Alpenpflanzen

Steinbrechartige Alpenpflanzen

Dach-Hauswurz (Sempervivum tectorum) im Botanischen Garten Bern Dach-Hauswurz (Sempervivum tectorum) im Botanischen Garten Bern
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

Allgemeines

Die hier vorgestellten Pflanzen gehören zu den Familien der Dickblatt- (Crassulaceae) und der Steinbrechgewächse (Saxifragaceae). Es handelt sich um Arten, die im eurasischen Teil des Holarktischen Florenreichs vorkommen, der auch die Atlasregion Nordafrikas miteinschließt.

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Ordnung: Steinbrechartige (Saxifragales)
Familie: Dickblattgewächse (Crassulaceae)

CRASSULACEAE sempervivum montanum CH NP 15
Berg-Hauswurz (Sempervivum montanum) im Schweizerischen Nationalpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

Berg-Hauswurz

Sempervivum montanum

Verbreitung: Europa (Alpen, Apennin, Karpaten, Korsika, Pyrenäen).

Standorte: Steinige Rasen und Zwergstrauchheiden auf Silikatgestein (Granit, Gneis).

Blütezeit: Juli-August(-September).

Die Berg-Hauswurz ist eine immergrüne, ausdauernde, sukkulente Staude mit teppichartigem Wuchs. Sie erreicht eine Wuchshöhe von 5-10 (2-20) cm, bei einzelnen Unterarten mehr. Die einfachen, dunkelgrünen Blätter sind in kugeligen Rosetten mit Durchmessern von 1-8 cm angeordnet. Sie sind verkehrt eilanzettlich, beidseits dicht mit kurzen Drüsenhaaren bedeckt und sitzend. Sie sondern einen Harzgeruch ab. Die vielzähligen, zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch mit doppelter Blütenhülle. Die Blüten haben einen Durchmesser von 20-30 mm. Die Kronblätter sind 10-20 mm lang und damit 2.5-4mal länger als die Kelchblätter. Oberseits sind sie weinrot, rotorange oder rotviolett, meist mit einem dunklen Mittelstreifen, selten gibt es gelblichweiß blühende Formen. Die Stauden bilden Balgfrüchte. Die gärtnerischr Vermehrung erfolgt durch Aussaat im Frühbeet oder durch Bewurzeln von Kindeln im Frühjahr oder im Frühsommer [2; 3; 4; 5; 6].

Die Berg-Hauswurz wird ihres Nektars wegen vom Alpen-Sonnenröschen-Würfeldickkopf (Pyrgus warrenensis) aufgesucht und dient gelegentlich den Raupen des Apollofalters (Parnassius apollo) als Nahrungspflanze [11].

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CRASSULACEAE Sempervivum tectorum Champex PD1
Dach-Hauswurz (Sempervivum tectorum) im Jardin alpin, Champex-Lac VS © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

CRASSULACEAE Sempervivum tectorum B Friedr priv KR1
Dach-Hauswurz (Sempervivum tectorum) in Privatgarten, Berlin-Friedrichsfelde © Klaus Rudloff, Berlin

CRASSULACEAE Sempervivum tectorum B Friedr priv KR2
Dach-Hauswurz (Sempervivum tectorum) in Privatgarten, Berlin-Friedrichsfelde © Klaus Rudloff, Berlin

Dach-Hauswurz

Sempervivum tectorum

Verbreitung: Gebirge West-, Mittel- und Südeuropas von den Zentralpyrenäen über das Massif central bis in die Alpen und Apenninen. Im übrigen Europa z.T. verwilderte Gartenpflanzen. Sie ist von der Alpen-Hauswurz (Sempervivum alpinum) nicht scharf zu trennen.

Standorte: Sonnige Felsen, Mauern, Trockenwiesen, mit Reet, Ziegeln oder Steinplatten eingedeckte Hausdächer, Flachdächer mit Kies. Vorzugsweise auf feuchten Böden von der kollinen bis zur alpinen Stufe. Die Pflanzen ertragen Temperaturen bis -23°C.

Blütezeit: Juli-August (-September).

Die Dach-Hauswurz ist eine immergrüne, sukkulente Staude mit teppichartigem Wuchs. Sie wird 14-40 (10-60) cm hoch und 30-60 cm breit. Die Stengel sind dicht beblättert und haben eine grundständige Rosette. Die bis 5 cm langen, ungestielten Rosettenblätter sind sehr starr, auf den Flächen kahl, am Rand bewimpert, blaugrün, meist mit roten Spitzen. Die Blüten sind trüb-hellrot, bisweilen weiß und haben einen Durchmesser von 2-3 cm. Die meist 12 Kronblätter sind allmählich zugespitzt und 2.5-4-mal so lang wie die Kelchblätter [2; 3, 4, 5, 6, 7].

Der Dach-Hauswurz sagte man früher magische Kräfte nach. So sollte sie beispielsweise das Haus vor Blitzeinschlägen schützen. Karl der Große verordnete daher, dass jeder Bauer auf seinem Dach eine solche Pflanze haben müsse. Auch als Heilpflanze war sie geschätzt und wurde bei Magengeschwüren, Übelkeit und zur Blutreinigung angewendet [7].

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Ordnung: Steinbrechartige (Saxifragales)
Familie: Steinbrechgewächse (Saxifragaceae)

SAXIFRAGACEAE saxifraga aizoides CH NP 9
Fetthennen-Steinbrech (Saxifraga aizoides) im Schweizerischen Nationalpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

Fetthennen-Steinbrech

Saxifraga aizoides

Verbreitung: Zirkumpolar in Europa, Asien und Nordamerika. Alpen, Apennin, Balkan, Karpaten, Pyrenäen, auch in höheren Lagen des Juras (Chasseral).

Standorte: Quellfluren, Bachränder, feuchte Hänge, Schutt (Gletschermoränen) und feuchter Fels der (kollinen-) montanen-alpinen Stufe.

Blütezeit: Juni-August(-September).

Der Fetthennen-Steinbrech ist eine Rasen bildende, immergrüne, sukkulente Staude. Er weist zahlreiche, niederliegende und bogig aufsteigende, dicht beblätterte Stengel mit vielen sterilen Trieben auf. Er wird 5-20 cm hoch. Die fleischigen Blätter sind lineal bis lineal-lanzettlich, bewimpert und 10-25 mm lang. Die Blütenstände sind 5-10 (2-12)-blütig. Die zwittrigen Blüten haben einen Durchmesser von etwa 15 mm. Die Kronblätter sind zitronengelb, bisweilen orange, selten dunkelrot bis schwärzlich. Die Art hybridisiert in der Natur leicht mit Saxifraga aizoon und Saxifraga caesia. [2; 4; 5; 6].

Der Fetthennen-Steinbrech ist die wichtigste Nahrungspflanze für die Raupen des Alpen-Apollos (Parnassius phoebus) und ist auch bedeutend für den Bläuling Polyommatus aquilo [11].

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SAXIFRAGACEAE saxifraga bryoides CH NP 2
Moos-Steinbrech (Saxifraga bryoides) im Schweizerischen Nationalpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

Moos-Steinbrech

Saxifraga bryoides

Verbreitung: Europa (Alpen, Balkan, Pyrenäen).

Standorte: Fels, Schutt und Sand auf Silikatgestein (Granit, Gneis) der (subalpinen-) alpinen Stufe, in den Westalpen bis auf eine Höhe von 4'000 m. ü. M..

Blütezeit: Juli-August.

Der Moos-Steinbrech ist eine 2-5 cm hoch werdende, ausdauernde Krautpflanze, die dichte Polster bildet. Die 2-6 mm langen Blätter an der Stengelbasis stehen in kugelförmigen Rosetten mit einem Durchmesser von bis zu 2 cm. Die seitliche Rosetten der sterilen Triebe sind so lang wie ihr Tragblatt. Die wenigen Blätter der meist  einblütigen Stengel sind wechselständig. Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die bis 6 mm langen Kronblätter sind weiß und haben am Grund mehrere orange-gelbe Punkte. Die Kelchblätter sind viel kürzer und schmaler als die Kronblätter [2; 4; 5; 6].

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SAXIFRAGACEAE saxifraga oppositifolia CH NP 10
Gegenblättriger Steinbrech (Saxifraga oppositifolia) im Schweizerischen Nationalpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

Gegenblättriger Steinbrech

Saxifraga oppositifolia

Verbreitung: Europa vom Mittelmeerraum bis in die Arktis einschließlich Grönland, West- und Zentralasien.

