Schaf- und Ziegenartige

Argali

Marco-Polo-Schaf (Ovis ammon polii) im Tierpark Berlin Marco-Polo-Schaf (Ovis ammon polii) im Tierpark Berlin
© Klaus Rudloff, Berlin

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Ziegenartige: (Caprinae)
Tribus: Ziegenverwandte (Caprini)

D NT 650

Argali

Ovis ammon • The Argali • L'argali

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Marco-Polo-Wildschaf (Ovis ammon polii), etwa 8 Jahre alter Bock im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Approximative Verbreitung des Argali (Ovis ammon)

 

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Karaganda-Wildschaf (Ovis ammon collium) im Almaty Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Tibet-Wildschaf-Widder (Ovis ammon hodgsoni) im Zoo Peking © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Tienschan-Wildschaf (Ovis ammon karelini) im Almaty Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Kara-Tau-Wildschaf (Ovis ammon nigrimontana), Bock im Almaty Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Karatau-Wildschaf (Ovis ammon nigrimontana), Bock im Zoo Frankfurt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Marco-Polo-Wildschaf (Ovis ammon polii), Bock im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Marco-Polo-Wildschaf (Ovis ammon polii), Lamm im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Marco-Polo-Wildschafe (Ovis ammon polii) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Marco-Polo-Wildschafe (Ovis ammon polii) im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Marco-Polo-Wildschafe (Ovis ammon polii) im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Marco-Polo-Wildschaf (Ovis ammon polii), Bock im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Altai-Wildschaf (Ovis ammon ammon). Illustration von Joseph SMIT in LYDEKKER, R. (1898): Wild oxen, sheep & goats of all lands, living and extinct. Gemeinfrei.

 

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Die potenziell gefährdeten Argalis sind die größten und schwersten Wildschafe der Welt. Ihr mächtiges Gehörn gehört zu den begehrtesten und kostspieligsten Trophäen für Großwildjäger. Sie wären somit ideale Botschafter für Natur- und Artenschutz in den zentralasiatischen Steppen und Gebirgen. Sie wurden aber in Europa nie häufig gehalten und werden heute (2019) außerhalb der Nachfolgestaaten der Sowjetunion nur noch in einem einzigen europäischen Zoo gezeigt.

Körperbau und Körperfunktionen

Bei den Argalis besteht ein starker Geschlechtsdimorphismus. Die Böcke erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 158-200 cm, eine Schulterhöhe von 100-135 cm und ein Gewicht von 97-182(-216) kg. Die Kopf-Rumpflänge der Geißen beträgt etwa 136-174 cm, die Schulterhöhen 85-100(-114) cm und das Gewicht 43-66(-100) kg. Die bogen- oder schneckenförmigen Hörner der Böcke werden 82-164 cm lang und können einen Basisumfang von 32-50 cm haben. Die Hörner der Geißen sind säbelförmig, schwächer und kürzer, etwa 26-52 cm lang und mit 13-19 cm Basisumfang. Der Kopf hat ein gerades oder gewölbtes Nasenprofil (ramsnasig), einen sehr kleinen, nackten Nasenspiegel, relativ großen Augen und kleinen Ohren. Voraugen-, Inguinal und Zwischenzehendrüsen sind vorhanden. Der 8-12 cm lange Wedel hat auf der Unterseite nur ein kleines Drüsenfeld. Die Böcke haben keinen Bart, jedoch meistens eine gut ausgebildete Hals- und Brustmähne, die bisweilen den Nacken miteinschließt. Die Farbe des Fells variiert je nach Jahreszeit, Geschlecht und Unterart. Die Geißen haben ein Euter mit 2 Zitzen [3; 5].

Verbreitung

Zentralasien : Afghanistan, China (Gansu, Qinghai, Autonome Gebiete Innere Mongolei und Tibet, Uigurisches Autonomes Gebiet, Xinjiang, möglicherweise West-Sezuan), Indien (Himachal Pradesh, Ladakh, Sikkim), Kasachstan, Kirgistan, Mongolei, Nepal, Pakistan, Russland, Tadschikistan, Usbekistan, ev. Bhutan [3]. Weitere Angaben zu den Unterarten siehe unter Taxonomie.

