Ordnung: Schildkröten (TESTUDINATA)
Unterordnung: Halsbergerschildkröten (CRYPTODIRA)
Familie: Neuwelt-Sumpfschildkröten (Emydidae)
Europäische Sumpfschildkröte
Emys orbicularis • The European Pond Turtle • La tortue bourbeuse
Die Sumpfschildkröte war das Reptil des Jahres 2015
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung im Zoo
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Die Europäische Sumpfschildkröte ist ein häufig gehaltenes Zootier, das gerne als Aushängeschild für Natur- und Artenschutzprojekte eingesetzt wird. Körperbau und KörperfunktionenDie Carapaxlänge erwachsener Europäischer Sumpfschildkröten liegt zwischen 11-20 cm. Der relativ flache Rückenpanzer ist schwarz bis schwarzbläulich und mehr oder weniger stark mit gelben Flecken, Strichen oder Punkten dekoriert. Kopf, Extremitäten und Schwanz sind ebenfalls schwarz mit gelben Punkten. Bei den Männchen ist das Plastron konkav geformt und ihre Schwanzwurzel ist dicker [4]. VerbreitungWestliche Paläarktis : Albanien, Algerien, Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Iran, Irland, Italien, Kasachstan, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Malta, Moldawien, Monaco, Montenegro, Marokko, Niederlande, Nordmazedonien, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweiz, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Syrien, Tschechien, Tunesien, Türkei, Turkmenistan, Ukraine, Ungarn, Weißrussland. Eingeführte Populationen in Belgien, Luxemburg und Großbritannien. Vorkommen fraglich in Iran und Zypern [6; 7]. Lebensraum und LebensweiseEmys besiedelt vegetationsreiche Kleingewässer, Gräben, langsam fließende Bäche, Altwässer, Kanäle, Teiche und die Uferzonen von Seen. Die Tiere ernähren sich hauptsächlich von Wirbellosen, wie Schnecken, Krebschen oder Insektenlarven, nehmen aber auch Kaulquappen, tote Fische und Aas. Um auf "Betriebstemperatur" zu kommen, sonnen sie sich vorzugsweise auf Ästen oder Steinen, die aus dem Wasser herausragen. Parungszeiten sind im April/Mai sowie im September/Oktober. Die Jungtiere, pro Gelege 3-18, schlüpfen 90-111 Tage nach Eiablage im August, Jungtiere der zweiten Serie können im Ei oder in der Nistgrube überwintern. Bei Bebrütungstemperaturen von 25-28ºC schlüpfen Männchen, bei 29.5-30ºC Weibchen [3; 4]. Gefährdung und SchutzDie Europäische Sumpfschildkröte ist als Art potenziell gefährdet [6]. In verschiedenen Ländern gilt sie als stark gefährdet, so in Österreich und der Schweiz. Im Schweizer Mittelland war die Sumpfschildkröte gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch weit verbreitet [1], ist dann aber in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vermutlich völlig ausgestorben. Ab den 1970er-Jahren gab es verschiedene Wiederansiedlungsversuche [3]. Im Zeitraum seit 2002 gibt es Nachweise aus 16 Kantonen - vom Genfer- bis zum Bodensee über das ganze Mittelland, in der Region Basel und im Tessin. Fortpflanzung ist nachgewisen in den Kantonen Genf, Aargau und Thurgau Der internationale Handel wird durch CITES nicht geregelt. Die Sumpfschildkröte fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume und ist ist eine streng zu schützende Tierart nach den Anhäng II und IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG). Bedeutung für den MenschenWährend des Mittelalters landete die Europäische Sumpfschildkröte während der Fastenzeit regelmässig auf dem Speisezettel, da sie nicht zum verbotenen Fleisch, sondern zum erlaubten Fisch gezählt wurde. In geschmacklicher Hinsicht war dies zweifellos die bessere Zuteilung als in zoologischer. Nach der Reformation wurden in großen Teilen Europas die Fastenzeiten abgeschafft. Das hinderte aber geschäftstüchtige Lutheraner, etwa aus Brandenburg, nicht daran, regelmäßig ganze Pferdefuhrwerke voller Sumpfschildkröten in die katholischen Gebiete Süddeutschlands zu exportieren und dort mit gutem Gewinn zu verkaufen. Diese Praxis hat wesentlich zum krassen Rückgang der Art in Norddeutschland, insbesondere im mittleren und östlichen Preußen, beigetragen [3]. Haltung im ZooIm Sinne einer guten Haltungspraxis wird empfohlen, dass ein Terrarium mindestens dem 5x2.5-fachen der Carapaxlänge und die Wassertiefe dem 4-bis 5-fachen der Carapaxbreite entsprechen soll. Das Wasser sollte 20-25ºC warm sein und die Tiere sollten bei 4-6ºC überwintert werden. Außerhalb der Überwinterungsphase von 4-5 Monaten ist eine Haltung im Freilandterrarium möglich [2]. Zoogestützte Artenschutzprojekte: Die Europäische Sumpfschildkröte eröffnet Zoos, Tier- und Wildparks die Möglichkeit, sich in Artenschutzprojekten zu engagieren. So ist der Tiergarten Schönbrunn eine Kooperation mit dem Nationalpark Donau-Auen eingegangen, indem er unter seinen Besuchern Gelegepaten rekrutiert. zooschweiz, der Verein der wissenschaftlich geleiteten Zoos der Schweiz, unterstützt Wiederansiedlungsprojekte im Mittelland, im Genfer Becken und im Tessin finanziell. Ein Mitgliedzoo hat ferner eine Zuchtstation aufgebaut. Mehrere Zoos haben neue Schaugehege errichtet, in denen sie mit Sumpfschildkröten, die aus genetischen Gründen nicht in die Natur entlassen werden dürfen, für das Projekt werben. Der Opel-Zoo in Kronberg beteiligt sich am Wiederansiedlungsprogramm in Hessen. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 220 Institutionen gehalten, wovon sich gegen ein Drittel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Für die Art gibt es ein Europäisches Zuchtbuch (ESB), das 2020 in ein vom Parc animalier de Sainte-Croix koordiniertes "New Style"-Erhaltungszuchtprogramm (EEP) umgewandelt wurde. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll ein Terrarium für eine Kleingruppe mindestens 5x so lang und 2.5x so breit sein wie die Carapaxlänge. Der Wasserstand soll das Doppelte der Carapaxbreite betragen. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.01.2017) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege mit einem Landteil vor, der das 2x2-fache, und einem Wasserteil, der das 5x3-fache der Carapaxlänge misst. Für jedes weitere Tier kommen beim Wasserteil das 2x2-fache der Carapaxlänge dazu. Die Wassertiefe muss dem Doppelten der Carapaxlänge entsprechen. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2017) ist für 1-2 über 15 cm lange Tiere ein Becken mit 750 l Inhalt und ein Landteil von 0.2 m² erforderlich. Für jedes weitere Tier braucht es 250 l mehr Wasser und 0.1 m² mehr Land. |
Taxonomie und Nomenklatur |
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Die Europäische Sumpfschildkröte wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Testudo orbicularis" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1806 stellte sie der französische Zoologe André Marie Constant DUMÉRIL vom Pariser Naturhistorischen Museum in die neue Gattung Emys. Wunderlicherweise gehört die Gattung Emys mit ihren zwei europäischen Arten zur Familie der Neuwelt-Sumpfschildkröten. Eine dritte Art lebt effektiv in Nordamerika. In Europa wurde traditionellerweise nur eine Art anerkannt. Erst 2005 wurde eine zweite Art, Emys trinacris, beschrieben. Diese hat eine sehr kleine Verbreitung auf Sizilien [7]. |
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Literatur und Internetquellen |
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