Standorte: Schutt und Fels der (montanen-subalpinen-) alpinen Stufe auf Karbonat- und Silikatgestein. In den Westalpen bis auf eine Höhe von 4'500 m. ü. M..

Blütezeit: Mai-Juli (-August).

Der Gegenblättrige Steinbrech ist eine ausdauernde, 1-5 cm hoch werdende, krautige Pflanze mit zahlreichen niederliegenden Trieben, die lockere bis dichte Rasen oder feste Polster bildet. Die in kleinen, in grundständigen Rosetten stehenden Laubblätter sind anders als bei nahe verwandten Arten nicht wechsel- sondern gegenständig. Die Blütenstengel sind meistens blattlos und tragen jeweils nur eine zwittrige Blüte. Die radiärsymmetrischen, fünfzähligen Blüten haben Durchmesser von 10-20 mm. Ihre Kelchblätter sind bewimpert und oft rot. Die Farbe der 2-3mal so langen Kronblätter ist purpurrosa bis weinrot. Die Blüten sind reich an Nektar und stellen z.B. für die Kinder der Inuit eine wichtige Zuckerquelle dar [2; 5; 6].

Als Eiszeitrelikt wuchs eine Unterart, der Bodensee-Steinbrech (Saxifraga oppositifolia subsp. amphibia) unterhalb der mittleren Hochwasserlinie im offenen, während 6-20 Wochen pro Jahr überschwemmten Ufersaum des Unterseebeckens des Bodensees. Er wurde 1965 letztmals beobachtet und gilt heute als ausgestorben [4].

Der Gegenblättrige Steinbrech ist eine wichtige Nahrungspflanze für die Raupen des Bläulings Polyommatus aquilo [11].

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SAXIFRAGACEAE saxifraga rotundifolia BOGAFRI PD1
Rundblättriger Steinbrech (Saxifraga rotundifolia), Ende Mai im Botanischen Garten Freiburg i. Ue. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

Rundblättriger Steinbrech

Saxifraga rotundifolia

Verbreitung: Gebirge Mittel- und Südeuropas von den Pyrenäen über die Alpen und den Jura bis zum Balkan.

Standorte: Bachufer, Grünerlengebüsche, Hochstaudenfluren, Blockfluren und Mischwälder hauptsächlich montane-subalpine Stufe, stellenweise tiefer oder bis in die alpine Stufe.

Blütezeit: Mai-September.

Der Rundblättrige Steinbrech wird 20-50 cm hoch. Er ist verzweigt und reichblütig. Die grundständigen Blätter sind rundlich-nierenförmig, eingeschnitten-gezähnt und lang gestielt. Die Stengelblätter werden nach oben kleiner. Die Blüten stehen in lockeren Rispens. Die Kronblätter sind weiß mit gelben und rot Punkten. Die Kelchblätter stehen nach dem Verblühen ab oder werden zurückgeschlagen [4; 6].

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SAXIFRAGACEAE saxifraga tricrenata BOGAFRI PD1
Marokkanischer Steinbrech (Saxifragatricrenata), Ende Mai im Botanischen Garten Freiburg i. Ue. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

SAXIFRAGACEAE saxifraga tricrenata BOGAFRI PD2
Marokkanischer Steinbrech (Saxifraga tricrenata), Ende Mai im Botanischen Garten Freiburg i. Ue. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Marokkanischer Steinbrech

Saxifraga tricrenata

Verbreitung: Marokko.

Standorte: In Spalten von Kalkfelsen

Blütezeit: Mai-?.

Der Marokkanische Steinbrech ist weißblühend mit rund-ovalen Kronblättern.

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Literatur und Internetquellen:

  1. CLINI TOX
  2. GREY-WILSON, C. & BLAMEY, M. (1979/1999)
  3. HORTIPEDIA
  4. INFO FLORA
  5. KOHLHAUPT, P. (1964)
  6. LAUBER, K. & WAGNER, G. (1991)
  7. MEIN SCHÖNER GARTEN
  8. FLORA OF CHINA
  9. GARTENLEXIKON
  10. PFLANZEN-VIELFALT
  11. PYRGUS.DE
  12. GARTEN-DATENBANK
  13. ORNAMENTAL PLANTS FROM RUSSIA

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Gelesen 12449 mal Letzte Änderung am Freitag, 04 Juni 2021 09:01
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx