Alt- und Neuwelt-Sumpfschildkröten

Buchstaben-Schmuckschildkröte

Rotwangenschmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) im Zoo Landau Rotwangenschmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) im Zoo Landau
© Zoo Landau (Pressefoto)

Ordnung: Schildkröten (TESTUDINATA)
Unterordnung: Halsbergerschildkröten (CRYPTODIRA)
Familie: Neuwelt-Sumpfschildkröten (Emydidae)

D LC 650

Invasive EU

  Buchstaben-Schmuckschildkröte

Trachemys scripta • The Pond Slider • La tortue de Floride

Nachdem die süd- und mittelamerikanischen Formen als eigene Arten abgetrennt wurden, umfasst die Buchstaben-Schmuckschildkröte nur noch drei Unterarten (scripta, elegans und troostii) und ihr natürliches Areal ist auf Nordamerika beschränkt. Die Art wurde in Massen für den Heimtierhandel produziert und ist invasiv. In Zoos sind fast nur Tiere zu sehen, die aus Tierschutzgründen übernommen oder von Besuchern ausgesetzt wurden.

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Gelbwangen- (Trachemys s. scripta) und Rotwangenschmuckschildkröte (T. s. elegans) im Reptilienzoo Happ, Klagenfurt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Approximatives natürliches Artareal von Trachemys scripta (elegans, scripta, troostii)

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Gelbwangenschmuckschildkröte (Trachemys scripta scripta) im Vogelpark Steinen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Gelbwangenschmuckschildkröte (Trachemys scripta scripta) im Reptilienzoo Happ, Klagenfurt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Cumberland-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta troostii) in der Alligator Bay, Beauvoir © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Cumberland-Schmuckschildkröte (T. s. troostii) in der Alligator Bay, Beauvoir © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Rotwangenschmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) im Aquarium des Tropiques in Allex, Frankreich © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Rotwangenschmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) in der Alligator Bay, Beauvoir © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Junge Schmuckschildkröte (Trachemys scripta) aus einem Warenhaus mit Behälter. Quelle: www.pinterest.com

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Rotwangenschmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) in der Alligator Bay, Beauvoir © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Zu groß gewordene Schildkröten oder solche, deren der Halter überdrüssig geworden ist, werden oft in Zoos entsorgt. Hier einige von weit über 100 Tieren in der Alligator Bay, Beauvoir © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Von Besuchern auf dem Weiher vor dem Eingang des Vogelparks Steinen angesiedelte Schmuckschildkröten (Trachemys scripta) © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Illustrationen von Trachemys scripta (Nr. 4 und 5) in Johann David SCHOEPFFs (1792) Historia Testudinum Iconibus Illustrata.

 

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Körperbau und Körperfunktionen

Die Buchstaben-Schmuckschildkröte erreicht eine Carapaxlänge von 13-21, im Extremfall bis 27 cm, wobei die Männchen in der Regel kleiner bleiben als die Weibchen. Die Schlüpflinge messen 23-35 mm. Der Rückenpanzer ist flach, langestreckt und hinten etwas eingekerbt, er ist grünlich bis bräunlich mit gelblicher, rötlicher oder rotbrauner Zeichnung. Der Bauchpanzer ist gelblich und hat zumindest bei Jungtieren, im Falle von elegans und troostii auch bei Adulten, ein symmetrisches Fleckenmuster. Je nach Unterart haben die Tiere einen gelben oder roten Wangenfleck. Die Weichteile sind grau, grünlich oder bräunlich mit gelben Längsstreifen. Bei den Männchen ist der Schwanz länger und mit dickerer Schwanzwurzel [1; 2].

Die drei gegenwärtig anerkannten Unterarten, elegans, scripta und troostii unterscheiden sich deutlich in ihrer Zeichung. Zudem gibt es von elegans eine abweichende Farbmorphe im Westen ihres Areals (Texas, New Mexico und snchließendes Mexiko. Eine gute Identifikationshilfe für die drei Unterarten und die Morphe bietet die Publikation von VAMBERGER et al. [7].

Verbreitung

Das natürliche Areal umfasst die östlichen USA und Nordmexiko (Nuevo Leon, Tamaulipas, Jalisco). In anderen Teilen der Ursprungsländer sowie in rund 70 weiteren Ländern wurde die Art angesiedelt. Für Europa gibt die Rote Liste Populationen in Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Niederlande, Schweiz und Spanien an. In Mitteleuropa pflanzen sich diese Schildkrötenunter unter den gegenwärtigen klimatischen Bedingungen in der Regel zwar nicht fort, aber sie finden genügend Nahrung und überwintern problemlos, sodass dieselben Tiere oft über Jahre in ihrem jeweiligen Revier beobachtet werden können. Ausgesetzte Schmuckschildkröten gefährden durch ihre räuberische Lebensweise die ursprünglichen Tier- und Pflanzenarten [3; 4; 5].

Lebensraum und Lebensweise

Die Art besiedelt stehende oder langsam fließende, auch kleine Gewässer mit dichter Unterwasser-Vegetation und weichem Untergrund. Die Tiere sind Allesfresser und nehmen nebst Pflanzenmaterial allerhand Wirbellose, Froschlaich und tote Fische zu sich. Die Weibchen können pro Saison 3-6 Gelege von 5-20 Eiern produzieren, die zu ihrer Entwicklung 2-3 Monate benötigen, am Nordrand der Verbreitung auch länger. Spät im Jahr geborene Schlüpflinge können in der Nistgrube überwintern [2; 5].

Gefährdung und Schutz

Die Rotwangen-Schmuckschildkröte hat ein großes natürliches Areal und ist dort häufig. Zusätzlich wurde sie durch den Tierhandel weit verbreitet und hat sich als invasive Art in verschiedenen Ländern etablieren können. Sie ist daher nicht gefährdet [5].

Die Einfuhr in die Mitgliedstaaten der EU war seit 1992 nach Anhang B der EU-Artenschutzverordnung reglementiert. Seit 2016 ist die Art auf der Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung aufgeführt und darf, wenn es nach der EU-Kommission geht, in Zukunft weder erworben noch gehalten oder gezüchtet werden. Eine solche Vorschrift für die gesamte EU zu erlassen, macht insofern wenig Sinn,  als die Art aus klimatischen Gründen eben nicht "unionsweit" invasiv ist [6].

Bedeutung für den Menschen

Die Rotwangenschmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) ist die Schmuckschildkröte die traditionell in den südlichen USA in Mengen von etwa 6 Millionen Individuen pro Jahr gezüchtet wurde, um den internationalen Heimtierhandel zu beliefern. Die besonders bunten, kräftig gezeichneten Jungtiere waren während Jahrzehnten beliebte Heimtiere, die in Europa als Warenhaustiere billigst verschleudert wurden, oft in Kombination mit einer ungeeigneten Haltungseinrichtung. In jüngerer Zeit werden auch größere Individuen für die fernöstlichen Fleischmärkte produziert und exportiert. Zum Teil werden auch Eier der Natur entnommen und in den Betrieben ausgebrütet, oder es werden erwachsene Individuen als Zuchttiere oder für den Fleischmarkt gesammelt. Mittlerweile haben allerdings asiatische Länder damit begonnen, selber Schildkröten als Nahrungsmittel zu züchten. Nachdem die EU und die Schweiz die Einfuhr von Trachemys scripta elegans verboten hatten, wich die Industrie teilweise auf Trachemys scripta scripta oder Hybriden aus [1; 5].

Haltung im Zoo

Im Sinne einer guten Haltungspraxis wird empfohlen, dass ein Terrarium mindestens dem 6x3-fachen der Carapaxlänge und die Wassertiefe dem 4- bis 5-fachen der Carapaxbreite entsprechen soll. Das Wasser sollte 22-25ºC warm sein. Die Tiere können überwintert werden [2].

Haltung in europäischen Zoos: Obwohl von Gesetzes wegen verboten, werden alljährlich zahlreiche Schmuckschildkröten, insbesondere Rotwangen, von privaten Haltern entsorgt, indem sie irgendwo in einem öffentlichen Gewässer ausgesetzt werden - und auch Zoos werden mit solch nicht mehr erwünschten Tieren beglückt. Meistens geschieht dies so, dass die Tiere klammheimlich in ein Freilandterrarium hineingeworfen oder in einem Ententeich schwimmen gelassen werden. Manche Zoos haben deshalb eigens Anlagen gebaut, um solche Schildkröten dauerhaft zu beherbergen.

Für die Art (ohne Unterartangabe) sowie die Unterarten elegans und scripta gibt es rund 800 Haltungen, wobei es Rotwangen- (elegans) häufiger sind als Gelbwangenschildkröten  (scripta). Die Cumberland-Schildkröte (troostii) ist in etwa 40 Einrichtungen zu sehen. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll ein Terrarium für eine Kleingruppe mindestens 5x so lang und 2.5x so breit sein wie die Carapaxlänge. Der Wasserstand soll das Doppelte der Carapaxbreite betragen. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege mit einem Landteil vor, der das 2x2-fache, und einem Wasserteil, der das 5x3-fache der Carapaxlänge misst. Für jedes weitere Tier kommen beim Wasserteil das 2x2-fache der Carapaxlänge dazu. Die Wassertiefe muss dem Doppelten der Carapaxlänge entsprechen. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023), die merkwürdigerweise nur die Unterart elegans regelt, ist für 1-2 über 20 cm lange Tiere ein Becken mit 1'000 l Inhalt und ein Landteil von 0.3 m² erforderlich. Für jedes weitere Tier braucht es 350 l mehr Wasser und 0.15 m² mehr Land.

 Taxonomie und Nomenklatur

Die Buchstaben-Schmuckschildkröte wurde bereits 1792 vom schwedischen Naturforscher Carl Peter THUNBERG im Rahmen der von Johann David SCHOEPFF 1792 in Erlangen verlegten "Historia Testudinum Iconibus Illustrata" als "Testudo scripta" beschrieben [3]. Die Art wurde zeitweilig auch in die Gattung Chrysemys oder Pseudemys gestellt [1; 3].

Früher umfasste die Art 15 Unterarten und ihr Areal reichte bis nach Argentinien [2]. Heute werden die meisten früheren Unterarten als selbständige Arten aufgefasst. In scripta verbleiben nur noch die nordamerikanischen Formen [5]:

  • Gelbwangenschmuckschildkröte (Trachemys s. scripta): USA - Küstenebene von Virginia bis zum nördlichen Florida
  • Rotwangenschmuckschildkröte (Trachemys s. elegans): USA - Einzugsgebiet des Mississippi von Illinois bis zum Golf von Mexiko, westwärts bis zum Osten New Mexicos, ostwärts bis Alabama
  • Cumberland-Schmuckschildkröte (Trachemys s. troostii): USA - Südwestliches Virginia bis nordöstliches Alabama

Eine Studie aus dem Jahr 2020 förderte allerdings keine molekulargenetischen Unterschiede zwischen scripta und elegans zutage, während troostii und die westliche Morphe von elegans Unterschiede bei sich rasch entwickelnden Mikrosatelliten zeigten [7].

Literatur und Internetquellen

  1. OBST, F. J. (1985)
  2. ROGNER, M. (2008)
  3. THE REPTILE DATA BASE
  4. TURTLE TAXONOMY WORKING GROUP (2014)
  5. VAN DIJK, P.P., HARDING, J. & HAMMERSON, G.A. (2011). Trachemys scripta. (errata version published in 2016) The IUCN Red List of Threatened Species 2011: e.T22028A97429935. Downloaded on 22 April 2017.
  6. Durchführungsverordnung (EU) 2016/1141 der Kommission vom 13. Juli 2016 zur Annahme einer Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung ABl. L 189/4 vom 14. Juli 2016.
  7. VAMBERGER M. et al. (2020)

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Der Zoo, hier die Alligator Bay in Beauvoir, als Auffangstation für Schmuckschildkröten (Trachemsys scripta). Sofern die Behörden beabsichtigen, die Invasivverordnung buchstabengetreu umzusetzen, wird kaum noch ein Zoo bereit sein, den administrativen Aufwand zu leisten und solche Tiere zu übernehmen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Gelesen 21117 mal Letzte Änderung am Sonntag, 24 September 2023 08:02
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