Donnerstag, 14 Juni 2018 18:45

JONES, B. (1987)

Zum Sozialverhalten zweier Zoo-Populationen des Bennett-Wallaby.

Diplomarbeit

Zoologisches Institut, Universität Erlangen
Leitung: Prof. Dr. O. Helversen, Dr. U. Ganslosser
Zoo Vivarium Darmstadt und Tiergarten Nürnberg

Zusammenfassung:

Die sozialen Interaktionen zweier Bennettwallabygruppen wurden in ca. 300 Beobachtungsstunden protokolliert, dann in die Einzelelemente aufgegliedert und als solche definiert und beschrieben. Die so geschaffenen Elemente wurden in fünf Funktionskreise des Sozialverhaltens eingeordnet. Es handelt sich hierbei um:

  • Neutrale Verhaltenselemente: wie z. b. langsames Sich-Nähern oder Weggehen, die beim Partner keine freundliche oder negative Reaktion hervorrufen, sondern lediglich indifferentes Verhalten, meist verbunden mit einer Identitätskontrolle ohne weitere Interaktionen darstellen. Das Auftreten der Elemente dieses Verhaltenskreises ist oft rein zufällig, bedingt z. B. durch Ortsveränderungen beim Grasen, die zwei Bennenttwallabies zusammentreffen lassen.
  • Bindungsfördernde Verhaltensweisen: wie etwa Armauflegen, Zusammensitzen oder Belecken. Die Elemente dieses Funktionskreises dienen dazu, den Gruppenzusammenhalt der Bennettwallabies zu stärken und freundliche Intention dem Partner gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Da die Sozialstruktur von M rufogriseus nicht stark ausgeprägt ist erscheint das gruppenbindende Verhalten für ein mehr oder weniger aggressionsfreies Zusammenleben in der Gruppe besonders wichtig.
  • Agonistisches Verhalten: also diejenigen Elemente, die eine aggressive Motivation erkennen lassen oder die unmittelbare Reaktion auf aggressives Verhalten darstellen,wie z. B. Beißen, Treten oder Flucht. Verhaltensweisen aus diesem Funktionskreis treten oft in Anschluß an sexuell motivierte Elemente auf, wohl deswegen, weil die weiblichen Tiere meist aggressiv auf derartige Avancen reagieren.
  • Sexualverhalten, das alle Elemente umfasst, die beim eindeutig sexuell motivierten Kontakt zwischen männlichen und weiblichen Tieren gezeigt werden. Wie oben erwähnt kommt es zwischen Männchen und Weibchen öfter zu aggressiven Interaktionen, deren Elemente aber nicht zum Sexualverhalten gerechnet werden.
  • Mutter-Kind-Verhalten und Spiel: in diesen Funktionskreis wurden diejenigen Elemente aus den vorgestellten Verhaltensgruppen eingeordnet, die zwischen juvenilen Bennettwallabies oder zwischen juvenilen Tieren und ihren Müttern auftraten. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Verhaltensweisen aus dem Aggressions-, Sexual- und bindungsfördernden Verhalten, die von den Jungtieren spielerisch in meist abgeschwächter Form gezeigt wurden.

Nachdem über die t-Werte bestätigt wurde, dass beide Geschlechter in beiden Tiergruppen alle Verhaltensweisen mit aus der gleichen Normalverteilung stammenden Häufigkeit ausführen, wurde anhand von graphischen Darstellungen und berechneten Prozentanteilen der Geschlechter am Auftreten eines Elementes ein Überblick über auffällige Präferenzen der männlichen und weiblichen Bennettwallabies erstellt.
Die Ergebnisse zeigen das Folgende:

  • Von Männchen häufig gezeigte Verhaltensweisen gehören alle in die Funktionskreise „agonsistisches Verhalten“ und „Sexualverhalten“, was durch die in der Literatur beschriebene größere Aktivität männlicher Bennettwallabies in diesen Gebieten gut verständlich ist. Das Sexualverhalten der Weibchen beschränkt sich meist auf ein Mit-sich-geschehen-lassen; in den seltensten Fällen werden die Weibchen als erstes aktiv
  • Von Weibchen häufig gezeigte Verhaltensweisen lassen sich der passiv abwehrenden Rolle der weiblichen Bennettwallabies entsprechend in die Funktionskreise „Aggression“ (= agonistisches Verhalten), „Neutrales Verhalten“ und „bindungsförderndes Verhalten einordnen. Hierbei ist das Auftreten gruppenbindender Verhaltenselemente auf die Interaktionen mit Jungtieren sowie auf die generell freundlichere Grundmotivation der weiblichen Bennettwallabies zurückzuführen.

Um das Verhalten der beiden Tiergruppen in Darmstadt und Nürnberg direkt miteinander vergleichen zu können, wurden sämtliche Daten für jedes Einzelelement auf eine Beobachtungsstunde gemittelt. Daraufhin wurden die Werte repräsentativer Elemente der einzelnen Funktionskreise zu Gesamtwerten zusammengefasst und wiederum über die t-Werte untersucht (Wie auch bei den oben beschriebenen Untersuchungen wurden die von den juvenilen Wallabies gezeigten Elemente nicht untersucht, da hierzu keine vergleichbaren Werte für beide Gruppen zur Verfügung standen). Das Ergebnis zeigte bei allen Funktionskreisen, daß die Daten aus beiden Gruppen aus der gleichen Normalverteilung stammen. Ein Vergleich über die Prozentanteile der Funktionskreise am Gesamtverhalten zeigte, daß Elemente des neutralen Verhaltens rund 50 % des Sozialverhaltens von Bennettwallabies ausmachen.

Die übrigen Funktionskreise „agonistisches Verhalten“, „Sexualverhalten“ und „Bindungsförderndes Verhalten“ verteilen sich folgendermaßen:

  • Agonistisches Verhalten : durchschnittlich 14% (Darmstadt 18,8 %; Nürnberg 10,1 %)
  • Bindungsförderndes Verhalten: durchschnittlich 17 % (Darmstadt 13,5 %; Nürnberg 20,3 %)
  • Sexualverhalten: durchschnittlich 11 % (Darmstadt 9,07 &; Nürnberg 14,3 %)

Die obenstehenden Werte zeigen eine leichte Tendenz der Nürnberg Gruppe zu weniger aggressivem Verhalten, die auch schon während der Beobachtungszeit als subjektiver Eindruck vermerkt worden war. Die Anteile des Sexualverhaltens sind natürlich stark vom Östrus der Weibchen abhängig, können also nicht als für das ganze Jahr gültig  betrachtet werden.
Zusammenfassen kann man sagen, daß es keine statistisch Unterschiede im Sozialverhalten der Bennettwallabypopulationen von Darmstadt und Nürnberg gibt.

 

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx