Alt- und Neuwelt-Sumpfschildkröten

Borneo-Flussschildkröte

Borneo-Flussschildkröte (Orlitia borneensis) im Zoo Leipzig Borneo-Flussschildkröte (Orlitia borneensis) im Zoo Leipzig
© Klaus Rudloff, Berlin

Ordnung: Schildkröten (TESTUDINATA)
Unterordnung: Halsbergerschildkröten (CRYPTODIRA)
Familie: Altwelt-Wasserschildkröten (Geoemydidae)

D CR 650

EEPBorneo-Flussschildkröte

Orlitia borneensis • The Bornean River Turtle • La tortue fluviatile géante de Bornéo

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Borneo-Flussschildkröte (Orlitia borneensis) mit Jungtier im Zoo Dresden © Zoo Dresden

 

 

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Approximative Verbreitung der Borneo-Flussschildkröte (Orlitia borneensis)

 

 

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Borneo-Flussschildkröte (Orlitia borneensis) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Borneo-Flussschildkröte (Orlitia borneensis). Zeichnung Urs Woy, Zürich, für CITES ID-Manual

 

 

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Carapax und Plastron der Borneo-Flussschildkröte (Orlitia borneensis). Zeichnung Urs Woy, Zürich, für CITES ID-Manual

 

 

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Die Borneo-Flussschildkröte ist eine der größten Süßwasserschildkröten und kann nur tiergerecht gehalten werden, wenn wirklich große Anlagen vorhanden sind. In Privathand dürfte dies eher selten der Fall sein.

Körperbau und Körperfunktionen

Die Borneo-Flussschildkröte gehört mit einer Rückenpanzerlänge von 80 cm und mehr - der Rekord dürfte bei 117 cm liegen - zu den größten Flussschildkröten. Der dunkle Carapax der Adulttiere ist lang, nicht sehr stark gewölbt und hat keinen Kiel. Das Nackenschild ist lang, das Supracaudalschild geteilt. Der Kopf ist groß aber relativ kurz, auch der Schwanz ist kurz. Jungtiere haben einen stark gewölbten Carapax mit Mittelkiel [2; 4; 5].

Verbreitung

Südostasien: Brunei (?), Indonesien (Kalimantan, Sumatra), Malaysia (Malaiische Halbinsel, Sabah Sarawak) [7].

Lebensraum und Lebensweise

Die Borneo-Flussschildkröte lebt einzelgängerisch. Sie besiedelt größere Flüsse. Über ihre Biologie, Verhalten und Fortpflanzung ist nur wenig bekannt [5].

Gefährdung und Schutz

Die Art wurde 1996 als potenziell gefährdet eingestuft, gilt seit dem Jahr 2000 als stark gefährdet und seit 2020 als unmittelbar vom Aussterben bedroht (Rote Liste: CRITICALLY ENDANGERED), weil über die letzten drei Schildkröten-Generationen (90 Jahre) der Bestand um über 80% abgenommen hat [8].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt. Es besteht eine Nullquote für die Ausfuhr von Wildfängen für kommerzielle Zwecke.

Bedeutung für den Menschen

Bis zur Einführung einer Nullquote für den Export zu kommerziellen Zwecken wurden Borneo-Flussschildkröten in riesigen Mengen für den Lebensmittelmarkt gefangen [8]. Seit der Anwendbarkeit von CITES gelangten immer noch über 50'000 Tiere hauptsächlich nach China und Hongkong [3].

Haltung im Zoo

Haltung in europäischen Zoos: Aus einer Konfiskation durch die Hongkonger Zollbehörden gelangten im Jahr 2001 nebst anderen Arten 126 Borneo-Flussschildkröten nach Europa. Die Tiere waren in schlechter Kondition und etwa 12% gingen kurz nach dem Import ein. 2023 wurde die Art in 23 Institutionen gehalten. Die europäische Erstzucht gelang 2005 in Randers Regnskov, Dänemark. Für Details siehe Zootierliste. Es existierte ein Europäisches Zuchtbuch (ESB), dem 21 Haltungen mit 60 Tieren (Stand 2019) angeschlossen waren [9]. Dieses wurde 2022 in ein vom Zoo Prag koordiniertes "New Style"-EEP umgewandelt.

Zucht: Nachzuchten der Borneo-Flussschildkröte in Menschenobhut gelingen nur selten. Der Dresdener Zoo erzielte im Sommer 2012 die deutsche Erstzucht. Um optimale Voraussetzungen zu schaffen, war die Anlage 2010 umgestaltet und insbesondere ein Bereich mit Erde und Sand für die Eiablage geschaffen worden. 2012 kam es zur Eiablage. Neun Eier konnten gesichert und bei einer mittleren Temperatur von 29 °C im Brutschrank ausgebrütet werden. Da die Inkubationszeit auf 3-4 Monate geschätzt wurde, wurde ein Ei am 127. Tag, die übrigen am 154. Tag geöffnet. Da alle Jungen ihre Dottersäcke noch nicht vollständig resorbiert hatten, wurden sie weiter im Brutschrank gehalten, einzeln in mit feuchtem Papier ausgekleideten Behältern. Danach wurden sie einzeln in Behälter mit 4 cm tiefem Wasser und kleinem Landteil gesetzt, wo sie bereits nach zwei Tagen begannen, pflanzliche und tierische Nahrung zu sich zu nehmen. Die kritischen ersten Tage überlebten 8 der 9 Jungtiere [1].

Mindestanforderungen an Gehege: Die Art ist weder im Reptiliengutachten 1997 des BMELF noch in der Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2023) oder der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) erwähnt.

Taxonomie und Nomenklatur

Orlitia ist eine monotypische Gattung. Die Borneo-Flussschildkröte wurde 1873 unter ihrem heutigen Namen von dem britischen Zoologen John Edward GRAY beschrieben. Zwischenzeitlich wurde sie aber in diverse andere Gattungen gestellt: Clemmys (Heteroclemmys), Bellia, Hardella, Adelochelys, Brookeia sowie Liemys [2; 5].

Literatur und Internetquellen

  1. BROCKMANN, T., HOFFMANN, M. & ZIEMSSEN, E. (2013)
  2. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. OBST, F. J. (1985)
  5. ROGNER, M. (2008)
  6. THE REPTILE DATA BASE
  7. TURTLE TAXONOMY WORKING GROUP (2014)
  8. HORNE, B.D. et al. (2020). Orlitia borneensis. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T15509A724972. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T15509A724972.en. Downloaded on 15 July 2020.
  9. REHÁK, I. (2020)

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Gelesen 12363 mal Letzte Änderung am Samstag, 29 Juli 2023 13:52
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx