Haltungsbedingungen

Gehegeplanung

Jaguaranlage im Krefelder Zoo Jaguaranlage im Krefelder Zoo
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Der Begründer der Tiergartenbiologie, der Schweizer Zoodirektor Hediger, hat einmal gesagt "nicht jede Ansammlung von Tieren ist ein Zoo".  Eine öffentliche Einrichtung mag zwar aufgrund ihres Tierbestands im Sinne der Zoo-Richtlinie der EU als "Zoo" gelten, um aber ihre Aufgaben optimal erfüllen zu können, bedarf es eines Gesamtkonzepts und einer sorgfältigen Planung der Gehege.

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Aus einem Landwirtschaftsbetrieb herausgewachsener "Zoo" im Neuenburger Jura, dem man die mangelnde Gesamt- und Gehegeplanung ansieht © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Denkmalgeschütze Gehege für Huftiere im Tiergarten Schönbrunn © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Denkmalgeschützes Zebragehege im Tiergarten Schönbrunn nach der Umgestaltung © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Innengehege für Schimpansen mit rein funktioneller Ausstattung im Dallas Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Außengehege für Schimpansen mit naturalistischer Gestaltung im Dallas Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Attersee-Aquarium für einheimische Fische im Alpenzoo Innsbruck © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Nachgebildete Moorlandschaft in einer begehbaren Voliere für einheimische Vögel im Wildpark Eekholt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Tiergehege im Zoo, einschließlich Volieren, Aquarien und Terrarien, sind stets ein Kompromiss zwischen den Anforderungen der Tiere, den Wünschen des Publikums und den Notwendigkeiten des Betriebs. Hinzu kommen Einschränkungen, die sich z.B. aus Topographie und Gesamtfläche des Zoos, Rücksichten auf die Anwohner, Finanzierbarkeit, Auflagen der Versicherungen und gesetzlichen Anforderungen, etwa des Umwelt-, Denkmal- oder Baumschutzes ergeben.

Im Vordergrund muss aber das Wohl der Tiere stehen. Gehege sind daher so zu gestalten und einzurichten, dass die Verletzungsgefahr für die Tiere gering ist, ihre Gesundheit nicht beeinträchtigt wird und sie sich darin sicher fühlen und arttypisch verhalten können. Dies bedeutet u. a., dass die Gehege im Grundriss keine spitzen Winkel oder Sackgassen aufweisen dürfen, dass in ihnen keine für die Tiere giftigen Pflanzen wachsen, dass ihre Böden keine Schäden an Füßen und Gelenken verursachen, dass ihre Einrichtung alle für die Tiere wesentlichen Fixpunkte beinhaltet, dass, wo erforderlich, Abtrenngehege vorhanden sind und dass sie, Großgehege allenfalls ausgenommen, nicht von allen Seiten für das Publikum einsehbar sind, damit die Tiere sich bei Bedarf zurückziehen können.

Nebst Tierwohl- und betrieblichen Aspekten sind die Ansprüche des Publikums zu berücksichtigen: Die Besucher kommen in den Zoo, um Tiere zu sehen. Das muss nicht unbedingt auf dem Präsentierteller sein, aber wenn eine Familie überwiegend an Gehegen vorbeiwandern muss, die scheinbar leer sind, hat der Zoo seinen Zweck verfehlt. Das Gehege soll also ein gewisses Maß an Sichtbarkeit gewährleisten.

Darüber hinaus soll das Gehege räumliche Nähe zwischen Besucher und Tier ermöglichen, überraschende Einblicke bieten, einen Eindruck von Großzügigkeit vermitteln, möglichst natürlich wirken und ästhetisch gestaltet sein, damit es  für die Besucher attraktiv ist. Währenddem es dem Affen vermutlich ziemlich egal ist, ob er auf einem kubistischen Gerüst herumklettert oder auf einem nachgemachten oder natürlichen Baum, spielt dies für die Wahrnehmung des Publikums eine entscheidende Rolle. Aus zoopädagogischen Gründen wird zudem oft versucht, Landschaft und Vegetation des natürlichen Lebensraums nachzuempfinden, auch wenn das bei Tieren aus manchen Ökozonen nicht ganz einfach ist. Dabei geht es darum, die Tiere so zu präsentieren, dass die Besucher auch ökologische Zusammenhänge erkennen können.

Die Planung von Gehegen ist deshalb ein äußerst komplexer, mit großem Aufwand verbundener Prozess, an dem eine breite Palette eigener Mitarbeiter (Kurator, Zootierarzt, Zoopädagoge, Tierpfleger, Gärtner, Handwerker) sowie, nebst dem Architekten, externe Fachleute unterschiedlichster Gebiete teilnehmen sollten. Dies sollte nicht nur für exotische Tierarten gelten, sondern auch für "gewöhnliche" einheimische, die durch geschickte Präsentation deutlich an Attraktivität und damit an edukativem Wert gewinnen, wie dies der ehemalige Direktor des New Yorker Bronx Zoos, Bill CONWAY, bereits 1973 anhand des Ochsenfroschs exemplarisch aufgezeigt hat.

Mit zur Planung gehört, sich über Anlagen für die entsprechenden Tiere in anderen Zoos zu informieren, sei es durch Besichtigung, das Einholen von Auskünften beim jeweiligen Zoo sowie das Konsultieren von Fachliteratur oder speziellen Internetauftritten wie der ZooLex Gallery der österreichischen Landschaftsarchitektin Monika FIBY. Dieser enthält nebst gegen 300 Gehegebeschreibungen auch eine umfangreiche Bibliographie sowie Fachartikel, wie z.B. über die Wichtigkeit einer Gesamtplanung (Masterplan) für den Zoo.

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 Literatur und Internetquellen

  1. CONWAY, W. G. (1973)
  2. DOLLINGER, P. (2003)
  3. FIBY, M. & WORSTELL, C. (2003)
  4. HEDIGER, H. (1977)
  5. MEIER, J. (2009)
  6. SALZERT, W. (2010)
  7. SOMMER, K. (2016). Tierisch gut gebaut: Die neue Zoo-Architektur. ARCHITONIC
  8. STERN vom 26.06.2008: Interview mit Peter Rasbach
  9. ZOO-RICHTLINIE DER EU (1999)

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Gelesen 8516 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 21 Dezember 2022 17:42
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx