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Halbaffen

Kronensifaka

Kronensifaka (Propithecus coronatus) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass Kronensifaka (Propithecus coronatus) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass
© Zoo de Mulhouse, Michel Foos

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Halbaffen (Prosimiae / Strepsirrhini)
Teilordnung: Maki-Verwandte (Lemuriformes)
Familie: Makis (Lemuridae)

D CR 650

EEPKronensifaka

Propithecus coronatus • The Crowned Sifaka • Le propithèque, ou sifaka couronné

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Kronensifaka (Propithecus coronatus) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Approximative Verbreitung des Kronensifakas (Propithecus coronatus)

 

 

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Kronensifaka-Männchen (Propithecus coronatus) im Zoo Heidelberg © Petra Medan, Zoo Heidelberg

 

 

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Kronensifaka (Propithecus coronatus) mit Jungtier im Zoo Paris-Vincennes © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Kronensifaka (Propithecus coronatus) mit Zwillingen im Zoo Paris-Vincennes © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Kronensifaka (Propithecus coronatus) im Zoo Paris-Vincennes © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Kronensifaka (Propithecus coronatus) im Zoo Paris-Vincennes © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Kronensifaka (Propithecus coronatus) mit Jungtier im natürlichen Lebensraum © Sebastian Meys / Naturzoo Rheine

 

 

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Kronensifaka (Propithecus coronatus). Illustration von J. G. KEULEMANS, aus MILNE-EDWARDS, A. & GRANDIDIER, A. (1890). HISTOIRE PHYSIQUE, NATURELLE ET POLITIQUE DE MADAGASCAR - TOME IV . ATLAS - I. Gemeinfrei.

 

 

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Schädel von Kronensifaka (Propithecus coronatus). Illustration von J. G. KEULEMANS, aus MILNE-EDWARDS, A. & GRANDIDIER, A. (1890). HISTOIRE PHYSIQUE, NATURELLE ET POLITIQUE DE MADAGASCAR - TOME IV . ATLAS - I. Gemeinfrei.

 

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Der Kronensifaka ist ein vom Aussterben bedrohter Halbaffe aus Madagaskar. In Europäischen Zoos gibt es einen kleinen Bestand, für den ein Zuchtprogramm (EEP) eingerichtet wurde. Dieses fördert auch den Schutz der wildlebenden Populationen im Ursprungsland.

Körperbau und Körperfunktionen

Kronensifakas erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 39-45 cm, eine Schwanzlänge von 48-57 cm und ein Gewicht von 3½-5 kg. Die Iris ist hellgelb, die schwarzen Ohren sind von weißen Haaren überdeckt. Das wenig behaarte Gesicht ist schwarz mit weißen Haaren auf dem Nasenrücken. Die Schnauze ist breiter als bei den anderen Sifaka-Arten. Die Grundfarbe des Fells ist weiß, stellenweise aschfarben bis ockergelb.  Der Kopf ist samtschwarz, die Körperunterseite roströtlich [1; 3; 8].

Verbreitung

Madagaskar: Westliches und west-zentrales Madagaskar [2].

Lebensraum und Lebensweise

Der Kronensifaka besiedelt Mangrovenwälder und Trockenwälder vom Tiefland bis in Höhenlagen von 1'100 m. Er lebt in Gruppen bestehend aus 2-8 Tieren beiderlei Geschlechts, darunter bis zu 3 geschlechtsreife Männchen und bis 4 Weibchen. Die Gruppen haben Streifgebiete von 1.2 bis 1.5 ha, die sie als Territorium aggressiv gegen Artgenossen verteidigen. Die Tiere ernähren sich hauptsächlich von Blättern, reifen und unreifen Früchten sowie - hauptsächlich während der Regenzeit - Blüten [5; 6; 8].

Typisch für Sifakas ist ihre aufrechte Fortbewegung. Die tagaktiven Baumbewohner bewegen sich senkrecht kletternd und springend von Ast zu Ast fort und können dabei Distanzen von bis zu zehn Metern zwischen den Bäumen zurücklegen. Auch am Boden sind sie meist auf zwei Beinen hüpfend unterwegs und strecken zur Balance, scheinbar tänzelnd die Arme nach oben. Wie die Kattas, verbringen sie einen Großteil des Tages mit Sonnenbaden, Ruhephasen und sozialer Interaktion. Der Name Sifaka leitet sich übrigens von ihrem Alarmruf „Si-fak“ ab [9].

Nach einer Trächtigkeit von etwa 170 Tagen wird in der Regel ein einzelnes Junges mit einem Gewicht von ca. 90 (67-116) g geboren. Die Geburten fallen in Madagaskar wie im Zoo auf November-April, meistens auf Dezember-Januar. Die Geburtsintervalle betragen unter Zoobedingungen normalerweise 12 (9-14) Monate, bei wildlebenden Weibchen etwa 2 Jahre. Junge Weibchen werden mit 2½ Jahren geschlechtsreif und werden dann von der Mutter vertrieben. Männchen sind gegenüber ihren Söhnen toleranter, aber wenn diese 5 Jahre alt sind kommt es auch zwischen ihnen zu Spannungen [6].

Gefährdung und Schutz

Seit 1996 wird der Kronensifaka als "stark gefährdet" oder "unmittelbar vom Aussterben bedroht" eingestuft, Seit 2020 ist Letzteres der Fall, weil davon ausgegangen wurde, dass der Bestand innerhalb von 30 Jahren um mehr als 80% abgenommen hat (Rote Liste: CRITICALLY ENDANGERED) [5].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Im Rahmen eines "Metapopulation-Projektes" werden Kronensifakas zwischen Freilandpopulationen und Zoobeständen ausgetauscht. So wird eine höhere genetische Variabilität der jeweils kleinen Populationen erreicht.

  • Seit 2008 wird auf Initiative des Zoologisch-Botanischen Gartens Mülhausen eine Sifakapopulation in einem stark beeinträchtigten Lebensraum überwacht.

  • Mit der Unterstützung des NaturZoos Rheine und anderer Tiergärten werden u.a. Tierpfleger in den Quarantäne- und Zuchtstationen auf Madagaskar bezahlt.

  • Aus ihrer Madagaskar-Kampagne 2011 überwies die EAZA 17'801 € an ein von Madagassen durchgeführtes Schutzprojekt [4; 6].

Bedeutung für den Menschen

Trotz offiziellem Schutz werden die Kronensifakas zur Fleischgewinnung von der lokalen Bevölkerung bejagt und gelegentlich illegal für den Tierhandel gefangen [5]. Von 1976-2019 wurden nach der CITES-Handelsstatistik keinerlei Transaktionen registriert, was auf taxonomische Unklarheiten zurückzuführen sein könnte. Die Einfuhrländer meldeten Importe von 30 Sifakas anderer oder nicht näher bestimmter Arten [2].

Haltung

Der Altersrekord für Kronensifakas in Menschenobhut wird von WEIGL mit etwa 20 Jahren [7] angegeben. Im Rahmen des EEP wurde für Männchen ein Alter von über 25 Jahren ermittelt, ein Weibchen starb 2020 im Alter von 30 Jahren. Die Welterstzucht glückte 1994 im Zoo Paris-Vincennes [6].

Seit 1992 gibt es ein Internationales Zuchtbuch (ISB) für Propithecus diadema, Propithecus coquereli und Propithecus coronatus, das am Duke University Lemur Center, Durham (NC), geführt wird.

Haltung in europäischen Zoos: Der europäische Zoobestand geht auf 5 in den Jahren 1987 bzw. 1993 vom Zoo Paris im Rahmen einer Kooperation mit den madagassischen Naturschutzbehörden eingeführte Tiere zurück. Bis 2005 wuchs der Bestand an, danach nahm er ab. In den letzten Jahren ist wieder eine leichte Zunahme zu verzeichnen. Heute (2023) wird die Art in 6 Zoos gehalten und der Bestand liegt bei etwa 20 Individuen. Probleme sind ein Überhang an Männchen und eine recht hohe frühe Jugendsterblichkeit. Alle Gruppen bestehen aus nur einem Zuchtpaar und dessen Nachkommen. Überzählige Männchen werden wegen der hohen innerartlichen Aggressivität bevorzugt mit Lemuren anderer Arten zusammengehalten. Funktionierende Gemeinschaftshaltungen gibt oder gab es mit Kattas, Halsband-, Kronen-, Mohren-, Mongoz- und Rotbauchmakis sowie mit Alaotra- und Nördlichen Halbmakis [11]. Für einzelne Haltungen siehe Zootierliste.

Das seit 2007 bestehende Europäische Erhaltungszuchtprogramm wird als  "New Style-EEP" vom Zoo Paris-Vincennes koordiniert. 2022 wurden Haltungsempfehlungen herausgegeben [11].

Mindestanforderungen an Gehege: Für die Vorgabe des Säugetiergutachten 2014 des BMEL von 35 m²/ 120 m³ bei 4 m Höhe für das Außengehege sowie 35 m²/ 120 m³ bei 3.5 m Höhe für das Innengehege (Kopfrechnen sollte man können!) für die Haltung eines Paars mit bis zu 2 Nachzuchten (was im Widerspruch zu Ziffer 1.6 der Allgemeinen Bestimmungen des Gutachtens steht) und 4 m²/ 14 m³ bzw. 2 m²/ 7 m³ für jedes weitere Tier liegt keine wissenschaftliche Begründung vor. Aufgrund tierhalterischer Erfahrung stellten die Tierschutzsachverständigen der Zoos fest, dass Dimensionen von 20 m²/ 60 m³ außen und 15 m²/ 45 m³ innen für eine Gruppe bis zu fünf Tieren ausreichend seien.

Ferner stipuliert das Säugetiergutachten, dass männlicher Nachwuchs nach Erreichen der Geschlechtsreife aus der Gruppe zu entfernen sei. Faktisch sind Weibchen unter sich ebenso aggressiv und müssen sogar früher aus der Gruppe genommen werden als die Männchen [8].

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 adulte Sifakas ein Innen- und ein Außengehege mit einer Fläche von je 25 m² und einer Höhe von 3 m vor. Für jedes weitere erwachsene Tier sind die Flächen um 4 m² zu erweitern.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu sind ein Innengehege mit einer Fläche von 30 m² und ein Außengehege von 60 m² bei einer Höhe von je 4 m erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Kronensifaka wurde 1871 vom Direktor des Pariser Naturkundemuseums, Alphonse MILNE-EDWARDS, unterseinem heute noch gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben. Manche Autoren betrachten ihn als Unterart oder als Synonym von Propithecus deckenii. Es gibt keine Unterarten [8; 9]. Wie bei anderen Primaten auch, hat sich die Zahl der Sifaka-Arten durch das Wirken der modernen Taxonomen auf wundersame Weise vermehrt: 1970 wurde von 2 Arten (mit 12 Unterarten) ausgegangen, 2005 waren es schon 7 und 2013 deren 9 [3; 8; 9].

Literatur und Internetquellen

  1. BERGER, G. & TYLINEK, E. (1984)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. NATURZOO RHEINE
  5. RAZAFINDRAMANANA, J. et al.. (2020). Propithecus coronatus. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T18356A115572495. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T18356A115572495.en. Downloaded on 18 February 2021.
  6. ROULLET, D. (2014)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  10. ZOO HEIDELBERG - PM vom 30.11.2017
  11. UNGER, B. (ed. 2022) Best Practice Guidelines for the Crowned Sifaka and the Coquerel Sifaka

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Gelesen 20672 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 30 August 2023 16:53