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GEIGER, C. (2007)

Die „Hellabrunner Mischung“ im Vergleich mit MS 222 als Tauchbadnarkose bei verschiedenen Fischen.

Vet. med. Dissertation

v + 112 Seiten

Tierpark Hellabrunn, München
Betreuer: Prof. Dr. H. Wiesner
Klinik für Fische und Reptilien der Tierärztlichen Fakultät der LMU München
Vorstand: Prof. Dr. R. Hoffmann

Voller Text

Zusammenfassung:

In der vorliegenden Studie wurde eine Kombination aus Ketamin- und Xylazinhydrochlorid („Hellabrunner Mischung“ - HM; 1ml enthält etwa 100mg Ketamin und 125mg Xylazin) auf ihre Eignung zur Anwendung als Tauchbadnarkose bei Fischen untersucht. Beide Grundsubstanzen sind in Deutschland zur Anwendung bei Lebensmittel liefernden Tieren zugelassen. Die Wirksamkeit der HM wurde bei Koikarpfen (Cyprinus carpio), Regenbogenforellen (Oncorhynchus mykiss) und Kaiserbuntbarschen (Aulonocara stuartgrantii) überprüft und anschließend mit dem bei Fischen üblicherweise verwendeten Narkosemittel MS 222 (Tricain) verglichen.

Zur Ermittlung einer geeigneten Dosierung der HM wurden in Vorversuchen bei allen drei Fischarten die Parameter Anflutungszeit, Aufwachzeit, erreichte Narkosetiefe und die Häufigkeit von Exzitationen in der Anflutungs- und Aufwachphase bei verschiedenen Konzentrationen der HM im Narkosebad herangezogen. Die so für die Fischarten getrennt als optimal erkannte Dosis wurde in den Hauptversuchen bei 26 - 28 Tieren pro Fischart im Vergleich mit einer Standarddosis von MS 222 eingesetzt. Dabei wurde die eine Hälfte der Fische zunächst mit HM betäubt, die andere mit MS 222. Nach einer zweiwöchigen Ruhepause wurden die Untergruppen mit dem jeweils anderen Narkosemittel behandelt, sodass alle Fische je einmal mit der HM und einmal mit MS 222 untersucht werden konnten. Die Temperatur des Narkosebads war dabei den jeweiligen Haltungsansprüchen der Fischarten angepasst und daher unterschiedlich für Koikarpfen (20°C), Regenbogenforellen (10°C) und Kaiserbuntbarsche (25°C). Als ideale Dosis der HM für Forellen wurden 0,6 ml/l Wasser beurteilt, bei den Koikarpfen und Kaiserbuntbarschen jeweils 0,8 ml/l.

In den Hauptversuchen ließ sich mit diesen Konzentrationen bei allen drei Fischarten eine Induktion in weniger als 10 Minuten erreichen (6-9 Minuten), die Aufwachzeit dauerte einheitlich etwa 20 bis 24 Minuten. Außer bei den Forellen konnten auch tiefe Narkosestadien provoziert werden. Während der Anflutungsphase traten bei Kaiserbuntbarschen und Koikarpfen selten Erregungszustände, meist nur in Form von spuckenden Maulbewegungen, auf. Bei diesen beiden Fischarten verlief die Aufwachphase überwiegend ruhig. Die Forellen waren in der Einleitungsphase zu 92,3% verhaltensauffällig und in der Aufwachphase zu 57,7%. Die Narkosen mit MS 222 verliefen bei den Fischarten verschieden. Mit der als mittlerer Standard geltenden Dosis von 70 mg/l Wasser war bei den Kaiserbuntbarschen keine eindeutige Wirkung zu erreichen. Bei ihnen wurde deshalb die Dosis auf 116mg MS 222 /l erhöht. Die Induktion verlief mit 70mg MS 222 /l bei den Koikarpfen etwa gleichlang, bei den Forellen signifikant kürzer und bei den Buntbarschen mit 116mg MS 222 /l wesentlich länger als mit der HM. Alle drei Fischarten waren nach MS 222 schneller wach als nach der HM, die Buntbarsche hatten jedoch zuvor trotz der erhöhten Dosis in keinem Fall eine OPToleranz erreicht. Die Häufigkeit von Exzitationen war unter MS 222 insgesamt deutlich höher mit Ausnahme der Aufwachphase der Forellen.

Bei den Forellen war der Einsatz der HM zwar möglich, mit MS 222 in der Dosis 70 mg/l ließ sich eine Narkose bei dieser Fischart allerdings besser einschätzen und verlief wesentlich schneller. Bei den Koikarpfen und Kaiserbuntbarschen hingegen erwies sich die HM als sicher anzuwendendes Anästhetikum. Bei diesen beiden Spezies fiel die Beurteilung des erreichten Narkosestadiums mit der HM sogar leichter als unter MS 222. Bei den Kaiserbuntbarschen war die Wirkung des MS 222 völlig unzulänglich. Mit der HM dagegen konnten tiefe Narkosen, aus denen alle Tiere komplikationslos erwachten, erzielt werden. Speziesabhängig stellt die „Hellabrunner Mischung“ eine effektive und sichere Alternative zu herkömmlichen Tauchbadanästhetika dar.

Summary:

Hellabrunn mixture in comparison with MS 222 as immersion bath anaesthesia in different fish In this study a combination of ketamine- and xylazinehydrochloride (Hellabrunn mixture - HM; 1ml contains approximately 100mg ketamine and 125mg xylazine) was examined to find out if it is suitable to be applied in immersion bath anaesthesia. Both substances are registered for use in food animals in Europe. The effectiveness of this combination was tested on koicarp (Cyprinus carpio), rainbow trout (Oncorhynchus mykiss) and flavescent peacock (Aulonocara stuartgrantii) and afterwards compared with the commonly applied anaesthetic MS 222 (active substance: tricaine methane sulphonate).

To establish a suitable dose of HM the parameters induction time, recovery time, the achieved stage of anaesthesia, and the frequency of exzitative behaviour were measured during previous trials. The dose that was found to be working best in a fish species was then used with 26 to 28 animals in the main trials and afterwards compared with a standard dose of MS 222. This was done by first anesthetizing half of the group of each species with HM and the other half with MS 222. After a recovery period of 14 days both parts of the group were vice versa treated with the corresponding anaesthetic agent. This meant that each fish of all the three species was finally treated with both anaesthetics, HM and MS 222 and that there was a total number of anaesthetic protocols of 26 to 28 for each anaesthetic agent. The temperature of the immersion bath was always adapted to the physiological habitat of the fish, so that the temperature was different with koicarp (20°C), rainbow trout (10°C) and flavescent peacock (25°C). For rainbow trout a dose of 0.6 ml HM per litre proved to be ideally suited for this species as well as a dose of 0.8 ml HM/l for both koicarp and flavescent peacock. With these doses it was possible during the main trials to induce anaesthesia in less than 10 minutes (6-9 minutes) while recovery took 20 to 24 minutes. Excluding rainbow trout even deeper stages of anaesthesia could be provoked. During the induction period exzitative behaviour was almost never seen in koicarp and flavescent peacock unless some subtle changes of respiratory movements and ventilation rate. In both species recovery took place uneventfully. 92,3% of the rainbow trout showed abnormal behaviour during induction and so did 57,7% of them during recovery.

Anaesthesia with MS 222 was different in the course with the three species. Flavescent peacock did not show any response to the standard dose of 70mg MS 222/l. For this reason the dose was increased with this species to 116mg MS 222/l. With 70mg MS 222/l in koicarp induction time was the same as with HM. It was significantly shorter in rainbow trout and with 116 mg/l much longer in flavescent peacock in comparison to HM. All the three species did awake more rapidly after anaesthesia with MS 222 than with HM with the flavescent peacock never having reached any anaesthetic stage. Exzitative behaviour was observed more frequently under MS 222 excluding the induction period of rainbow trout. Application of HM in rainbow trout is possible, but with 70mg MS 222/l anaesthesia in this species is easier to control and more rapidly in its course.

In koicarp and flavescent peacock HM proved to be an anaesthetic easy to apply and safe. In both species the monitoring of the achieved anaesthetic stages was even easier with HM than with MS 222. In the flavescent peacock MS 222 was completely ineffective. In contrast using HM it was possible to induce even deeper stages of anaesthesia from which they recovered without any complications. Depending on the species HM is an effective and safe alternative to conventional immersion bath anaesthetics.

 

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