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Raubtiere

Landraubtiere - Allgemeines

Mähnenlöwe (Panthera leo massaica = nubica) bei den Naabi Hills, Serengeti, Tansania Mähnenlöwe (Panthera leo massaica = nubica) bei den Naabi Hills, Serengeti, Tansania
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Klasse: Säugetiere (MAMMALIA)
Unterklasse: Höhere Säugetiere (EUTHERIA)
Überordnung: LAURASIATHERiA
Ordnung: CARNIVORA
Taxon ohne Rang:

Landraubtiere

Fissipedia • The Terrestrial Carnivores • Les fissipèdes

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„Geripp des Tigers (Tigris regalis)“ aus BREHMs Thierleben (1882-1887) (= Panthera tigris tigris)

 

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„Geripp des Bären“ aus BREHMs Thierleben (1882-1887) (= Ursus arctos)

 

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„Geripp des Fischotters“ aus BREHMs Thierleben (1882-1887) (= Lutra lutra)

 

 

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Südchinesischer (P. t. amoyensis) und Bengaltier (P. t. tigris) im Tierpark Berlin. Nach einer inzwischen infrage gestellten Publikation aus dem Jahr 2015 sollen diese beiden derselben Unterart angehören © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Bei Leoparden gehen die Ansichten über die Zahl der Unterarten weit auseinander. Hier ein Sri Lanka-Leopard (Panthera pardus kotyia) im Zoo von Doué-la-Fontaine © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris), Kuder im Biotopwildpark Anholter Schweiz, Isselburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gepard (Acinonyx jubatus) im Zoo von Paris-Vincennes. Als einzige Katze hat der Gepard nut teilweise einziehbare, stumpfe Krallen und ist daher ein schlechter Kletterer. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gähnende Sibirische Tigerin (Panthera tigris altaica) im Zoo Eberswalde. Man beachte die massiven Eckzähne © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Leuzistische und melanistische Exemplare kommen bei vielen Katzen vor. Hier "Weißer" Löwe (Panthera leo krugeri) im Zoo Johannesburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Arabische Streifenhyäne (Hyaena hyaena sultana) im Arabia's Wildlife Centre Sharjah, Vereinigte Arabische Emirate © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Fleckenroller (Chrotogale owstoni) im Thrigby Hall Wildlife Gardens, Filby, England © Matt Maran / WAZA Magazine Nr. 9

 

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Das Erdmännchen (Suricata suricatta) hat sich in den letzten Jahren zu einer der beliebtesten Raubtierarten entwickelt, 2022 wurde es in über 570 europäischen Zoos gezeigt, hier im Tiergarten Bernburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Zebramanguste (Mungos mungo) im Zoologisch-Botanischen Garten Pilsen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Nördlicher Schmalstreifenmungo (Mungotictis d. decemlineata) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Der Wächter eines Erdmännchenrudels (Suricata suricatta) im Tiergarten Eisenberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kopf eines Europäischen Wolfs (Canis l. lupus) im Highland Wildlife Park, Kingussie, Schottland. Man beachte den deutlichen Stop. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Rotfuchs (Vulpes vulpes) im Natur- und Tierpark Goldau. Man beachte die Schlitzpupillen © NTP Goldau (Pressefoto)

 

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Europäischer Braunbär (Ursus arctos arctos) im Skandinavisk Dyreparken Djursland, Kolind, Dänemark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Waschbär (Procyon lotor) beim "Waschen" im Tierpark Wismar. Die Art steht auf der Unionsliste der invasiven Tierarten und ist im Prinzip mit einem Haltungsverbit belegt. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kleiner Panda (Ailurus f. fulgens) im Mogo Zoo, Batemans’s Bay, New South Wales © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Zobel (Martes zibellina) im Zoo Moskau. Die Art ist nur in russischen und finnischen Zoos zu sehen. © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Zwergotter (Aonyx cinerea) im Wildpark Schwarze Berge, Rosengarten-Vahrendorf. Arttypisch die kurzen, nagelartigen Krallen und die rückgebildeten Schwimmhäute. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Schweinsnasenskunk (Conepatus sp.) im Zoo Barcelona: Bei den Conepatus-Arten ist die individuelle Variablität der Fellzeichnung enorm, sodass eine sichere Artbestimmung aufgrund des Fells kaum möglich ist. © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Gemeinschaftshaltung von Löwe (Panthera leo) und Tiger (P. tigris) im Zoo du Mont Faron, Toulon, 1980, also vor über 40 Jahren. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gemeinschaftshaltung von Syrischem Braunbär (Ursus arctos syriacus) und Europäischem Woif (Canis lupus lupus) in der 2009 eröffneten, großräumigen und unterteilbaren Anlage im Natur- und Tierpark Goldau. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Die Landraubtiere sind eine vielgestaltige Unterordnung sehr kleiner bis großer, hochentwickelter Säugetiere, deren Extremitäten mit Krallen bewehrt sind. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen fressen sie Fleisch, das in den meisten Fällen den überwiegenden Teil der Nahrung ausmacht. Zu den Landraubtieren gehören etliche „charismatische“ Arten. Sie sind daher nicht nur mit die beliebtesten Zootiere, sondern stehen auch im Fokus von Tierrechtlern und extremen Tierschützern, die z.B. Haltungsverbote für Eisbären und Großkatzen fordern.

Artenspektrum und innere Systematik

Die Landraubtiere werden heute in 2 Überfamilien und 13 Familien unterteilt: Katzenartige (Feloidea) und Hundeartige (Canoidea). In älteren Standardwerken wurden zudem die Bärenartigen (Arctoidea) als eigene Überfamilie aufgeführt. Die Reihenfolge, in der die Überfamilien und einzelnen Familien in den verschiedenen Referenzwerken aufgeführt werden, ist unterschiedlich.

Zu den Katzenartigen (Feloidea) zählen die Katzen (Felidae) selbst mit aktuell 13-14 Gattungen und 37-41 Arten, die Hyänen (Hyaenidae) mit 4 monospezifischen Gattungen sowie die ehemalige Familie der Schleichkatzen. Diese wurde aufgrund molekulargenetischer Erkenntnisse aufgesplittet in Pardelroller (Nandiniidae) mit 1 Gattung und 1 Art, Linsangs (Prionodontidae) mit 1 Gattung und 2 Arten, Schleichkatzen (Viverridae) mit 14 Gattungen und 33-34 Arten, Mangusten (Herpestidae) mit 13-15 Gattungen und 34-35 Arten sowie Madagaskar-Raubtiere (Eupleridae) mit 7 Gattungen und 8-9 Arten. Bei den Hundeartigen (Canoidea) unterscheidet man (nebst den Robben) die Hunde (Canidae) mit 13-15 Gattungen und 35 Arten, die Bären (Ursidae) mit 5 Gattungen und 8 Arten, die Kleinbären (Procyonidae) mit 6 Gattungen und 12-14 Arten und Katzenbären (Ailuridae) mit nur einer Art, die bisweilen zusammengefasst werden, ferner die Marder (Mustelidae) mit 22 Gattungen und 57-63 Arten sowie die Stinktiere und Stinkdachse (Mephitidae) mit 4 Gattungen und 12 Arten, die bis vor Kurzem als eine einzige Familie galten. Von den insgesamt 260 lebenden, in der Roten Liste aufgeführten Arten gelten 29 als potenziell gefährdet, 40 als gefährdet, 24 als stark gefährdet und 4 als unmittelbar vom Aussterben bedroht. 4 weitere Arten sind in historischer Zeit ausgestorben [4; 11].

Die innere Systematik ist allerdings wenig stabil: Bei den Katzen wurden vor nicht allzu langer Zeit nicht 14, sondern bloß drei Gattungen - Acinonyx, Felis und Panthera - unterschieden [3]. Beim Tiger überraschte uns 2014 ein Team von Molekulargenetikern mit ihrer Erkenntnis, es gäbe nicht, wie bisher angenommen, 6 noch lebende und 3 kürzlich ausgestorbene Tigerunterarten, sondern nur deren zwei, den Festland und den Inseltiger [17]. Diese "wissenschaftlich abgesicherte" Neuheit hatte allerdings nur drei Jahre Bestand: 2018 bestätigte ein anderes internationales Forscherteam aufgrund der Untersuchung vollständiger Genome den status quo ante [16]. Beim Leoparden schrumpfte die Zahl der Unterarten, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts mit 27 [14] und 2009 noch mit 24 [11] beziffert worden war, auf nur noch 9 von der IUCN anerkannte [4]. Der 2009 erschienene Band des HANDBOOKs [11] unterscheidet bei den Katzen 14 Gattungen, 37 Arten und 228+ Unterarten. Eine 2017 veröffentlichte Revision der Katzen-Taxonomie [15] kommt auf 14 Gattungen, 41 Arten und nur noch 77 Unterarten. Obwohl diese Revision von der IUCN Cat Specialist Group vorgenommen wurde ist sie gegenwärtig (2020) in der Roten Liste [4], die auf 38 Arten kommt, nicht umgesetzt. Affaire à suivre ...

Körperbau und Körperfunktionen

Die einzelnen Familien der Landraubtiere, zu denen auch amphibisch lebende Arten gehören, haben sich an unterschiedliche Lebensweisen angepasst, was sich in ihrem Körperbau widerspiegelt. Gemeinsame Skelettmerkmale sind die massiven Kiefer, der quergestellte, in einer tiefen Grube sitzende Gelenkkopf des Unterkiefers, die kräftigen Jochbogen, die vollständigen, nie verwachsenen Unterarm- und Unterschenkelknochen sowie die fünfstrahlig angelegten, krallenbewehrten Pfoten, bei denen der 1. Strahl reduziert sein kann. Die Schneidezähne sind klein und schmal, der Eckzahn kräftig und verlängert, der hinterste Vorbackenzahn im Oberkiefer und der vorderste Backenzahn im Unterkiefer sind bei den meisten Arten als Reißzähne ausgebildet. Alle Raubtiere haben ein gut entwickeltes, gefurchtes Großhirn, ein gut entwickeltes Riechhirn, ferner einen einfachen Magen. Bei überwiegend nachtaktiven Arten ist ein Tapetum lucidum vorhanden. Bei den Weibchen ist die Gebärmutter zweiteilig (Uterus bipartitus), die Männchen haben einen Penisknochen und ihre Hoden liegen außerhalb der Bauchhöhle in einem Scrotum [12].

Die Katzen sind kleine bis sehr große Jäger, die ihrer Beute entweder durch Ansitzen, Anschleichen oder kurze Hetzjagden habhaft werden. Ihre Kopf-Rumpflänge variiert von 25-290 cm, die Schwanzlänge von 5-109 cm das Gewicht von 1100 g bei der weiblichen Rostkatze bis zu 325 kg beim Sibirischen Tigerkater.  Die Schnauze ist kurz, der schwarze oder fleischfarbene Nasenspiegel relativ klein, die Augen sind gross, die Ohren meist mittelgroß. Das Gebiss umfasst 28-30 Zähne mit langen Eckzähnen und schmalen, spitzhöckerigen Vorbacken- und Backenzähnen bzw. Reißzähnen. An den Vorderbeinen sind alle 5 Strahlen entwickelt, hinten ist der 1. Strahl zurückgebildet. Die Krallen sind vollständig, bei einer Art nur teilweise rückziehbar. Die innerartliche Variabilität der Fellmusterung ist vielfach groß. Bei einigen Arten treten auch häufig melanistische oder leuzistische Individuen auf, wie etwa Schwarzpanther oder weisse Löwen und Tiger [7; 11; 12].

Die Hyänen haben eine Kopf-Rumpflänge von 55-160 cm, eine Schwanzlänge von 20-40 cm, eine Schulterhöhe von 45-81 cm und ein Gewicht von 8 kg bis 55 kg. Die tieferen Maße beziehen sich jeweils auf den Erdwolf, der deutlich kleiner ist als die übrigen Arten. Hyänen haben einen massiven Schädel mit gut ausgebildetem Sagittalkamm. Ihr Gebiss umfasst 32-34 Zähne mit - außer beim insektenfressenden Erdwolf - gewaltigen Reißzähnen. Die Tiere sind langbeinige Zehengänger, der Rücken fällt nach hinten ab. Daumen und eventuell Großzehe können reduziert sein. Die Krallen sind nicht rückziehbar. Es sind Analdrüsen vorhanden. Die Geschlechtsorgane sind je nach Art sehr unterschiedlich ausgebildet [8; 11; 12].

Von den ehemaligen Schleichkatzen wurden die Pardelroller wegen der besonderen Struktur ihrer perinealen Duftdrüsen und besonderer Schädelmerkmale als eigene, monotypische Familie abgetrennt. Auch die beiden Linsang-Arten bilden wegen besonderer Zahn- und Schädelmerkmale sowie wegen fehlender Perinealdrüsen eine eigene Familie. Ansonsten ähneln diese Arten den asiatischen Palmenrollern bzw. den Ginsterkatzen. Die eigentlichen Schleichkatzen weisen eine Kopf-Rumpflänge von 30-96 cm, eine Schwanzlänge von 23-84 cm und ein Gewicht von 455 g bis 20 kg auf. Bei den Mangusten reicht die Kopf-Rumpflänge von 16-69 cm, die Schwanzlänge von 15-61 cm und das Körpergewicht von 220-5200 g. Die Madagaskar-Raubtiere haben eine Kopf-Rumpflänge von 26-80 cm, eine Schwanzlänge von 19-70 cm und ein Gewicht von 450 g bis 18.6 kg. Alle diesen Gruppen angehörenden Tiere sind kurzbeinige, langschwänzige Zehengänger, bei denen der erste Strahl reduziert sein kann. Ihr Gebiss umfasst 32-42 Zähne und ist im Übrigen an die unterschiedlichen Ernährungsweisen – es gibt omnivore, carnivore und überwiegend insectivore Arten – angepasst. Manche Arten leben terrestrisch, andere sind arboricol. Viele Mangusten sind tagaktiv, die übrigen Arten in der Regel dämmerungs- oder nachtaktiv. Erdmännchen, Zwergmangusten und Zebramangusten leben in komplexen Sozialverbänden, die übrigen Arten sind zumeist Einzelgänger, ansonsten treten sie paarweise oder in kleinen Familienverbänden auf. Gruppen- oder Einzelterritorien sind die Regel [11; 12].

Die Hunde sind kleine bis ziemlich große, niedrig- bis hochbeinige Jäger, die ihrer Beute entweder durch Ansitzen, Anschleichen oder durch bisweilen lange andauernde Hetzjagden habhaft werden. Die Kopf-Rumpflänge der Wildformen beträgt 33-130 cm, der Schweif misst 12-52 cm und das Gewicht variiert von 800 g bis 62 kg. Beim Haushund liegt die Bandbreite innerhalb ein und derselben Art über jener der Wildformen. Der Kopf ist durch eine lange, in einem recht großen, in der Regel schwarzen Nasenspiegel endende  Schnauze, mittelgroße Augen  und meist große Ohren gekennzeichnet. Das Gebiss umfasst 38-44 Zähne, die Eckzähne sind groß, die Vorbacken- und Backenzähne spitzhöckrig. Hunde sind Zehengänger. Die Füße haben fünf Strahlen mit einer Tendenz zur Reduktion von Daumen und Großzehe. Die Krallen sind nicht rückziehbar [11; 12].

Unter den Bären finden sich die größten Raubtiere. Die einzelnen Arten weisen eine Kopf-Rumpflänge von 100-280 cm, eine Schwanzlänge von bis zu 21 cm und ein Gewicht von 30-800 kg auf. Der Kopf hat eine mittellange Schnauze mit großem, schwarzem Nasenspiegel sowie kleine Augen und Ohren. Das Gebiss umfasst 36-42 Zähne. Die Backenzähne sind breitkronig, was damit zusammenhängt, dass bei den meisten Arten ein erheblicher Teil der Nahrung aus Pflanzenmaterial besteht. Der Körper ist plump, die Beine mittellang. Bären sind Sohlengänger, an jedem Fuß befinden sich 5 Strahlen mit langen, nicht rückziehbaren Krallen. Manche Arten machen eine (fakultative) Winterruhe [11; 12].

Die Klein- und die mit ihnen oft zu einer Familie vereinigten Katzenbären sind kurzbeinige, überwiegend baumlebende Kleinraubtiere mit einer Kopf-Rumpflänge zwischen 30 und 76 cm, einer Schwanzlänge zwischen 19 und 68 cm und einem Körpergewicht von 750 g bis 22 kg. Die Tiere haben eine  kurze Schnauze mit markantem, schwarzem Nasenspiegel. Ihre Augen sind mittelgroß bis groß, die Ohren eher kurz. Der Körper ist gedrungen oder schlank, der ziemlich lange Schwanz oft geringelt. Es sind Sohlengänger, an jedem Fuß  befinden sich 5 Strahlen mit kräftigen, nur ausnahmsweise halb rückziehbaren Krallen [2; 11; 12].

Bei den Mardern betragen die Extremwerte der Körpermaße 11-150 cm für Kopf-Rumpf, 4-65 cm für den Schwanz und 25 g-45 kg für das Körpergewicht. Es handelt sich um kurzbeinige, schlanke oder plumpe Raubtiere, die ein weites Spektrum ökologischer Anpassungen abdecken. Es gibt grabende, terrestrische, arboricole oder amphibisch lebende Arten, die carnivor, piscivor, insectivor oder omnivor sein können. Die Schnauze ist meist recht kurz, das Rhinarium kann groß oder klein, schwarz oder fleischfarben oder selten behaart sein. Die Augen und Ohren sind meist klein. Wegen der unterschiedlichen Ernährungsweise sind die Gebisse recht unterschiedlich, die Zahl der Zähne variiert von 28-38. Die Tiere sind Sohlengänger und haben an jedem Fuß 5 Strahlen, die bei den Ottern durch Schwimmhäute verbunden sind, mit nicht rückziehbaren Krallen, welche bei den Ottern reduziert oder nagelartig sein können. Marder verfügen über Analdrüsen, die ein übelriechendes Sekret absondern, das zur Reviermarkierung und Verteidigung eingesetzt wird [2; 11; 12].

Stinktiere und Stinkdachse sind marderähnliche Tiere, bei denen die Bandbreite der Körpermaße deutlich geringer ist als bei den Mardern. Sie haben Kopf-Rumpflängen von 19-52 cm, Schwanzlänge von 6-47 cm und Körpergewichte von 150 g bis 4.1 kg. Die Bezeichnung Stinktiere bzw. –dachse wurde den Tieren  wegen ihrer stark vergrößerten Analdrüsen verliehen, aus denen ein besonders übelriechendes Sekret verspritzt werden kann [11; 12].

Verbreitung

Natürlicherweise kommen Landraubtiere auf allen Kontinenten mit Ausnahme Australiens und der Antarktis sowie den meisten größeren Inseln vor. In Australien und auf manchen Inseln wurden wilde Raubtierarten angesiedelt oder vom Menschen mitgeführte domestizierte Formen sind verwildert, zumeist mit desaströsem Ergebnis für die einheimische Säugetier-, Avi- und Herpetofauna.

Haltung im Zoo

Raubtiere sind in fast allen größeren Zoos und Tierparks vertreten und auch viele Wildparks halten einige der einheimischen Arten. Unter ihnen finden sich mit die beliebtesten Zootiere, z.B. Löwe, Tiger, Bären oder Erdmännchen. Diese werden oft als Individuen wahrgenommen und sind mit Eigennamen oft auch noch über ihren Tod hinaus bekannt, wie z.B. der Panda „Bao-Bao“ oder der Eisbär „Knut“ des Berliner Zoos. Andere Arten sind wegen ihrer verborgenen oder nächtlichen Lebensweise als Zootiere weniger geeignet und werden dementsprechend seltener gezeigt. Im Zuge der Vergrößerung und naturnaheren Gestaltung der Gehege haben viele Zoos ihre Raubtierbestände reduziert. Betroffen davon sind hauptsächlich Bären und Großkatzen sowie für das Publikum weniger attraktive und nicht gefährdete Arten. Die früher öfter anzutreffende Vergesellschaftung nahe verwandter Arten, etwa von Löwen und Tigern oder mehrerer Bärenarten, sind weitgehend verschwunden. Wenn heute Landraubtiere miteinander vergesellschaftet werden, werden Arten kombiniert, die verschieden sind und die für die jeweils andere eine Umweltbereicherung darstellen. Beispiele sind Braunbären mit Wölfen oder Schakalen oder Füchsen, Binturongs mit Zwergottern oder Waschbären mit Stinktieren. Oft werden auch Landraubtiere mit Tieren anderer Ordnungen vergesellschaftet, die nicht zu ihrem Beutespektrum gehören, etwa Schwarzbären mit Bisons, Lippenbären mit Rhesusaffen, Geparde mit Nashörnern oder Kleine Pandas mit Muntjaks, wobei allerdings in manchen Fällen Jungtiere der Mitbewohner gefährdet sein könnten [20; 21].

Nebst Meeressäugern und Primaten sind die Landraubtiere jene taxonomisce Gruppe, die am ehesten in den Fokus von Zoogegnern gerät, weil die Tiere ihrer "Freiheit" beraubt würden und ihre Existenz im engen Zookäfig in "Gefangenschaft" fristen müssten [19]. Tatsächlich haben Landraubtiere im natürlichen Lebensraum in aller Regel größere Streifgebiete  als vergleichbar große Tiere anderer Taxa, aber nicht, weil sie einen besonderen Freiheitsdrang besäßen oder das Bedürfnis hätten, besonders viel Land ihr Eigen zu nennen, sondern schlichtweg, weil sie darauf angewiesen sund, dass ihnnerhalb ihres Streifgebiets genügend Beutetiere leben, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Gegenwärtig (2017) werden im Einzugsgebiet der EAZA rund 120 Raubtierarten gezeigt [13]. Für etwas über ein Drittel davon gibt es europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) oder Zuchtbücher (ISB/ESB). 3 Arten, darunter 2 für Zoos sehr relevante, sind auf der 2016 veröffentlichten Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung aufgeführt und dürfen, wenn es nach der EU-Kommission geht, in Zukunft nicht mehr gehalten werden [18].

Taxonomie und Nomenklatur

Carl von LINNÉ stellte 1758 in seinem Systema Naturae die Ordnung Ferae auf, die sowohl die Landraubtiere als auch die Robben umfasste. Nachfolgende Taxonomen sahen dann Land- und Wasserraubtiere als verschiedene Ordnungen und fassten z.B. die Robben mit den Seekühen zusammen. Erst in den 1860er Jahren wurden die beiden Gruppen von bedeutenden Naturwissenschaftlern, wie Ernst HAECKEL, Richard OWEN oder Theodore Nicholas GILL, als Unterordnungen Fissipedia  und Pinnipedia wieder in der Ordnung Carnivora vereinigt [9]. Diese Ansicht wurde mit Ausnahmen [6; 11] in später erschienenen Standardwerken [3; 5; 7; 8]  geteilt. Um die Jahrtausendwende wurden die Carnivora zusammen mit den Insektenfressern, den Fledermäusen, den Unpaarzehern, den Paarzehern, den Walen und den Schuppentieren der Überordnung Laurasiatheria zugerechnet, also jenen Tieren, die auf dem Nordkontinent Laurasia entstanden sind [10]. Etwa zur gleichen Zeit  wurde „Pinnipedia“ als Unterordnung aufgegeben und die Robben in die Unterordnung der hundeartigen Raubtiere Caniformia integriert [1], wobei das HANDBOOK OF THE MAMMALS OF THE WORLD trotzdem Land- und Wasserraubtiere in unterschiedlichen Bänden präsentiert [11]. Unter Berücksichtigung tiergartenbiologischer Gegebenheiten werden auch in diesem Lexikon Land- und Wasserraubtiere getrennt dargestellt.

   

Literatur und Internetquellen

  1. BININDA-EMONDS, O. R. P., GITTLEMAN, J. L. & PURVIS, A. (1999)
  2. DATHE, H. & THENIUS, E. (Hrsg. Raubtiere; 1970). In GRZIMEKs TIERLEBEN
  3. HONACKI, J.H., KINMAN, K.E. & KOEPPL, J.W. (1982)
  4. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2020-2. Downloaded on 20 November 2020
  5. KING, J. E. (1983)
  6. MACDONALD, D. W. (1984)
  7. PEDERSEN, A. & WENDT, H.(1970). In GRZIMEKs TIERLEBEN
  8. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  9. SIMPSON, G. G. (1945)
  10. SPRINGER, M. S., CLEVEN, G. C. et al. (1997)
  11. WILSON, D. E. et al. eds. (2009)
  12. ZISWILER, V. (1976)
  13. ZOOTIERLISTE
  14. HALTENORTH, T. & TRENSE, W. (1956)
  15. KITCHENER, A. C. et al. (22 weitere Autoren) (2017).
  16. LIU, Y.-C., SUN, X., DRISCOLL, C., MIQUELLE, D. et al. (2018)
  17. WILTING, A., COURTIO, A., CHRISTIANSEN, P. et al. (2015)
  18. Durchführungsverordnung (EU) 2016/1141 der Kommission vom 13. Juli 2016 zur Annahme einer Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung ABl. L 189/4 vom 14. Juli 2016.
  19. BROWNING, H. & VEIT, W. (2021)
  20. SVÁBIK, K. (rev. 2020)
  21. SVÁBIK, K. (rev. 2020a)

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