Halbaffen

Grosser Bambuslemur

Großer Bambuslemur (Prolemur simus) im Zoo Paris-Vincennes Großer Bambuslemur (Prolemur simus) im Zoo Paris-Vincennes
© Wolfgang Dreier, Berlin

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Halbaffen (Prosimiae / Strepsirrhini)
Teilordnung: Maki-Verwandte (Lemuriformes)
Familie: Makis (Lemuridae)

D CR 650

EEPGroßer Bambuslemur

Prolemur simus • The Greater Bamboo Lemur • Le grand hapalémur

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Bambuslemur (Prolemur simus) im Zoo Paris-Vincennes © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Approximative Verbreitung des Großen Bambuslemurs (Prolemur simus)

 

 

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Bambuslemur (Prolemur simus) im Zoo Paris-Vincennes © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Junger Bambuslemur (Prolemur simus) geboren 2020 im Kölner Zoo © Kölner Zoo / Werner Scheurer (Pressefoto)

 

 

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Junger Bambuslemur (Prolemur simus) geboren 2020 im Kölner Zoo © Kölner Zoo / Werner Scheurer (Pressefoto)

 

 

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Bambuslemur (Prolemur simus) mit Jungtier im Kölner Zoo ©Kölner Zoo (Pressefoto)

 

 

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Bambuslemur (Prolemur simus) im Zoo Paris-Vincennes © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Großer Bambuslemur (Prolemur simus). Abbildung zur Originalbeschreibung von John Edward GRAY in Proc. Zool. Soc. Lond., 1870: 828-831.

 

 

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Schädel des Großen Bambuslemurs (Prolemur simus). Abbildung zur Originalbeschreibung von John Edward GRAY in Proc. Zool. Soc. Lond., 1870: 828-831.

 

 

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Der Große Bambuslemur ist ein mittelgroßer, vom Aussterben bedrohter Maki, für den ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm eingerichtet wurde, der aber nur in wenigen Zoos gezeigt wird. Weitaus mehr Zoos engagieren sich für seine Erhaltung in situ, d.h. auf Madagaskar selbst.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Große Bambuslemur ist der mit Abstand größte Vertreter der Bambuslemuren. Er weist eine Kopf-Rumpflänge von 40-42 cm und eine Schwanzlänge von 45-48 cm auf und erreicht ein Gewicht von 2.2 bis 2.5 kg. Er hat eine kurze, breite Schnauze. Die Iris ist rotbraun. Seine Ohren sind mit weißgrauen Ohrbüscheln versehen. Oben hat er 4, unten 6 Schneidezähne. Das kurze, dichte Fell ist graubraun mit rötlichbraunen Partien [1; 3; 6].

Verbreitung

Madagaskar: Subfossile Nachweise gibt es aus weiten Teilen Madagaskars. Heute ist die Art auf wenige Vorkommen entlang der Ostküste der Insel beschränkt [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Bambuslemur besiedelt Bambuswälder in Höhenlagen von 20-1'600 m, in der mittleren bis höheren Regenwaldzone bestehend hauptsächlich Madagassischen Riesenbambus (Cathariostachys madagascariensis), in tieferen Lagen aus Zitherbambus (Valiha diffusa) und Gewöhnlichem Bambus (Bambusa vulgaris). Dies sind auch die Hauptnahrungspflanzen der Art. Nebst dem Bambusmark werden zu einem geringen Prozentsatz  Blätter und Schosse, Feigen (Ficus spp.) und andere Früchte, Blüten des Baums der Reisenden (Ravenala madagascariensis) und Gräser gefressen. Die Tiere sind tag- und nachtaktiv. Sie leben in kleinen monogamen oder in größeren polygamen Gruppen. Nach einer Tragzeit von etwa 150 Tagen wird meistens im Oktober-November ein einzelnes, ca. 80 g schweres Jungtier geboren. Dieses beginnt mit 2 Monaten feste Nahrung zu sich zu nehmen und wird mit 8½-10 Monaten entwöhnt. Weibchen werden mit 1½, Männchen mit 2½ Jahren geschlechtsreif [1; 6].

Gefährdung und Schutz

Hauptsächlich wegen fortschreitenden Verlusts an Lebensraum, bedingt durch die Umwandlung in Agrarland, haben die Bestände des Großen Bambuslemurs in den letzten Jahren deutlich abgenommen, weitere Bedrohungen sind die Bejagung und Nahrungsknappheit bedingt durch den Klimawandel. Die Art wurde daher ab 1986 als stark gefährdet (ENDANGERED) und ab 1996, letztmals überprüft 2018, wegen einer Abnahme der Bestände um über 80% im Verlauf von 30 Jahren als vom Aussterben bedroht (Rote Liste: CRITICALLY ENDANGERED) eingestuft. Heute gibt es nur wenig mehr als 1'000 Individuen [1; 4].

Zoogestütztes Artenschutzprogramm:

  • 2008 wurde aus Zookreisen das Programm "Bamboo Lemur" und 2009 die Organisation "Help Simus" gegründet, die sich in Zusammenarbeit mit dem Parc National de Ranomafama vor Ort für den Schutz des Großen Bambuslemuren einsetzt. Die Organisation wird mittlerweile von rund 30 Zoos und Zoo-Organisationen unterstützt, hauptsächlich in Frankreich, aber auch der Tierpark Hagenbeck, der Kölner Zoo und der NaturZoo Rheine gehören zu den Förderern [4].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang I eingeschränkt.

Bedeutung für den Menschen

Der Große Bambuslemur wird in Madagaskar zur Fleischgewinnung von der lokalen Bevölkerung bejagt bzw. mit Schlingen gefangen. Gelegentlich wird er illegal als Heimtier gehalten [1]. Laut CITES-Handelsstatistik genehmigte Madagaskar von 1976-2019 insgesamt 16 lebende Wildfänge zur Ausfuhr, letztmals 2012. Im selben Zeitraum wurde weltweit etwa 3 Nachzuchttiere bei der In- bzw. Ausfuhr registriert [2].

Haltung

Das Höchstalter wird von WEIGL für zwei im Zoo von Paris geborene und an verschiedenen Orten gehaltene Tiere mit 17 Jahren und 6 bzw. 7 Monaten angegeben [5]. Die Welterstzucht glückte 1995 im Zoo Paris-Vincennes. Seit 1999 gibt es ein Internationales Zuchtbuch (ISB), das lange in Paris geführt wurde, und jetzt am Cotswold Wildlife Park.

Haltung in europäischen Zoos: Der Große Bambuslemur wurde 2020 laut EAZA in einem langsam wachsenden Bestand von 23 (8.15) Individuen in 5 Einrichtungen gehalten, darunter im Kölner Zoo, dem 2012 die deutsche Erstzucht gelang. 2023 waren es sechs Institutionen. Mitte der 1960er Jahre befand sich ein Einzeltier im Zoo Saarbrücken. Für Details siehe Zootierliste.

Es gibt ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, das vom Cotswold Wildlife Park als New Style EEP koordiniert wird.

Mindestanforderungen an Gehege: Für die Vorgabe des Säugetiergutachten 2014 des BMEL von 30 m²/ 90 m³ außen sowie 15 m²/ 45 m³ innen für die Haltung eines Paars, einer Familie oder zweier verträglicher Individuen und 3 m²/ 9 m³ bzw. 2 m²/ 6 m³ für jedes weitere Tier liegt keine wissenschaftliche Begründung vor. Aufgrund tierhalterischer Erfahrung stellten die Tierschutzsachverständigen der Zoos fest, dass Dimensionen von 10 m²/ 25 m³ sowohl innen wie außen für eine Gruppe bis zu fünf Tieren und jeweils eine Erweiterung der Fläche für jedes weitere Adulttier um 1.5 m² ausreichend seien.

Das Gutachten gibt auch vor, dass Bambuslemuren ausreichend Nestmaterial zur Verfügung zu stellen sei. Leider können diese damit nicht viel anfangen, denn sie bauen keine Nester! Als Futter ist ihnen regelmäßig Bambus anzubieten und die Fütterung hat verteilt über den ganzen Tag zu erfolgen.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 adulte Bambuslemuren ein Innengehege mit einer Fläche von je 3 m² und einer Höhe von 2 m für bereits am 1. September 2008 bestehende Haltungen vor. Solche gibt es vermutlich keine. Es ist davon auszugehen, dass bei neuen Haltungen für Große Bambuslemuren die gleichen Gehegedimensionen verlangt werden, wie für Echte Makis.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 15 m² und ein Außengehege von 40 m² bei einer Höhe von je 2.5 m erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Große Bambuslemur wurde 1870 von John Edward GRAY vom British Museum in London in den Verhandlungsberichten der Zoologischen Gesellschaft als "Hapalemur simus" erstmals wissenschaftlich beschrieben, dann aber im selben Jahr im Katalog der Affen, Lemuren und Flughundes des Museums unter dem heute akzeptierten Namen Prolemur simus aufgeführt. Als Jahr der Benennung wird oft 1871 angegeben. Es gibt keine Unterarten [3; 6; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. RAVALOHARIMANITRA, M. et al. (2020). Prolemur simus. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T9674A115564770. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T9674A115564770.en. Downloaded on 17 February 2021.
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. GRAY, J. E. (1870) NOTES ON HAPALEMUR GRISEUS, A NEW SPECIES LIVING LATELY IN THE GARDENS OF THE SOCIETY. Proc. Zool. Soc. London, December 6, 1870: 828-831.
  4. HELP SIMUS
  5. WEIGL, R. (2005)
  6. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  7. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)

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Gelesen 21786 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 30 August 2023 16:50
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