Hirsche, Hirschferkel und Moschustiere

Wapitis

Felsengebirgswapiti (Cervus e. (canadensis) nelsoni) in Hagenbecks Tierpark Felsengebirgswapiti (Cervus e. (canadensis) nelsoni) in Hagenbecks Tierpark
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: LAURASIATHERiA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hirsche (Cervidae)
Unterfamilie: Echte Hirsche (Cervinae)
Tribus: Echthirsche im engeren Sinn (Cervini)

Red list status least concern

Rothirsche - Wapiti-Gruppe

Cervus (elaphus) canadensis-Gruppe • The Elk or Wapiti • Le wapiti

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Felsengebirgswapiti (Cervus e. (canadensis) nelsoni) im Wildpark Lüneburger Heide, Hanstedt-Nindorf © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Sehr Approximative Verbreitung der Rothirsche der canadensis-Gruppe (Cervus (e.) canadensis

 

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Felsengebirgswapitikuh (Cervus e. (canadensis) nelsoni) im Wildpark Lüneburger Heide, Hanstedt-Nindorf © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Felsengebirgswapiti (Cervus e. (canadensis) nelsoni) im Wildpark Lüneburger Heide, Hanstedt-Nindorf © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Spiegel einer Felsengebirgswapitikuh (Cervus e. (canadensis) nelsoni) im Wildpark Lüneburger Heide, Hanstedt-Nindorf © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Zwergwapiti (Cervus e. (canadensis) nannodes) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Zwergwapiti-Gruppe (Cervus e. (canadensis) nannodes) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Manitoba-Wapiti (Cervus e. (canadensis) manitobensis) im Tierpark Lange Erlen, Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Manitoba-Wapiti (Cervus e. (canadensis) manitobensis) im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Isubra- oder Gelbsteißhirsch(Cervus e. (canadensis) xanthopygus) im Zoo Kiew © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Altai-Maral (Cervus e. (canadensis) sibiricus) in der Tatzmania Löffingen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Altai-Maral (Cervus e. (canadensis) sibiricus) im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Altai-Maral (Cervus e. (canadensis) sibiricus) im Bast im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Altai-Maral-Kuh (Cervus e. (canadensis) sibiricus) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Altai-Maral-Kuh (Cervus e. (canadensis) sibiricus) im Tierpark Berlin ihr Kalb säugend © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Altai-Maral-Kalb (Cervus e. (canadensis) sibiricus) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Die in Nordamerika, Zentral- und Ostasien beheimateten Rothirsche der Wapiti-Grupp sind die größten Echthirsche überhaupt. Sie sind daher aus Publikumssicht sehr attraktiv, werden aber in Europa vergleichsweise selten gehalten, weil die europäischen Rothirsche, die als einheimische und für uns kulturell bedeutsame Art zoopädagogisch mehr hergeben, bevorzugt werden.

Körperbau und Körperfunktionen

Wapitis sind die größten Echthirsche. Bullen erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von 210-240 cm, eine Schulterhöhe von 145-160 cm und nach der Brunft ein Gewicht von 220-400 kg, Kühe eine Kopf-Rumpf-Länge von 190-230 cm, eine Schulterhöhe von 130-150 cm und ein Gewicht von 150-250 kg. Überdurchschnittlich schwere Tiere leben in Süd-Kanada mit Gewichten bis 530 kg bei den Bullen und 350 kg bei den Kühen. Die leichtesten gibt es in Kaliforniern, der Inneren Mongolei und dem Ussurigebiet. Der Schwanz ist mit 10-16 cm sehr kurz. Die Geweihe sind groß und schwer, bis zu 25 kg, und haben eine Endgabel. Meist weisen kapitale Geweihe nur 12 Enden auf, beim Altai-Maral 14. Der Spiegel auf dem Hinterteil ist groß und gelblich. Im Übrigen sei auf die Eurasischen Rothirsche verwiesen [4; 12].

Verbreitung

Nordamerikanische Wapitis (C. e. canadensis etc.): Kanada, USA, im Gegensatz zu vielen Angaben kam der Wapiti im Holozän in Mexiko nicht vor. Der Zwergwapiti (C. e. nannodes) ist auf Kalifornien beschränkt [1; 3: 7; 12].

Asiatische Wapitis (C. e. sibiricus etc.): Zentral- und Ostasien: China, Kasachstan, Mongolei, Nordkorea, Russland

Lebensraum und Lebensweise

Wapitis besiedeln lockere Laub- und Mischwälder, boreale Nadelwälder, Moorlandschaften der montanen, subalpinen und alpinen Stufe, Steppen und alpine Rasen, an der Westküste Nordamerikas auch kühle Regenwälder und mediterrane Hartlaubvegetation. In China gehen sie bis auf eine Höhe von 5'000 m, im Altai bis auf 1'900 m. Wie die Europäischen Rothirsche unternehmen im Gebirge lebende Wapitis saisonale Vertikalwanderungen. Auch Tiefschnee versuchen sie durch Wanderunge auszuweichen. Die Distanz zwischen Sommer- und Wintereinständen kann bis zu 180 km betragen. In Waldgebieten ernähren sich die Tiere vorab von Zweigen und Schösslingen von Bäumen und Sträuchern, auf Grasland äsen sie Gräser, Seggen und Kräuter. Die soziale Organisation entspricht jener der Eurasischen Rothirsche, d. h. Mutterfamilien, die sich zu größeren Kahlwildrudeln zusammenschließen können, Junggesellenherden oder männliche Einzeltiere, während der Brunft Haremsbildung. Anders als beim Eurasischen Rothirsch ist der Brunftschrei kein Röhren, sondern eine langanhaltende Sequenz hoher Töne, die sich etwa anhört wie eine schlecht geölte Tür [4; 7; 8].

Gefährdung und Schutz

Die Art bzw. Unterartgruppe hat eine weite Verbreitungsgebiet und mutmaßlich einen großen Gesamtbestand. Gebietsweise hat sie Bestandsabnahmen zu verzeichnen, aber diese sind nicht besorgniserregend, der Gesamtbestand könnte effektiv sogar wachsen. Gestützt auf eine Beurteilung aus dem Jahr 2015 wurde sie deshalb als nicht-gefährdet eingestuft (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt.

Nach Anhang 1 der Jagdverordnung gilt der Wapiti in der Schweiz als nicht einheimische Art, deren Einfuhr und Haltung einer jagdrechtlichen Bewilligung bedarf [14].

Niedergang und Erholung des Zwergwapitis: Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es in Kalifornien rund eine halbe Million Zwergwapitis. Durch die Zuwanderung von Siedlern als Folge des Goldrauschs im Jahr 1849 schwand der Lebensraum der Hirsche zusehends und eine nicht nachhaltige Bejagung beschleunigte den Niedergang der Bestände. 1895 sollen gerade noch 28 Tiere übrig geblieben sein. Dank dem privaten Landeigentümer Henry MILLER in Bakersfield überlebte dieser Restbestand. Bis 1905 wuchs die Population auf 140 Tiere an, dann begann Miller Hirsche an andere Landbesitzer abzugeben. 1932 wurde das Tule Elk State Reserve eingerichtet. 1970 gab es wieder drei Herden mit rund 500 Tieren. 1971 wurde die Art unter Schutz gestellt und mit einem Jagdverbot belegt, bis der Bestand 2'000 Tiere erreicht hätte. Im Jahr 2000 waren es bereits 22 Herden mit 2'700 Tieren [7].

Bedeutung für den Menschen

Wapitis werden zur Gewinnung von Fleisch und Häuten gejagt. In Nordamerika ist Trophäenjagd mit Gewehr, Bogen oder Armbrust eine regelrechte Industrie. In Asien werden Wapitis zur Gewinnung der Bastgeweihe und anderer Körperteile für medizinische Zwecke (Panten, Deer Velvet) gewildert. In der Mongolei erzielen Bastgeweihe einen Preis von 60-100 USD/kg. In Russland und China werden zur Gewinnung von Bastgeweihen und anderen Produkten Wapitis auf Farmen gezüchtet. Ebenso in Neuseeland, wo allerdings meistens Europäisches Rotwild eingekreuzt wurde [1; 10].

Haltung

Bei Wapitis sollte man nur männliche Tiere bis maximal 3 Jahre als Beihirsche in einer Haremsgruppe halten, selbst außerhalb der Brunft, denn die Hirsche attackieren sich auch im Bastgeweih mit den Vorderläufen. Die Haltung von Junggesellengruppen ist dagegen möglich. Wapitistiere, namentlich ohne konkurrierende Artgenossen gehaltene, sind während der Brunft für den Menschen potenziell gefährlich. 1893 wurde im Zoologischen Garten Basel ein Tierpfleger aufgespießt und zutode geforkelt [13].

WEIGL gibt als Höchstalter für canadensis 28 Jahre und 11 Monate, für nannodes 29 Jahre und 2 Monate und für sibiricus 31 Jahre und 6 Monate an [11].

Haltung in europäischen Zoos: Nordamerikanische Wapitis werden in gut 30 Einrichtungen gehalten, von denen sich gegen die Hälfte im deutschsprachigen Raum befinden, Altai-Marale (C. e. sibiricus) in rund 24 Einrichtungen, 4 davon im deutschsprachigen Raum. Tianshan-Marale (C. e. songaricus) wurden bis zum Zweiten Weltkrieg zeitweilig im Berliner Zoo gehalten. In den 1960er Jahren hielten und züchteten einige wenige deutsche Zoos den Isubrahirsch (C. e. xanthopygus), heute (2023) gibt es sie nur noch in Russland. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL gibt für eine Gruppe bis zu 5 Tieren ein Gehege von 400 m² vor und für jedes weitere Adulttier 20 m² mehr.

Die Anforderung des Säugetiergutachtens, dass bei der extensiven Haltung von Rotwild 3000 m² pro Adulttier zur Verfügung gestellt werden müssen, steht in Widerspruch zu landesrechtlichen Anforderungen für die Haltung von Gehegewild, die lediglich 2000 m² vorschreiben.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 6 Tiere ein Gehege von 800 m² mit Abtrennmöglichkeit und natürlichen oder künstlichen, allen Tieren gleichzeitig Platz bietenden Unterständen, einer Suhle und einer Badegelegenheit vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 80 m² zu erweitern. Bei Haltung auf Naturboden wie gewachsen sind die Flächen zu verdreifachen.

Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) fordert für bis zu 5 Tiere ein Gehege von 800 m² mit Abtrennmöglichkeit und Unterständen. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 80 m² zu erweitern. Bei extensiver Haltung ist für 5 Tiere eine Fläche von 10'000 m² vorzusehen, für jedes weitere Tier 1'000 m² mehr - was allerdings die Grasnarbe nicht aushalten dürfte.

Taxonomie und Nomenklatur

Während Jahrzehnten wurden die Rothirsche Europas und Nordafrikas, die Marale und die anderen Formen Asiens sowie die Wapitis aus Nordamerika und Ostasien zumeist als Angehörige einer einzigen Art betrachtet, was zweifellos richtig ist, wenn man das biologische Artkonzept zugrunde legt. Dem allgemeinen Trend folgend wurden sie in den letzten Jahren, trotz teilweise widersprüchlicher Ergebnisse, nach molekulargenetischen Kriterien auf drei Arten, canadensis, elaphus und wallichii, aufgeteilt. Um die Sache zu komplizieren, anerkennen manche Autoren nur zwei Arten und schlagen wallichii (einschließlich kansuensis und macneilli) zu canadensis, andere wiederum schlagen eine vierte Art vor. Unsere Verbreitungskarte ist daher, was die asiatischen Wapitis angeht, nicht allzu genau zu nehmen [1; 3; 4; 6; 8; 12].

Die Art Cervus elaphus wurde 1758 von Carl von LINNÉ unter ihrem heute noch gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben, der Wapiti 1777 von dem aus Quedlinburg stammenden Naturforscher Johann Christian Polycarp ERXLEBEN als Cervus canadensis [12].

Die nordamerikanischen Wapitis wurden bisweilen in sechs Unterarten aufgesplittet, von denen 2 ausgestorben sind. Die überlebenden sind:

  • Manitoba-Wapiti (Cervus e. manitobensis)
  • Zwerg- oder Tule-Wapiti (Cervus e. nannodes)
  • Felsengebirgswapiti (Cervus e. nelsoni)
  • Roosevelt-Wapiti (Cervus e. roosevelti)

In der Roten Liste der IUCN und bei HALTENORTH werden manitobensis und nelsoni mit dem ausgestorbenen canadensis zusammengelegt. ISIS unterscheidet nur zwischen canadensis und nannodes und im Säugetierhandbuch werden alle nordamerikanischen Formen zu canadensis zusammengefasst. Bei den asiatischen Formen werden, wenn man die südchinesischen Formen mal weglässt, folgende Unterarten unterschieden:

  • Alashan-Maral (Cervus e. alashanicus)>
  • Altai-Maral (Cervus e. sibiricus)
  • Tian-Shan-Maral (Cervus e. songaricus)
  • Isubrahirsch (Cervus e. xanthopygus)

Bisweilen werden sibiricus und songaricus zu einer Unterart zusammengelegt oder alle asiatischen Formen unter canadensis subsumiert [1; 5; 12].

Literatur und Internetquellen

  1. BROOK, S.M. et al. (2018). Cervus canadensis (amended version of 2016 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2018: e.T55997823A134229019. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2018-2.RLTS.T55997823A134229019.en. Downloaded on 10 February 2019.
  2. CARRERA, R. & BALLARD, W. B. (2003)
  3. GROVES, C. (2006)
  4. GRZIMEK, B. (ed., 1970)
  5. HALTENORTH, T. & TRENSE, W. (1956)
  6. LUDT, C. J., SCHROEDER, W., ROTTMANN, O & KUEHN, R. (2004)
  7. McCULLOUGH, D.R., BALLOU, J.D. & FISCHER, J.K. (1996)
  8. PITRA, C., FICKEL, J., MEIJAARD, E. & GROVES P.C. (2004)
  9. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  10. TEARA
  11. WEIGL, R. (2005)
  12. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  13. HAARHAUS, J. R. (1913)
  14. VERORDNUNG ÜBER DIE JAGD UND DEN SCHUTZ WILDLEBENDER SÄUGETIERE UND VÖGEL (JAGDVERORDNUNG, JSV) (Schweiz) vom 29. Februar 1988

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