Diese Seite drucken

Kamele

Guanako

Guanako im Zoo Zürich Guanako im Zoo Zürich
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Schwielensohler (Tylopoda)
Familie: Kamele(Camelidae)
Tribus: Neuweltkamele (Lamini)

Red list status Least concern

Guanako

Lama guanicoe • The Guanaco • Le guanaco

119 004 002 001 lama guanicoe TPB KR1
Guanako (Lama guanicoe) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

119 004 002 001 lama guanicoe map
Approximative Verbreitung des Guanakos; dunkelblau gegenwärtig; rot: bis 1900 ausgestorben. Quellen ERLICH DE JOFFE (1983) und Rote Liste der IUCN

 

119 004 002 001 lama guanicoe BER PD1
Guanako (Lama guanicoe) im Zoo Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 004 002 001 lama guanicoe TPB KR3
Guanakofohlen (Lama guanicoe) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

119 004 002 001 lama guanicoe montpellier PD2
Guanako (Lama guanicoe) im Zoo Montpellier © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 004 002 001 lama guanicoe quilpue PD1
Guanako (Lama guanicoe) im Zoo Quilpué, Chile © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 004 002 001 lama guanicoe TPB KR2
Guanako (Lama guanicoe) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

119 004 002 001 lama guanicoe paignton PD1
Guanakos (Lama guanicoe) im Paignton Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 004 002 001 lama guanicoe KRE PD2
Guanakos (Lama guanicoe) auf Südamerika-Anlage im Krefelder Zoo. Mitbewohner sind Nandu, Capybara und Flachlandtapir © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 004 002 001 lama guanicoe krefeld PD1
Guanakos (Lama guanicoe) im Krefelder Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 004 002 001 lama guanicoe DO PD1
Guanakos (Lama guanicoe) im Krefelder Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 004 002 001 lama guanicoe osna
Guanakostute (Lama guanicoe) mit Fohlen im Zoo Osnabrück © Zoo Osnabrück (Pressefoto)

 

119 004 002 001 lama guanicoe PF Osnabruck
Zufüttern eines Guanakofohlens (Lama guanicoe) mit der Flasche im Zoo Osnabrück © Zoo Osnabrück (Pressefoto)

 

119 004 002 001 lama guanicoe whipsnade PD1
Guanakostute (Lama guanicoe) mit schon großem, aber immer noch säugendem Jungtier im Whipsnade Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

119 004 002 001 lama guanicoe BER PD2
Guanako (Lama guanicoe) im Zoo Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

Weitere Bilder auf BioLib

Als Stammform des Lamas ist das Guanako von zoopädagigischem Interesse. Da es sich mit vielen Tierarten vergesellschaften lässt, gehört es zum Standardbesatz vieler "Südamerika-Anlagen", auf denen meist Tiere aus unterschiedlichen Lebensräumen vergesellschaftet werden. Es ist daher sehr häufig in europäischen Zoos zu sehen.

Körperbau und Körperfunktionen

Guanakos erreichen eine Kopf-Rumpflänge von rund (180-)190-215 cm, eine Schwanzlänge von (15-)23-27 cm, eine Schulterhöhe von 90-130 cm und ein Gewicht von (60-)90-140 kg. Wie alle Kamelartigen haben sie eine gespaltene und sehr bewegliche Oberlippe, einen langen, dünnen Hals, lange schlanke Beine, an den Füßen jeweils nur zwei Zehen, die nicht in Hufen, sondern in gebogenen Nägeln enden, und bindegewebige Sohlenpolster. Der Kopf ist langgestreckter als beim Vikunja. Das wollige und dichte Fell ist oberseits hell- bis rotbraun und unterseits weiß, der Kopf ist meistens schwarz gefärbt. An Halsansatz und Vorderbrust haben die Tiere im Gegensatz zum Vikunja keine Mähne. Die Wollhaare haben einen Durchmesser von nur 14-16 (12-17) μm [5; 11].

Verbreitung

Südamerika: Argentinien, Bolivien, Chile, Paraguay, Peru. Eingeführt auf den Falkland-Inseln [1]. Ansiedlungsversuche in Frankreich, 1860 in den Pyrenäen und Vogesen) und Deutschland (1911) sind fehlgeschlagen [12].

Lebensraum und Lebensweise

Die meisten Guanakos leben im Patagonischen Grasland und in der Monte-Strauchsteppe aber kleinere Populationen gibt es auch in anderen Lebensräumen vom Meeresspielgel bis auf 4'500 m Höhe in die Puna, wo sich das Vorkommen mit jenem des Vikunjas überlappt. Sie sind gute Schwimmer und können Meeresarme überqueren, um zu vorgelagerten Inseln zu gelangen [5].

Je nach Region beweiden Guanakos überwiegend Wiesen mit Gräsern, Riedgräsern und Kräutern, oder sie verbeißen Sträucher und Bäume, z.B. Südbuchen (Nothofagus). In höheren Lagen sind die "Vegas" genannten Moorlandschaften wichtige Nahrungsgründe. Die soziale Organisation ist sehr vielfältig: Im Torres del Paine-Nationalpark wurden z.B. Haremsgruppen die aus einem Hengst und im Mittel  7 Stuten und deren Nachwuchs bestehen, Junggesellenverbände von bis zu 135 Hengsten, reine Stutengruppen von bis zu 11 Individuen und im Winter und Frühjahr gemischtgeschlechtliche Gruppen, die im Mittel 22, im Extremfall bis 173 Tiere umfassten, festgestellt [7]. Andere Quellen geben für gemischte Rudel bis zu 500 Tiere an. Hengste leben unter Umständen solitär.

Guanakos sind an sich recht standorttreu, können aber klimabedingt ihre Streifgebiet verlassen.  Territorialität ist deshalb unter Umständen ein saisonales Phänomen [11].

Nach einer Tragzeit von im Mittel 354 (334-368) Tagen wird in der Regel ein einzelnes Fohlen mit einem Geburtsgewicht von 13 (7-15) kg geworfen, selten Zwillinge. Die meisten Geburten fallen im natürlichen Areal in die Monate Mai-Oktober. Die Fohlen werden etwa 6-8 Monate gesäugt. und werden mit 11-15 Monaten vom Hengst aus dem Familienverband vertrieben [8; 11].

Gefährdung und Schutz

Das Guanako gilt aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 wegen seiner weiten Verbreitung von rund 1 Million km² und mit einem Bestand von 1.5-2.2 Millionen Tieren als gesichert (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Guanakos sind in ihren Ursprungsländern ein traditionelles Jagdwild und werden oft im Rahmen der Subsistenzwirtschaft illegal getötet. BREHM [2] beschreibt die zu seiner Zeit üblichen Jagdmethoden wie folgt: "Man sucht die weidenden Thiere mit Hülfe guter Hunde in eine Schlucht zu treiben, jagt ihnen dort nach und wirft ihnen den Lasso mit Bolas oder Wurfkugeln um den Hals. Erfahrene Jäger machen sich mit bestem Erfolge die Neugierde der Guanacos zu Nutze, indem sie sich angesichts einer schwachen Herde derselben auf den Boden werfen und durch die oben erwähnten absonderlichen Bewegungen das sonst scheue Wild heranlocken. Nach Darwins Versicherung können sie dann in den meisten Fällen mehrere Schüsse abgeben, weil sich die Thiere dadurch nicht behelligen lassen, die Schüsse vielmehr als zu dem sie fesselnden Spiele gehörig anzusehen scheinen."

Felle von Guanakofohlen gelangen als "Guanaquitos" in den internationalen Pelzhandel und werden meist zu Decken, seltener zu Pelzkleidern verarbeitet. In jüngerer Zeit sind verschiedene Programme zur nachhaltigen Nutzung der Art angelaufen. So wurden von 2003-2015 im chilenischen Teil Feuerlands 23'000 Guanakos für den lokalen Fleischmarkt oder den Export geschlachtet, und in Argentinien werden Guanakos zur Wollgewinnung gefangen, geschoren und wieder laufen gelassen. Zunehmend spielt das Guanako auch eine Rolle als touristische Attraktion [3; 5].

Nebst diversen Produkten und Wissenschaftsmaterial exportierten die Ursprungsländer von 1977-2017 über 100'00 Felle, über 76'000 Pelz- Oder Wollkleider und 5'646 Pelztafeln (hauptsächlich Argentinien, 264 Tonnen Fleisch (Chile) und 25 lebende Wildfänge (Argentinien). Im selben Zeitraum wurden weltweit 527 Nachzuchttiere grenzüberschreitend verschoben. Wichtigste Ausfuhrländer waren Deutschland mit 81 und Großbritannien mit 70 Tieren [3].

Haltung

In manchen Zoos werden Guanakos mit anderen Arten vergesellschaftet, so z.B. mit Nandus, Halsband-Wehrvogel, Mara, Viscacha, Capybara oder Tapir [8].

WEIGL gibt als Höchstalter 33 Jahre und 8 Monate für eine im Bronx-Zoo gehaltene Nachzucht-Stute an [9].

Haltung in europäischen Zoos: Mit 140 Zoohaltungen ist das Guanako in Europa die häufiger anzutreffende Wildform der Neuweltkameliden. Etwa ein Viertel dieser Zoos befinden sich im deutschsprachigen Raum. Für Details siehe Zootierliste.

Forschung im Zoo: Guanakos sind gelegentlich Gegenstand von Forschung oder forschendem Lernen im Zoo, etwa von Arbeiten, die darauf abzielen, die Haltungsbedingungen zu optimieren [6].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach dem Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für 6 Guanakos ein Außengehege von 300 m² vorhanden sein und soll für jedes weitere Tier die Fläche um 25 m² erweitert werden. Sofern ein Stall angeboten wird, soll die Fläche mindestens 2 m² pro Tier betragen.

Das Säugetiergutachten gibt ferner vor, dass Kameliden  in kleinen Gruppen zu halten sind. Um Aggressionen und Kämpfe zu vermeiden, dürfe nur 1 erwachsenes Männchen pro Gruppe (Einmännchen-Vielweibchen-Gruppe) gehalten werden. Tatsächlich ist aber beim Guanako die soziale Organisation sehr vielfältig. Die Tiere leben in Haremsgruppen, reinen Hengst- oder Stutengruppen, einzeln  und saisonal in gemischtgeschlechtlichen Herden. Die im Gutachten gewählte Formulierung ist also zu apodiktisch, neben Einmännchen-Vielweibchen-Gruppen sind unter Zoobedingungen auch Junggesellengruppen möglich. 

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022)schreibt für 6 Guanakos ein Gehege von 300 m² und für jedes weitere je 50 m² zusätzlich, sowie pro Tier einen Unterstand oder einen Stallplatz von 2 m² vor. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für 5 Guanakos eine Mindestgehegefläche von 800 m² und für jedes weitere 80 m² zusätzlich. Es ist ein Unterstand mit einer Fläche von 2 m² pro Tier anzubieten.

Taxonomie und Nomenklatur

Das Guanako wurde 1776 vom deutschen Universalgelehrten Philipp Ludwig STATIUS MÜLLER als "Der Schafdromedar - Camelus Guanicoe" mit dem Vermerk "Vielleicht ist es vom Paca oder Glama nicht viel verschieden, oder wenigstens damit verwandt" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Später kam es in die 1800 vom französische Naturforscher und Direktor der Ménagerie von Paris, Georges CUVIER, aufgestellte Gattung Lama und zeitweilig in die heute nicht mehr existierende Gattung Auchenia. Es wurden mehrere Unterarten beschrieben. Heute werden zwei anerkannt [2; 11].

Das Guanako, gilt als eine Stammform der domestizierten Formen Lama und Alpaka, wobei das Lama primär als Lasttier, das Alpaka als Wolllieferant gezüchtet wurde. Ursprünglich wurde angenommen, das Guanako sei die einzige Stammform des Lamas, das Vikunja jene des Alpakas. Später galt das Guanako als alleiniger Ahne beider Haustierformen. Molekularbiologische Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass sich in den Haustierformen auch Vikunjablut befindet. In der Annahme, dass das Nördliche Vikunja (Vicugna vicugna mensalis) die hauptsächliche Stammform des Alpakas sei, wurde dieses neuerdings der Gattung Vicugna zugeordnet. Da sich alle vier Kleinkamele kreuzen lassen und die Nachkommen fruchtbar sind, lässt sich die Abstammung der Haustierformen nicht mit letzter Sicherheit nachvollziehen [5; 10; 11].

Literatur und Internetquellen

  1. BALDI, R.B. et al. (2016). Lama guanicoe. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T11186A18540211. http://www.iucnredlist.org/details/11186/0. Downloaded on 25 May 2018.
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. ERLICH DE JOFFE, A. et al. (1983)
  5. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  6. MÜNCHAU, B. (1980)
  7. ORTEGA, I. M. & FRANKLIN, W. L. (1995)
  8. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  9. WEIGL, R. (2005)
  10. WHEELER, J. C., CHIKHI, L. & BRUFORD, M. W. (2006)
  11. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  12. LONG, J. L. (2003)

SAM(2)
Guanako (Lama guanicoe) im natürlichen Lebensraum. Lauca-Nationalpark, Chile © Thomas Althaus

 Zurück zu Übersicht Paarzeher

Weiter zu Lama (Lama guanicoe f. glama)

Gelesen 46637 mal Letzte Änderung am Montag, 20 Februar 2023 15:38