Insektenfresser und Fledertiere

Russischer Desman

Russischer Desman (Desmana moschata) in der Forschungsstation Cernogolovka Russischer Desman (Desmana moschata) in der Forschungsstation Cernogolovka
© Klaus Rudloff, Berlin

Überordnung: Insektenfresser (INSECTIVORA / EULIPOTYPHLA)
Ordnung: Spitzmausverwandte (SORICOMORPHA)
Familie: Maulwürfe (Talpidae)
Unterfamilie: Altweltmaulwürfe (Talpinae)

D EN 650

Russischer Desman

Desmana moschata • The Russian Desman • Le desman de Moscovie

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Russischer Desman (Desmana moschata) in der Forschungsstation Cernogolovka © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Approximative Verbreitung des Russischen Desmans (Desmana moschata)

 

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Russischer Desman (Desmana moschata) in der Forschungsstation Cernogolovka © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Russischer Desman (Desmana moschata) in der Forschungsstation Cernogolovka © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Männlicher Russischer Desman (Desmana moschata) schwimmend in der Forschungsstation Cernogolovka © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Männlicher Russischer Desman (Desmana moschata) schwimmend in der Forschungsstation Cernogolovka © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Schädel eines Russische Desmans (Desmana moschata) im Zoologischen Museum Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Russische Desmane (Desmana moschata). Abbildung aus aus BREHMs Thierleben (1882-1887)

 

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Der Russische Desman ist eine hochinteressante, allerdings dem Publikum nur schwierig zu präsentierende Tierart, die außerhalb Russlands kaum je in einem Zoo gezeigt worden ist

Körperbau und Körperfunktionen

Der Russische Desman erreicht eine Kopf-Rumpflänge von (18-)20-23 cm, eine Schwanzlänge von (17-)18-21 cm und ein Gewicht von 315-485 g. Die Nase endet in einem langen, aus zwei Knorpelröhren zusammengesetzten, vorne verbreiterten Rüssel, der nach allen Seiten beweglich ist und ausgeprägte Vibrissen trägt. Die Augen sind sehr klein, die Ohrmuscheln fehlen. Ohr- und Nasenöffnungen können beim Schwimmen verschlossen werden. Die Füße haben Borstensäume. Die Vorderfüße sind mit kurzen Schwimmhäuten und langen Krallen ausgestattet, die Hinterfüße mit voll ausgebildeten Schwimmhäuten. Der lange Ruderschwanz ist seitlich abgeflacht, schuppig, nur spärlich behaart und mit einem Borstenkiel an den Kanten versehen. Nahe der Schwanzwurzel befindet sich eine große, aus mehreren Säckchen bestehende Moschusdrüse. Die Weibchen haben 8 Zitzen. Das Fell ist dicht und seidig, oberseits grau- bis kastanienbraun, am Bauch silbrig weiß [1; 2; 3].

Verbreitung

Westliche Paläarktis: Kasachstan, Russland; ausgestorben und in den 1950er-Jahren wiederangesiedelt in der Ukraine; ausgestorben in Weißrussland [4].

Lebensraum und Lebensweise

Der Russische Desman ist überwiegend nachtaktiv, im Frühjahr öfter auch tagaktiv. Er besiedelt stehende oder langsam fließende Gewässer mit natürlichen Ufern, vorzugsweise Altwässer. Er ist ein guter Schwimmer und Taucher, der nur selten an Land geht. Seinen Rüssel kann er als Tastorgan, Schnorchel und zum Nahrungserwerb einsetzen. "Oft steckt er ihn in das Maul und läßt dann schnatternde Töne hören, welche denen einer Ente ähneln. Reizt man ihn oder greift man ihn an, so pfeift und quiekt er wie eine Spitzmaus, sucht sich auch durch Beißen zu vertheidigen" [1]. Zu seinem Speiseplan gehören Würmer, Schnecken, Muscheln, Insektenlarven, Krebse, Frösche und kleine Fische, ferner Material von mindestens 30 Pflanzenarten. Er legt Nahrungsdepots an [2; 3; 4].

Der Desman errichtet seinen Bau, dessen Eingänge 10-40 cm unter der Wasseroberfläche liegen, in Uferböschungen mit Wurzelwerk von Bäumen, auch in Biberburgen. Der Bau umfasst Gänge von 2-15 m Länge und eine oder mehrere mit Pflanzenmaterial ausgepolsterte Nist- und Schlafkammern von etwa 30 cm Durchmesser, die sich über dem Hochwasserspiegel befinden, und weitere Kammern zum Fressen. Die Paarungszeit fällt auf April/Mai und September/Oktober. Pro Jahr bringt ein Weibchen 1-2 Würfe bestehend aus jeweils 2-4(-7) Jungen, die mit einem Monat selbständig werden. Wildlebende Desmans können ein Alter von 4-5 Jahren erreichen [2; 3; 5].

Gefährdung und Schutz

Die Verbreitung der Art ist fragmentiert und ihr Bestand hat in Russland innerhalb eines Jahrzehnts um rund 50% abgenommen. Die Lebensraumqualität nimmt ab, viele Tiere sterben als Beifang und es besteht eine Konkurrenz durch Neozoen. Ab 1986 galt die Art als gefährdet, aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 jetzt als stark gefährdet [4]. Von 1929 wurden in vielen Teilen der damaligen Sowjetunion gegen 10'000 Desmane freigesetzt [7]. 2020 wurde sie auch als stark gefährdet in das Rote Buch Russlands aufgernommen. Der russische Bestand wird auf 8'000-10'000 Individuen geschätzt. Über die Bestandgrößen in der Ukraine und in Kasachstan  liegen keine aktuellen Daten vor [5].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Bis zu seiner Unterschutzstellung durch die sowjetische Regierung war der Desman ein begehrtes Pelztier, das durch übermäßige Nachstellung regional ausgerottet wurde. Um 1900 wurden jährlich rund 20'000 Desmanfelle verarbeitet, danach nahmen die Jahresstrecken ab. Die Moschusdrüsen wurden in der Parfum-Industrie verarbeitet [3].

Haltung

Ein in Russland gehaltener Desman erreichte ein Alter von 8 Jahren [5].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wurde außerhalb Russlands kaum je in einem Zoo gezeigt. Gegenwärtig (anfangs 2023) wird die Art nirgendwo mehr gehalten, aber es besteht die Absicht, in Russland eine Zuchtstation zu bauen [5]. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es keine konkreten Mindestanforderungen für die Haltung von Desmanen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Russische Desman wurde 1758 von Carl von  LINNÉ als "Castor moschatus" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Der heute gültige Name Desmana moschata geht auf den deutschbaltischen Naturforscher Johann Anton Güldenstädt aus Riga (1777) zurück. In der Folge wurden 11 verschiedene Gattungsbezeichnungen vorgeschlagen, darunter die von BREHM verwendete "Myogale". Die Art ist monotypisch [1; 6; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. KENNERLEY, R. & TURVEY, S.T. (2016). Desmana moschata. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T6506A22321477. http://www.iucnredlist.org/details/6506/0. Downloaded on 15 April 2018.
  5. RUTOVKAYA, M. (2021, in litt.)
  6. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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