Rinder und Waldböcke

Riesenelenantilope

Östliche Riesenelenantilope (Tragelaphus derbianus gigas), Bulle im Dierenpark Planckendael (1974) Östliche Riesenelenantilope (Tragelaphus derbianus gigas), Bulle im Dierenpark Planckendael (1974)
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Unterfamilie: Echte Rinder (Bovinae)
Tribus: Afrikanische Waldböcke (Tragelaphini)

D VU 650

Riesenelenantilope

Tragelaphus (Taurotragus) derbianus • The Giant Eland • L'éland géant

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Östliche Riesenelenantilopen (Tragelaphus derbianus gigas) im Dierenpark Planckendael (1974) © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Approximative Verbreitung der Riesenelenantilope. Rot: t. d. derbianus; Dunkelblau: T. d. gigas

 

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Nationalparks mit Riesenelenantilopen-Vorkommen. Dunkelgrün: Wiederangesiedelte Herden in eingezäunten Reservaten

 

 

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Östliche Riesenelenantilope (Tragelaphus derbianus gigas) im San Diego Wild Animal Park © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Östliche Riesenelenantilope (Tragelaphus derbianus gigas), Bulle im San Diego Wild Animal Park © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Östliche Riesenelenantilope (Tragelaphus derbianus gigas), Bulle im San Diego Wild Animal Park © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Östliche Riesenelenantilopen (Tragelaphus derbianus gigas) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Westliche Riesenelenantilopen (Tragelaphus derbianus derbianus) im Zoo Johannesburg © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Riesenelenantilopen-Trophäe (Tragelaphus derbianus) aus Südafrika. Aufnahme aus einem Auktionskatalog.

 

 

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Riesenelenantilopen (Tragelaphus derbianus) Illustration aus SCLATER, P. L. (1894-1900): The Book of Antelopes.London. Gemeinfrei.

 

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Die Riesenelen ist, zusammen mit der Gewöhnlichen Elen, der größte Vertreter der Tiere, die gemeinhin als "Antilopen" bezeichnet werden. Von ihren beiden Unterarten ist eine unmittelbar vom Aussterben bedroht, die andere gefährdet. Ihre Haltung ist offensichtlich schwieriger als die der Gewöhnlichen Elenantilope, denn in Europa gelang es trotz guter Ausgangslage nicht, einen langfristigen ex situ-Bestand aufzubauen.

Körperbau und Körperfunktionen

Die Körpermaße der Riesenelenantilope überschneiden sich stark mit jenen der Gewöhnlichen Elenantilope. Das "Riesen" bezieht sich wohl auf die Hörner, die bei ihr stärker entwickelt sind. Bullen erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 290-345 cm, eine Schulterhöhe von 150-180 cm und ein Gewicht von 400-1'000 kg. Kühe sind mit einer Kopf-Rumpflänge von etwa 210-220 cm und einem Gewicht von 300-600 kg deutlich kleiner. Der bis 90 cm lange Schwanz endet in einer schwarzen Quaste. Die Grundfarbe des Fells variiert zwischen sandfarben und rötlich braun, bei älteren Bullen schiefergrau, und es sind 8-12 mehr oder minder deutliche Querstreifen vorhanden. Oberhalb der Klauen befinden sich schwarz-weiße Abzeichen, an den Vorarmen schwarze Haarbüschel, im Gesicht, an den Ohren und am Bauch schwarze Partien, ferner ein schwarzer Aalstrich. Die Kühe haben eine kleine, die Bullen eine große Wamme, und bei ihnnen ist der Hals überwiegend schwarz gefärbt. Beide Geschlechter tragen eng um die Längsachse gedrehte Hörner, die bei den Bullen bis 123 cm, bei den Kühen bis 66 cm lang werden können [1; 7; 9].

Verbreitung

West- und Zentralafrika: Westliche Form (derbianus): Guinea, Mali, Senegal, eventuell Guinea-Bissau und Togo. Ausgerottet in Gambia und Ghana. Östliche Form (gigas): Kamerun, Südsudan, Tschad, Zentralafrikanische Republik, möglicherweise Kongo Dem. und Nigeria, vermutlich ausgestorben in Uganda [4].

Lebensraum und Lebensweise

Riesenantilopen besiedeln mit Myrobalanen (Terminalia), Buschweiden (Combretum) und Glücksbohnenbäumen (Afzelia) oder mit Isoberlinia doka bestandene Trockenwälder und Savannen, meist in der Nähe von felsigem Gelände und Gewässern. Sie ernähren sich von Blättern, jungen Trieben, Blüten (z. B. von Gardenia), Kräutern und Früchten. Gräser spielen eine geringere Rolle. Wenn immer möglich suchen sie täglich eine Wasserstelle auf Die Herden umfassen 10-30 (-60) Individuen. Ältere Bullen sind oft Einzelgänger [1; 3; 9].

Es gibt keine definierte Fortpflanzungsperiode, allenfalls saisonale Häufungen der Fortpflanzungsaktivitäten während der Regenzeit. Kälber werden rund ums Jahr nach einer Trächtigkeit von 8-9 Monaten geboren. Sie werden etwa 4-6 Monate gesäugt [1; 9].

Gefährdung und Schutz

Mit einem Bestand von 8'400-9'800 erwachsenen Tieren gilt die Riesenlenantilope als Art aufgrund einer 2017 veröffentlichten Beurteilung aus dem Jahr 2016 als gefährdet (Rote Liste: VULNERABLE). Für die östliche Form (gigas) gilt dasselbe. Die westliche Population (derbianus) hat nur noch eine Bestand von 120-150 wildlebenden erwachsenen Tieren und wurde deshalb als unmittelbar vom Aussterben bedroht (CRITICALLY ENDANGERED) eingestuft [4].

Im Jahr 2000 wurden 1.5 Tiere der Nominatform aus dem Niokolo-Koba-Nationalpark in ein Großgehege verbracht. Bis 2009 war dieser halbwilde Bestand auf 54 (26.28) Individuen angewachsen und wurde auf zwei Herden in den Reservaten Bandia und Fathala aufgeteilt. 2013 umfassten die beiden Herden zusammen 92 Tiere, 2022 waren es bereits 150. Um eine ausreichende genetische Vielfalt für die nächsten 100 Jahre zu gewährleisten, müsste der Bestand durch weitere Gründertiere ergänzt werden [4; 5].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt. Die Einfuhr lebender Tiere aus den Ursprungsländern ist aber wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU sehr schwierig oder so gut wie ausgeschlossen.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Die tschechische Organisation Antelope Conservation engagiert sich für den Schutz der Westlichen Riesenelenantilope. Insbesondere unterstützt sie die Überwachung des Bestands im Niokolo Koba-Nationalpark, beteiligt sich am Management halbwilder Herden in eingezäunten Naturschutzgebieten sowie an einem Umwelt-Erziehungsprogramm für senegalesische Kinder, und betreibt Forschung. Institutionelle Mitglieder Organisation sind Die Zoos von Dvůr Králové, Pilsen, Mährisch-Ostrau, Olmütz, Košice, Hodonín und Iglau.

Bedeutung für den Menschen

Riesenelenantilopen werden wegen ihres Fleischs und ihrer Trophäen gejagt. Die Trophäenjagd wird (für die Östliche Form) als wesentlicher Beitrag für die Erhaltung der Art angesehen, weil wegen des hohen Preises der Trophäen und der Jagdsafaris ein wirtschaftlicher Anreiz für eine nachhaltige Bewirtschaftung besteht [4].

Haltung

Das von WEIGL angegebenen Höchstalter liegt bei 20 Jahren und 3 Monaten, erreicht von einem in amerikanischen Zoos gehaltenen weiblichen Wildfang [8]. Es gab ein Internationales Zuchtbuch dessen Führung allerdings längere Zeit vakant war, sodass es 2021 aufgegeben und archiviert wurde.

Haltung in europäischen Zoos: Vereinzelt waren Östliche Riesenelenantilopen bereits in den 1950er Jahren in europäischen Zoos zu sehen. Von 1967-1971 wurden mindestens zwei Dutzend dieser Tiere aus dem Tschad importiert. Die Haltung erwies sich aber als schwierig. Nach anfänglichen Verlusten glückte die europäische Erstzucht 1971 in Planckendael und die deutsche Erstzucht 1972 im Tierpark Berlin [6]. Von 1971-73 lag der Bestand bei etwa 20 Tieren, danach nahm er kontinuierlich ab. 1980 waren noch 5 Tiere vorhanden, für 1981 registrierte das International Zoo Yearbook keine mehr [3]. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 400 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 30 m² zusätzlich. Stallfläche 5 m²/Tier.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisflächen dazu. In der Stallung ist für jedes Tier 8 m² anzubieten.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für 1-5 Tiere 800 m² erforderlich, für jedes weitere 80 m² mehr, ferner eine Stallfläche von 5 m²/Tier.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Riesenelenantilope wurde 1847 von John Edward GRAY vom British Museum in London als "Boselaphus derbianus" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Heute wird sie, je nach Autor, der auf den französischen Zoologen und Anatomen Henri Marie Ducrotay de BLAINVILLE, 1816, zurückgehenden Gattung Tragelaphus oder der 1855 von dem Münchner Zoologieprofessor Johann Andreas WAGNER eingeführten Gattung Taurotragus zugeordnet. Von der IUCN wird die Riesenantilope als eigenständige Art mit zwei Unterarten behandelt. In manchen Standardwerken werden die beiden Unterarten unter Taurotragus oryx subsumiert. Das HANDBOOK führt derbianus als eigene Art auf, stellt aber fest, dass es keine signifikanten Unterschiede für die Begründung von zwei Unterarten gäbe [2; 4; 9].

Literatur und Internetquellen

  1. ANIMAL DIVERSITY WEB
  2. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  3. INTERNATIONAL Z00 YEARBOOK (1968-1973). Vols. 8-13.
  4. IUCN SSC ANTELOPE SPECIALIST GROUP (2017). Tragelaphus derbianus. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T44172A50197518. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2017-2.RLTS.T44172A50197518.en sowie Datenblätter zu den Unterarten. Downloaded on 29 May 2021.
  5. KOLÁČKOVÁ, K., HEJCMANOVÁ, P., ANTONÍNOVÁ, M. & BRANDL, P. (2011)
  6. POHLE, C. (1995)
  7. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009) 
  8. WEIGL, R. (2005)
  9. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Gelesen 12598 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 06 März 2024 14:17
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