gekennzeichneten Schichten auf [3; 5].

Die Tiere sind tagaktiv und ziehen kurz nach Sonnenaufgang zur Futtersuche los. Zum Schlafen benutzen sie Baumhöhlen. Sie ernähren sich von Früchten (hauptsächlich von Jerivá-Palmen (Syagrus romanzoffiana) und Myrtaceen), Blüten, Nektar, Baumexsudaten und Kleintieren, zur Hauptsache Wirbellosen. Sie leben typischerweise in Gruppen von 4-8 Tieren, darunter ein erwachsenes Weinchen und 1-2 geschlechtsreife Männchen. Die Streifgebiete sind mit 113-277 ha vergleichsweise groß [3: 5;7].

Über die Fortpflanzung im Freiland ist wenig bekannt. wie bei anderen Löwenäffchen dürfte die Trächtigkeit etwa 125 Tage dauern. Die Jungen, in der Regel Zwillinge, kommen meist im Oktober-November zur Welt [7].

Gefährdung und Schutz

Da der Lebensraum der Schwarzen Löwenäffchen größtenteils durch Abholzung zerstört wurde und weiter zerstört wird, sind die wenigen übriggebliebenen Bestände stark isoliert. Diese kleinen Populationen sind außerdem genetisch verarmt und leiden unter Inzucht. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie aussterben würden, wenn nicht ein aktives Metapopulations-Management betrieben würde. Dank intensiven Schutzmaßnahmen seit 1986, letztmals überprüft 2008, gilt die Art zumindest nicht mehr als unmittelbar vom Aussterben bedroht, sondern "nur noch" als stark gefährdet, zumal auch die ex situ-Population in Brasilien zunimmt (Rote Liste: ENDANGERED) [3; 4].

1979 konnten drei Tiere der zuvor ausgestorben geglaubten Art im Morro do Diabo-Reservat beobachtet werden konnten. 1976 wurde eine weitere Reliktpopulation in einem Waldstück im Bundesstat São Paulo entdeckt. Heute sind elf voneinander isolierte Populationen mit einem Gesamtbestand von etwa 1'000 erwachsenen Tieren bekannt, davon ist allerdings nur der Bestand im im Morro do Diabo-Reservat längerfristig lebensfähig. Ansonsten ist ein aktives Metapopulations-Management erforderlich, das sowohl Umsiedlungen von Tieren zwischen wilden Populationen als auch die Ansiedlung von ex situ-Nachzuchttieren umfasst [4].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Bedeutung für den Menschen

Die Rote Liste der IUCN enthält keine Angaben über eine lokale Nutzung der Art [3]. Von 1977-2017 bewilligte Brasilien wenig Wissenschaftsmaterial von wildlebenden Individuen zur Ausfuhr und nur im Jahr 1990 sechs lebende Wildfänge. Im selben Zeitraum (effektiv ab 1989) wurden weltweit 75 Nachzuchttiere international abgegeben, wichtigste Ausfuhrländer waren Brasilien und Jersey [2].

Haltung

1973 wurde mit sieben Tieren in Brasilien die erste ex-situ-Kolonie gegründet. 1986 erhielt der Zoo von São Paulo 14 Tiere, die aus einem durch einen Staudamm gefluteten Gebiet gerettet werden konnten [11].

Das nach WEIGL älteste bekannte Schwarze Löwenäffchen erreichte im Zuchtzentrum von Rio de Janeiro ein Alter von 17 Jahren und 11 Monaten [6].

Nach den "Best practice"-Leitlinien der EAZA soll Löwenäffchen tagsüber ein Gesamtvolumen (innen / außen) von 32.5 m³ (3+10 m² / 2.5 m hoch) zur Verfügung stehen, wobei das Gehege unterteilbar sein soll [1].

1991 erhielt der Jersey Zoo als erste europäische Institution 3.3 Tiere. 1992 kam es zur zur erfolgreichen europäischen Erstzucht. Im Zoo Magdeburg, wo 1995 die deutsche Erstzucht gelang, wurden die Schwarzen Löwenäffchen problemlos gemeinsam mit Sakis (Pithecia pithecia) gehalten [10]. Eine Gemeinschaftshaltung gab es auch mit den an sich eher unverträglichen Saguinus bicolor und Saguinus oedipus. Über den Erfolg dieser Vergesellschaftung werden keine Angaben gemacht [1].

Seit 1989 existiert ein Internationales Zuchtbuch (ISB), das am Durrell Wildlife Conservation Trust auf Jersey geführt wird [9]. Dieses umfasste im Februar 2016 insgesamt 48 lebende Individuen in 5 Einrichtungen [IZY 52].

Haltung in europäischen Zoos: Seit 2006 gibt es ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, das vom Jersey-Zoo als "New Style-EEP" koordiniert wird. Das Programm erreichte im Jahr 2010 die höchste Individuenzahl mit 115 Tieren. Seitdem hat der Bestand in Europa drastisch abgenommen. Gegenwärtig (2023) wird die Art nur noch in Jersey gehalten. Die verbleibenden Tiere sind stark ingezüchtet. Der europäische Bestand könnte deshalb nur erhalten werden, wenn er durch Nachzuchttiere aus dem Zoo von São Paulo Zoo und dem Primatenzentrum Rio de Janeiro gestützt würde. Für Details siehe Zootierliste.

Wie Löwenäffchen gehalten werden (Beispiele):

Mindestanforderungen an Gehege: Die auf dem Tierart-Datenblatt für den Rotbauchtamarin gemachten Angaben zum Säugetiergutachten 2014 , zur Stellungnahme der Tierschutzsachverständigen der Zoos und zu den EAZA-Haltungsrichtlinien [1] gelten auch für diese Art.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Innengehege mit einer Fläche von 3 m² und 2 m Höhe vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 0.5 m² zu ergänzen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 10 m² und einer Höhe von 2.5 m erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Für die Wissenschaft entdeckt wurde das Schwarze Löwenäffchen 1822 von dem Wiener Naturforscher Johann Baptist NATTERER, der acht Exemplare in der Nähe von Sorocaba im brasilianischen Bundesstaat São Paulo sammelte [11]. Beschrieben wurde es im folgenden Jahr durch Johann Christian MIKAN aus Teplitz, der an der Prager Universität als Naturkunde-Professor tätig war. 1902 und 1905 gelangten nochmals vier Exemplare in Museen. Danach galt die Art als verschollen bis 1970 zwei weitere Stopfpräpaarte auftauchen und drei Tiere im Morro do Diabo-Reservat beobachtet werden konnten. Zum heute gültigen Gattungsnamen kam die Art durch den französischen Arzt und Naturforscher René Primevère LESSON, der 1840 einen "Leontopithecus marikina" beschrieb, bei dem es sich herausstellte, dass dieser mit dem Goldenen Löwenäffchen identisch war. Als Gattungssynonym war sehr lange "Leontocebus" im Umlauf, ferner der auch in GRZIMEKs Tierleben verwendete Name "Leontideus". Bis 2000 wurden die verschiedenen Löwenäffchen-Formen als Unterarten, seitdem als Arten eingestuft. Sie haben kleine, voneinander deutlich getrennte Verbreitungsgebiete, sodass es im Freiland nicht zu Hybridisierungen kommen kann [3; 5; 8; 9].

Literatur und Internetquellen

  1. CARROLL, B. (ed., 2002) / BARRÃO RUIVO, E. (ed. 2010)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. KIERULFF, M.C.M. et al. (2008). Leontopithecus chrysopygus. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T11505A3290864. http://www.iucnredlist.org/details/11505/0. Downloaded on 18 May 2018.
  4. MAMEDE-COSTA, C. & GOBBI, N. (1998)
  5. SCHRÖPEL, M. (2010)
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. WORMELL, D. (2013)
  10. ZIEGLER, T. (2002a)
  11. KLEIMAN, D. G. & RYLANDS, A. B. (eds., 2002)

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Freigegeben in Krallenaffen
Donnerstag, 14 Juni 2018 13:59

Tigerpython

Ordnung: Schuppenkriechtiere (SQUAMATA)
Unterordnung: Schlangen (SERPENTES)
Überfamilie: Wühl- und Riesenschlangenartige (Booidea / Pythonoidea)
Familie: Pythons (Pythonidae)

D VU 650

Tigerpython

Python molurus / bivittatus • The Asiatic Rock Python • Le python molure

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus) im Zoo Basel © Thomas Jermann, Basel

 

 

305 004 019 006 python molurus bivittatus map
Approximative Verbreitung der Tigerpythons. Rot: molurus; dunkelblau: bivittatus; violett: Hybridzone

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus) im Luisenpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus), Farbmutation, im Reptilienhaus Unteruhldingen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus), Farbmutation, im Reptilienhaus Unteruhldingen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus), "Golden Thai Tiger"-Farbmutation, im Tropenaquarium Hagenbeck © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus), "Golden Thai Tiger"-Farbmutation, im Touroparc Romenèche-Thorins © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus) im Zoo-Aquarium Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

305 004 019 006 python molurus bivittatus wilh PD4
Dunkler Tigerpython (Python molurus bivittatus) in der Wilhelma Stuttgart. Bei der Häutung trüben sich die Augen, weil die das Auge überdeckende

 

 

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Skelett eines Dunkeln Tigerpythons (Python molurus bivittatus) im Terrariet Vissenberg © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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"Tigerschlange (Python molurus). Bild aus aus Brehms Thierleben (1882-1887)

 

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Tigerpythons sind mit bis zu 7 m Länge wahre Riesen und gehören zu den Prototypen der Würgeschlangen, die selbst mittelgroße Hirsche töten und verschlingen können. Sie werden sehr häufig im Zoo gezeigt

Körperbau und Körperfunktionen

Die meisten Tiere werden nicht länger als 3.7 m, es gibt jedoch zuverlässige Belege über 6 m lange und Berichte über gegen 8 m lange Individuen. Der Kopf ist ziemlich klein, dreieckig und deutlich vom Hals abgesetzt, der Körper relativ plump, der Schwanz mäßig lang und greiffähig. Das Auge ist mäßig groß und hat eine Schlitzpupille. Grubenorgane zur Ortung von Wärmeunterschieden finden sich nur an den ersten beiden oberen Labialschuppen. Es sind Analsporen vorhanden. Die Grundfärbung ist weißlich bis hellbraun. Sie wird bis auf ein Gittermuster überlagert von hell- oder dunkelbraunen, oft schwärzlich gesäumten Flecken. Auf dem Kopf befindet sich ein Y-förmiger Fleck [3; 5; 6; 8].

Verbreitung

Süd- und Südostasien: Bangladesch, Burma, Südchina, Hongkong, Indien, Indonesien (fehlt auf Sumatra und Borneo, kommt in Java, Bali, Sulawesi und den kleinen Sundainseln Lombok und Sumbawa vor), Kambodscha, Laos, Malaysia, Nepal, Pakistan, Sri Lanka, Thailand, Vietnam: Bei den Vorkommen in Indonesien stellt sich Frage, ob es sich um Reliktbestände handelt, oder ob die Populationen auf vom Menschen verschleppte Tiere zurückgehen [1; 9; 10].

Lebensraum und Lebensweise

Der tag- wie nachtaktive Tigerpython besiedelt unterschiedliche Lebensräume wie Grasland, Sümpfe, Flussauen, Wälder und felsiges Gelände, aber stets in Wassernähe. Das Nahrungsspektrum umfasst größere Säugetiere (z.B. Hirsche], Vögel sowie Reptilien und Amphibien. Wie alle Arten seiner Familie ist der Tigerpython eierlegend. Die aus 20-50 und bis zu 100 Eiern [6; 7; 8; 11].

Gefährdung und Schutz

Nach einer Beurteilung aus dem Jahr 1996 wurde der Tigerpython als Art molurus als potenziell gefährdet (Rote Liste: NEAR THREATENED) eingestuft. Dies wurde 2019 überprüft und bestätigt. bivittatus, 2009 als eigene Art beschrieben, gilt aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2011 als gefährdet (VULNERABLE) [9].

Der internationale Handel mit Exemplaren der Nominatform ist nach CITES Anhang I eingeschränkt, jener mit Exemplaren der Unterart bivittatus ist nach Anhang II geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Über den Tigerpython gibt es aus dem Altertum phantasievolle Berichte. So soll der seleukidische Diplomat MEGASTHENES (360-290 v. Chr.), der Gesandter am Königskof des indischen Maurya-Reichs war, geschrieben haben, in Indien würden die Schlangen so groß, dass sie Hirsche und Ochsen ganz verschlingen könnten [2]. Von dieser Mär stammt übrigens der Name "Boa", denn Rind heißt auf Altgriechisch "βοῦς". Faktisch machen sich Tigerpythons bestenfalls dadurch unbeliebt, dass sie gelegentlich in Stallungen eindringen und Hühner oder Schweine erbeuten [6].

Die Art befindet sich im Reptilleder- und Heimtierhandel. Von 2001-2016 meldete Vietnam die Ausfuhr von 15'006, Malaysia jene von 3 Wildfängen von P. m. bivittatus. Im selben Zeitraum wurde von den südostasiatischen Ländern die Ausfuhr von 72'289 Häuten sowie zahlreicher anderer Teile und Erzeugnisse gemeldet. P. m. molurus wurden weder lebend noch tot mit CITES-Dokumenten aus den Ursprungsländenr ausgeführt. Ebenfalls von 2001-2016 wurden weltweit 92 Nachzuchttiere von P. m. molurus und 140'785 von P. m. bivittatus international verschoben. Wichtigste Ausfuhrländer waren Vietnam mit über 110'000 und Tschechien mit über 26'000 Tieren [4].

Haltung

Der Tigerpython gehört zu den "Gefahrtieren", deren Haltung in manchen deutschen Bundesländern unter sicherheitspolizeilichen Aspekten eingeschränkt oder geregelt ist. Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) und der Verband Deutscher Verein für Aquarien- und Terrarienkunde (DVA) haben zu dieser Thematik einen Leitfaden herausgegeben [12]. Für die Haltung wird ein sehr geräumiges, beheiztes, mit UV-Lampen ausgestattetes Feuchtterrarium mit fest eingebautem Wasserbecken empfohlen, das ein Drittel bis die Hälfte der Grundfläche einnehmen soll. Ein Kletterbaum ist nicht unbedingt erforderlich. Als Bodensubstrat eignen sich z.B. Torf oder Rindenmulch. Die Lufttemperatur soll tagsüber 24-30ºC betragen, nachts etwa 6ºC weniger. Die Wassertemperatur soll bei 22-28ºC liegen. Eine angemessene Temperatur wird durch eine teilweise unter dem Badebecken befindliche Bodenheizung in Kombination mit Wärmelampen erreicht. Die Beleuchtung soll 12-14 Stunden in Betrieb sein [5; 6; 9].

Von dem etwas größeren bivittatus werden häufig Albinos und andere Farbmutationen gehalten. Die sogenannten "Golden Thai Pythons" gehen alle auf ein einziges Männchen zurück, das 1979 in Nordost-Thailand gefunden wurde und im Pata-Zoo in Bangkok, der sich im 6./7. Stock des Pata-Kaufhauses befindet, mit einem normalfarbigen und einem ebenfalls teilalbinotischen Weibchen verpaart wurde. Die Nachzucht wurde anfänglich zu Phantasiepreisen von 5'000 USD / Stück gehandelt [11]. In den USA, wo die private Wildtierhaltung wenig reguliert ist, wurden Tigerpythons in Florida von überforderten Haltern freigelassen und haben in den Everglades und anderswo auf dem Festland, auf den Florida Keys und auf Puerto Rico umfangreiche Populationen gebildet, die mittlerweile bekämpft werden [9].

Haltung in europäischen Zoos: Wildfarbene Tigerpythons werden in etwa 290 Institutionen gezeigt, von denen sich etwa 50 im deutschsprachigen Raum befinden. Mit Abstand am häufigsten zu sehen ist der Dunkle Tigerpython (Python (molurus) bivittatus). Etwa 80 Zoos halten  nur oder zusätzlich Farbmutanten. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll ein Terrarium für zwei über 2.5 m lange Tiere mindestens 0.75x so lang und 0.5x so breit sein wie die Gesamtlänge eines Tieres. Die Höhe soll die Hälfte der Gesamtlänge betragen. Für jedes weitere Tier ist das Terrarienvolumen unter Beibehaltung der Proportionen um 20% zu erhöhen.Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege vor, dessen Grundfläche dem 1.0x0.5-fachen und dessen Höhe dem 0.75-fachen der Gesamtlänge eines Tiers entsprechen. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für 1-2 erwachsene Tiere eine Grundfläche von 2 m² bei einer Höhe von 180 cm. Für jedes weitere Adulttier ist die Grundfläche um 0.8 m² zu erhöhen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Tigerpython wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Coluber molurus" beschrieben. Der Name Python molurus geht auf John Edward GRAY (1842)von der Londoner zoologischen Gesellschaft zurück. In der Regel werden zwei Unterarten (bzw. seit 2009 zwei Arten) anerkannt: Python molurus molurus  aus dem vorderindischen und Python molurus bivittatus  aus dem hinterindischen Raum. Eine dritte Unterart (pimbura ) wurde aus Sri Lanka beschrieben, aber die Unterschiede zu molurus  wurden schon bald einmal als nicht ausreichend betrachtet, um eine Unterart zu rechtfertigen. Der Tigerpython ist nahe mit dem Afrikanischen Felsenpython (Python sebae) verwandt [1; 5; 10].

Literatur und Internetquellen

  1. BELLOSA, H., DIRKSEN, L. & AULIYA M. (2007)
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  4. CITES TRADE DATA BASE
  5. MATTISON, C. (2007) 
  6. MEHRTENS, J. M. (1993)
  7. NIETZKE, G. (1969)
  8. O'SHEA, M. & HALLIDAY, T. (2002)
  9. STUART, B., NGUYEN, T.Q.et al. (2012). Python bivittatus. The IUCN Red List of Threatened Species 2012: e.T193451A2237271. http://www.iucnredlist.org/details/193451/0. Downloaded on 14 October 2017 und
    AENGALS, A., DAS, A., MOHAPATRA, P. et al. 2021. Python molurus. The IUCN Red List of Threatened Species (2021): e.T58894358A1945283. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-2.RLTS.T58894358A1945283.en. Accessed on 23 July 2023.
  10. THE REPTILE DATA BASE (P. bivittatus)
  11. TRUTNAU, L. (2002)
  12. DGHT/DVA (Hrsg. 2014)

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Freigegeben in Pythons
Donnerstag, 14 Juni 2018 12:46

Rote Elefantenspitzmaus

Überordnung: AFROTHERIA
Taxon ohne Rang: AFROINSECTIPHILIA
Ordnung: Rüsselspringer (MACROSCELIDEA)
Familie: Rüsselspringer (Macroscelididae)

D LC 650

Rote Elefantenspitzmaus

Elephantulus rufescens • The Rufous Elephant-shrew or Rufous Sengi • Le macroscélide roux

103 008 001 00X elephantulus rufescens koeln KR2
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Kölner Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

103 008 001 00X elephantulus rufescens map (6)
Approximative Verbreitung der Roten Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens)

 

103 008 001 00X elephantulus rufescens MS PD
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Allwetterzoo Münster © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

PM 2015 03 06 MD ruesselspringer
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Zoo Magdeburg © Zoo Magdeburg

 

103 008 001 00 elephantulus rufescens köln PD1
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Kölner Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

103 008 001 00X elephantulus rufescens koeln KR1
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Kölner Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

103 008 001 00X elephantulus rufescens münster
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Allwetterzoo Münster © Allwetterzoo

 

103 008 001 008 elephantulus rufescens koeln KR3 (1)
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Kölner Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

103 008 001 008 elephantulus rufescens koeln KR4 (2)
Rote Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) im Kölner Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

103 008 001 008 elephantulus rufescens skull FieldMus
Schädel einer Roten Elefantenspitzmaus (Elephantulus rufescens) © Field Museum of Natural History, Chicago (Aufnahme von Rebecca A. Banasiak). Übernommen unter der CC BY-NC 4.0-Lizenz.

 

Weitere Bilder auf BioLib

Die Rote Elefantenspitzmaus ist ein wenig bekannter Kleinsäuger, der durch seine Gestalt fasziniert und als tagaktives Tier das Zoopublikum zu interessieren vermag. Auffällig sind ihre namengebende, lange und bewegliche Schnauze, mit der sie nach Insekten sucht, sowie die verlängerten Fersen, die ihr Sprungvermögen erhöhen und ihr eine schnelle Flucht ermöglicht. Leider ist die als Botschafter für Naturschutz in Ostafrika bestens geeignete Art in europäischen Zoos noch nicht häufig zu sehen.

Körperbau und Körperfunktionen

Rote Elefantenspitzmäuse erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 10-20 cm, eine Schwanzlänge von etwa 11-16 cm und ein Gewicht von 57 205 (47-70) g. Das Fell ist lang und weich, seine Farbe ziemlich variabel, sandfarben, graubraun oder braunorange, auf der Unterseite weiß oder hellgrau. Es sind weiße Ringe um die großen Augen und ein dunkler Wangenfleck vorhanden. Bei Erwachsenen sind Hände und Füße weiß, bei Jungtieren braun. Die Schnauze ist mäßig verlängert. Die Hinterbeine sind länger als die vorderen, an allen Füßen befinden sich 5 Zehen. Der Schwanz ist dünn und nur spärlich behaart. Im Bereich des Brustbeins befindet sich eine Duftdrüse, die zur Territoriumsmarkierung eingesetzt wird. Die Weibchen haben drei Paar Zitzen. Die Hoden befinden sich in der Bauchhöhle [1; 2; 3; 7].

Verbreitung

Ostafrika : Äthiopien, Kenia, Somalia, Sudan, Tansania, Uganda [4].

Lebensraum und Lebensweise

Die Rote Elefantenspitzmaus besiedelt unterschiedlichste Lebensräume wie Regenwald, Trockensvannen, Dornbusch, Grassteppen, Dünen und Wüsten. Die Tiere sind überwiegend tag- und dämmerungsaktiv. Zum Schlafen benützen sie aufgegebene Nagetierbaue, Termitenbaue, natürliche Felshöhlen und -spalten sowie Hohlräume unter umgefallenen Baumstämmen. Manche Tiere bauen auch Nester. Sie leben einzeln oder in lockeren monogamen Paarbeziehungen, in der die Weibchen dominieren, sind territorial und patrouillieren ihre etwa ein Drittel ha großen Territorien auf einem festen System von Wechseln. Die Territoriumsmarkierung erfolgt mittels Duftmarken der Sternaldrüse und vermutlich mit Urin und Kot.

Die Tiere ernähren sich von Wirbellosen wie Erntetermiten (Odontotermes), Ameisen, Käfern, Grillen und Heuschrecken, nehmen aber auch Pflanzenmaterial, etwa Früchte der Lippenblütler-Art Premna resinosa zu sich. Die weibchen können mehrmals im Jahr trächtig werden. Nach einer Tragzeit von 57-65 Tagen wird meist ein einzelnes Junges geboren, bisweilen zwei. Die bei der Geburt etwa 10 g schweren Jungen sind weit entwickelt und verlassen das Nest bereits nach 1-2 Tagen. Mit 25-30 (18-36) Tagen werden sie entwöhnt. Mit 50 Tagen sind die jungen Weibchen bereits geschlechtsreif. Die Weibchen können bereits einen Tag nach einer Geburt wieder erfolgreich gedeckt werden [1; 2; 4].

Gefährdung und Schutz

Die Art hat eine sehr weite Verbreitung, nutzt unterschiedliche Lebensräume und kommt in zahlreichen Schutzgebieten vor. Aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2013 wurde sie deshalb als nicht-gefährdet eingestuft, obwohl es keine Angaben über die Bestandsentwicklung gibt [4].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Die Rote Elefantenspitzmaus wird in der Malariaforschung eingesetzt [1].

Haltung

Im Frankfurter Zoo wurden Rote Elefantenspitzmäuse mit Buschschliefern vergesellschaftet.

1976 erhielt der National Zoo in Washington D.C. 22 Rote Elefantenspitzmäuse. Die Tiere wurden in Behältern von 0.55, 1.40 und 6.58 m² gehalten. Von den meisten Tieren gab es Nachzuchten, allein 1977-78 wurden von 25 Weibchen 106 Junge in 77 Würfen geboren, die zum Teil an andere Zoos abgegeben wurden. Trotz erfolgreicher Zucht über mehrere Generationen erlosch der Bestand 1985 aus unbekannten Gründen [8; 9].

Nach WEIGL erreichten mehrere in Nordamerika gehaltene Individuen ein Alter von über 7 Jahren [5]. Die mittlere Lebensdauer gehaltener Tiere wird mit 3.5 Jahren angegeben, bei wildlebenden Tiere wird von 1-1.5 Jahren ausgegangen [1].

Haltung in europäischen Zoos: In Europa wird die Art nur in sehr wenigen Zoos gehalten, gegenwärtig (Ende 2022) nur noch in Frankfurt und Düsseldorf. Die Tiere gehen auf die Zucht des Kölner Zoos zurück. Für Details siehe Zootierliste.

2008 bezog der Kölner Zoo von einem Privathalter in Tansania 2.2 Wildfänge. Nach einer Totgeburt kam es am 12. Dezember 2009 zur europäischen Erstzucht. Auch ein Paar bestehend aus einem Wildfang-Weibchen und einem in Köln geborenen Männchen hat erfolgreich gezüchtet. Bis 2014 kamen in Köln 28 Jungtiere zur Welt, von denen ein Teil an verschiedene Zoos abgegeben wurde, wo manchenorts auch die Nachzucht gelang [3; 8].

Mindestanforderungen an Gehege: Weder im Säugetiergutachten 2014 des BMEL noch in den Verordnungen Österreichs und der Schweiz wird auf die Art Bezug genommen. Im Säugetiergutachten heißt es lediglich, dass andere Elefantenspitzmäuse mehr Platz brauchten als der Kurzohr-Rüsselspringer.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Rote Elefantenspitzmaus wurde 1878 von Wilhelm Karl Hartwig PETERS, dem zweiten Direktor des Zoologischen Gartens Berlin als "Macroscelides rufescens" beschrieben. Später kam sie in die von dem englischen Zoologen Michael Rogers Oldfield THOMAS und seinem deutschen Berufskollegen Harold SCHWANN 1906 aufgestellte Gattung Elephantulus, welche gegenwärtig 10 Arten umfasst Es werden meist 6 verschiedene Unterarten unterschieden [2; 6].

Literatur und Internetquellen

  1. ANIMAL DIVERSITY WEB
  2. KINGDON, J., HAPPOLD, D., BUTYNSKI, T. HOFFMANN, M., HAPPOLD, M., KALINA, J. (Hrsg. 2013)
  3. OLBRICHT, G. & SLIWA, A. (2010)
  4. RATHBUN, G.B. (2015). Elephantulus rufescens. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T42664A21289073. http://www.iucnredlist.org/details/42664/0. Downloaded on 23 May 2018.
  5. WEIGL, R. (2005)
  6. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. OLBRICHT, G. & SLIWA, A. (2014)  
  9. RATHBUN, G.B., BEAMAN, P. & MALINIAK, E. (1981)

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Freigegeben in Afrotheria
Donnerstag, 14 Juni 2018 12:45

Blütenfledermaus

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Fledertiere (CHIROPTERA)
Unterordnung: Fledermäuse (Microchiroptera)
Überfamilie: Hasenmaulartige (Noctilionoidea)
Familie: Blattnasen (Phyllostomidae)
Unterfamilie: Blütenfledermäuse (Glossophaginae)

D LC 650

Blütenfledermaus

Glossophaga soricina • The Pallas's Long-tongued Bat • Le glossophage de Pallas

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Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) mit ausgestreckter Zunge © Betty Wills, Wikimedia Commons, License CC-BY-SA 4.0

 

 

 

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Approximative Verbreitung der Blütenfledermaus (Glossophaga soricina)

 

 

 

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Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) im Tiergarten Nürnberg © Carl-Peter Herbolzheimer / Tiergarten Nürnberg

 

 

 

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Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) im Tiergarten Nürnberg © Der Sushi / Tiergarten Nürnberg

 

 

 

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Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) im Tiergarten Schönbrunn © Norbert Potensky / TG Schönbrunn

 

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Die neuweltlichen Blattnasen sind die einzige Fledermausfamilie, von der mehrere Arten regelmäßig und in größerer Zahl in europäischen Zoos gezeigt werden. Geeignet sind insbesondere Arten, die sich auf den Verzehr von Nektar, Früchten oder Blut spezialisiert haben, wie die harmlose und daher für begehbare Anlagen geeignete Blütenfledermaus, deren Nahrung hauptsächlich aus Nektar und Pollen besteht.

Körperbau und Körperfunktionen

Die Kopf-Rumpflänge der Blüten- (oder Blumen-)fledermaus beträgt 54-55 mm, der Schwanz ist 7-8 mm lang, das mittlere Gewicht liegt bei etwa 9.5 g. Die Zunge ist sehr lang und vorne mit bürstenartigen Papillen versehen [2; 3].

Verbreitung

Mittel- und Südamerika, von Mexiko im Norden bis nach Nordargentinien im Süden: Argentinien, Belize, Bolivien, Brasilien, Costa Rica, El Salvador, Französisch Guyana, Grenada, Guyana, Honduras, Jamaika, Kolumbien, Mexiko (Sonora, Tamaulipas), Nikaragua, Panama, Paraguay, Peru, Surinam, Trinidad und Tobago, Venezuela [1].

Lebensraum und Lebensweise

Die hauptsächlich Nektar fressende Blütenfledermaus sucht ihre Nahrung in Wäldern, auf Landwirtschaftsland und in Gärten und Parks. Sie schläft in natürlichen Höhlen, Tunnels oder Gebäuden, zumeist in großen Kolonien - in einem verlassenen Haus in Brasilien wurden über 2'000 Individuen gezählt - und oft in Gesellschaft von Brillenblattnasen (Carollia perspicillata). Bestimmte Pflanzen haben sich im Laufe der Zeit speziell an die Bestäubung durch Fledermäuse angepasst. Ihre großen Blüten öffnen sich nachts und können von den Tieren leicht angeflogen werden, die im Schwirrflug den süßen Nektar aus den Blüten lecken und diese dabei Bestäuben. Weil Blüten mittels Echoortung nur schwer aufzuspüren sind, orientieren sich die Fledermäuse bei der nächtlichen Nahrungssuche an ultraviolettem Licht, das von den Blüten reflektiert wird und von den an sich farbenblinden Fledermäusen wahrgenommen werden kann. Wenn Nektar knapp ist, werden auch Insekten gefressen. Die Weibchen können pro Jahr 2-3mal ein einzelnes Junges zur Welt bringen [1; 2; 3; 4].

Gefährdung und Schutz

Die Blütenfledermaus wird aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 nicht als gefährdet angesehen, da sie weit verbreitet ist, eine große Gesamtpopulation hat, auch in Schutzgebieten vorkommt und bis zu einem gewissen Grad auch veränderte Lebensräume nutzen kann. (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Die Art wird weder genutzt noch richtet sie Schäden an [1].

Haltung

Blütenfledermäuse werden gerne freifliegend in für Besucher begehbaren Tropen-oder Nachttierhallen gehalten. Eine Vergesellschaftung mit vielen anderen Tieren ist möglich. Sie sind unter Zoobedingungen recht langlebig. Den Altersrekord hält ein im Henry Doorley Zoo, Omaha, geborenes Weibchen, das dort nach 17 Jahren immer noch am Leben war [5].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 10 Zoos gehalten, die sich überwiegend im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Die im Säugetiergutachten 2014 des BMEL vorgegebenen Zahlen entbehren einer wissenschaftlichen Grundlage und sind, zumindest wenn es um große Kolonien geht, aus der Sicht der tierhalterischen Praxis überzogen. Grundsätzlich sollte keine Mindestfläche, sondern nur ein Volumen vorgegeben werden. Das Gutachten’96 gab für kleine Fledermäuse keine Gehegedimensionen an. Es empfiehlt sich, die Beurteilung der Haltung von Kleinfledermäusen darauf abzustellen, ob bei der in einer Haltung gegebenen Besatzdichte Probleme auftreten oder nicht.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 20 Tiere eine Grundfläche von 10 m² bei einer Höhe von 2 m vor, für jedes weitere sind 0.2 m² zusätzliche Fläche erforderlich. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für bis zu 20 Tieren eine Grundfläche von 20 m² und eine Höhe von 2.5 m erforderlich, für jedes weitere Tier ist die Grundfläche um 2 m² zu erhöhen. Letzteres ist unsinnig, nachdem für die ersten 20 nur eine Fläche von 1 m² pro Tier verlangt wird.

 Taxonomie und Nomenklatur

Die Blütenfledermaus wurde 1766 vom Berliner Naturforscher Peter Simon PALLAS, den Katharina die Große als Professor nach Petersburg berufen hatte, als "Vespertilio soricinus" beschrieben. Étienne GEOFFROY SAINT-HILAIRE, der Begründer des ersten bürgerlichen Zoos, der Ménagerie im Jardin des Plantes von Paris, stellte sie als Typusart in die von ihm neugeschaffene Gattung Glossophaga. Die Gattung umfasst vier Arten, von G. soricina werden gegenwärtig fünf Unterarten anerkannt [6; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. BARQUEZ, R. et al. (2015). Glossophaga soricina. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T9277A22107768. http://www.iucnredlist.org/details/9277/0. Downloaded on 20 July 2018.
  2. EISENBERG, J. F. (1989)
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. PM TIERGARTEN NÜRNBERG
  5. WEIGL, R. (2005)
  6. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Dienstag, 24 Oktober 2017 12:40

Europäischer Maulwurf

Überordnung: Insektenfresser (INSECTIVORA / EULIPOTYPHLA)
Ordnung: Spitzmausverwandte (SORICOMORPHA)
Familie: Maulwürfe (Talpidae)
Unterfamilie: Altweltmaulwürfe (Talpinae)

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Europäischer Maulwurf

Talpa europaea • The European Mole • La taupe d'Europe

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Maulwurf (Talpa europaea) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Approximative Verbreitung des Europäischen Maulwurfs (Talpa europaea)

 

 

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Maulwurf (Talpa europaea) © Mike Jordan, Chester Zoo

 

 

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Maulwurfshügel in Tiergehege im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Maulwurfshügel im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Maulwurf (Talpa europaea) im Zoo Osnabrück - Pressefoto Zoo Osnabrück

 

 

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Maulwurf (Talpa europaea) im Zoo Osnabrück - Pressefoto Zoo Osnabrück

 

 

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Europäischer Maulwurf (Talpa europaea). Schädel in der Sammlung des Museums Wiesbaden © Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden. Veröffentlicht unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported-Lizenz

 

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Europäische Maulwürfe (Talpa europaea). Abbildung aus aus BREHMs Thierleben (1882-1887)

 

 

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Der kleine Maulwurf "Krtek ". Zeichentrickfigur des tschechischen Zeichner Zdeněk Miler (1957-2002)

 

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Der Maulwurf ist eine Tierart, die Alle kennen, aber nur Wenige schon lebens gesehen haben. In Zoos hat es bislang kaum eine nachhaltige Haltung oder gar Zucht gegeben. Meistens wurden Einzeltiere gehalten, die nach einigen Monaten verstarben.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Europäische Maulwurf erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 10-16 cm, eine Schwanzlänge von 14-45 mm und ein Gewicht von 36-130 g. Männchen sind größer als Weibchen, im Mittel wiegen sie 85 g, gegenüber 75 g bei den Weibchen. Der gedrungene Leib ist walzenförmig und geht ohne abgesetzten Hals in den kleinen Kopf über, welcher sich seinerseits zu einem Rüssel verlängert und zuspitzt, während Augen und Ohren äußerlich kaum oder nicht sichtbar sind. Unter den Sinnen sind Geruch, Gehör und Tastsinn besonders ausgebildet, während der Gesichtssinn sehr verkümmert ist. Die Augen haben einen Durchmesser von nur etwa 1 mm und sind meist unter einer Hautfalte verborgen. Der dünn behaarte Schwanz dient als Tastorgan, auch die Vordergliedmaßen und die Schnauze sind mit Vibrissen versehen. Auffällig sind die breiten Grabhände, deren Innenflächen nach außen gedreht sind. Nase und Füße sind  fast nackt. Die Farbe des kurzen, samtartigen Fells kann variieren, ist jedoch meistens schwarz [3; 4; 5; 6; 9].

Verbreitung

Europa: Albanien, Andorra, Austria, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Mazedonien ehem Jug. Rep., Moldawien, Monaco, Montenegro, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Russland bis Mittelsibirien, Süd-Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Weißrussland [1; 4].

Lebensraum und Lebensweise

Ursprünglich war der Maulwurf in Laubwäldern zuhause, bevölkerte jedoch schnell Ackerland und Weiden. Er kommt in Miteleuropa bis auf eine Höhe von 1'900 m überall dort vor, wo die Böden fruchtbar und tief genug sind, um Gänge zu graben. Er fehlt mangels Beutetieren in Sanddünen, Mooren und Nadelwäldern [6].

In der Natur bekommt man Maulwürfe selten zu Gesicht. Nur die zahlreichen Erdhügel, die so manchen Gärtner zur Verzweiflung treiben, verraten ihre Anwesenheit. Allerdings sollte man die Maulwurfshügel nicht mit den etwas kleineren der Schermäuse (Arvicola terrestris) verwechseln. Währenddem die Schermaus sich von Wurzeln, Knollen etc. ernährt, vergreift sich der Maulwurf niemals an Pflanzenmaterial. Ganz im Gegenteil, er verzehrt nebst Regenwürmern Unmengen von unterirdisch lebenden Pflanzenschädlingen. Die meisten Maulwurfgänge dienen dabei als raffinierte Fallen, denn sie liegen quer zu den Gängen von Würmern und Insektenlarven. Bei Ihren Auf- und Abwärtsbewegungen geraten diese Bodentiere in die Gänge und werden vom Maulwurf eingesammelt [2].

Ein- oder zweimal im Jahre wirft der weibliche Maulwurf zwischen drei bis fünf Junge. Die Kleinen wachsen ziemlich rasch heran und bleiben ungefähr einen oder zwei Monate bei ihrer Mutter [3].

Gefährdung und Schutz

Der Europäische Maulwurf ist eine Art der westlichen Paläarktis, wo er weit verbreitet und häufig ist. Er gilt daher aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2017 als nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt. In Deutschland ist der Maulwurf eine geschützte Art nach Anlage 1 zur Bundesartenschutzverordnung. In der Schweiz ist er nicht geschützt (anderslautenden Behauptungen in diversen Maulwurfs-Internetseiten sind falsch) und kann im Bedarfsfall bekämpft werden. Früher wurden in diesem Zusammenhang auch Fangprämien ausgerichtet.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Früher wurden Maulwurfsfelle in großer Zahl zu Pelzwaren verarbeitet, obwohl sie wenig dauerhaft waren. In den 1920/30er Jahren waren sie groß in Mode. Im Jahr 1930 gelangten 20 Millionen Fellchen auf den Markt [5].

Kulturelle Bedeutung: 1957 erfand der tschechische Zeichner Zdeněk Miler die Trickfilmfigur "Der kleine Maulwurf", im Original "Krtek" oder "Krteček", der die Hauptrolle in 63 Episoden einer Fernsehserie spielte, die im deutschsprachigen Raum vor allem im Rahmen der vom WDR produzierten "Sendung mit der Maus" oder des "Sandmännchens" des Fernsehens der DDR bekannt wurde. Mehrere Episoden wurden zu einem Kinofilm zusammengefasst, und die Figur wurde zum Thema zahlreiche Kinderbücher, Malbücher und Plüschfiguren. Kinderbücher gibt es auch von anderen Autoren, so z.B. "Der Maulwurf Grabowski" von Luis Murschetz [diverse Internetquellen].

Haltung

Es liegt vermutlich an seiner versteckten Lebensweise, dass der Maulwurf zu den am wenigsten erforschten europäischen Säugetieren gehört. Die Tiere sind sehr stressempfindlich und es ist kaum möglich, sie außerhalb ihres natürlichen Lebensraumes zu halten. Das Haltungssystem im Zoo Osnabrück hatten die Zoomitarbeiter gemeinsam mit Prof. Dr. Günter R. Witte von der Universität Kassel entwickelt. Als Einzelgänger bewohnten die Maulwürfe auch im "Unterirdischen Zoo" in Osnabrück getrennte Gangsysteme. Außerdem stand ihnen ein Bereich zur Verfügung, in dem sie in der Erde graben und eine Nestkammer, in der sie ruhen und Nahrung einlagern konnten [PM Zoo Osnabrück].

Als Höchstalter unter Zoobedingungen werden 11 Monate angegeben, die ein Maulwurf im Zoo von Helsinki erreichte [7], eine andere Angabe lautet auf 5 Jahre [4].

Haltung in europäischen Zoos: Maulwürfe waren in Zoos stets selten. Meist wurden Einzeltiere gehalten, die nie sehr alt wurden. Vor ein paar Jahren waren Maulwürfe z.B. Im Zoo Dresden oder im Zoo Osnabrück zu sehen, gegenwärtig (2023) gibt es keine mehr. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es keine konkreten Mindestanforderungen für die Haltung von Maulwürfen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Europäische Maulwurf wurde 1758 von Carl von  LINNÉ unter seinem heute noch gültigen Namen beschrieben. Damals war er die einzige bekannte Art, mittlerweile werden 12 Arten unterschieden, von denen eine, der Blindmaulwurf (Talpa caeca SAVI, 1822), auch in der Südschweiz (Tessin und Bergell) vorkommt. Das Auftreten von Talpa caeca, die nur 34 Chromosomen aufweist, überlappt sich dort mit jenem von Talpa europaea, die ein Chromomenpaar mehr hat. Talpa europaea gilt als monotypisch, nachdem mehrere frühere Unterarten als eigene Arten verselbständigt wurden [1; 6; 8].

Literatur und Internetquellen

  1. AMORI, G. et al. (2017). Talpa europaea. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T41481A22320754. http://www.iucnredlist.org/details/41481/0. Downloaded on 15 May 2018.
  2. BARKHAUSEN, A. (2003)
  3. BREHM, A. E. (1882-1887)
  4. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  5. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  6. HAUSSER, J. et al. (Hrsg., 1995)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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