Lebensraum und Lebensweise

Argalis besiedeln Gebirge, Steppen, Halbwüsten und Wüsten.Im Gebirge lebende Formen bevorzugen im Sommer alpinen Rasen in Höhenlagen von 3'000-5'500 m, im Winter werden tiefere Lagen aufgesucht. Für Steppen und Wüsten bewohnende Formen werden Höhenverbreitungen von 400-1'500 m angegeben [4; 11].

Die Tiere sind überwiegend morgens und gegen Abend aktiv. Sie leben gesellig, außerhalb der Paarungszeit in Rudeln von bis zu 50 Böcken bzw. bis zu 200 Auen, Halbwüchsigen und Lämmern, die sich während der Setzzeit aufsplitten. Ältere Böcke sind oft Einzelgänger. Über das ganze Jahr gesehen machen Gräser, Sauergräser und Kräuter den Hauptteil der Nahrung aus. Im Winter haben Meerträubel (Ephedra sinica), Blätter von Bäumen und Sträuchern sowie Flechten eine größere Bedeutung. Wichtigster Fressfeind der Argalis ist der Wolf [4; 5; 9; 11].

Die Brunft fällt auf den Zeitraum Oktober-Januar. Nach einer Tragzeit von 150-170 Tagen kommt es meist von April-Mai zur Geburt eines Einzelkitzes, selten von Zwillingen, mit einem Geburtsgewicht von 3.5-5.5 kg. Die Kitze bilden innerhalb der Herde Kindergärten. Sie werden mit etwa 4 Monaten entwöhnt. Sie werden mit 2.5, bisweilen schon mit 1.5 Jahren geschlechtsreif, die Böcke kommen allerdings erst in höherem Alter zur Fortpflanzung [5; 9; 11].

Gefährdung und Schutz

Der Argali wird auf der Grundlage einer Beurteilung aus dem Jahr 2008, überprüft 2020,  als potenziell gefährdet eingestuft, weil die Bestände durch Wilderei und wegen der Konkurrenz durch Hausschafe zurückgehen (Rote Liste: NEAR THREATENED). Je nach Autor werden bis zu neun Unterarten anerkannt.

Der internationale Handel mit den Unterarten O.a. hodgsoni und O.a. nigrimontana ist nach CITES Anhang I eingeschränkt, die restlichen Unterarten werden nach Anhang II geregelt. Die Einfuhr aus ihren Ursprungsländern ist wegen der restriktiven Veterinärgesetzgebung der EU kompliziert bis praktisch ausgeschlossen.

Ferner fällt die Art unter Anhang I des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Erhaltung und nachhaltige Nutzung von Berghuftieren, Tadschikistan: Über die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz (ZGAP) wurde dieses Projekt im Jahr 2020 vom Zoo Dresden mit 35'000 € gefördert.

  • Im 6'600 km2 großen Naturschutzgebiet Ikh Nart in der Mongolei teilen die Wildtiere ihren Steppen-Lebensraum mit Hirtengemeinschaften und deren Vieh. In den letzten Jahrzehnten führte der zunehmende Viehbestand zu einer erhöhten Nahrungskonkurrenz und einem zunehmenden Krankheitsrisiko für die wilden Huftiere. Kombiniert mit häufiger auftretenden Dürren kam es zu einem Bestandsrückgang bei verschiedenen Arten. Seit Bestehen des Reservats (1996) bemüht sich der Denver Zoo in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden und dem zentralen Veterinärlabor der Mongolei um Lösungen für diese Problematik, indem er seine Erfahrung in den Bereichen Wildtierschutz, Grünlandmanagement, wissenschaftliche Forschung und gesellschaftliches Engagement einbringt. Davon profitieren verschiedene Arten, darunter der Argali, was in über 30 wissenschaftichen Publikationen dokumentiert wird.  mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Der Argali wird von der lokalen Bevölkerung hauptsächlich zur Gewinnung von Fleisch gejagt. Dies geschieht oft illegal. Trophäenjagd mit internationalen Jagdgästen spielt in mehreren Ursprungsländern eine Rolle. Von 1977-1987 registrierten diese die Ausfuhr von 5'484 Jagdtrophäen, 179 Schädeln, 172 Fellen und 114 Hörnern sowie weiteren Produkten. Lebend wurden nur 4 Wildfänge und 18 Nachzuchttiere ausgeführt [1; 4].

Haltung

Die von WEIGL angegebenen Höchstalter im Zoo liegen für einen im Rotterdamer Zoo gehaltenen weiblichen Wildfang des Kara-Tau-Wildschafs bei 16 Jahren und 9 Monaten und für ein Frankfurter Nachzuchttier bei 15 Jahren 1 Monat [10].

Haltung in europäischen Zoos: In russischen Zoos werden oder wurden mehrere Unterarten gehalten, im EU-/EFTA-Raum gibt es (2023) nur eine Gruppe von Ovis ammon polii im Tierpark Berlin. Bis 1980 hielt der Frankfurter Zoo während vieler Jahre Karatau-Schafe (Ovis ammon nigromontana). Zuvor hielten verschiedene Zoos auch Altai-Argalis (Ovis a. ammon). Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 250 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 20 m² zusätzlich. Ein Stall ist nicht erforderlich.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 50 m² zur Basisflächen dazu. Es sind natürliche oder künstliche Unterstände anzubieten, in denen alle Tiere gleichzeitig Platz finden. Werden die Tiere aufgestallt, ist eine Grundfläche von mindestens 2 m²/Tier vorgeschrieben.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für bis zu 10 Tiere 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr. Es müssen Unterstände zum Schutz gegen Witterungsverhältnisse wie Regen, Wind, Sonneneinstrahlung und Hitze angeboten werden, so dass alle Tiere bei Bedarf darin gleichzeitig Unterschlupf finden können. Die Haltung hat in Herden zu erfolgen.

Taxonomie und Nomenklatur

Carl von LINNÉ stellte 1758 die Gattungen Ovis und Capra auf und beschrieb als Erster den Argali, allerdings unter der Bezeichnung "Capra ovis". Später wurden eine Vielzahl Unterarten beschrieben. Die IUCN geht von deren 9 aus [4; 8]:

  • Altai-Wildschaf (O. a. ammon): China, Mongolei, Russland
  • Karaganda-Wildschaf (O. a. collium): Kasachstan
  • Gobi-Wildschaf (O. a. darwini): China, Mongolei
  • Tibet-Wildschaf (O. a. hodgsoni): China, Indien, Nepal
  • Nordchina-Wildschaf (O. a. jubata): China
  • Tienschan-Wildschaf (O. a. karelini):  China, Kasachstan, Kirgistan
  • Karatau--Wildschaf (O. a. nigrimontana): Kasachstan
  • Marco-Polo-Wildschaf (O. a. polii): Afghanistan, China, Pakistan, Tadschikistan
  • Nuratau-Wildschaf (O. a. severtzovi): Usbekistan. Wurde früher Ovis orientalis zugerechnet

Von der Taxonomie der eigentlichen Schafe gibt es so viele Varianten, wie es Autoren gibt. Manche anerkennen nur eine Art, andere zwei (alt- und neuweltliche Schafe), die Rote Liste der IUCN sechs, wieder andere bis zu sieben. Das Handbook of the Mammals of the World ist völlig unbrauchbar, weil es, GROVES & GRUBB folgend, viele Unterarten zu einem Total von 20 "guten" Arten aufwertet, was mit Biologie nichts mehr zu tun hat und z.B. von SCHÜRER kritisiert wurde [2; 3; 4; 5; 7; 9; 11; 12].

Literatur und Internetquellen

  1. CITES TADE DATA BASE
  2. GROVES, C.P. & GRUBB, P. (2011)
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. READING, R., MICHELl, S. & AMGALANBAATAR, S. (2020). Ovis ammon. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T15733A22146397. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T15733A22146397.en . Downloaded on 27 November 2021.
  5. MATSCHEI, C. (2012)
  6. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  7. SCHÜRER, U. (2012)
  8. SHACKLETON, D.M. (1997)
  9. SMITH, A. T. & XIE, Y. (Hrsg., 2008)
  10. WEIGL, R. (2005)
  11. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  12. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx