Landschildkröten

Galapagos-Riesenschildkröte

Galapagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra) im Zoo Zürich Galapagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra) im Zoo Zürich
© Sam Furrer, Zoo Uürich

Ordnung: Schildkröten (TESTUDINATA)
Unterordnung: Halsbergerschildkröten (CRYPTODIRA)
Familie: Landschildkröten (Testudinidae)

D VU 650

EEPGalápagos-Riesenschildkröte

Chelonoidis nigra (s. l.) • The Galápagos Giant Tortoise • La tortue géante des îles Galápagos

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Galapagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra) im Zoo Zürich © Enzo Franchini, Zoo Zürich

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Verbreitung der Galápagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra); rot: Insel Pinta, ehemaliges Vorkommen der Unterart abingdonii

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Galápagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra) im Tropiquarium Servion © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Galápagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra porteri) mit Jungtier im Zoo Zürich © Sam Furrer, Zoo Zürich

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Galápagos-Riesenschildkröten-Nachzucht (Chelonoidis nigra becki x porteri) und Ei im Zoo Zürich © Sam Furrer

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Galápagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra porteri) mit Albino-Jungtier im Tropiquarium Servion © Tropiquarium (Pressefoto)

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Ein Jahr alte Galápagos-Riesenschildkröten-Nachzucht (Chelonoidis nigra becki x porteri) im Zoo Zürich © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Galápagos-Riesenschildkröten-Nachzucht (Chelonoidis nigra becki x porteri) im Zoo Zürich © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Galápagos-Riesenschildkröten (Chelonoidis nigra) im Zoo Las Leyendas, Lima © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Galápagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra porteri) in ihrem natürlichen Lebensraum auf Sta. Cruz © Thomas Althaus†, Detligen

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Galápagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra porteri) auf Sta. Cruz © Thomas Althaus†, Detligen

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Galápagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra porteri) auf Sta. Cruz © Thomas Althaus†, Detligen

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Galápagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra porteri) beim Abweiden von Kräutern auf Sta. Cruz © Thomas Althaus†, Detligen

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Cerro-Azul-Riesenschildkröte (C. n. vicina) im Gladys Porter Zoo, Brownsville TX © Johannes Pfleiderer, Zoo Leipzig

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Das 2006 gesammelte Typusexemplar von Chelonoidis phantastica. Bild aus VAN DENBURGH, J. (1914): The gigantic land tortoises of the Galapagos archipelago. Proc. Calif. Acad. Sc. Series 4 2 (1): 203–374. Gemeinfrei.

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Der Letzte seiner Art: Pinta-Riesenschildkröte "Lonesome George" (Chelonoidis abingdonii) aufgenommen 2006 © Mike Weston. Veröffentlicht auf Flickr unter der Creative Commons Attribution 2.0 Generic license.

 

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Carapax und Plastron der Galápagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra porteri). Zeichnung Urs Woy, Zürich, für CITES-ID-Manual

 

 

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Die Galápagos-Riesenschildkröte stellt das Pendant zur Aldabra-Riesenschildkröte dar, ist aber trotz ähnlichem Aussehen mit jener nicht näher verwandt. Auch sie ist ein attraktives Zootier, wird aber in Europa deutlich seltener gehalten als die Aldabra-Riesenschildkröte.

Körperbau und Körperfunktionen

Die Form des einfarbig schwärzlichen Carapax ist je nach Unterart (bzw. neuerdings Art) unterschiedlich, entweder hochgewölbt oder sattelförmig. Im Gegensatz zur Aldabra-Riesenschildkröte ist kein Nuchalschild vorhanden. Das Supracaudalschild ist ungeteilt und auf jeder Seite des Panzers befinden sich 11 Marginalschilder. Auch das Plastron und die Haut sind schwärzlich gefärbt [3].

Verbreitung

Galápagos-Archipel (Ekuador) [10].

Lebensraum und Lebensweise

Die klimatischen Bedingungen sind auf den Galápagos-Inseln recht heterogen, was Auswirkungen auf die Lebensweise der Schildkröten hat. Tiere in arider Umgebung sind vergleichsweise weniger aktiv und zeigen z. T. eine biphasische Tagesaktivität. In der Mittagshitze und nachts ruhen oder schlafen die Tiere mit ausgestreckten Beinen und Köpfen [4].

Während der Trockenzeit finden die Schildkröten der kleineren ariden Inseln sehr wenig Futter. Diese Formen bleiben verhältnismäßig klein und ihr Panzer ist sattelförmig, was Ihnen das Abfressen von Büschen und Opuntien erleichtert. Einige Individuen scheinen während sehr trockener Zeit eine Art Trockenschlaf zu halten. Auf den großen Inseln halten sich viele ältere Tiere fast ganzjährig im feuchteren, vegetationsreichen Hochland auf, wo sie sich hauptsächlich von saftigen Gräsern und Kräutern, aber auch von Kletterpflanzen, Büschen, Beeren, Fallobst und Flechten ernähren. Nur zur Nistzeit migrieren dort die Weibchen zu ihren Eiablageplätzen im Tiefland [4].

Soziale Interaktionen sind bei Männchen verhältnismäßig häufig. Bei der Konfrontation zweier Männchen begegnen sich diese mit hoch ausgestreckten Hälsen, Bissandeutungen und Schnappbewegungen. Tatsächliche Bissverletzungen sind allerdings selten. Es siegt das Männchen, welches den Kopf höher streckt. Bei den Männchen besteht somit eine Rangfolge und Männchen dominieren über Weibchen. Weibchen untereinander scheinen kaum Sozialkontakt aufzubauen. Paarungen werden von Dezember bis August beobachtet, wobei die meisten zwischen Februar und April stattfinden. Die Nistzeit beginnt gegen Ende Juni und dauert bis Ende November. Der Schlupf erfolgt nach 4 bis 8 Monaten von November bis April, wobei die Schlüpflinge bis zu 4 Wochen benötigen, um sich aus dem Nest an die Erdoberfläche emporzuarbeiten [4].

Gefährdung und Schutz

Als Art sind die Galápagos-Riesenschildkröten gefährdet. Einzelne Unterarten, die in der Ausgabe der Roten Liste von 2016 als volle Arten aufgeführt sind, sind in höheren Gefährdungskategorien eingestuft, bis hin zu EXTINCT IN THE WILD und EXTINCT [2; 8; 10].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Bedeutung für den Menschen

Im 19. Jahrhundert liefen Robbenjäger und Walfänger die Galápagos-Inseln an, um Galápagos-Seebären (Arctocephalus galapagoensis) zu schlagen. Für die Seeleute waren die Riesenschildkröten willkommenes Frischfleisch und sie wurde auch als lebende Konserven mit auf die Heimreise genommen. Als die Wale knapper wurden, begann man auch, aus den Schildkröten Tran zu kochen. Binnen 30 Jahren wurden so mindestens 200'000 Riesenschildkröten getötet [9].

Haltung im Zoo

Forschung im Zoo: Am Zoo Zürich wurden Forschungsarbeiten über die Verdauungsphysiologie und Fortpflanzung der Galápagos-Riesenschildkröte durchgeführt [5; 7].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund zwei Dutzend Institutionen gehalten, wovon sich etwa ein Fünftel im deutschsprachigen Raum befinden. Gehalten werden die Unterarten becki, darwini, duncanensis und porteri, Unterart-Hybriden sowie nicht näher bestimmte Individuen. Für Details siehe Zootierliste.

