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BALFOUR D. & S. (1992)

Etoscha.

Bildband. 176 Seiten
Verlag Struik, Kapstadt. ISBN 1-86825-152-7

Auszug:

Etoscha. Der große weiße Ort. Der Ort des trocknen Wassers. Der Ort der Fata Morgana. Der Ort, an dem man das sieht, was nicht ist, und wo sich einem das entzieht, was ist. Auch wenn man sich für eine dieser Interpretationen entscheidet, so erschließt sich Etoscha eigentlich in verschiedenen anderen Bedeutungen: als Wildschutzgebiet ohnegleichen, als eine der letzten großartigen Naturlandschaften der Welt, als eine bedeutende Zufluchtsstätte für zahlreiche der sich ständig verringernden Vogel- und Wildarten Afrikas, zu denen auch das stark gefährdete Spitzmaulnashorn, die Pferdeantilope und das seltene Schwarznasenimpala gehören. Etoscha, das über 114 Spezies der Säugetiere und ungefähr 340 Vogelarten eine Heimat bietet, ist einer der größten Nationalparks der Welt, erstreckt sich über mehr als 350 Kilometer von Osten nach Westen und bedeckt eine Fläche von 22.275 Quadratkilometern. Seinen Namen verdankt der Park der in seinem Herzen gelegenen, 6.133 Quadratkilometer großen Pfanne, einem ehemaligen, riesigen Binnenmeer. Klimatische Veränderungen und topographische Verschiebungen bewirkten jedoch die Verlagerung des Kunene, des bedeutendsten, sie speisenden Flusses, er mündet jetzt in den Atlantischen Ozean, und somit auch das allmähliche Eintrocknen der Pfanne. Die heutige Etoschapfanne erinnert in ihrer Verödung nur schemenhaft an den früheren See, denn hier erstreckt sich heute eine scheinbar endlose, grünlichweiße Senke, in der durch die Verdunstung des Wassers vor zwei bis zehn Millionen Jahren Lehm-, Schlick- und Salzablagerungen zurückblieben. Die in der weißgoldenen afrikanischen Sonne brütende und schimmernde Pfanne erlebte seit Menschengedenken keine gänzliche Überflutung mehr, auch wenn sie in guten Regenjahren noch immer einige Nebenflüsse des Kunene, wie beispielsweise der Ekuma und der Oschigambo im Nordwesten, sowie der Omuramba Ovambo im Osten speisen. Nach solchen Niederschlägen wird sie teilweise überflutet, so daß sich dort riesige, glitzernde Wasserflächen ausbreiten, die Tausende und Abertausende Flamingos, Wat- und andere Wasservögel herbeilocken. Diese Vögel scheinen über Nacht plötzlich aufzutauchen, dann wimmelt es an der Pfanne vom Leben, bis das Wasser leise zurücktritt, verdunstet und abermals verschwindet, um eine verdörrte, unwirtliche Einöde zu hinterlassen, in der sich außer den Luftspiegelungen, die über die verbrannte, salzverkrustete Oberfläche tanzen, nichts regt. Auch wenn die Etoschapfanne dem Park ihren Namen schenkte und zweifellos als sein Wahrzeichen gilt, verdankt er ihr doch nicht seine charakteristischen Züge. Diese entdeckt man vielmehr in den umliegenden Grasfluren der Savanne, die sich über dem Sand und Kies der Kalahari-Ablagerungen ausbreitet und riesige Herden gedeihen läßt: Zebras, Springböcke, Streifengnus, Elefanten, Antilopen, sowie zahllose andere Lebewesen. Sie sind das Herzblut dieses erstaunlichen Wildschutzgebiets, der Inbegriff des Etoscha-Nationalparks.

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx