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Hirsche, Hirschferkel und Moschustiere

Grauer Spiesshirsch

Weiblicher Grauer Spießhirsch (Mazama gouazoubira) im Zoo von Buenos Aires Weiblicher Grauer Spießhirsch (Mazama gouazoubira) im Zoo von Buenos Aires
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: LAURASIATHERiA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hirsche (Cervidae)
Unterfamilie: Trughirsche (Capreolinae)
Tribus: Amerikanische Trughirsche (Odocoileini)

D LC 650

Grauer Spießhirsch

Mazama gouazoubira • The Grey Brocket • >Le daguet gris

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Männlicher Grauer Spießhirsch (Mazama gouazoubira) im Zoo von Buenos Aires © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Grauen Spießhirschs (Mazama gouazoubira)

 

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Weiblicher Grauer Spießhirsch (Mazama gouazoubira) im Zoo von Buenos Aires © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Grauer Spießhirsch (Mazama gouazoubira) mit Kitz in der Estación de Cría de Fauna M'Bopicuá, Uruguay © Juan Villalba-Macías

 

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Grauer Spießhirsch (Mazama gouazoubira), Kitz in der Estación de Cría de Fauna M'Bopicuá, Uruguay © Juan Villalba-Macías

 

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Grauer Spießhirsch (Mazama gouazoubira), Bock im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Grauer Spießhirsch (Mazama gouazoubira), Bock im Zoo Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Grauer Spießhirsch (Mazama gouazoubira), Ricke mit Kitz im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Grauer Spießhirsch (Mazama gouazoubira), Kitz im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

Weitere Bilder auf BioLib.cz

Der in seiner Heimat nicht gefährdete Graue Spießhirsch war in Europa stets ein seltener Gast. Einzelne Zoos haben ihn zwar regelmäßig gezüchtet, aber allgemein war das Interesse an der Haltung der nicht sonderlich attraktiven Art gering, sodass sie mittlerweile in europäischen Zoos fast ausgestorben ist.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Graue Spießhirsch ist mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 90-125 cm, einer Schulterhöhe von 60-70 cm und einem Gewicht von ca. 17-23 kg ein knapp mittelgroßer Hirsch, der etwa das Kaliber eines Rehs hat. Der Schwanz ist zwischen 10 und 15 cm lang. Das Geweih der erwachsenen Hirsche ist unverzweigt und besteht nur aus einem Paar 6-12 cm langer Spieße. Es sind Voraugen-, Nasen-, Stirn und Fersendrüsen, sowie an den Vorder- und Hinterläufen Zwischenzehendrüsen vorhanden. Beim Bock auch eine Präputialdrüse. Das Fell ist stumpf, seine Farbe meistens graubraun, unterseits teilweise etwas heller, mit orangem Hinterteil und oranger Schwanzoberseite [3; 4; 6].

Verbreitung

Südamerika: Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay, Uruguay [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Graue Spießhirsch ist ein tag- und nachtaktiver, überwiegend einzeln lebender Schlüpfer, der in deckungsreichen, mäßig feuchten bis trockenen Gebieten mit Waldinseln oder Gebüschen lebt. Er hält sich auch an Waldrändern auf, meidet aber geschlossenen Wald. Er ist ein Selektiväser, der Kräuter, Blätter, Knospen, Zweige und gebietsweise Früchte zu sich nimmt. Zum Äsen geht er auf offenes Grasland und in landwirtschaftliche Kulturen wie Orangen- und Mate-Strauch (Ilex paraguariensis)-Pflanzungen oder Mais-, Maniok- und Süßkartoffelfelder, wo er zumeist keine größeren Schäden anrichtet. Die Tiere sind tag- und nachtaktiv. Sie haben Streifgebiete von 30-300 ha. Diese werden durch Latrinen markiert und von den Böcken ganz als Territorium verteidigt, von den Ricken jeweils nur das Kerngebiet. Hauptsächliche Fressfeinde sind Puma und Jaguar [1; 3; 6].

Es gibt eine gewisse Korrelation zwischen Regenzeit und Fortpflanzung, feste Brunft- und Setzzeiten existieren aber nicht. Nach einer Tragzeit von 208-210 Tagen wird in der Regel ein einzelnes, 0.5-1.3 kg schweres Kitz gesetzt, das ein geflecktes Jugenkleid trägt. Die Jungen werden 2-3 Monate gesäugt und sind mit 6-18 Monaten geschlechtsreif [1; 4: 6].

Gefährdung und Schutz

Trotz abnehmendem Bestand wird diese Art aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 nicht als gefährdet eingestuft, weil sie eine relativ weite Verbreitung hat und in zahlreichen Schutzgebieten vorkommt [1].

Jagdtrophäen gelangen in den internationalen Verkehr [1], aber eine Regelung unter CITES drängt sich nicht auf.

Bedeutung für den Menschen

Die Art wird zwecks Fleischgewinnung für den Eigenbedarf und lokale Märkte intensiv gejagt. In Argentinien ist sie auch Gegenstand eines internationalen Jagdtourismus [1].

Haltung

WEIGL gibt als Höchstalter 14 Jahre und 10 Monate für einen im Krefelder Zoo geborenen und gehaltenen Bock an [5]. Der letzte Bock im Zoo Berlin wurde gegen 20 Jahre alt [7].

Haltung in europäischen Zoos: Bereits 1851 wurde in der Menagerie des Earl of Derby in Knowsley (heute ein Safaripark) ein Grauer Spießhirsch gehalten. Seitdem war die Art ein seltener Gast in europäischen Zoos. Sie wurde zwar im Tierpark und Zoo Berlin sowie in Krefeld gezüchtet, ein größerer Bestand konnte sich aber nie bilden. Nachdem das letzte Tier 2022 in einem Zoo in Spanien gestorben ist, gibt es in Europa keine mehr. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 200 m² zur Verfügung stehen. Für jedes weitere Tier kommen 10 m² zur Basisfläche dazu. Für tropische und subtropische Arten wird ein Stall von 4 m²/Tier vorgegeben.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 8 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 60 m² zur Basisfläche dazu. Ferner ist ein Stall mit einer Fläche von 4 m²/Tier erforderlich. Bei Haltung auf Naturboden wie gewachsen sind die Flächen zu verdreifachen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für 1-5 Tiere 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr. Für tropische Arten ist zudem ein beheizter Stall mit einem Mindestausmaß von 4 m² pro weibliches Tier mit einer Mindesttemperatur von 10°C vorgeschrieben, der wahlweise aufgesucht werden kann.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Graue Spießhirsch wurde 1814 von dem deutschen Arzt und Naturforscher Johann Baptist FISCHER aus München unter dem Namen "Cervus gouazoubira" erstmals wissenschaftlich beschrieben und wurde 1817 unter der Bezeichnung "Mazama bira" von dem in Marseille aufgewachsenen, hauptsächlich in den USA tätigen Universalgelehrten Constantine Samuel RAFINESQUE in die neu aufgestellte, heute noch gültige Gattung Mazama überführt. Es wird diskutiert, dass die Mazama gouazoubira-Gruppe eine Klade mit den Andenhirsch (Hippocamelus bisulcus) bilden sollte [2; 6].

Literatur und Internetquellen

  1. BLACK-DECIMA, P.A. & VOGLIOTTI, A. 2016. Mazama gouazoubira. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T29620A22154584. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-2.RLTS.T29620A22154584.en. Downloaded on 17 April 2017.
  2. GROVES, C.P. & GRUBB, P. (2011)
  3. GRZIMEK, B. (ed., 1970)
  4. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  5. WEIGL, R. (2005)
  6. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  7. BLASZKIEWITZ, B. (2009)

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