1991 glückte dem Zoo Zürich die europäische Erstzucht und seitdem werden dort regelmäßig Jungtiere (C. n. becki x C. n. porteri) nachgezogen, bis 2023 insgesamt 125 Stück. 2021 konnte das Tropiquarium de Servion als zweiter europäischer Zoo einen Zuchterfolg verzeichnen. Dieser wiederholte sich 2022, wobei eines der beiden Jungtiere ein Albino war. Albinismus soll bei Schildkröten bei einem auf 100'000 Individuen auftreten und damit fünfmal seltener als beim Menschen sein [13; 14]. 2004 wurde für die Art ein vom Zoo Zürich koordiniertes Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP) eingerichtet, das zwischenzeitlich in ein Europäisches Zuchtbuch (ESB) umgewandelt wurde, seit 2020 jedoch wieder als "New Style"-EEP betrieben wird. Der Bestand in EAZA-Zoos wurde für 2019 mit 80 Individuen angegeben.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll ein Terrarium für eine Kleingruppe mindestens 8x so lang und 4x so breit sein wie die Carapaxlänge. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege vor, welches das 8x4-fache der Carapaxlänge misst. Für jedes weitere Tier kommt das 2x2-fache der Carapaxlänge dazu. Sofern die Witterungsverhältnisse es erlauben, ist den Tieren Auslauf im Freien zu gewähren. Bei Unverträglichkeit müssen die Tiere einzeln gehalten werden. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für 1-2 über ein Innengehege von 10 m² und ein Außengehege von 20 m² anzubieten. Für jedes weitere Tier ist die Fläche innen um 5 m², außen um 10 m² zu erhöhen.

Taxonomie und Nomenklatur

Charles DARWIN wurde bei seinem Besuch auf Galápagos vom Vize-Gouverneur Nicholas LAWSON darauf hingewiesen, dass die Schildkröten der einzelnen Inseln voneinander verschieden seien und dass man mit Sicherheit sagen könne, von welcher Insel eine Schildkröte stamme. Interessanterweise maß DARWIN dieser Aussage keine besondere Bedeutung bei [6]. Bis vor Kurzem galten die Galápagos-Riesenschildkröten als eine einzige Art mit 12 Unterarten, die abwechslungsweise den Gattungen Geochelone oder Chelonoidis zugeteilt wurde. Aktuell ist es Chelonoidis. Als Artbezeichnung war früher elephantopus gebräuchlich, heute nigra. Die am engsten verwandte Art soll nicht etwa die Seychellen-Riesenschildkröte sein, sondern die Patagonische Landschildkröte (Chelonoidis chilensis). Die traditionellen Unterarten wurden zum Teil zusammengelegt und zu Arten aufgewertet. Mittlerweile führt die REPTILE DATA BASE 14 eigenständige Arten auf [1; 10; 11]:

  • Pinta-Riesenschildkröte (C. abingdonii): Vorkommen: Pinta. Bestand: Ausgestorben. Das letzte bekannte Tier dieser Unterart, "Lonesome George", starb am 24. Juni 2012.

  • Wolf-Riesenschildkröte (C. becki): Gefährdet. Vorkommen: Isabela, Bestand 3'500 Tiere.

  • San-Cristóbal-Riesenschildkröte (C. chathamensis): Stark gefährdet. Vorkommen: San Cristóbal, Bestand 2'000.

  • Santiago-Riesenschildkröte (C. darwini): Vom Aussterben bedroht. Vorkommen: San Salvador, Bestand in den 1970er-Jahren 500-700, seitdem Zunahme dank Bestandesstützung durch ex-situ gezüchtete Tiere.

  • Östliche Santa Cruz-Riesenschildkröte (C. donfaustei): Diese erst 2015 beschriebene Art gilt als vom Aussterben bedroht.

  • Pinzón-Riesenschildkröte (C. n. ephippium = C. duncanensis): Im Freiland ausgestorben und ab den 1970er Jahren aus Zuchtprogramm wiederangesiedelt. Heute als ghefährdet eingestuft. Vorkommen: Pinzón, Bestand 600.

  • Sierra-Negra-Riesenschildkröte (C. guntheri): Vom Aussterben bedroht. Wird von manchen Autoren unter C. vicina subsumiert. Vorkommen: Isabela, Bestand 700.

  • Española-Riesenschildkröte (C. hoodensis): Vom Aussterben bedroht. Vorkommen: Española, Bestand 1'200.

  • Darwin-Riesenschildkröte (C. microphyes): Stark gefährdet. Wird von manchen Autoren unter C. vicina subsumiert. Vorkommen: Isabela, Bestand 1'100.

  • Charles-Insel-Riesenschildkröte (C. n. nigra = C. niger): Um 1850 ausgestorben. Es gibt jedoch noch Hybriden mit anderen Unterarten.

  • Fernandina-Riesenschildkröte (C. phantasticus): Unmittelbar vom Aussterben bedroht. Von dieser Art war nur ein einzelnes Männchen bekannt, das 1906 von einer Expedition der California Academy of Science entdeckt und umgehend im Dienste der Wissenschaft getötet wurde. Dann galt die Art als verschollen, bis ab 1964 vereinzelt Fraßspuren und Kothaufen auf eine Reliktpopulation hindeuteten. 2019 schließlich wurde ein weibliches Exemplar entdeckt und in das Zuchtzentrum auf Santa Cruz verbracht [8; 12].

  • Santa-Cruz-Riesenschildkröte (C. porteri): Vom Aussterben bedoht. Vorkommen: Santa Cruz, Bestand 6'700.

  • Alcedo-Riesenschildkröte (C. vandenburghi): Gefährdet. Wird von manchen Autorenunter C. vicina subsumiert.  Vorkommen: Isabela, Bestand 10'000.

  • Cerro-Azul-Riesenschildkröte (C. n. vicina): Stark gefährdet. Vorkommen: Isabela, Bestand 2'700.

2015 haben sich ein paar Taxonomen dadurch ein Denkmal gesetzt, dass sie C. donfaustoi von der Insel Santa Cruz als neue Art beschrieben. Zitat dazu: "There are no diagnostic morphological characters that uniquely define the new species. However, “linear and geometric morphometric analyses reveal consistent differences in mean shell size and shape between tortoises from Reserva and Cerro Fatal...” (POULAKAKIS et al. 2015)." [9]. Mit der Argumentation, dass mittlere Größenunterschiede eine neue Art begründen, müsste man auch die menschliche Bevölkerung von Sardinien als eigene Art definieren, denn die Sardinier sind im Mittel deutlich kleiner als die übrigen Italiener ....

Literatur und Internetquellen

  1. CACCONE, A., GIBBS, J.P., KETMAIER, V-, SUATONI, E. & POWELL, J.R. (1999)
  2. CAYOT, L.J.et al. (2018). Chelonoidis vicina (errata version published in 2019). The IUCN Red List of Threatened Species 2018: e.T9028A144765855. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2018-2.RLTS.T9028A144765855.en. Accessed on 31 July 2023..
  3. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  4. EBERSBACH, K. (2001)
  5. GISLER, R. (2002)
  6. OBST, F. J. (1985)
  7. PFEIFFER, M. (2000)
  8. RHODIN, A.G.J. et al. (2017). Chelonoidis phantasticus (errata version published in 2018). The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T170517A128969920. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2017-3.RLTS.T170517A1315907.en. Downloaded on 27 May 2021.
  9. ROGNER, M. (2008)
  10. THE REPTILE DATA BASE
  11. TURTLE TAXONOMY WORKING GROUP (2014-21)
  12. MINISTERIO DEL AMBIENTE Y AGUA - Boletín No 091 vom 20.02.2019
  13. IRBIS. ZEITSCHRIFT DER TIERGARTEN-GESELLSCHAFT ZÜRICH vom Juli 2023.
  14. TROPIQUARIUM SERVION, PM vom 02.06.2022

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Gelesen 10814 mal Letzte Änderung am Dienstag, 01 August 2023 14:13
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