Meeres- und Lederschildkröten

Karibik-Bastardschildkröte

Karibik-Bastardschildkröte (Lepidochelys kempii) im Xcaret Park, Playa del Carmen, Mexiko Karibik-Bastardschildkröte (Lepidochelys kempii) im Xcaret Park, Playa del Carmen, Mexiko
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Ordnung: Schildkröten (TESTUDINATA)
Unterordnung: Halsbergerschildkröten (CRYPTODIRA)
Familie: Meeresschildkröten (Cheloniidae)

D CR 650

Karibik-Bastardschildkröte

Lepidochelys kempii • The Kemp's Ridley Sea Turtle • La tortue bâtarde des Antilles

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Karibik-Bastardschildkröte (Lepidochelys kempii) im XcaretPark, Playa del Carmen, Mexiko © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Approximative Verbreitung der Karibik-Bastardschildkröte (Lepidochelys kempii)

 

 

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Karibik-Bastardschildkröte (Lepidochelys kempii) im Xcaret Park, Playa del Carmen, Mexiko © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Karibik-Bastardschildkröte (Lepidochelys kempii) beim Nestbau. Bild: US National Parks Service. Gemeinfrei.

 

 

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Karibik-Bastardschildkröte (Lepidochelys kempii) Anzahl in Texas gefundene Nester. Grafik: US National Parks Service. Gemeinfrei.

 

 

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Carapax und Plastron der Karibik-Bastardschildkröte (Lepidochelys kempii). Zeichnung Urs Woy, Zürich, für CITES-ID-Manual

 

 

 

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Die Karibik-Bastardschildkröte ist die kleinste und am meisten gefährdete Meeresschildkröte. Sie wird weltweit in nur ganz wenigen Einrichtungen gezeigt.

Körperbau und Körperfunktionen

Mit einer Carapaxlänge von selten über 70 cm und einem Gewicht bis 60 kg ist die Karibik-Bastardschildkröte die kleinste Meeresschildkröte. Ihr relativ kleiner Kopf hat zwei Paar Präfrontalschilder. Jungtiere haben gewöhnlich zwei Krallen an den Vorderbeinen. Der olivgrüne bis graue, gefleckte Carapax ist extrem breit und abgeflacht. Die einzelnen Schilder überlappen sich nicht. Es sind 5 Wirbelschilder und je 5 Rippenschilder und 12 Randschilder vorhanden. Das Nuchalschild ist breit und steht in direktem Kontakt mit den beiden ersten Rippenschildern. Das Supracaudalschild ist geteilt. Das weißlich gelbe Plastron weist beidseits 4 Inframarginalschilder auf. Bei den etwa 15-20 g schweren Schlüpflingen ist der Rückenpanzer rund 25 mm lang [1; 3].

Verbreitung

Der damals einzige Nistplatz der Karibik-Bastardschildkröte wurde erst in den 1950-er Jahren im mexikanischen Teilstaat Tamaulipas entdeckt. Mittlerweile gibt es auch Nistplätze in Veracruz und in Texas. Als Nahrungsgründe dienen der Golf von Mexiko und die amerikanische Ostküste. Wandernde Exemplare verschlägt es gelegentlich bis in den Ostatlantik, wo sie von der Küste Mauretaniens bis zu den Britischen Inseln nachgewiesen wurden [1; 3; 7; 8]

Lebensraum und Lebensweise

Die Weibchen der Karibik-Bastardschildkröte kommen in Abständen von 1-3 Jahren gleichzeitig in "arribadas", die früher Zehntausende von Tieren umfassten, zu den Niststränden. Pro Saison produzieren sie 1-3 Gelege, die jeweils 90-130 etwa 30 g schwere Eier umfassen. Die Eiablage erfolgt meist tagsüber. Die Jungen schlüpfen nach etwa 60 Tagen. Die Tiere wandern weniger als andere Meeresschildkröten. Alle Altersklassen ernähren sich überwiegend von benthischen Invertebraten, wie Krebsen und Mollusken, und von Quallen [3; 5].

Gefährdung und Schutz

Die Art wurde 1982 auf der Roten Liste der IUCN als stark gefährdet und seit 1996 als unmittelbar von der Ausrottung bedroht eingestuft [4]. In jüngster Zeit erholen sich die Bestände etwas, sind aber nach wie vor durch Schleppnetzfischerei und Entwicklung der Küstengebiete gefährdet [3; 5].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang I eingeschränkt. Die Karibik-Bastardschildkröte fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume und ist ist eine streng zu schützende Tierart nach Anhang IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG).<

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

In den Jahren 2015-2017 haben zehn Mitgliedinstitutionen des amerikanischen Zoo- und Aquarienverbands AZA im Rahmen des SAFE Species-Programms 154 Schutzprojekte für Meeresschildkröten mit einem Gesamtbetrag von 12'790'330 USD sowie 28 Forschungsprojekte mit einem Gesamtbetrag von 886'465 USD gefördert. Auf die Karibik-Bastardschildkröte entfielen 18 Schutz- und 5 Forschungsprojekte und 2'215'613 USD. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Die ursprünglichen Bestände sind als Folge nicht-nachhaltiger Nutzung kollabiert. In den 1960er Jahren kamen noch 40'000 Weibchen zum Niststrand in Tamaulipas, in den 1980er-Jahren waren es noch 5'000 [5]. Danach wurden Anstrengungen zur Erhaltung der Art unternommen [3]. Die USA importierten von 1980-88 über 7'000 Eier und ab 1980 6'687 Jungtiere für ein Wiederansiedlungsprogramm. 210 Tiere kamen für Forschung und ex-situ-Zucht in die Cayman Turtle Farm. Ansonsten war der internationale Handel seit Bestehen von CITES von geringer Bedeutung [2].

Haltung im Zoo

Die Karibik-Bastardschildkröte gehört zu den Arten, die in der Cayman Turtle Farm gezüchtet wurden. 1986 gelang dem Miami Seaquarium die erste erfolgreiche Nachzucht, später wurde die Art auch im Clearwater Marine Aquarium (Florida) und im XCaret-Park (Mexiko) gezüchtet [6].

Haltung in europäischen Zoos und Aquarien: Die Art wird nur sporadisch, gegenwärtig (2023) nur in einer Einrichtung in England, gezeigt. Meistens handelt es sich um gestrandete Einzeltiere. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll ein Behälter für eine Kleingruppe mindestens 10x so lang und 5x so breit sein wie die Carapaxlänge. Der Wasserstand soll das Doppelte der Carapaxbreite betragen. Nach Schweizerischer Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) ist die Haltung genehmigungspflichtig, wobei im Einzelfall geprüft wird, ob die vorgesehenen Einrichtungen eine tiergerechte Haltung erlauben. In der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist die Art nicht erwähnt.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Karibik-Bastardschildkröte wurde erst 1880 vom amerikanischen Herpetologen und Ichthyologen Samuel GARMA als Thalassochelys kempii beschrieben. Der heutige Gattungsname Lepidochelys wurde 1890 vom deutschen, hauptsächlich in den USA tätigen Zoologen Georg BAUR eingeführt [4].

Literatur und Internetquellen

  1. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. IUCN SSC MARINE TURTLE SPECIALIST GROUP
  4. MARINE TURTLE SPECIALIST GROUP (1996). Lepidochelys kempii. The IUCN Red List of Threatened Species 1996: http://www.iucnredlist.org/details/11533/0. Downloaded on 06 June 2017.
  5. OBST, F. J. (1985)
  6. OWENS, D. W. & BLANVILLAIN, G. (2009)
  7. THE REPTILE DATA BASE
  8. TURTLE TAXONOMY WORKING GROUP (2014)

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx