Schaf- und Ziegenartige

Mittelmeergemse

Abruzzengemse (Rupicapra pyrenaica ornata) mit Kitz im Tierpark Hellabrunn Abruzzengemse (Rupicapra pyrenaica ornata) mit Kitz im Tierpark Hellabrunn
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Ziegenartige: (Caprinae)
Tribus: Gemsenverwandte (Naemorhedini)

D LC 650

Mittelmeer-Gemse

Rupicapra pyrenaica • The Mediterranean ChamoisLe chamois méditerranéen

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Pyrenäengemse (Rupicapra pyrenaica pyrenaica) im Parc Animalier des Pyrénées in Argelès-Gazost © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung der Mittelmeergemse (Rupicapra pyrenaica). Dunkelblau: R. p. pyrenaica; dunkelgrün: R. P. parva; rot: R. p. ornata

 

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Abruzzengemse (Rupicypra pyrenaica ornata) im Tierpark Hellabrunn © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Pyrenäengemse (Rupicapra pyrenaica pyrenaica) im Parc Animalier Les Angles © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Pyrenäengemse (Rupicapra pyrenaica pyrenaica) im Zoo Barcelona © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Pyrenäengemse (Rupicapra pyrenaica pyrenaica) im Parc Animalier Les Angles © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Briefmarke mit Pyrenäengemsen-Motiv, Spanien 1976, 2 Ptas.

 

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Die Mittelmeergemse bzw. auf Neudeutsch "-gämse"* wird viel seltener gehalten als ihre nördliche Verwandte, hauptsächlich in ihren Ursprungsländern. Der Versuch, eine größere ex situ-Population der Abruzzengemse aufzubauen, steckt immer noch in den Kinderschuhen.

Körperbau und Körperfunktionen

Die Mittelmeergemse ist bunter gefärbt, im Sommer rötlich und im Winter schwarzbraun mit weißen bis gelblichen Bereichen an Kehle, Hals, Schultern und Flanken, und hat längere Hörner (bis 31 cm) als die Alpengemse. Sie erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 90-130 cm, eine Schwanzlänge von 3-4 cm und eine Schulterhöhe von 70-81 cm. Das Gewicht liegt zwischen 23-35 kg [2; 5].

Verbreitung

Rupicapra p. ornata: Italien. Ursprünglich von den Sibillinischen Bergen in den Marche (Mittelitalien) bis hinunter zum Pollino-Massiv in Kalabrien. Heute in drei kleinen Populationen in den Abruzzen-, Majella- und Gran Sasso-Monti della Laga-Nationalparks
Rupicapra p. parva: Spanien (Kantabrien)
Rupicapra p. pyrenaica: Andorra, Frankreich, Spanien [1; 2; 4].

Lebensraum und Lebensweise

Im Sommer besiedelt die Mittelmeergemse alpine Wiesen oberhalb von 1'800 m, im Winter geht sie in Lagen unter 1'100 m, wobei die meisten Populationern steiles, offenes Gelände bevorzugen, manche aber auch in den Wald gehen. Ansonsten ist ihre Lebensweise ähnlich jener der Alpengemse. Die Tragzeit beträgt um die 170 Tage [2; 4].

Gefährdung und Schutz

Mit einem Gesamtbestand von über 50'000 erwachsenen Tieren gilt die Art als solche nicht als gefährdet. Die italienische Unterart ornata ist jedoch immer noch sehr selten. Dank Schutzmaßnahmen nimmt der Bestand aber zu. In den 1980er Jahren gab es erst 400 Individuen, heute dürfte er mehr als 2'500 "camosci" in fünf Teilpopulationen umfassen. Die Abruzzengemse (Rupicapra pyrenaica ornata), fällt unter CITES-Anhang II wohin sie, dank günstiger Bestandsentwicklung im März 2013 aus Anhang I transferiert wurde [1; 4]. Ebenso ist sie in den Anhängen II und IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG) aufgeführt und ist eine streng geschützte Tierart nach Anhang II des Berner Übereinkommens. Die spanischen Unterarten figurieren in Anhang III des Berner Übereinkommens und Anhang V der FFH-Richtlinie.

Bedeutung für den Menschen

Wie die Alpengemse ist die Mittelmeergemse ein traditionelles Jagdwild, das hauptsächlich zur Fleischgewinnung erlegt und dessen Krucken als Trophäen bewertet werden. Die spanischen Populationen werden heute nachhaltig bejagt [4].

Haltung

Die Art wird weniger als 10 europäischen Zoos und Wildparks gezeigt, hauptsächlich in Frankreich und Spanien. Von der Unterart ornata gibt es die eine Haltung im Tierpark Hellabrunn, wo 1995 auch die Welterstzucht gelang. Für Details siehe Zootierliste.

Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL trägt den saisonalen Unterschieden in der Sozialstruktur der Gemsen keine Rechnung. Für die Haltung von fünf erwachsenen Tieren in einem konventionellen Zoogehege wird eine Mindestfläche von 250 m² vorgegeben, für jedes weitere Tier sind zusätzliche 20 m² erforderlich. Ferner muss eine Abtrennmöglichkeit vorhanden sein. Unter Berücksichtigung der Verhältnisse in der Wildbahn müsste aber der Bock während 6-8 Monaten von den Geißen abgetrennt werden, wozu ein vollwertiges Gehege und nicht nur eine Abtrennmöglichkeit erforderlich ist. Hält man Böcke von vier Jahren oder älter außerhalb der Brunft nicht separat, steigt das Risiko, dass Geißen vom Bock zu Tode geforkelt werden.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-4 erwachsene Tiere ein Gehege von 400 m² sowie einen Unterstand, der allen Tieren Platz bietet, vor, für jedes weitere Tier ist die Gehegefläche um 50 m² zu erhöhen. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) fordert für bis zu 10 Adulttieren ein Gehege von mindestens 500 m² mit Unterständen und Abtrennmöglichkeiten. Für jedes weitere ist die Grundfläche um 50 m² zu erweitern.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Mittelmeergemse wurde 1845 von Prinz Charles Lucien Jules Laurent BONAPARTE als Rupicapra pyrenaica beschrieben, in der Folge aber sehr lange zur Alpengemse gezählt. Erst 1985 wurde sie wieder als selbständige Art mit zwei, später drei Unterarten betrachtet. In jüngster Zeit gab es Vorschläge, die Unterarten zu vollen Arten aufzuwerten, was aber umstritten ist und z.B. von CITES oder der IUCN nicht nachvollzogen wurde [1; 3; 4; 5; 6]:

  • Abruzzengemse (Rupicapra pyrenaica ornata)
  • Kantabrische Gemse (Rupicapra pyrenaica parva)
  • Pyrenäengemse (Rupicapra pyrenaica pyrenaica)

Literatur und Internetquellen

  1. CITES COP 16
  2. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  3. HALTENORTH, T. & TRENSE, W. (1956)
  4. HERRERO, J., LOVARI, S., NORES, C. & TOIGO, C. 2020. Rupicapra pyrenaica. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T19771A171131310. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T19771A171131310.en. Downloaded on 17 December 2020.
  5. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  6. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)

*entsprechend den Empfehlungen der Schweizerischen Orthorgraphischen Konferenz (SOK) bleibt das Zootier-Lexikon bei der seit Jahrhunderten üblichen Schreibweise "Gemse"

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