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Gibbons und Menschenaffen

Mentawai-Gibbon, Zwergsiamang

Zwergsiamang im Taman Safari Indonesia I, Bogor Zwergsiamang im Taman Safari Indonesia I, Bogor
© Klaus Rudloff, Berlin

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Altwelt- oder Schmalnasenaffen (Catarrhini)
Familie: Gibbons (Hylobatidae)

D EN 650

Mentawai- / Kloss-Gibbon, Zwergsiamang

Hylobates klossii • The Kloss's Gibbon • Le siamang (ou gibbon) de Kloss

Der Gibbon war das Zootier des Jahres 2019

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Zwergsiamang (Hylobates klossii) im Taman Safari Indonesia I, Bogor © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Verbreitung des Zwergsiamangs (Hylobates klossii)

 

 

 

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Zwergsiamang (Hylobates klossii) im Taman Safari Indonesia I © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Zwergsiamang (Hylobates klossii) im Taman Safari Indonesia I, Bogor © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Zwergsiamang (Hylobates klossii) im Taman Safari Indonesia I, Bogor © Johannes Pfleiderer, Zoo Leipzig

 

 

 

 

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Der wegen seiner äußerlichen Ähnlichkeit mit dem Siamang auch "Zwergsiamang" genannte Mentawai-Gibbon kommt nur auf vier Inseln vor, deren Gesamtfläche etwa jener des Kantons Bern entspricht. Die Tiere werden intensiv bejagt und leiden unter Lebensraumverlust, weshalb die Art als stark gefährdet gilt. In europäischen Zoos wird sie gegenwärtig nicht gehalten.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Mentawaigibbon wird auch "Zwergsiamang" genannt, weil sein Fell und seine Haut wie bei jenem ganz schwarz und ohne irgendwelche Abzeichen sind, und er ebenfalls einen fast unbehaarten Kehlsack hat. Ansonsten gleicht er hinsichtlich Körperbaus und Größe den eigentlichen Gibbons der Gattung Hylobates. Bezüglich Größe und Gewicht gibt es kaum einen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Die Kopf-Rumpflänge beträgt 42-58 cm, als Gewicht werden 5-8 kg für männliche und 4.4-7.9 kg für weibliche Tiere angegeben. Das Fell ist weich und seidig [1; 2; 3; 11].

Verbreitung

Indonesien: Beschränkt auf die Mentawai-Inseln Siberut, Sipora, Nord- und Süd Pagai vor der Westküste Sumatras [4; 5].

Lebensraum und Lebensweise

Der Mentawaigibbon besiedelt primäre immergrüne Regenwälder, Sumpfwälder und teilweise laubabwerfende Monsunwälder und kommt auch in nachgewachsenen Sekundärwäldern vor. Er ist wie alle seine Verwandten tagaktiv und baumlebend. Er hält sich vorzugsweise in den oberen Bereichen des Kronendachs auf. Die Familien sind territorial, wobei halbwüchsige und subadulte Söhne ihren Vater bei der Verteidigung des Territoriums unterstützen. Sie haben Streifgebiete von 7-32 ha, von denen in der Regel nur ein Teil als Territorium verteidigt wird und in denen sie täglich etwa 1.5 km zurücklegen. Die Tiere sind Allesfresser; Früchte machen aber den Hauptbestandteil ihrer Nahrung aus. Bei der Futtersuche verwenden sie etwa ein Viertel der Zeit auf die Jagd nach Insekten und sonstigen Arthropoden [1; 11].

Gefährdung und Schutz

Der Mentawai-Gibbon galt seit 1996 als potenziell gefährdet (NEAR THREATENED) und wurde 2008  als stark gefährdete Tierart eingestuft (Rote Liste: ENDANGERED), weil er gebietsweise intensiv bejagt wird, seine Waldlebensräume immer mehr zerstört werden, hauptsächlich um Platz für Ölpalmen-Pflanzungen zu machen, und die Bestände dadurch massiv abgenommen haben. Eine 2015 durchgeführte und 2020 veröffentlichte Überprüfung kam zum gleichen Ergebnis. Der derzeitige Gesamtbestand wird auf 17'500 Individuen geschätzt [8].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Bedeutung für den Menschen

Der Mentawai-Gibbon wird zur Gewinnung von Fleisch bejagt, und Jungtiere werden für den lokalen Heimtiermarkt gefangen [8].

Von 1977-2020 registrierte Indonesien keine Ausfuhren von lebenden Tieren [4].

Haltung

2019 gab es weltweit nur 3 Mentawai-Gibbons in indonesischen Zoos [12]. WEIGL gibt als Höchstalter mutmaßliche 37 Jahre an, erreicht von einem männlichen Wildfang, der 35 Jahre und 7 Monate in den Zoos von Basel und Twycross gelebt hatte [10].

Haltung in europäischen Zoos: Der Mentawai-Gibbon war in europäischen Zoos stets extrem selten. 2006 ist das letzte Tier eingegangen. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird für die Haltung einer Gibbonfamilie ein Außengehege von 50 m² bei einer Höhe von 4 m und einer Länge von mindestens 9 m sowie ein Innengehege von 30 m² bei 3.50 m Höhe gefordert, das "länger als breit" sein soll. Dies ist eine Erhöhung des Raumangebots auf beinahe das Dreifache gegenüber dem Gutachten’96, für die es keine Begründung gibt. Die Tierschutzsachverständigen der Zoos schlugen im Differenzprotokoll vor, dass für eine Familiengruppe bis zu 4 Tieren ein Außengehege von 25 m² bei 3.50 m Höhe und für jedes weitere Tier 8 m² mehr Fläche angeboten werden sollte. Das Innengehege sollte die gleichen Dimensionen aufweisen, falls ein Zugang zum Außengehege über längere Zeit nicht möglich ist

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 3 Gibbons ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von je 25 m² bei 3 m Höhe und für jedes weitere Tier 8 m² Fläche zusätzlich vor.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise erfolgen und es ist für ein Paar mit Jungen ein Außengehege mit einer Grundfläche von 80 m² bei 5 m Höhe sowie ein Innengehege von 30 m² bei 3.50 m Höhe erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Zwergsiamang wurde 1903 von dem amerikanischen Zoologen und Botaniker Gerrit Smith MILLER Jr. als "Symphalangus klossii" erstmals wissenschaftlich beschrieben und benannt. Schon bald kamen Zweifel an der Gattungszugehörigkeit der Art auf. 1932 wurde eine neue Gattung "Brachytanites" kreiert, die bis in die 1980er-Jahre herumgeisterte. In den 1970/80er-Jahren wurde die Art aber meistens Symphalangus zugeordnet, wobei sich Autoren dahingehend äußerten, dass sie möglicherweise in Hylobates besser aufgehoben sei. Letzteres hat sich mittlerweile durchgesetzt. klossii hat wie die Gibbons der lar-Gruppe 44 Chromosoemen, währenddem der Siamang 50 aufweist [2; 5; 7; 9; 11].

Literatur und Internetquellen

  1. ANIMAL DIVERSITY WEB
  2. BERGER, G. & TYLINEK, E. (1984)
  3. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  4. CITES TRADE DATA BASE<
  5. GEISSMANN, T. (1995)
  6. GEISSMANN, T., NIJMAN, V., BOONRATANA, R. et al. (2020). Hylobates agilis. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T10543A17967655. https://www.iucnredlist.org/species/10543/17967655. Accessed on 14 February 2022.
  7. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  8. LISWANTO, D., WHITTAKER, D., GEISSMANN, T. & WHITTEN, T. (2020). Hylobates klossii. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T10547A17967475. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T10547A17967475.en . Accessed on 15 February 2022.
  9. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  10. WEIGL, R. (2005)
  11. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  12. LEFAUX, B. et al. (eds., 2020) EAZA Regional Collection Plan for Gibbon species - February 2020. Amsterdam.

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