Halbaffen

Weissbartmaki

Weißbartmaki (Eulemur cinereiceps) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass Weißbartmaki (Eulemur cinereiceps) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass
© Wolfgang Dreier, Berlin

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Halbaffen (Prosimiae / Strepsirrhini)
Teilordnung: Maki-Verwandte (Lemuriformes)
Familie: Makis (Lemuridae)

D CR 650

EEPWeißbartmaki, Weißkragenmaki

Eulemur cinereiceps • The Grey-headed Lemur • Le maki à collier blanc, ou à tête grise

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Weißbartmaki (Eulemur cinereiceps), Männchen im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Zoo de Mulhouse

 

 

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Approximative Verbreitung des Weißbartmakis (Eulemur cinereiceps)

 

 

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Weißbartmaki (Eulemur cinereiceps), Männchen im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Zoo de Mulhouse

 

 

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Weißbartmaki (Eulemur cinereiceps), Männchen im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Weißbartmaki (Eulemur cinereiceps), Männchen im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Zoo de Mulhouse

 

 

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Weißbartmaki-Weibchen (Eulemur cinereiceps) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Weißbartmaki-Männchen (Eulemur cinereiceps), Universität Strassburg © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Weißbartmaki-Weibchen ("Lemur mongoz var. cinereiceps"). Illustration von J. G. KEULEMANS, aus MILNE-EDWARDS, A. & GRANDIDIER, A. (1890). HISTOIRE PHYSIQUE, NATURELLE ET POLITIQUE DE MADAGASCAR - TOME V . ATLAS - II.

 

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Der Weißbartmaki ist eine vom Aussterben bedrohte Art aus Südost-Madagaskar. In europäischen Zoos wird er nur selten gehalten und es gibt kein Zuchtprogramm für ihn.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Weißbartnmaki ist ein mittelgroßer Lemur mit einer Kopf-Rumpflänge von 39-40 cm, einer Schwanzlänge von 50-55 cm und einem Gewicht von etwa 2 kg. Die Farbe der Iris ist gelbbraun Es besteht ein auffälliger Geschlechtsdichromatismus: Die Männchen sind am Rücken graubraun gefärbt, Kopfoberseite, Gesicht, Schwanz und Hinterbeine sind dunkler, der Bauch ist hellgrau. Namensgebendes Merkmal sind die buschigen weißen Backenbärte. Die Weibchen haben ein rötlicheres, am Rücken rotbraunes, am Bauch hellbraunes Fell. Oberkopf und Gesicht sind grau, die Backenbärte sind rotbraun und weniger buschig als bei den Männchen [11].

Verbreitung

Madagaskar: Beschränkt auf das ein kleines Gebiet von vermutlich weniger als 700 km² im Südosten Madagaskars [1].

Lebensraum und Lebensweise

Weißbartmakis besiedeln feuchte Wälder des Tieflands und der Hügelzone bis auf eine Höhe von etwa 900 m. Sie sind tag- und nachtaktive Baumbewohner. Sie leben in größeren Gruppen mit Tieren beiderlei Geschlechts, die in ihrer Zusammensetzung oft wechseln. Bei der Nahrungssuche teilen sich größere Gruppen auf. Ihr Futter besteht zur Hauptsache aus Früchten, daneben werden Blätter, Blüten, Pilze und Insekten gefressen. Zur Fortpflanzung gibt es aus der Wildbahn keine Angaben. Die Trächtigkeitsdauer dürfte zwischen 126 und 140 Tagen liegen [1; 6].

Gefährdung und Schutz

Der Weißbartmaki hat nur noch ein kleines Areal, da große Teile der Wälder bereits gerodet wurden. Die verbliebenen Flächen sind durch den Klimawandel bedroht. Außerdem wird die Art in nicht-nachhaltiger Weise bejagt. In Teilen des Verbreitungsgebiets vermischt sie sich mit Eulemur rufifrons und in anderen besteht die Gefahr einer Inzuchtdepression. 1990 wurde sie als gefährdet eingestuft, 1996 als stark gefährdet und 2000 erstmals als vom Aussterben bedroht. Diese Einstufung wurde in einer Beurteilung aus dem Jahr 2019 letztmals bestätigt (Rote Liste: ENDANGERED) [1].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Der Henry Doorly-Zoo in Omaha beteiligte sich an einer Studie über die Populationsdichte und -größe sowie die genetische Variation und vergangene demografischer Ereignisse (Flaschenhälse) der einzigen bekannten Populationen des Graukopfmakis in Manombo und Agnalazaha an der Küste und Vevembe im Inland in Südost-Madagaskar. Dabei wurde eine reduzierte genetische Variabilität festgestellt [8].

Bedeutung für den Menschen

Weißbartmakis werden auf Madagaskar wegen ihres Fleischs gejagt und für den lokalen Heimtierhandel gefangen [1]. Laut CITES-Handelsstatistik wurden von 1976-2019 keine lebenden Exemplare international gehandelt, was insofern nicht stimmt, als innerhalb der EU mit Sicherheit Nachzuchttiere länderüberschreitend abgegeben wurden [2].

Haltung

WEIGL gibt als Höchstalter 14 Jahre und 5 bzw. 7 Monate an, erreicht von zwei an der Universität Strassburg gehaltenen Männchen [5].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird gegenwärtig (2023) nur in 3 Zoos gehalten. Für Details siehe Zootierliste.

Es gibt weder ein Europäisches Zuchtbuch noch ein Zuchtprogramm für die Art, die bislang nur von einem einzigen Zoo gezüchtet wird.

Mindestanforderungen an Gehege: Für die Vorgabe des Säugetiergutachten 2014 des BMEL von 30 m²/ 90 m³ bzw. 30 m² bei 2.5 m Höhe für das Außengehege sowie 15 m²/ 45 m³ bzw. 15 m² bei 2.5 m Höhe  für das Innengehege (Kopfrechnen sollte man können!) für die Haltung eines Paars mit bis zu 2 Nachzuchten (was im Widerspruch zu Ziffer 1.6 der Allgemeinen Bestimmungen des Gutachtens steht) und 3 m²/ 9 m³ bzw. 2 m²/ 6 m³ für jedes weitere Tier liegt keine wissenschaftliche Begründung vor. Aufgrund tierhalterischer Erfahrung stellten die Tierschutzsachverständigen der Zoos fest, dass Dimensionen von 10 m²/ 25 m³ sowohl innen wie außen für eine Gruppe bis zu fünf Tieren und jeweils eine Erweiterung der Fläche für jedes weitere Adulttier um 1.5 m² ausreichend seien.

Ferner stipuliert das Säugetiergutachten, dass Makis mindestens dreimal täglich zu füttern sind, wobei zusätzlich zu Obst und Gemüse u.a. auch Nüsse angeboten werden sollen. Dies sollte man besser nicht tun, denn sonst verfetten die Tiere [5]. Summa summarum bietet das Säugetiergutachten keine vernünftige Orientierungshilfe für die Haltung von Lemuren.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 adulte Weißbartmakis ein Innen- und ein Außengehege mit einer Fläche von je 10 m² und einer Höhe von 3 m vor. Für jedes weitere erwachsene Tier ist die Fläche um 2 m² zu erweitern.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 15 m² und ein Außengehege von 40 m² bei einer Höhe von je 2.5 m erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Geschichte der Benennung des Weißbartmakis ist etwas konfus. A. MILNE-EDWARDS und A. GRANDIDIER veröffentlichten 1890 in ihrem mehrbändigen Monumentalwerk über Madagaskar die Abbildung eines als "Lemur mongoz var. cinereiceps" bezeichneten Weibchens. Allerdings wurde der Text dazu nie publiziert, und der Name geriet weitgehend in Vergessenheit, abgesehen davon, dass zwei Museumsexemplare in Paris so benannt wurden. 1974 wurde er von C. P. GROVES wieder ausgegraben. 1975 beschrieb der französische Primatologe Y. RUMPLER eine für ihn neue Lemurenart unter dem Namen "Lemur albocollaris".  Später stellte sich heraus, dass diese "neue" Art mit cinereiceps identisch war. Seit 2008 heißt die Art daher Eulemur cinereiceps.  Es gibt keine Unterarten. Der Artstatus wird durch die Interpretation der Molekulargenetik gestützt. Es gibt aber eine Hybridzone mit Eulemur rufifrons, sodass man im biologischen Sinn wohl eher von Unterarten ausgehen müsste [3; 4; 6; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. JOHNSON, S. et al. (2020). Eulemur cinereiceps. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T8205A115562060. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T8205A115562060.en. Downloaded on 18 February 2021.
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. MILNE-EDWARDS, A. & GRANDIDIER, A. (1890). HISTOIRE PHYSIQUE, NATURELLE ET POLITIQUE DE MADAGASCAR - TOME V . ATLAS - II.
  4. MITTERMEIER R.A. et al. (2008)
  5. WEIGL, R. (2005)
  6. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  7. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  8. BRENNEMANN, R. A., JOHNSON, S. E., BAILEY, C. A. et al. (2011)

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx