Hasenartige

Schwarzlippen-Pfeifhase

Schwarzlippen-Pfeifhase (Ochotona curzoniae) im Naturschutz-Tierpark Görlitz Schwarzlippen-Pfeifhase (Ochotona curzoniae) im Naturschutz-Tierpark Görlitz
© Klaus Rudloff, Berlin

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Taxon ohne Rang: Nagetiere und Hasen (GLIRES)
Ordnung: Hasentiere (LAGOMORPHA)
Familie: Pfeifhasen (Ochotonidae)

D LC 650

Schwarzlippen-Pfeifhase

Ochotona curzoniae • The Plateau Pika • Le pika à lèvres noires

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Schwarzlippen-Pfeifhase (Ochotona curzoniae) im Naturschutz-Tierpark Görlitz © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Approximative Verbreitung des Schwarzlippen-Pfeifhasen (Ochotona curzoniae)

 

 

 

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Schwarzlippen-Pfeifhase (Ochotona curzoniae) im Naturschutz-Tierpark Görlitz © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Schwarzlippen-Pfeifhase (Ochotona curzoniae) aus Tibet im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Schwarzlippenpfeifhasen (Ochotona curzoniae) im natürlichen Lebensraum in der osttibetischen Region Kham. Bild: Kunsang auf Wikimedia Commons. Veröffentlicht unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported-Lizenz

 

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Der Schwarzlippenpfeifhase wird in China als Landplage angesehen und durch Vergiftungskampagnen mit dem Ziel der Ausrottung dezimiert, wobei vermutlich das Problem der Überweidung eher bei den zu hohen Nutztierbeständen liegt, als bei den Pfeifhasen. Im Zoo könnte er eine geeignete Botschafterart für den Schutz der asiatischen Grasländer sein. Er wird aber seit Jahren nicht mehr gehalten, weil es den Zoos nicht gelang, aus den wenigen verfügbaren Ausgangstieren einen dauerhaften Bestand aufzubauen.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Schwarzlippenpfeifhase ist mit einer Kopf-Rumpflänge von 14-21 cm und einem Gewicht von 90-210 g eine mittelgroße Pfeifhasenart. Seine Ohren haben eine Länge von 18-27 mm, die Hinterfüße von 26-36 mm. Das Fell ist ockerfarben oder hellbraun mit weißlichen Flecken hinter den Ohren. Die Ohren selbst sind dunkelgrau mit hellem Rand, Unter- und Oberlippe sind schwarz. Die Unterseite von Kopf, Hals und Körper ist gelblich grau oder sandfarben. Das Winterfell ist länger, weicher und gelblicher als das Sommerfell. Die Fußballen sind unter dichtem Fell verborgen [6].

Verbreitung

Zentralasien: China (Provinzen Gansu, Qinghai, Sichuan, Xinjiang sowie Autonomes Gebiet Tibet), Indien (Sikkim), Nepal [4].

Lebensraum und Lebensweise

Lebensraum des Schwarzlippen-Pfeifhasen sind die hochalpinen Grasländer und Trockengebiete des Tibetischen Plateaus in Höhenlagen von 3'000 - 5'000 m. Die Tiere sind tagaktiv und reine Pflanzenfresser, die sich ab Juli Heuvorräte für den Winter zulegen. Sie machen keinen Winterschlaf und leiden an einer hohen Wintermortalität. Als Rückzugsorte und zum Schlafen graben sie Höhlensysteme, die zumeist von einer Familie, bestehend aus einem Paar und seinen Nachkommen bewohnt wird, bisweilen aber auch von einem Männchen und mehreren Weibchen oder mehreren Tieren beiderlei Geschlechts. Die Familiengruppen haben Streifgebiete von im Mittel 1'375 m². Sie kommunizieren durch hohe Pfeiftöne, denen sie ihren Namen verdanken. Die Fortpflanzungsperiode reicht von April bis vermutlich Ende August. Während dieser Zeit kann ein Weibchen (2-)3-5 Würfe mit je 2-6(-8) Jungen bringen, die nach einer Tragzeit von 22-23 Tagen geboren werden. Sie sind bei der Geburt nackt und blind. Das Fellwachstum setzt am 2. Lebenstag ein, ab dem 10. Lebenstag verlassen die Jungen das Nest [1; 2; 3; 4; 6].

Gefährdung und Schutz

Die Art hat eine weite Verbreitung und gilt aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 nicht als gefährdet, obwohl die Bestände als Folge einer Ausrottungskampagne der chinesischen Regierung abnehmen. Es gibt Populationen in mehreren Schutzgebieten in China und Nepal [4].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Die Art wird als Konkurrent für landwirtschaftliche Nutztiere angesehen und daher systematisch durch Vergiftungsaktionen im Frühjahr und Herbst bekämpft. Dabei wird nicht in Betracht gezogen, dass die Grabaktivitäten der Schwarzlippenpfeifhasen zur Gesunderhaltung der alpinen Rasen beitragen und ihre Biodiversität erhöhen [1; 4].

Haltung

Schwarzlippenpfeifhasen werden an einem Institut in Xingning in der chinesischen Provinz Guangdong als Versuchstiere gehalten und gezüchtet [2]. Als Höchstalter in Menschenobhut werden 3 Jahre und 10 Monate angegeben [5].

Haltung in europäischen Zoos: 1992 fingen Mitarbeiter des Tierparks Görlitz auf einer Exkursion in Tibet mehrere Schwarzlippenpfeifhasen. Ab 1997 wurden wiederholt weitere Tiere durch Tierhändler aus Nordchina nach Europa importiert. Tiere dieser Importe gingen an mehrere Privathalter, an den Schulzoo Leipzig sowie an die Zoos von Dresden und Berlin [3]. Bis 2003 wurde die Art in wenigen deutschen Zoos gehalten und im Naturschutz-Tierpark Görlitz gezüchtet. Gegenwärtig (2023) gibt es in Europa keine mehr. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll pro Pfeifhase ein Gehege von 2 m² vorhanden sein, mit der Möglichkeit, mehrere Gehege zu kombinieren. Alternativ könnte eine Gruppe in einem größeren, gut strukturierten Außengehege gehalten werden. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 5 Tiere ein Außengehege mit einer Grundfläche von 30 m² und für jedes weitere Tier 3 m² Fläche zusätzlich vor.  Für diese gegenüber einer früheren Fassung der Verordnung um 50% höheren Anforderung gibt es weder eine wissenschaftliche, noch eine praktische Begründung, zumal in der Schweiz noch nie Pfeifhasen gehalten worden sind. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) fordert eine Gehegefläche von 20 m² pro Paar.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Schwarzlippenpfeifhase wurde 1858 von dem in Indien und Nepal lebenden englischen Naturforscher und Völkerkundler Brian Houghton HODGSON als "Lagomys curzoniae" beschrieben und wurde später in die vom Rostocker Professor Johann Heinrich Friedrich LINK bereits 1795 begründete Gattung Ochotona überführt. Sofern Untergattungen differenziert werden, was im vorliegenden Fall problematisch ist, gehört sie zu Ochotona. Es sind keine Unterarten beschrieben. Ochotona melanostoma wird heute nicht mehr als eigene Art, sondern als Synonym von O. curzoniae angesehen [1; 4; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. CHAPMAN, J. A. & FLUX, J. E. C. (1990)
  2. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  3. SCHULZOO LEIPZIG
  4. SMITH, A.T. & LIU, S. 2016. Ochotona curzoniae. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T41258A45182665. http://www.iucnredlist.org/details/41258/0. Downloaded on 11 April 2017.
  5. WEIGL, R. (2005)
  6. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  7. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)

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Gelesen 14926 mal Letzte Änderung am Montag, 20 Februar 2023 14:51
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx