Schaf- und Ziegenartige

Indochina-Serau

Indochinesischer Serau (Capricornis maritimus) im Dusit-Zoo, Bangkok, Aufnahme aus dem Jahr 2004 Indochinesischer Serau (Capricornis maritimus) im Dusit-Zoo, Bangkok, Aufnahme aus dem Jahr 2004
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Ziegenartige: (Caprinae)
Tribus: Gemsenverwandte (Naemorhedini)

D VU 650

Indochinesischer Serau

Capricornis maritimus • The Indochinese Serow • Le saro d'Indochine

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Indochinesischer Serau (Capricornis maritimus) im Dusit-Zoo, Bangkok, Aufnahme aus dem Jahr 2007 von Melanochromis aus Wikimedia Commons. Gemeinfrei

 

 

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Approximative Verbreitung des Indochinesischer Seraus (Capricornis maritimus). Im Norden Abgrentung zu C. milneedwarsi unklar

 

 

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Indochinesischer Serau (Capricornis maritimus) im Korat-Zoo, Nakhon Ratchasima, Thailand © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Indochinesischer Serau (Capricornis maritimus) im Korat-Zoo, Nakhon Ratchasima, Thailand © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Indochinesischer Serau (Capricornis maritimus) im Korat-Zoo, Nakhon Ratchasima, Thailand © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Indochinesischer Serau (Capricornis maritimus) im Endangered Primate Rescue Centre, Cuc Phong, Vietnam © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Indochinesischer Serau (Capricornis maritimus) im Endangered Primate Rescue Centre, Cuc Phuong, Vietnam © Wolfgan g Dreier, Berlin

 

 

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Drei Monate alter Indochina-Serau (Capricornis maritimus) im Bach Mã-Nationalpark, Vietnam © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Drei Monate alter Indochina-Serau (Capricornis maritimus) im Bach Mã-Nationalpark, Vietnam © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Der Indochinesische Serau ist ein in seiner Heimat nicht gefährdeter Gemsenverwandter, der in Japan in vielen Zoos gezeigt wird, in Europa aber stets nur selten zu sehen war und gegenwärtig (2019) nicht mehr gehalten wird. Ein Grund für die geringe Beliebtheit der Art dürfte ihre einzelgängerische Lebensweise und ihre hohe innerartliche Aggression sein.

Körperbau und Körperfunktionen

Beim Indochina-Serau gibt es praktisch keinen Geschlechtsdimorphismus. Die Tiere erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 140-155 cm, eine Schulterhöhe von 85-94 cm und ein Gewicht von 85-140 kg. Die leicht gekrümmten Hörner sind kurz, die Ohren deutlich länger. Der Schwanz ist mit 11-16 cm länger als beim Japan-Serau. Stark ausgeprägte Voraugendrüsen finden sich bei beiden Geschlechtern, ebenso Zwischenzehendrüsen. Das Fell ist kurz mit einer langen, aber schütteren Nackenmähne. Die Farbe ist grauschwarz mit weißen Haaren in der Mähne und weißen Abzeichen im Maulbereich, ev. an Kehle und Brust. Läufe sind vom Karpal- bzw. Tarsalgelenk an rotbraun, dies im Gegensatz zum südlich anschließenden Sumatra-Serau, der schwarze Beine hat [6; 9].

Verbreitung

Südostasien: Kambodscha, Laos, Myanmar, Thailand, Vietnam [5; 7; 9]. Wegen der unklaren Abgrenzung gegenüber anderen Festlandformen variieren die Angaben zur Verbreitung.

Lebensraum und Lebensweise

Der Indochinesische Serau besiedelt Wälder im Tiefland und im Gebirge, dort vorzugsweise steile Hänge mit eingesprengten Felspartien, ferner Gebüsch mit Rhododendron- und Heidelbeersträuchern. Er kommt auch auf Karstinseln in Küstennähe vor, z.B. auf Cat Ba in Vietnam. Er ist hauptsächlich während der Dämmerung aktiv, ist überwiegend ein Einzelgänger und ein selektiver Laubäser, der z.B. auf Cat Ba Zweige und Blätter von 34 Strauch- und Baumarten konsumiert. Die Trächtigkeit dauert je nach Quelle 197-240 Tage, meistens werden Einzelkitze geworfen [6].

Gefährdung und Schutz

Der Indochina-Serau ist unter der Bezeichnung Capricornis sumatraensis seit 2020 als gefährdet (VULNERABLE) in der Roten Liste der IUCN aufgeführt. Zuvor figurierte er als C. milneedwardsi in der Kategorie "potenziell gefährdet" (NEAR THREATENED). In der Beurteilung der IUCN/SSC Caprinae Specialist Group wurde C. s. maritimus als gefährdet eingestuft, allerdings mit dem Hinweis, dass über die Bedrohungslage in den einzelnen Ländern zu wenig bekannt sei.  Gefährdungsursachen sind nicht-nachhaltige Bejagung bzw. Fang mit Schlingen und Lebensraumverlust [5; 7].

Festlandseraue sind unter den Bezeichnungen Capricornis milneedwardsi, C. rubidus, C. sumatraensis und C. thar in CITES-Anhang I aufgeführt.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Die französische Association Anoulak engagiert sich im Schutz des 3'500 km² großen Nakai-Nam Theun-Nationalparks in Laos. Seit 2016 setzt sie in Zusammenarbeit mit den lokalen Behördee Patrouillen aus ausgebildeten lokalen Dorfbewohnern zur Bekämpfung der Wilderei ein, bietet Umweltbildung in den Dorfschulen und ein entsprechendes Ausbildungsprogramm für die Lehrkräfte an, und führte ein dreijähriges Programm zur nachhaltigen Entwicklung der Dorfgemeinschaften im Nakai-Distrikt durch. Von diesen Maßnahmen profitiert u.a. der Indochina-Serau. Anoulak wird von rund 15, hauptsächlich europäischen Zoos, vom französischen Zooverband und von der ZGAP unterstützt. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Festlandseraue werden zur Gewinnung von Fleisch, Fellen und von Körperteilen, vor allem Knochen, für die Zwecke der traditionellen orientalischen Medizin bejagt. In Vietnam gibt es auch einen Markt für lebende Tiere [5]. Laut CITES-Handelsstatistik wurde in den Jahren 1997-2007 ein gewisser Handel mit Teilen und Erzeugnissen registriert, aber von 1975-2020 wurde kein einziger lebender Wildfang und nur ein Nachzuchttier aus Thailand erfasst [1].

Haltung

Bei der Gehegegestaltung ist zu berücksichtigen, dass Seraue wenig sozial sind. Abtrenngehege und Einzelboxen sind daher Pflicht [6]. Gehege für kleine Gruppen sollten größer sein, als in den Mindestanforderungen vorgegeben und sollten über Sichtblenden und Rückzugsmöglichkeiten verfügen.

WEIGL gibt als Höchstalter im Zoo über 19 Jahre an, erreicht von einem Wildfangbock im Dusit Zoo in Bangkok, der nach einer Haltungsdauer von 18 Jahren und 5 Monaten abgegeben wurde [8].

Der Dusit Zoo hielt und züchtete Seraue vor 1974, als der ganze Bestand von 9 Tieren an einer Krankheit verendete. Danach hielt er ein als Capricornis sumatranus milneedwardsi bezeichnetes Paar, das 1979 Nachwuchs brachte. Außerhalb der Brunftzeit wurde das Paar getrennt gehalten [4].

Haltung in europäischen Zoos: Festlandseraue waren in europäischen Zoos stets extrem selten. Laut Zootierliste. wurde seit dem Zweiten Weltkrieg nur ein einziges Exemplar kurz im Tierpark Berlin gehalten.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 250 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 20 m² zusätzlich. Ein Stall ist nicht erforderlich.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 4 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 50 m² zur Basisflächen dazu. Es sind natürliche oder künstliche Unterstände anzubieten, in denen alle Tiere gleichzeitig Platz finden. Werden die Tiere aufgestallt, ist eine Grundfläche von mindestens 4 m²/Tier vorgeschrieben.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für bis zu 10 Tiere 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr. Es müssen Unterstände zum Schutz gegen Witterungsverhältnisse wie Regen, Wind, Sonneneinstrahlung und Hitze angeboten werden, so dass alle Tiere bei Bedarf darin gleichzeitig Unterschlupf finden können. Die Haltung hat in Herden zu erfolgen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Indochinesische Serau wurde 1888 von dem bretonischen Missionar und Naturforscher Pierre Marie HEUDE, der lange Zeit in China und Indochina tätig war, anhand eines Exemplars aus Tonkin (Nordvietnam) unter seinem nach HANDBOOK heute noch (bzw. wieder) gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben. Zeitweilig wurde er als Unterart von C. sumatraensis, zeitweilig als solche von C. milneedwardsi eingestuft. Die Rote Liste der IUCN subsumiert ihn seit 2020 wieder unter C. sumatraensis. Die gegenwärtig gültige Gattung Capricornis wurde 1836 von dem aus Irland stammenden Naturforscher William OGILBY aufgestellt [2; 3; 5; 7; 9; 10].

Die Systematik der Seraue ist nicht ganz klar. Früher wurden alle Festland-Seraue als eine einzige Art betrachtet. Die Caprinae Spezialisten-Gruppe der IUCN ging von 3, die Rote Liste von 4, WILSON & REEDER von 6 und das Handbook of the Mammals of the World von 7 Arten aus. Bisweilen werden Seraue und Gorale in einer Gattung (Naemorhedus) zusammengefasst [3; 5; 7; 9; 10].

Literatur und Internetquellen

  1. CITES TRADE DATA BASE
  2. HALTENORTH, T. & TRENSE, W. (1956)
  3. MATSCHEI, C. (2012)
  4. MECKVICHAI, C. & MAHANNOP, A. (1987)
  5. PHAN, T.D., NIJHAWAN, S., LI, S. & XIAO, L. (2020). Capricornis sumatraensis. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T162916735A162916910. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T162916735A162916910.en. Accessed on 10 February 2022.
  6. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  7. SHACKLETON, D.M. (1997)
  8. WEIGL, R. (2005)
  9. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  10. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)

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