Habichtartige

Wollkopfgeier

Wollkopfgeier (Trigonoceps occipitalis) in der Volerie des Aigles, Kintzheim im Elsass Wollkopfgeier (Trigonoceps occipitalis) in der Volerie des Aigles, Kintzheim im Elsass
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Ordnung: Greifvögel (ACCIPITRIFORMES)
Unterordnung: Habichtartige und Fischadler (ACCIPITRES)
Familie: Habichtartige (Accipitridae)
Unterfamilie: Altweltgeier (Aegypiinae)

D CR 650

EEPWollkopfgeier

Trigonoceps occipitalis • The White-headed Vulture • Le vautour à tête blanche

213 003 063 001 trigonoceps occipitalis sciez PD2
Wollkopfgeier (Trigonoceps occipitalis) in Les Aigles du Léman, Sciez, Hochsavoyen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

213 003 063 001 trigonoceps occipitalis map
Approximative Verbreitung des Wollkopfgeiers (Trigonoceps occipitalis). Blau: aktuelles Vorkommen, rot: ausgestorben oder vermutlich ausgestorben

 

 

 

213 003 063 001 trigonoceps occipitalis kintz PD1
Wollkopfgeier (Trigonoceps occipitalis) in der Volerie des Aigles, Kintzheim © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

213 003 063 001 trigonoceps occipitalis steinen PD1
Wollkopfgeier (Trigonoceps occipitalis) im Vogelpark Steinen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

213 003 063 001 trigonoceps occipitalis sciez PD1
Wollkopfgeier (Trigonoceps occipitalis) in Les Aigles du Léman, Sciez, Hochsavoyen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

213 003 063 001 trigonoceps occipitalis kintz PD3
Wollkopfgeier (Trigonoceps occipitalis) in der Volerie des Aigles, Kintzheim © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

213 003 063 001 trigonoceps occipitalis TPB wDreier1
Wollkopfgeier (Trigonoceps occipitalis) im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

 

213 003 063 001 trigonoceps occipitalis TPB wDreier2A
Wollkopfgeier (Trigonoceps occipitalis) im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

Weitere Bilder auf BioLib.cz

Stimme auf XENO-CANTO

Der afrikanische Wollkopfgeier hat in den letzten Jahren in seinem Bestand stark abgenommen und einen großen Teil seines Areals eingebüßt, sodass er heute als unmittelbar vom Aussterben bedroht gilt. Im Rahmen der EAZA wurde deshalb ein Erhaltungszuchtprogramm für die Art eingerichtet.

Körperbau und Körperfunktionen

Mit einem mittleren Gewicht von 3'300-5'800 g, einer Gesamtlänge von etwa (68-)76-85 cm und einer Flügelspannweite von 230 cm nimmt der Wollkopf hinsichtlich Größe eine Mittelstellung zwischen den großen Arten der Gyps-/Aegypius-Gruppe und den kleinen  der Schmutzgeier-Verwandtschaft ein. Er hat ein oberseits schwarzbraunes bis schwarzes Gefieder, ein ebensolches Brustband und ansonsten eine weiße Unterseite. Bei den Weibchen sind die inneren Armschwingen weiß. Die Kopfhaut ist mit wolligen, weißen Dunen bedeckt, das Gesicht ist nackt und rosa. Wachshaut und Schnabelansatz sind blaugrau, der übrige Schnabel ist bis auf die schwarze Spitze rötlich bis orangefarben. Die unbefiederten Teile der Beine sind fleischfarben [4; 5; 6; 7].

Verbreitung

Afrika südlich der Sahara: Brutvogel in Äthiopien, Benin, Botswana, Burkina Faso, Dschibuti, Elfenbeinküste, Gambia, Ghana, Kamerun, Kenia, Kongo Dem., Malawi, Mali, Mauretanien, Namibia, Niger, Ruanda, Sambia, Senegal, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Südsudan, Sudan, Tansania, Tschad, Uganda. Nicht-brütend in Angola, Burundi, Eritrea, Gabun, Guinea, Guinea-Bissau, Mosambik, Togo, Zentralafrikanische Republik. Vorkommen unsicher in Swasiland, Nigeria [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Wollkopfgeier besiedelt Trockenwälder und Savannen, er meidet Dornbusch, Steppen und dichten Wald. Er ist hauptsächlich in tieferen Lagen verbreitet, geht aber in Kenia bis auf eine Höhe von 3'000, in Äthiopien von 4'000 m. Die Vögel sind scheu und meiden menschliche Siedlungen. Die Nahrung besteht aus Aas, es wird aber auch lebende Beute bis Duckergröße geschlagen. Ferner werden Heuschrecken und Termiten gefressen [4; 5].

Genistet wird während der Trockenzeit auf Bäumen. Das einzige Ei ist weiß, eventuell mit Flecken, und 87x67 mm groß. Es wird während 55-56 Tagen bebrütet. Das Küken wird mit 115-120 Tagen flügge und wird dann von den Eltern noch etwa sechs Monate lang betreut [2; 5; 6; 7; 8].

Gefährdung und Schutz

Als Folge von Lebensraumverlust und reduzierter Verfügbarkeit von Kadavern sowie dem Einsatz von Gift zur Raubzeugbekämpfung haben die Bestände des Wollkopfgeiers massiv abgenommen und umfassen heute noch geschätzte 5'500 Individuen. Die Art wurde daher seit 2007 als gefährdet und wird seit 2015, letztmals überprüft 2021, als vom Aussterben bedroht eingestuft (Rote Liste: CRITICALLY ENDANGERED) [1].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt. Die Art fällt unter Anhang 2 des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten (CMS).

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Die seit 2010 bestehende Organisation VulPro betreibt in der Nähe von Hartbeespoort in Südafrikas Nordwestprovinz ein Schutzzentrum für Geier. Schwerpunkt ist der Kapgeier, aber auch verletzte oder  geschwächte Individuen anderer Arten, darunter Wollkopfgeier, werden aufgenommen, gepflegt und nach Möglichkeit wieder ausgewildert. Daneben läuft ein Zuchtprogramm mit Vögeln, die nicht ausgewildert werden können, und es wird Forschung betrieben. Die Organisation wird von gegen 20 Zoos unterstützt, darunter der Wilhelma Stuttgart, die seit 2019 einem jährlichen Beitrag von 5'000 € leistet.

Bedeutung für den Menschen

Laut IUCN befindet sich die Art im internationalen Handel [1], was allerdings für Wildfänge nicht mehr zutrifft.

Von 2001-2019 gelangten aus den Ursprungsländern 360 Wildfänge in den legalen internationalen Handel. Davon stammten 160 aus Kamerun, 115 aus Guinea und 80 aus der Elfenbeinküste. Nach 2010 wurden keine Wildfänge mehr exportiert. Im selben Zeitraum wurden weltweit nur 4 Nachzuchtvögel bei der Ausfuhr registriert [2].

Haltung im Zoo

In ausreichend großen Volieren mit genügend Rückzugsmöglichkeiten ist eine Vergesellschaftung mit anderen Geiern, Milanen, Sekretär, Hammerkopf, Raben und Hornraben möglich, so z.B. im Tierpark Berlin, im Welt-Vogelpark Walsrode, im Zoo Rotterdam oder im Vogelpark Avifauna in Alphen. Als Höchstalter werden 30 Jahre und 11 Monate angegeben, erreicht von einem Vogel im Tierpark Berlin. Die Welterstzucht glückte 1992 im Zoo Berlin [6].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in über 30 zoologischen Einrichtungen gehalten, von denen sich rund ein Fünftel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Es gibt ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, das am Vogelpark Alphen aan den Rijn koordiniert wird.

Mindestanforderungen an Gehege: 1995 veröffentlichte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BMELF) Mindestanforderungen an die Haltung von Greifvögeln und Eulen. Diese werden gegenwärtig (Juni 2023) überarbeitet und sollen als Leitlinien zur Haltung von Greifvögeln (Accipitriformes, Falconiformes) und Eulen (Strigiformes) neu herausgegeben werden.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 kleine Geier, wozu der Wollkopfgeier vermutlich noch gehört eine Voliere mit einer Grundfläche von 30 m² und einem Volumen von 90 m³ vor. Für jeden weiteren adulten Vogel ist die Grundfläche um 10 m² zu vergrößern. Die Vorgängerverordnung sah halb so große Dimensionen vor. Die Erhöhung erfolgte ohne Angabe von Gründen. Für nicht winterharte Vögel ist ein Schutzraum von 2 m² pro Vogel erforderlich. Für Schauflüge eingesetzte Vögel dürfen nur im nicht öffentlich zugänglichen Bereich der Tierhaltung an der Fessel gehalten werden.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für die Haltung von 1-2 Wollkopfgeiern vermutlich eine Voliere mit einer Grundfläche von 30 m² bei 2.5 m Höhe sowie ein frostfreier Schutzraum erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 10 m² zu erweitern. Für die falknerische Haltung gelten besondere Anforderungen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Wollkopfgeier wurde 1824 von dem englischen Naturforscher und Afrikareisenden William John BURCHELL als "Vultur occipitalis" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1842 stellte ihn der französische Arzt und Naturforscher René Primevère LESSON in die heute gültige, monotypische Gattung Trigonoceps. Es gibt keine Unterarten [3; 4].

Literatur und Internetquellen

  1. BIRDLIFE INTERNATIONAL (2021). Trigonoceps occipitalis. The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T22695250A205380033. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-3.RLTS.T22695250A205380033.en. Accessed on 14 June 2023.
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. DEL HOYO, J., COLLAR, N., CHRISTIE, D.A., ELLIOTT, A. & FISHPOOL L.D.C. (2014)
  4. DEL HOYO, J., ELLIOTT, A.. & SARGATAL, J., eds. (1999)
  5. GINN, P.J., McILLERON, W.G. & MILSTEIN, P. le S. (1999)
  6. GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
  7. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)

Zurück zu Übersicht Greifvögel

Weiter zu Keilschwanzadler (Aquila audax)

Gelesen 23752 mal Letzte Änderung am Samstag, 25 November 2023 10:25
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx