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DÖNNI, W. & FREYHOF, J. (2002)

Einwanderung von Fischarten in die Schweiz - Rheineinzugsgebiet.

Mitteilungen zur Fischerei 72: 1-89.
Herausgeber: Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL)

Zusammenfassung:

Die Fischartengemeinschaft der Schweiz war durch das Aussterben und die Neu- oder Wiedereinwanderung seit jeher Veränderungen unterworfen. Neben natürlichen Ursachen wie z. B. Klimaschwankungen ist seit einigen hundert Jahren der Mensch zunehmend verantwortlich für Verschiebungen im Artengefüge. Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist die Beeinflussung durch den Menschen derart gross, dass in der Schweiz 8 Fischarten als Folge der Gewässerverschmutzung, der Überfischung, vor allem aber der Flussverbauungen ausgestorben sind.

Gleichzeitig mit dem Verschwinden dieser Arten wurde eine beträchtliche Anzahl nicht einheimischer (allochthoner) Fischarten (Fisch-Neozoen) vorwiegend aus fischereilichen Überlegungen in unsere Gewässer eingesetzt. Heute umfasst die Fischfauna der  Schweiz mindestens 16 fremde Fischarten, die zumeist etablierte Bestände  bilden konnten. 13 Arten gelangten durch gezielten Besatz oder das Einschleppen via Besatzmaterial, 2 Arten über die Zierfischhaltung und 1 Art aus unbekannten Gründen in die  Gewässer. Heute ist das Einsetzen allochthoner Fischarten in der Schweiz auf gesetzlicher Ebene befriedigend geregelt.

Allochthone Fischarten können in vielerlei Hinsicht negative ökologische Auswirkungen haben. So sind beispielsweise ein Konkurrenz- oder Prädationsdruck auf einheimische (autochthone) Arten möglich. Auch eine Hybridisierung mit nah verwandten Vertretern der lokalen Fauna oder das Einschleppen von Krankheiten und Parasiten kann zu Beeinträchtigungen führen. Neozoen müssen aber nicht immer Probleme verursachen. Sie können sich auch unauffällig in die lokale Artengemeinschaft einfügen.

Das  Wissen  über  die  Rolle,  die  die  allochthonen  Fischarten  innerhalb  der  autochthonen  Artengemeinschaft spielen, weist fast durchwegs grosse Lücken auf. Unerwünschte Interaktionen mit den einheimischen Arten können daher unbemerkt ablaufen. Bei unerklärlichen Bestandesrückgängen autochthoner Fischarten sollte daher auch der Einfluss von Neozoen in Betracht gezogen  werden. Dieser könnte in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen, da eine ganze Anzahl neuer Fischarten quasi vor der Tür
in  die  Schweiz steht. Nachdem der Rapfen (Aspius aspius) und der Blaubandbärbling (Pseudorasbora parva) in den letzten Jahren  via Hochrhein den Weg in die Schweiz gefunden  haben, ist zu erwarten, dass kurzfristig 6, mittel- und langfristig 9 zusätzliche  allochthone Fischarten auf diesem Weg in die Schweizer Gewässer gelangen könnten. Bei 6 dieser potenziellen Neozoen ist mit beträchtlichen negativen Auswirkungen auf die autochthone Fischgemeinschaft (Konkurrenz, Prädation) zu rechnen; es handelt sich um die Dickkopf-Elritze (Pimephales promelas), die Amurgrundel (Perccottus glehni), die Flussgrundel (Neogobius fluviatilis), die Nackthals-Grundel (N. gymnotrachelus), die Kessler-Grundel (N. kessleri) und die Schwarzmund-Grundel (N. melanostomus).
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Neben einer Einwanderung allochthoner ist auch die Immigration ausgestorbener, autochthoner Fischarten in den nächsten Jahren zu erwarten. Dies gilt vor allem für das Flussneunauge (Lampetra fluviatilis), den Lachs (Salmo salar) und die Meerforelle (Salmo trutta).

Der  vorliegende  Bericht  liefert  eine  Übersicht  über  die  Neozoen  der  Schweizer  Fischfauna. Neben den bereits vorkommenden Arten befasst er sich mit möglichen Neueinwanderern, aber auch mit den heute ausgestorbenen, dereinst hoffentlich  wieder einwandernden Arten. Die  Situation im  Einzugsgebiet des Rheins steht dabei im Zentrum der Betrachtung. 37 Arten (bzw. Taxa) werden im Detail beschrieben.

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx